GEMEINSAM AUF ERFOLGSKURS
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GEMEINSAM AUF ERFOLGSKURS
Ausgabe 01 / Februar 2016 GEMEINSAM AUF ERFOLGSKURS Neue Partnerschaften von Start-ups und Unternehmen STRUKTUR VISION BERATUNG FINANZIERUNG WEITERE THEMEN IN DIESER AUSGABE Einblicke: So funktionieren Selbstbedienungskassen Mittwochsgesellschaft: Mit Olivier Guersent, EU-Kommission Interview: Wertstoffgesetz – wie geht es weiter? INNOVATION GRÜNDERGEIST AGENDA Echte Kundenorientierung braucht Innovationsgeist Was bewegt unsere Kunden? Mit welchen Produkten und Dienstleistungen können wir sie begeistern? Auf welchen Kanälen wollen sie mit uns in Kontakt treten? Mit diesen Fragen beschäftigen wir uns Tag für Tag. Um die richtigen Antworten zu finden, braucht es vor allem Kundenorientierung, Innovationskraft und Veränderungsbereitschaft. Denn die Bedürfnisse und die Herausforderungen unterliegen einer enormen Veränderungsdynamik – das gilt für die Profikunden von METRO Cash & Carry aus der Gastronomie- und Hotelbranche genauso wie für die privaten Kunden von Real, Media-Markt und Saturn. Um bestmöglich auf unsere Kunden einzugehen, sie noch zufriedener und erfolgreicher zu machen, gehen wir neue Wege und setzen verstärkt auf Partnerschaften. Wir sind davon überzeugt, Herausgeber: METRO AG, Politik und Außenbeziehungen, Büro Berlin Charlottenstraße 46, 10117 Berlin Tel.: +49 30 2088 943-41, Fax: +49 30 2088 943-43 E-Mail: [email protected] Internet: www.metrogroup.de/politik @DasGuteessen Verantwortlich: Michael Wedell 2 dass gerade durch Kooperationen komplementäre Fähigkeiten zusammengebracht werden können, die vollkommen neue Möglichkeiten eröffnen. Gemeinsam mit Techstars und R/GA haben wir bei METRO Cash & Carry einen Accelerator durchgeführt, der sich primär auf innovative digitale Lösungen in der Gastronomie konzentriert hat. Bei Media-Markt und Saturn haben wir ein ähnliches Programm für die digitale Geschäftsmodelle in der Unterhaltungselektronikbranche mit einer ganzen Reihe von leistungsstarken Partnern gestartet. Welche Vorteile solche Arten der Kooperation für etablierte Unternehmen, Start-ups und vor allem für die Kunden bieten – das erläutern wir im Schwerpunkt dieser Ausgabe des METRO GROUP HANDELSBRIEFS. Dabei beleuchten wir auch, welche rechtlichen Rahmenbedingungen notwendig sind, um den digitalen Binnenmarkt für Unternehmen und Verbraucher Wirklichkeit werden zu lassen. Wie geht es weiter mit dem geplanten Wertstoffgesetz? Diese Frage diskutieren Marion Sollbach, Vorsitzende des Beirats der Projektgesellschaft Zentrale Wertstoffstelle und Detlef Raphael, Leiter des Dezernats Umwelt und Wirtschaft des Deutschen Städtetages im Handelsbrief Interview auf den Seiten 8 bis 10. Sie erläutern, welche Herausforderungen bei der Formulierung eines Konzeption und Redaktion: Stefanie Awe, Raphael Neuner, Michael Wedell Bildnachweis: S. 2: METRO GROUP; S. 7: Philippe Veldeman; S. 8 oben: GALERIA KAUFHOF; S. 8 unten: Deutscher Städtetag; S. 12: Michael Gottschalk / phototek.net modernen Wertstoffgesetzes bestehen und unterstreichen, dass vor allem Kompromissbereitschaft gefragt ist, um das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode auf den Weg zu bringen. Um einen perspektivischen Blick ging es auch bei der letzten Brüsseler Mittwochsgesellschaft, auf die wir auf Seite 7 zurückschauen. Unter der Überschrift „Quo vadis EURO? – Be-Währungsprobe für die EU“ diskutierte Olivier Guersent, Generaldirektor der Generaldirektion Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion (FISMA) mit den Gästen über die Zukunft der Eurozone und des Projektes Europa. In unserer Rubrik „Das Gute essen“ sprachen wir diesmal mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dr. Gerd Müller, über die Themen gesunde Ernährung, weltweite Nahrungsmittelsicherheit und nachhaltiger Konsum. Wir freuen uns, wenn Sie die Gelegenheit nutzen und uns Ihre Fragen und Anregungen zukommen lassen unter [email protected] oder auch per Twitter via @DasGuteessen. OLAF KOCH VORSITZENDER DES VORSTANDS METRO AG Redaktionsschluss: 26.01.2016 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit des METRO GROUP Handelsbriefs verzichten wir bei der Verwendung von Begriffen auf geschlechtsspezifische Doppelnennungen und nutzen die männliche Schreibweise. SCHWERPUNKT Gemeinsam Innovationen schaffen Große Unternehmen haben nicht unbedingt den Ruf, Vorreiter beim Hervorbringen innovativer Ideen zu sein. Und den Start-ups, denen genau dies nachgesagt wird, fehlt es gerade in der Wachstumsphase häufig an Wissen, Strukturen und Kapital für den langfristigen Erfolg. Accelerator-Programme helfen, beide Welten zusammenzubringen. Düsseldorf, 12:30 Uhr. Im italienischen Restaurant „Teatro Piú“ herrscht geschäftiges Treiben, die meisten Tische sind besetzt. Eine Gruppe von acht Mitarbeitern des benachbarten Schauspielhauses betritt das Restaurant. Kurz nachdem die Gruppe Platz genommen hat, wird bereits das Essen serviert. Die Kollegen speisen und unterhalten sich angeregt – und verlassen nach einer guten halben Stunde wieder das Restaurant, ohne zu bezahlen, denn die Rechnung ist bereits beglichen. All dies macht ein neues Start-up namens Lunchio möglich: Wer gut essen gehen möchte, aber wenig Zeit zur Verfügung hat und diese nicht für einen langwierigen Bestell- und Bezahlprozess aufwenden möchte, der kann auf lunchio.de die Speisekarten von ausgewählten Restaurants einsehen, vorab online bestellen und bargeldlos bezahlen. Das Essen wird dann im Restaurant pünktlich zum vereinbarten Zeitpunkt serviert – ein praktischer Service für Berufstätige. In der dreimonatigen Förderphase des Programms ging es darum, die Startups durch Mentoren und Experten zu unterstützen, um ihre Geschäftsideen marktreif zu machen oder ihnen beim Wachstum zu helfen. Für Start-ups WAS GRÜNDER ANTREIBT 95% VERANTWORTUNG FÜR EIN EIGENES GESCHÄFT TRAGEN 83% Unterstützung in allen Bereichen Lunchio ist eines von elf Start-ups, die von Oktober 2015 bis Januar 2016 im Rahmen des internationalen Programms „Techstars METRO Accelerator“ gefördert wurden. Der Accelerator unterstützt Start-ups, die digitale Dienstleistungen für Unternehmen aus dem Gastronomiebereich anbieten. Sie entwickeln Softwarelösungen und Apps für Restaurantbesitzer und Hoteliers: für Buchungssysteme, zielgenaueres Marketing oder eine bessere Qualitätssicherung. entlang der Wertschöpfungskette des Elektroeinzelhandels hat Media-Saturn Mitte 2015 „SPACELAB“ ins Leben gerufen. Neben finanziellem Investment helfen Experten aus den Reihen von Media-Saturn sowie der METRO GROUP 91% UMGANG MIT MENSCHEN KREATIV ARBEITEN 81% UNABHÄNGIGKEIT 80% STREBEN NACH BERUFLICHEM ERFOLG 47% TREND MITPRÄGEN In ihrer zweiten großen Gründerstudie befragte die METRO GROUP 350 Selbstständige aus der Gastronomie- und Hotelbranche. Alle Ergebnisse unter www.metro-gruenderstudie.de 3 und anderer Partner den Start-ups, ihre Konzepte weiterzuentwickeln und sie so noch erfolgreicher zu machen. Groß hilft klein – und umgekehrt Accelerator-Programme liegen im Trend: Auch die Telekom, die Allianz, Coca-Cola oder Microsoft suchen den Schulterschluss mit jungen Unternehmen, denn von einer Zusammenarbeit profitieren beide Seiten. Gründer erhalten nicht nur eine finanzielle Förderung, die es ihnen erleichtert, an ihren Konzepten weiterzuarbeiten und ihre Geschäftsmodelle zu skalieren. Sie können auch auf die langjährige Expertise von Konzernen in Bereichen wie Finanzplanung und Personalentwicklung oder Recht und Steuern und vor allem die Kunden- und Lieferantennetzwerke der Unternehmen zugreifen. Konzernen wiederum eröffnen sich kreative Spielwiesen und Experimentierfelder, die ihnen selbst neue Denkweisen und Geschäftsmodelle aufzeigen können. Martin Sinner, der bei Media-Saturn das SPACELAB leitet, bringt es auf den Punkt: „Die Investition in Start-ups sichert uns Zugang zu Innovationen, Talenten und Entrepreneurship. Wenn die Rakete abhebt, sitzen wir an Bord.“ Die vier Start-ups des SPACELAB Expertiger PC-Service per Telefon und Online-Fernwartung Deutsche Technikberatung Technikhilfe für Zuhause Kaputt.de KAPUTT.DE Einbauanleitungen und Repairshop-Empfehlungen bei defekten Smartphones MyHomeServices Macht alle wichtigen Informationen und Belege zu den eigenen Elektrogeräten an einem Ort abrufbar 4 Kein Stein bleibt auf dem anderen Das Internet und die in alle Lebensbereiche vorgedrungene Digitalisierung fordern etablierte Geschäftsmodelle heraus und zwingen vor allem Organisationen mit komplexen, gewachsenen Strukturen zum Umdenken – von der öffentlichen Verwaltung bis hin zum Handel. Das Internet schafft neue Wertschöpfungsketten, Kommunikationskanäle und eine neue Transparenz, die tradierte Gatekeeper-Modelle und Hierarchien tiefgreifend verändert hat. Beispiele dafür gibt es genug: Musiker, Journalisten und Autoren sind schon seit Jahren nicht mehr auf Plattenfirmen oder Verleger angewiesen, sondern sie publizieren direkt – mit ebenso direkter Rückkopplung zum Nutzer. Der Fahrdienstleister Uber wies im Jahr 2015 Fahrtenbuchungen im Gegenwert von elf Milliarden Dollar aus – ohne ein einziges Fahrzeug zu besitzen oder einen einzigen Fahrer angestellt zu haben. Die chinesische B2B-Handelsplattform alibaba.com hat 53 Millionen Nutzer in 240 Ländern, ohne eigene Lager zu betreiben. Das Aufkommen von WhatsApp und ähnlichen Messenger-Diensten ließ den Versand klassischer SMS-Kurznachrichten deutlich zurückgehen – und Airbnb krempelt den Markt für Übernachtungsgelegenheiten um. Es kann sich heute kein Unternehmen leisten, die Augen vor den mit dieser Disruption verbundenen Konsequenzen zu verschließen. Das bedeutet umzudenken, das eigene Geschäftsmodell zu verändern oder zu erweitern. Für den Großhändler METRO Cash & Carry, der über eine starke Kundenbasis in den Bereichen Hotels, Restaurants und Catering-Unternehmen (HoReCa) verfügt, heißt das, diese Kunden nicht mehr nur mit frischen Produkten zu versorgen. Es geht zunehmend darum, eine intensive Partnerschaft aufzubauen und den Gastronomen auch bei Fragen jenseits des Menüs zur Seite zu stehen. Die Frage lautet: Wie können Hoteliers und Restaurantbesitzer digitale Services einsetzen, um interne Abläufe wie Bestellung, Abrechnung oder Platzvergabe effizient zu steuern und damit Zeit und Geld sparen? Die elf Start-ups des Techstars METRO Accelerator Coffee Cloud Systemlösung zur Geschäftsoptimierung von Kaffeeanbietern, -röstern und -händlern Flowtify Qualitätsmanagement-App für das Gastgewerbe, um Einhaltung von Hygienekontrollen zu überwachen Gastrozentrale Moderner B2B-Onlineshop für den Gastronomie- und Hotelbedarf GroupRaise Große Gruppen als Gäste gewinnen und im Gegenzug Prozentsatz der Restaurantrechnung an Hilfsprojekt spenden Journy Für moderne Reisende: personalisierte Empfehlungen von Küchenchefs und Experten Lunchio Mittagessen ohne Wartezeit: online vorab Tische reservieren, Gerichte bestellen und bezahlen PoshPacker Online-Buchungsplattform PoshPacker mit außergewöhnlichen und erschwinglichen Übernachtungsmöglichkeiten ® PoshPacker Roomatic Roomatic hilft Hotels, Gästewünschen nachzukommen und Online-Reputation zu verbessern ® Rublys Spielbasiertes mobiles Marketinginstrument zur Interaktion mit Kunden aus der MillenialGeneration Wynd Wynd digitalisiert stationäre Geschäfte durch Vernetzung von Geschäftsprozessen ZenChef Marketing- und Buchungssystem für Restaurants: Verwaltung von Buchungen, Bewertungen, Datenbank und E-Mails – aus einer Hand Lieber miteinander als gegeneinander Auch bei solchen Themen und Fragestellungen will METRO Cash & Carry seinen Kunden zukünftig kompetent zur Seite stehen. Die Antworten wird das Unternehmen dabei nicht allein geben, sondern in Kooperation mit Start-ups. Mit ihrer kreativen Herangehensweise haben diese schon Lösungen für manche Sorgen der Unternehmer aus dem HoReCa-Bereich entwickelt oder sind dabei, dies zu tun. „ Was uns mit den Start-ups verbindet, ist die Begeisterung für Neues, die Überzeugung, dass in der Gastronomie und Hotellerie ein unglaubliches Potenzial für digitale Lösungen besteht und die Leidenschaft dafür, etwas mitzugestalten. WORAN START-UPS SCHEITERN PRODUKT / DIENSTLEISTUNG WIRD NICHT BENÖTIGT FINANZIERUNG REICHT NICHT 42 % 29 % NICHT GEEIGNETES TEAM 23 % “ Olaf Koch, Vorstandsvorsitzender METRO AG Durch eine enge Zusammenarbeit mit METRO Cash & Carry und den damit verbundenen Zugang zur breiten Kundenbasis kann es gelingen, Angebot und Nachfrage zusammenzubringen. Am Ende gewinnen so alle Seiten: Start-up, Großhändler und natürlich die HoReCaKunden, die ihr Geschäft dank der neuen Produkte und Services noch erfolgreicher betreiben können. VON MITBEWERBERN ÜBERHOLT 13 % MINDERWERTIGES PRODUKT / DIENSTLEISTUNG 17 % 17 % Quelle: CBS Insights Post-Mortem-Studie mit 101 gescheiterten Startups Unübersichtlicher Rechts- rahmen sich Händler wie die METRO GROUP und aufstrebende Start-ups zunehmend auch mit dem grenzüberschreitenden Angebot von Produkten und Dienstleistungen. Obwohl dies durch die Errungenschaften der Digitalisierung technisch sehr viel einfacher geworden ist, stehen einer globalen oder zumindest EU-weiten Verfügbarkeit von Waren und digitalen Dienstleistungen noch viele rechtliche Hürden entgegen. Selbst innerhalb der Europäischen Union sind wir derzeit angesichts der unterschiedlichen verbraucher-, steuer- oder gesellschaftsrechtlichen Systeme noch recht weit von einem digitalen Binnenmarkt entfernt. Unternehmen, ob nun Start-up oder internationaler Handelskonzern, müssen sich mit bis zu 28 nationalen Regimen auseinandersetzen, wenn sie ihre Produkte europaweit anbieten wollen. Während es für Gastronomen und Hoteliers in der Regel darum geht, für ihre Kunden vor Ort da zu sein, beschäftigen Die EU-Kommission hat diesen Nachholbedarf erkannt und sich daher zum Ziel gesetzt, die Rahmenbedingungen Um besser zu verstehen, wie es aktuell um den Digitalisierungsgrad der Hoteliers und Gastronomen bestellt ist, hat die METRO GROUP in Zusammenarbeit mit der GfK Ende 2015 zum zweiten Mal die sogenannte „METRO Gründerstudie“ durchgeführt. Selbstständige Unternehmer aus der Gastronomie- und Hotelbranche in Deutschland wurden dabei nach ihren Motivationen, Zielen und Wünschen befragt und auch wie sie zur Digitalisierung stehen. Klar wurde: „Digital wird normal“. Die Gastronomiebranche steht hier aber noch am Anfang einer Entwicklung, die im Handel schon weit fortgeschritten ist. SCHLECHTES MARKETING schnellstmöglich zu verbessern. Mit einem im Mai 2015 vorgestellten 16-Punkte-Plan will sie den digitalen Binnenmarkt in Europa stärken und die EU so auch attraktiver für Start-upNeugründungen machen. Die zentralen Ziele sind dabei ein besserer Zugang der Bürger zu digitalen Waren und Dienstleistungen, optimale Rahmenbedingungen für digitale Netze und Dienstleistungen und die bestmögliche Ausschöpfung des Wachstumspotenzials der digitalen Wirtschaft. Konkret sollen beispielsweise die Regeln für Verbraucherverträge, das Urheberrecht und Geoblocking in Europa harmonisiert werden. Europaweit einheitliche Standards sind auch das Ziel der Reform der Datenschutzgrundverordnung, die 2012 von der EU-Kommission angestoßen wurde. Im vergangenen Dezember einigten sich die EU-Institutionen im Trilog auf einen gemeinsamen Text. Die neue Verordnung, die nun kurz vor der 5 Verabschiedung steht, bringt eine klare Fortentwicklung gegenüber den bislang gültigen Standards. Jedoch kann angesichts verschiedener nationaler Öffnungsklauseln nicht von einer tatsächlichen Harmonisierung aller Datenschutzregeln gesprochen werden. So werden sich Unternehmen trotz einheitlichen europäischen Rahmens auch weiter mit unterschiedlichen, nationalen Details befassen müssen. Für Großunternehmen ist dies durchaus anspruchsvoll. Für Start-ups, die mit ihren finanziellen und personellen Ressourcen noch stärker haushalten müssen, heißt das häufig, dass sie gerade in der Anfangsphase vor eigentlich attraktiven Märkten in anderen europäischen Staaten zunächst zurückschrecken. Auf dem Weg zum digitalen Binnenmarkt Neben der aktuell noch mangelnden Harmonisierung des Rechtsrahmens in der EU bewegen Start-ups auch Diskussionen über Fragen der Netzneutralität und der Finanzierung. Was nützt eine gute Idee, wenn sich das eigene Geschäftsmodell in einem Zwei-Klassen-Internet mit kostenpflichtigen „Überholspuren“ für Spezialdienste gegen finanzstarke etablierte Player nicht durchsetzen kann? Und wie sollen Start-ups die notwendigen finanziellen Ressourcen für die Skalierung des eigenen Geschäftsmodells oder den Markteintritt in anderen Ländern aufbringen, wenn es weiter an tragfähigen Regeln für die Wagniskapitalfinanzierung oder Modelle wie Crowdfunding fehlt? Auch bei diesen Themen sollte sich die Politik in Deutschland und der Europäischen Union ranhalten, um bei den digitalen Neugründungen nicht weiter ins Hintertreffen gegenüber Ländern wie den USA zu geraten. AcceleratorProgramme können eine wichtige Starthilfe für Start-ups bieten. Wesentlich für den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg sind jedoch belastbare rechtliche Rahmenbedingungen – da unterscheiden sich Start-ups nicht von etablierten Unternehmen wie der METRO GROUP. Eine EU-weite Harmonisierung zentraler Rechtsbereiche und gleiche rechtliche Voraussetzungen für alle Marktteilnehmer, so wie die geplante Kapitalmarktunion, sind daher im Interesse zahlreicher Akteure. Gelingt dies nicht, sind sowohl der digitale Binnenmarkt als auch die Träume von Silicon Valleys in Europa nicht mehr als Luftschlösser. WAS GRÜNDER VON DER POLITIK ERWARTEN Abbau von Bürokratie Vereinfachung des Steuersystems 58 % VERBESSERTE GESETZE UND REGULARIEN Förderung der Akzeptanz von Unternehmertum Abbau von Regularien Förderung von Venture Capital 16 % VEREINFACHTE FINANZIERUNG GESELLSCHAFTLICHE VERÄNDERUNGEN bessere Schulbildung vereinfachte Kapitalbeschaffung Quelle: KMPG/Deutscher Startup-Monitor 2015 www.deutscherstartupmonitor.de Diese Grafik zeigt eine Auswahl der Antwortmöglichkeiten, Mehrfachnennungen waren möglich. 6 16 % praxistaugliche Gesetze Etablierung von Entrepreneurship Education Förderung einer Kultur des Scheiterns METRO INTERNATIONAL Ukraine Das am 1. Januar 2016 in Kraft getretene Freihandelsabkommen zwischen der Ukraine und der EU stellt für ukrainische Lebensmittelproduzenten durch den vereinfachten Zugang zum europäischen Markt eine große Chance dar. Doch mit Blick auf die Anforderungen des Binnenmarktes sowie die fehlenden Netzwerke und Kenntnisse zur Nachfrage ist der Export in die EU auch eine große Herausforderung. Als erfahrenes Handelsunternehmen bietet die METRO GROUP lokalen Produzenten Unterstützung auf ihrem Weg nach Europa an. In diesem Kontext fand im Oktober 2015 die erste METRO Cash & Carry Supplier Conference in Kiew statt, an der etwa 80 Produzenten teilnahmen. METRO GROUP Experten aus Qualitätssicherung, Angebotsverwaltung und dem globalen Einkauf berichteten über notwendige Standards der Lebensmittelsicherheit, den Weg zu entsprechenden Zertifikaten, die Potenziale diverser Produktgruppen und die Schritte in europäische Regale. Eine Vertreterin der International Finance Corporation (IFC) veranschaulichte Trainingsprogramme für Lieferanten bei der Ausrichtung der Produktion entsprechend international anerkannter Standards. Vize-Agrarminister Volodymyr Lapa erörterte Maßnahmen der Regierung zur Unterstützung der lokalen Wirtschaft. Die METRO GROUP baut mit dieser Konferenz auf eine Tradition in der Zusammenarbeit mit Lieferanten auf: In vielen Ländern bietet der Händler, oft in Kooperation mit der IFC, Trainings zur Verbesserung der Lebensmittelsicherheit an. Damit stärkt die METRO GROUP nicht nur das lokale Sourcing, sondern trägt durch Kapazitätsaufbau auch zur Wettbewerbsfähigkeit der Lieferanten bei. Angesichts der Herausforderungen, vor denen lokale Produzenten durch das Freihandelsabkommen stehen, soll dieses Ziel nun stärker verfolgt werden. MITTWOCHSGESELLSCHAFT „Was uns eint, ist stärker als das, was uns trennt“ Ein stabiles Finanzmarktsystem in Form einer Banken- und Kapitalmarktunion, so Guersent, sei unmittelbar verknüpft mit und Voraussetzung für eine funktionierende europäische Wirtschaft. Die EU habe zwar aus der vergangenen Finanzmarktkrise gelernt, jedoch sei sie bisher keineswegs krisensicher. Die Eurozone dürfe nicht nur ein Haus sein, in dem man bei gutem Wetter leben könne, sondern ein Haus mit solidem Dach, auch für stürmische Zeiten. „Das Dach wird gerade erst errichtet“, so Guersent. Olivier Guersent bei der Brüsseler Mittwochsgesellschaft am 9. Dezember 2015 Auf der 4. Brüsseler Mittwochsgesellschaft diskutierte Olivier Guersent, Generaldirektor der EU-Kommission mit den Gästen zum Thema „Quo vadis EURO? – Be-Währungsprobe für die EU“. Über 100 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sind der Einladung der METRO GROUP in Kooperation mit der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e.V. (BVE) und mit Unterstützung des Netzwerks Europäische Bewegung Deutschland e.V. (EBD) am 9. Dezember 2015 in Brüssel gefolgt. Abgeordnete und Mitarbeiter des Europäischen Parlaments, Kommissionsbeamte und Unternehmensvertreter diskutierten mit Olivier Guersent, Generaldirektor der Generaldirektion Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion (FISMA) über die Perspektiven der Eurozone und die generelle Zukunft des Projektes Europa. Diese Fragen stellen sich angesichts von Flüchtlingskrise, Terrorgefahr und den immer noch nicht überwundenen Auswirkungen der Finanzmarktkrise mehr denn je. Die Begrüßung an diesem Abend übernahm Maria Heider, Director Western Europe & EU Affairs der METRO GROUP. Sie hob die Bedeutung eines stabilen Euro für den Handel hervor. Die Realwirtschaft, wie der Handel und die METRO GROUP selbst, leisteten „einen deutlichen Beitrag zur Stärkung unserer Währung“. Darüber hinaus stellte Guersent die Notwendigkeit der europäischen Finanzmarkt- und Eurozonenpolitik für das Gesamtprojekt Europäische Union dar. „Wenn wir vergessen, weshalb wir uns in der EU zusammengeschlossen haben, dann werden wir im Weltgeschehen lediglich eine untergeordnete Rolle spielen.“ In diesem Zusammenhang unterstrich er: „Was uns eint, ist stärker als das, was uns trennt“. Im Anschluss an seinen Vortrag diskutierte Olivier Guersent mit den Gästen über die Bedeutung des Handels für eine stabile Eurozone, den Binnenmarkt, aber auch über die Rolle der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Herausforderungen der EU. Olivier Guersent, seit 23 Jahren im Dienste der Europäischen Kommission und zuletzt unter anderem Kabinettschef von Kommissar Barnier, legte in seinem Vortrag im Anschluss seine Grundgedanken zur (Finanz-)Stabilität der EU dar. Videos zu den Mittwochsgesellschaften finden Sie unter www.youtube.com/user/videos4metro Mitdiskutieren können Sie auch online unter http://politik.metrogroup.de/mittwochsgesellschaft 7 INTERVIEW „Die Bereitschaft zum Konsens ist da“ Marion Sollbach (Vorsitzende des Beirats der Projektgesellschaft Zentrale Wertstoffstelle) und Detlef Raphael (Deutscher Städtetag) im Gespräch über die Herausforderungen bei der Formulierung eines Wertstoffgesetzes. Die Deutschen trennen alles: Elektro- geräte, Altpapier, Bioabfall, Glas, Verpackungen, Hausmüll ... Hand aufs Herz: Nehmen wir es mit der Müll- trennung nicht etwas zu ernst? Marion Sollbach: Ich glaube, dass die Deutschen unheimlich gerne ihren Müll trennen, weil sie das als wichtigen, persönlichen Beitrag zum Umweltschutz betrachten. Aber dafür sind sie in anderen Bereichen, die ebenso umweltrelevant sind, nicht wirklich vorbildlich – wenn ich beispielsweise daran denke, wie häufig sie ihr Auto benutzen oder wie oft sie mit dem Flugzeug fliegen. der Vorschläge der kommunalen Spitzenverbände, die gemeinsam mit dem Verband kommunaler Unternehmen, dualen Systemen und Teilen der privaten Abfallwirtschaft im Jahr 2010 vorgestellt worden sind, wurden dabei nicht aufgegriffen. Detlef Raphael: Ich kann Frau Sollbach nur zustimmen. Die Mülltrennung leistet durch das anschließende Recycling einen wichtigen Beitrag zur Schonung von Ressourcen. Aus meiner Sicht müssen wir aber auch ein größeres Bewusstsein dafür entwickeln, wie wir Abfall von vornherein vermeiden können. Insbesondere bei jungen Menschen ist die Abfallvermeidung wieder im Kommen: Sie denken, Stichwort Sharing Economy, darüber nach, wie man Produkte teilen kann – oder ob man sie überhaupt zwingend benötigt. Wir bewegen uns mit dem vorgeschlagenen Wertstoffgesetz im Prinzip am täglichen Handeln der Bürger entlang. Das ist wichtig, weil viele Bürger bisher noch nicht verstanden haben, was eigentlich in die Gelbe Tonne gehört. Es ist für sie nicht nachvollziehbar, warum sie ein Produkt aus Plastik nicht dort einwerfen können, wohl aber Verpackungsmaterial aus Plastik. Sinn und Zweck des Wertstoffgesetzes ist es, dass Kunststoffe und Metalle stärker als bisher einer geeigneten Verwertung zugeführt werden. Das geht zum einen, indem der Bürger klare Informationen darüber bekommt, wie er zu trennen hat. Und zum anderen dadurch, dass sich alle diejenigen, die Produkte in Verkehr bringen, an der Produktverantwortung beteiligen: finanziell am Sammelsystem und inhaltlich über die Erfüllung von Recyclingquoten. Kann ein Wertstoffgesetz dabei helfen, zukünftig Ressourcen zu sparen? Es kann hilfreich sein, wenn es vernünftig gemacht ist – und wenn es sich nicht nur auf ein bestimmtes Segment bezieht. Wir haben ja im Moment keinen Entwurf für ein Wertstoffgesetz im eigentlichen Sinne, sondern eher für eine Weiterentwicklung der bestehenden Verpackungsverordnung, die viele Aspekte des Gesamtsystems noch nicht berücksichtigt. Wesentliche Eckpunkte Halten Sie die Erhöhung der Recy- clingquote von 36 auf 72 Prozent der Kunststoffabfälle, die im Entwurf des Bundesumweltministeriums benannt wird, für realistisch? Es ist nicht einfach, dies sachgerecht abzuschätzen. Wir haben derzeit leider noch häufig Verpackungsmaterial, das aus unterschiedlichen Materialien zusammengesetzt ist. Das erschwert das Recycling. Mehr sortenreine Verpackungsmaterialien wären deshalb 8 Marion Sollbach ist seit 2010 Bereichsleiterin Nachhaltigkeit bei Galeria Kaufhof. Zuvor leitete sie die Abteilung Nachhaltigkeit und Umwelt der METRO AG. Die Diplom-Biologin ist Vorsitzende des Umweltausschusses im Handelsverband Deutschland (HDE) und seit November 2015 zudem Vorsitzende des Beirats der Projektgesellschaft Zentrale Wertstoffstelle. Detlef Raphael ist seit 2011 Leiter des Dezernats Umwelt und Wirtschaft, Brand- und Katastrophenschutz des Deutschen Städtetages. Von 1998 bis 2011 war er geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (Bundes-SGK). ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu höheren Recyclingquoten. Für mich ist ganz klar: 72 Prozent sind mit der heutigen Sortier- und Verwertungstechnik nicht möglich. Die können wir nur erreichen, wenn wir massiv in neue Technik investieren. Andererseits: Wer hätte vor 25 Jahren gedacht, dass wir die heutigen Recyclingquoten erfüllen können? Das ist ja auch für uns eine der Hoffnungen beim Wertstoffgesetz: dass die ökologische Komponente wieder in den Vordergrund gestellt wird. Grundsätzlich begrüßen wir es daher auch, wenn jemand über Lizenzentgelte incentiviert werden soll, Produkte in Verkehr zu bringen, die später sinnvoll verwertet werden können. Bleiben wir beim Plastik: Der Entwurf des Bundesumweltministeriums sieht vor, dass künftig Informationsschilder in Verkaufsstellen darauf hinweisen sollen, ob ein Getränk in Mehrweg oder Einweg verpackt ist. Was halten Sie von diesem Vorstoß? Wenn ich einmal meine persönliche Konsumentenbrille aufsetze, ist für mich auf der einen Seite klar, dass Mehrwegverpackungen in Hinblick auf die Wiederverwertbarkeit Vorteile haben. Manche Mehrwegverpackungen wie die Wasser- oder Bierkiste mit Glasflaschen sind aber nicht in jeder Lebenslage praktisch. Mich zieht es aufgrund einer Hüfterkrankung auch eher zur Plastikflasche, weil ich damit schlicht weniger zu tragen habe. Ob teilaufklärerische Maßnahmen wie Informationsschilder am individuellen Verbraucherverhalten etwas ändern, wage ich zu bezweifeln. Wir sollten uns eher generell über die Gestaltung von Verpackungen Gedanken machen und dabei Verbraucherinteressen und Umweltnutzen zusammenbringen. Alle Einweggetränkeverpackungen haben bereits heute eine Kennzeichnung direkt am Produkt, das ist gesetzlich vorgeschrieben. Wer das nicht liest, der wird auch die Schilder im Verkaufsraum nicht gebührend beachten. Ich halte das für einen großen Aufwand für den Handel, dessen Nutzen fragwürdig ist. Denn Mehrwegverpackungen sind DEUTSCHER STÄDTETAG Der Deutsche Städtetag versteht sich als die Stimme der Städte und als kommunaler Spitzenverband der kreisfreien sowie der meisten kreisangehörigen Städte in Deutschland gegenüber Bund, Ländern, Europäischer Union, staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen sowie Verbänden. Im Deutschen Städtetag haben sich über die 16 Mitgliedsverbände rund 3.200 Städte und Gemeinden zusammengeschlossen. 203 Städte sind zudem unmittelbare Mitglieder, darunter 107 kreisfreie Städte, einschließlich der Stadtstaaten Berlin, Hamburg, Bremen. nicht zwingend ökologisch sinnvoller. Da muss man schon die Umlaufzahlen und Transportdistanzen mitberücksichtigen, vor allem seit es keine Einheitsflaschen für Bier und Wasser mehr gibt. Wenn ich in Hamburg ein bayrisches Bier trinke, dann muss die Flasche zum Wiederbefüllen eben auch nach Bayern zurücktransportiert werden. Auch das bedeutet einen großen Ressourcenaufwand. Die vorgeschlagene Informationspflicht im Verkaufsraum ist damit nicht ökologisch orientiert. Der Handel spricht sich aus diesem Grund für eine Streichung des entsprechenden Passus im Entwurf aus und unterstützt die freiwillige Initiative der Getränkeindustrie. bekommen. Es ist einfach unglücklich, dass Bürger bei den Kommunen anrufen, wenn der Gelbe Sack nicht abgeholt wird und wir solche Probleme dann über das beauftragte duale System austragen müssen. Wir sind nicht gegen eine private Abfallwirtschaft – aber die Verantwortung und Kompetenz, über öffentliche Ausschreibungen geeignete Unternehmen für die Wertstofferfassung zu finden und zu steuern, sollte bei den Kommunen liegen. Wir verfolgen mit der Zentralen Stelle unter anderem das Ziel, einen fairen Wettbewerb der Beteiligten herzustellen. Natürlich haben wir mitbekommen, dass es hier in den letzten Jahren zu massiven Verwerfungen gekommen ist, die nicht in unserem Sinne sind. Was das Thema kommunale Erfassungsverantwortung angeht, teilen wir die Einschätzung, dass es Nachbesserungsbedarf gibt. Eine vollständige Erfassungsverantwortung der Kommunen sehen wir aber kritisch. Es gibt beispielsweise genügend Kommunen, die nicht voll ausgelastete Müllverbrennungsanlagen haben. Wenn diese ihre Verbrennungsanlagen mit den Wertstoffen, für die sie verantwortlich sind, auslasten wollen, gibt es kein einziges rechtliches Instrument, ihnen die Wertstoffe gewissermaßen aus der Hand zu nehmen. Einspruch! Wir haben in NordrheinWestfalen eher das umgekehrte Problem, dass viele unserer Verbrennungsanlagen überlastet sind. Und wo immer kein kommunales Abfallwirtschaftsunternehmen vorhanden ist, und das ist immerhin in rund zwei Dritteln der entsorgungspflichtigen Gebiete der Fall, möchten wir durch ein öffentlich-rechtliches Vergabeverfahren ein gesicherteres Abfallmanagement Was sind Ihre Hauptkritikpunkte am der privaten Unternehmen gewährleisderzeitigen Entwurf des Wertstoff- ten. Wir haben bereits im letzten Sommer den Vorschlag gemacht, dass das gesetzes? Aus der kommunalen Sicht brauchen wir Bundesumweltministerium alle Beteiligeine bessere Handhabe, um im Verbund ten an einen Tisch holt. Doch leider wurmit beauftragten kommunalen oder pri- de dies von Teilen der Privatwirtschaft – vaten Abfallwirtschaftsbetrieben eine hier nehme ich übrigens den Handel optimale Wertstofferfassung zu erzielen. ausdrücklich aus – torpediert. Es gibt in Daher verfolgen wir schon seit vielen diesem System leider viele unterschiedJahren das Ziel, die Sammlungsverant- liche Interessen und zahlreiche Player, wortung mit den entsprechenden Steu- die ein Interesse daran haben, dass alles erungs- und Sanktionsmöglichkeiten zu so bleibt, wie es ist. 9 rechtliche Position der Kommunen sogar noch verschlechtern. Wir haben weiterhin das Problem, dass es kein öffentliches Vergabeverfahren gibt und damit die Sammelqualität nicht gewährleistet werden kann. ZENTRALE WERTSTOFFSTELLE Die BHIM Zentrale Wertstoffstelle Projektgesellschaft mbH befasst sich mit den Vorarbeiten für eine Zentrale Stelle, wie sie im Wertstoffgesetz vorgesehen ist. Sie soll die Registrierung der Hersteller von stoffgleichen Nichtverpackungen und Verpackungen vornehmen und die Marktanteile der dualen Systeme berechnen. Standards und Kontrollen der Zentralen Stelle sollen den Wettbewerb stärken und die bisherigen Schwachstellen des Systems beheben. Die Projektgesellschaft wurde gegründet von der Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie (BVE), dem Handelsverband Deutschland (HDE), der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen (IK) und dem Markenverband. Im weiteren Verfahren soll die Gesellschaft in eine neutrale, staatlich beliehene Stiftung überführt werden. Viel Konfliktpotenzial also. Was passiert, wenn das Wertstoffgesetz scheitert? Dann bleibt es wohl bei der Verpackungsverordnung – mit oder ohne Novelle. Für uns ist es ganz wichtig zu sagen, dass wir die Verpackungsverordnung in ihren Grundzügen immer noch für ein Erfolgsmodell halten. Wir haben hierzulande eine der höchsten Recyclingquoten in Europa. Der Arbeitsentwurf des Wertstoffgesetzes gibt eine gute Richtung vor, mit einer Zentralen Stelle, die durch eine bundesweit einheitliche Überwachung flankiert wird. Wenn das Wertstoffgesetz in der aktuellen Form nicht durchkommen sollte, werden wir dafür kämpfen, dass es ein Verpackungsgesetz geben wird, das wichtige Elemente – also eine Zentrale Stelle und höhere Recyclingquoten – beinhaltet. Bei der Zentralen Stelle liegen wir ja gar nicht auseinander. Der erhebliche Unterschied ist: Das, was jetzt als Vorschlag auf dem Tisch liegt, ändert für die Kommunen gar nichts; die Umsetzung des Arbeitsentwurfes würde die 10 Der Entwurf enthält einen Beirat für Erfassung und Sortierung. Wir haben ein Konzept dazu erarbeitet und werden im Rahmen eines „Runden Tisches Produktverantwortung“ mit allen Stakeholdern die Frage diskutieren, wie weit den Kommunen das Recht gegeben werden soll, ihr System vor Ort zu bestimmen. Wir haben da auch deshalb einen Dissens, weil es durchaus kommunalen Wildwuchs gibt: In Ludwigsburg gibt es eine gesonderte Trennung von „rund“ und „flach“, in Bayern eigene Wertstoffhöfe – und so weiter. Uneinheitlichkeit hilft leider nicht dabei, die Sammlungsund Verwertungsquote zu erhöhen. Glauben Sie, dass das Wertstoffgesetz in dieser Legislaturperiode verabschiedet wird? Ich fände das wichtig. Wir brauchen ein klares Signal an die Wirtschaft, dass das System weiterentwickelt wird. Wenn sich das Wertstoffgesetz weiter verzögert, habe ich die große Sorge, dass alle Beteiligten langsam die Lust verlieren. Daher werde ich alles dafür tun, dass wir es in dieser Legislaturperiode schaffen. Meine Gespräche mit der Privatwirtschaft und den dualen Systemen zeigen auch, dass bei den meisten eine hohe Bereitschaft zum Konsens da ist. Die Gefahr ist aber, dass sich die Politik zu stark an denen orientiert, die weiterhin eine Blockadehaltung ausüben. Im Grunde sind Sie sich also einig: Es muss nun zügig vorangehen mit dem Blick auf ein gemeinsames Ziel statt einem Beharren auf Einzelinteressen? So ist es. Wir müssen gemeinschaftlich versuchen, die Blockadehaltung einiger weniger zu überwinden, denn wir brauchen ein innovatives und kommunal handhabbares Wertstoffgesetz. Wir danken Ihnen für das Gespräch! WÖRTER- BUCH DES HANDELS Was bedeutet eigentlich …? Hypermarkt An der Frage, wer genau den Hypermarkt erfunden hat – die Amerikaner, die Belgier oder die Franzosen –, scheiden sich die Geister. Das Konzept hinter dem Begriff ist schnell erklärt: Beim Hypermarkt handelt es sich um eine großflächige Einkaufsstätte. Hier können sowohl Lebensmittel als auch eine Vielzahl von Nonfood-Waren gekauft werden. Um der bis dahin unüblichen Größe dieser Märkte gerecht zu werden, wurden sie in Frankreich als „Hypermarché“ oder in den USA als „Hypermarket“ bezeichnet. Hierzulande nennt man sie davon abgeleitet Hypermarkt oder SB-Warenhaus. Charakteristisch für einen Hypermarkt sind eine Verkaufsfläche von mehr als 5.000 Quadratmetern sowie ein umfassendes Sortiment von rund 30.000 bis 60.000 verschiedenen Artikeln. Hypermärkte setzen auf dem überwiegenden Teil ihrer Fläche auf Selbstbedienung – ergänzt um Bedientheken für Frischeprodukte. Üblicherweise befinden sich Hypermärkte außerhalb der Innenstädte, zuweilen jedoch auch in größeren innenstädtischen Einkaufszentren. Mit ihrer Vertriebslinie Real betreibt auch die METRO GROUP rund 300 solcher Hypermärkte bzw. SBWarenhäuser. Bei den Kunden punkten diese nicht nur durch ihre Lage und die damit verbundenen bequemen Parkmöglichkeiten, sondern auch durch das umfangreiche Sortiment mit allen Produkten des täglichen Bedarfs – von Lebensmitteln über Elektrogeräte bis hin zur Bekleidung. Der Slogan „Einmal hin. Alles drin“ ist somit kein leeres Werbeversprechen, sondern bringt das Einkaufserlebnis auf den Punkt. EINBLICKE Einkaufen auf der Überholspur Selbstbedienungskassen beschleunigen den Bezahlvorgang. Doch wie funktionieren sie eigentlich und welche Erfahrungen gibt es damit in der Praxis? In Skandinavien, den Niederlanden, Großbritannien oder den USA sieht man sie schon häufig beim Einkauf im Supermarkt: Selbstbedienungskassen, an denen Kunden Waren selbst einscannen und bezahlen. In Deutschland sind SB-Kassen noch nicht so stark verbreitet, doch der Handel experimentiert auch hierzulande damit – wie beispielsweise der Möbelhändler IKEA, der aufgrund der unterschiedlich großen Warenkörbe den Bedarf nach „schnelleren“ Kassen für Kunden mit kleinen Einkäufen erkannte. Im deutschen Lebensmitteleinzelhandel war WECHSELWILLIG In einer Studie des EHI Retail Institute aus dem Jahr 2015 zeigten auch Kunden, die Selbstbedienungskassen bisher nicht nutzen, grundsätzliches Interesse an diesem Service – aber nur unter bestimmten Voraussetzungen: 37 % sind unsicher bei der Bedienung: Ihnen ist die Möglichkeit wichtig, Personal um Hilfe zu bitten. 34 % wünschen sich eine einfache Erklärung zum Ablauf des Scanund Bezahlvorgangs. 15 % würden auf auffällige Licht- oder Tonsignale bei Fehleingaben gern verzichten. 22 % 15 % ist es wichtig, genug Platz zum Abstellen der Waren zu haben. wünschen sich eine ansprechende Gestaltung. Quelle: EHI-Whitepaper Self-Checkout-Systeme aus Kundensicht Mittagspause oder Handwerker auf dem Weg zu einem Kundentermin, nutzen diese Möglichkeit gern, um ihre Wartezeit zu verkürzen. Real Vorreiter beim Einsatz von SB-Kassen. Nach ersten Tests im „Extra Future Store“ der METRO GROUP führte Real bereits 2003 SB-Kassen als zusätzliches Serviceangebot ein und kam damit dem Kundenwunsch nach einer zügigeren Abfertigung nach. Inzwischen ist knapp ein Drittel der Real-Märkte bundesweit mit SB-Kassen ausgestattet. Auch an der SB-Kasse sind die Kunden nicht auf sich allein gestellt. Jede SB-Kassenzone wird von einer Verkaufskraft betreut, die Kunden bei Fragen weiterhilft oder manuell Produkte freigibt, deren Verkauf einer Altersbeschränkung unterliegt, wie z. B. bei Alkohol, Tabak oder DVDs mit Altersbeschränkung. Wie es funktioniert Fans, Skeptiker und Pragmatiker Beim „Scan’n’Bag“-Prinzip gibt es keine klassischen Laufbänder mehr. Die Kunden fahren mit ihren Einkaufswagen direkt an eine SB-Kassenstation, scannen die Waren und packen sie in eine Einkaufstüte. Die Einkaufstüte wird zeitgleich gewogen und das Gewicht der eingepackten Artikel mit in einer Datenbank hinterlegten Produktgewichten abgeglichen, so können Irrtümer oder Diebstahlversuche erkannt werden. Nach dem Scannen des letzten Artikels bestätigt der Kunde per Tastendruck das Ende des Scanvorgangs und zahlt – wahlweise bar oder mit EC- oder Kreditkarte. In Studien zeigte sich, dass es neben den „Fans“ der SB-Kasse auch Skeptiker gibt: Denn viele Kunden freuen sich auch auf den persönlichen Kontakt mit der Kassiererin oder dem Kassierer beim Bezahlen – oder sie profitieren bei gut gefülltem Einkaufswagen von dem hohen Arbeitstempo routinierter Verkaufskräfte. Manche Kunden sehen es auch ganz pragmatisch und entscheiden spontan, welcher Kassenvariante sie beim Einkaufen den Vorzug geben. Mehrwert für den Kunden Die Selbstscannerkassen stehen in den Märkten in der Regel als SB-Einheit mit vier Kassen zusammen und ersetzen eine herkömmliche Kasse. Die Anzahl der verfügbaren Kassen steigt so an und bedeutet in Spitzenzeiten für die Kunden wie für die Kassenmitarbeiter eine Entspannung des Kassierablaufes. Insbesondere Kunden mit einem kleinen Warenkorb oder eilige Marktbesucher, beispielsweise Berufstätige in der Um diese Wahlmöglichkeit geht es beim Einsatz von Selbstbedienungskassen. Sie sind ein Zusatzservice für die Kunden: Je nach persönlicher Einkaufssituation und Vorliebe können sie zwischen einer traditionellen, also einer mit einer Verkaufskraft besetzten Kasse und einer Selbstbedienungskasse wählen. Ein wichtiger Faktor dafür, ob die Kunden diesen Zusatzservice auch als solchen empfinden, ist die Nutzerfreundlichkeit. Händler und SB-Kassen- Anbieter arbeiten deshalb laufend daran, den Scanvorgang für die Kunden durch neue Kassengenerationen noch komfortabler zu machen. 11 und beim Schutz der Tropenwälder setzen wir auf Aufforstungsprogramme und einen Stopp der Abholzung der Lunge der Welt. … mit Dr. Gerd Müller Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Herr Müller, gibt es ein typisches Gericht aus Ihrer schwäbischen Heimat, das Sie besonders schätzen? Allgäuer Käsespätzle. Sie setzen sich für gesunde Ernährung ein. Wie kann dieses Thema für junge Menschen attraktiver gemacht werden? Elternhaus und Schule können den Anfang machen, Kinder brauchen Vorbilder und sie lernen schnell. Es kommt also darauf an, Wissen über gesunde Ernährung zu vermitteln und es muss Spaß machen, sich gesund zu ernähren. Jede Schule in Deutschland sollte einen Schulgarten anlegen, damit Kinder verstehen, wie und wo Produkte wachsen. Ernährungskunde und Kochen sollte ein Schulfach werden. Im Januar ging soeben die Grüne Woche zu Ende. Was muss Ihrer Meinung nach am dringlichsten getan werden, damit wir dem Ziel einer Welt ohne Hunger näherkommen? Hunger ist der größte Skandal auf unserem Planeten, weil wir den Hunger besiegen können. Unsere Erde kann bis KONTAKT Politik und Außenbeziehungen Michael Wedell Tel.: +49 211 6886 1989 E-Mail: [email protected] www.metrogroup.de/politik @DasGuteessen zu zehn Milliarden Menschen ernähren, das bestätigen uns auch Experten. Es ist nur eine Frage, wie wir ernten, anbauen und die Ernte weiter verarbeiten. Deshalb stellen wir genau dieses Thema in den Mittelpunkt der Zusammenarbeit mit vielen unseren Partnerländern. In Afrika und Indien sind schon unsere ersten grünen Zentren aufgebaut, die Nachfrage nach Wissen und Technologie aus Deutschland ist enorm. Sie sind seit 2009 auch Honorarprofessor für Internationale Agrarpolitik an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden. Wie bewegen Sie Studierende zu nachhaltigerem Handeln? Die Studenten von heute kennen sich gut mit allen Aspekten von Nachhaltigkeit aus. Gerade habe ich in Ulm einen solchen Studienzweig eröffnet. Immer mehr Start-ups, die aus Hochschulen heraus gegründet werden, sind unternehmerische Erfolge. Deutschland hat hier viel Wissen und Know-how zu bieten und Berufsbilder, die wir vor ein paar Jahren noch gar nicht kannten. Das motiviert auch die jungen Leute an den Unis. Zu nachhaltigerem Handeln gehört auch nachhaltigerer Konsum. Das von Ihnen initiierte „Bündnis für nachhaltige Textilien“ setzt sich auch dafür ein. Wie lautet Ihr Zwischenfazit? Inzwischen ist über die Hälfte der deutschen Textilwirtschaft und des Handels Mitglied im Bündnis. Das ist ein Riesenerfolg. Und das Motivierende ist, alle arbeiten mit und wollen etwas erreichen für faire Standards dort, wo unsere Kleider produziert werden. Alle eint die Überzeugung, dass wir Verantwortung auf unserer Haut tragen, diese Verantwortung müssen wir jetzt gestalten. Die weltweite Ressourcenverschwendung prangern Sie immer wieder an. Was können Sie, was kann Ihr Ministerium dagegen ausrichten? Unsere Gäste im Ministerium bekommen bei mir Kaffee und Tee aus nachhaltigem Anbau, kein Wasser aus Plastikflaschen, Geschenke für Staatsgäste aus nachhaltiger Produktion – Sie können an vielen Stellen Weichen für mehr Nachhaltigkeit stellen. Ganz konkret setzen wir das aber natürlich auch in unseren Entwicklungsprogrammen um. Mit Indien haben wir eine Solarpartnerschaft, in Afrika fördern wir erneuerbare Energien Nationale Initiativen allein haben bei globalen Themen wenig Durchschlagskraft. Wie treibt die Bundesregierung die Internationalisierung der Initiative an? Das Thema stand auf der Tagesordnung des G7-Gipfels in Elmau und die großen Staatenlenker dieser Welt haben sich eine Stunde lang mit fairen Standards in unserer globalisierten Welt beschäftigt. Mit der Arbeitsministerin hatte ich bereits zwei Umsetzungskonferenzen auf G7-Ebene veranstaltet und ganz viele europäische Kollegen haben bei uns angefragt, wie wir das Textilbündnis hinbekommen haben. Politik und Außenbeziehungen, Büro Berlin Raphael Neuner, Stefanie Awe E-Mail: [email protected] Politik und Außenbeziehungen, Büro Brüssel / EU Maria Heider, Bernd Wagner, Julia Münch E-Mail: [email protected] http://politik.metrogroup.de www.metrogroup.de/bruessel