Stellungnahme der Bundesregierung

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Stellungnahme der Bundesregierung
Berlin, den 20. Januar 2014
Mitteilung
der Bundesregierung
der Bundesrepublik Deutschland
an die Europäische Kommission
Betreff:
Bezug:
SA.33995 - Ermäßigung der EEG-Umlage für stromintensive
Unternehmen
Eröffnungsbeschluss der Europäischen Kommission vom
18. Dezember 2013
Hiermit nimmt die Bundesregierung zum o.g. Eröffnungsbeschluss der EU-Kommission
wie folgt Stellung.1 Die Mitteilung ist wie folgt gegliedert:
I. Erläuterungen zum vermeintlichen Beihilfetatbestand des EEG
1. Sachverhalt
a) Beteiligte
b) Finanzflüsse zwischen den beteiligten Unternehmen
c) Besondere Ausgleichsregelung
2. Rechtliche Bewertung
a) Keine Begünstigung
aa) Keine Begünstigung der Übertragungsnetzbetreiber
bb) Keine Begünstigung der Anlagenbetreiber
cc) Keine Begünstigung der energieintensiven Unternehmen durch die Besondere
Ausgleichsregelung
b) Nicht staatlich oder aus staatlichen Mitteln
aa) Keine Verbindung zum Staatshaushalt oder Haushalt einer öffentlichen Einrichtung
bb) Keine zwischengeschaltete staatliche oder staatlich kontrollierte Institution
cc) Bestimmte Aufgaben der Wirtschaftsverwaltung allein bewirken keine Staatlichkeit
privater Mittel
dd) Vergleichbarkeit mit „Doux Élevage“
(1) Sachverhalt und Würdigung durch den EuGH
1
Alle bisherigen Mitteilungen Deutschlands in dieser Sache bleiben selbstverständlich vollumfänglich und ergänzend
gültig.
1
(2) Vergleichbarkeit des Sachverhalts in „Doux Élevage“ mit der Mittelverwendung
bei der EEG-Umlage
(3) Schlussfolgerung
ee) Unterschiede zu „Essent“ im Einzelnen
(1) Überschüsse fließen in den Staatshaushalt vs Überschüsse werden zwischen
Privaten ausgeglichen
(2) Kein Bezug der erhobenen Abgabe zu den finanzierten Dienstleistungen vs.
Gegenleistung
(3) Letztverbraucher als Schuldner der Abgabe vs Umlagemöglichkeit der Versorger im Rahmen der individuellen Preisgestaltung
(4) Aufgabenzuweisung an zentrale Stelle vs Regelung von Ansprüchen zwischen
abstrakt-generell bestimmten Wirtschaftsteilnehmern
ff) Unterschiede zu „Vent de Colère“
gg) Spezielle Fragen der Besonderen Ausgleichsregelung
hh) Sinn und Zweck des Verbots wettbewerbsverfälschender Beihilfen
ii) Hilfsweise: Keine Erstreckung einer vermeintlichen Staatlichkeit der EEG-Umlage
auf die Vergütung
c) Keine Selektivität
d) Keine Wettbewerbsverfälschung und Handelsbeeinträchtigung
3. Ausblick: Reform des EEG und insbesondere der Besonderen Ausgleichsregelung
II. Hilfsweise: Erläuterungen zur Vereinbarkeit einer etwaigen Beihilfe mit dem Binnenmarkt
1. Bestehende Beihilfe
2. Art. 107 Abs. 3 AEUV
a) 107 Abs. 3 lit. b) AEUV
b) 107 Abs. 3 lit. c) AEUV
aa) Ziel BesAR
bb) Erforderlich und geeignet
(1) Strompreise und EEG-Umlagebelastung deutscher Unternehmen im internationalen Vergleich
(2) Anerkennung von Industrieermäßigungen als KOM-Praxis
(3) Internationaler Wettbewerb und Abwanderungsgefahr
cc) Anreizeffekt
dd) Angemessenheit
ee) Wettbewerbspolitische Abwägungsprüfung
3. DAWI/Altmark
2
III. Erläuterungen zum sog. Grünstromprivileg (§ 39 EEG) und Art. 30/110 AEUV
1. Keine Diskriminierung, da keine gleichartigen Produkte
a) EEG-Förderung betrifft Erzeugungsanlagen, nicht den Handel mit EE-Strom
b) Hilfsweise: Auch beim Strom selbst fehlt es an der Gleichartigkeit
2. Die Geltung von § 39 EEG für inländisch erzeugten Grünstrom setzt Regelungen der Richtlinie 2009/28/EG um
3. Eine Öffnung würde auch faktisch das Regelungsziel von Richtlinie 2009/28/EG unterminieren
4. Praktische Umsetzung einer Öffnung von § 39 EEG für ausländischen Strom würde an europarechtlichen Vorgaben scheitern
5. Die EEG-Umlage ist bereits keine Abgabe
IV. Übersendung der von der Kommission in Ziffer 236 des Beschlusses konkret angeforderten
Informationen
Vorangestellt werden die Kernaussagen dieser Mitteilung:

Die Bundesregierung begrüßt, dass die EU-Kommission die Förderung der
Erneuerbaren Energien in Deutschland (= Einspeisevergütung, Marktprämie,
Grünstromprivileg, Grubengas) nach Art. 107 ff. AEUV grundsätzlich als beihilferechtlich kompatibel einstuft.

Die Bundesregierung bleibt bei ihrer Rechtsauffassung, dass das EEG und
insbesondere die dem EEG immanente Besondere Ausgleichsregelung bereits
tatbestandlich keine Beihilfen i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV sind.

Hilfsweise käme jedenfalls eine vereinbare (kompatible) Beihilfe in Betracht, so
dass die Bundesregierung keinen Raum für etwaige spätere Rückforderungen
durch die EU-Kommission sieht.

Die Bundesregierung teilt mit, dass das von der EU-Kommission wegen Art. 30
und 110 AEUV ebenso in die Prüfung einbezogene sog. Grünstromprivileg laut
Koalitionsvertrag ohnehin kurzfristig gestrichen werden soll.

Die Bundesregierung betont, dass das EEG derzeit in einer Weise reformiert
wird, die in der Sache die Bedenken der EU-Kommission, insbesondere hinsichtlich der Besonderen Ausgleichsregelung aufgreift.
3
Im Einzelnen:
I. Erläuterungen zum vermeintlichen Beihilfetatbestand des EEG
Die Bundesregierung geht davon aus, dass in dem vorliegenden Fall keine Beihilfe zu
sehen ist. Aus diesem Grund wird zunächst eine eigene Zusammenfassung des Sachverhalts (unter 1.) und erneut eine rechtliche Würdigung (unter 2.) vorgenommen.
1. Sachverhalt
Die Förderung der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) erfolgt durch die Zahlung gesetzlicher Einspeisevergütungen durch die Netzbetreiber an die Betreiber von Anlagen für die Erzeugung
von Strom aus erneuerbaren Energien.2 Die dadurch entstehenden Mehrkosten können
von den Netzbetreibern in einem bundesweiten Ausgleichsmechanismus gleichmäßig
auf Elektrizitätsversorgungsunternehmen und Letztverbraucher verteilt werden.
Der bundesweite Ausgleichsmechanismus beruht auf einem vierstufigen Ablauf. Dabei
sind die ersten beiden Stufen dem Ausgleichsmechanismus vorgelagert und nur die
letzten beiden Stufen bilden den eigentlichen Ausgleichsmechanismus.
In der ersten Stufe sind die Netzbetreiber gemäß § 5 EEG verpflichtet, Anlagen zur
Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien vorrangig an ihr Netz anzuschließen.
§ 8 EEG verpflichtet die Netzbetreiber, den gesamten angebotenen Strom aus erneuerbaren Energien vorrangig abzunehmen, zu übertragen und zu verteilen. § 16 Abs. 1
EEG räumt den Betreibern von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren
2
Die Vergütungsvoraussetzungen, Vergütungssätze, Degressionsschritte und anderen Einzelheiten des Gesetzes
werden im Fortschrittsbericht der Bundesregierung im Überblick dargestellt. Auf diese Punkte soll daher hier nicht näher
eingegangen werden. Zum Fortschrittsbericht vgl. Fn. 20 der Mitteilung der Bundesregierung der BRD an die Kommission
vom 29. Juni 2012.
4
Energien den Anspruch ein, von den Netzbetreibern nach Maßgabe der §§ 18 bis 33
EEG technologiespezifisch vergütet zu werden.
In der zweiten Stufe sind die Netzbetreiber nach § 34 EEG verpflichtet, den vergüteten
Strom an den vorgelagerten Übertragungsnetzbetreiber weiterzugeben. Diese sind nach
§ 35 EEG wiederum den Netzbetreibern zum Ersatz der Vergütung für die nach § 16
EEG einspeisevergüteten Strommengen verpflichtet.
In der dritten Stufe gleichen die Übertragungsnetzbetreiber die nach § 35 EEG vergüteten Strommengen und geleisteten Zahlungen untereinander aus (§ 36 EEG). Vor
Inkrafttreten der Ausgleichsmechanismusverordnung (AusglMechV)
Strommengen
gleichmäßig
an
die
3
mussten die
Elektrizitätsversorgungsunternehmen
real
(physikalisch-bilanziell) verteilt werden. Seit 2010 sind die Übertragungsnetzbetreiber
nunmehr dazu verpflichtet, den Strom diskriminierungsfrei und transparent am Spotmarkt der Strombörse zu vermarkten (§ 37 Abs. 1 EEG), und übernehmen damit für die
Elektrizitätsversorgungsunternehmen die Aufgabe, diese Strommengen in den Markt zu
integrieren. Die Differenz zwischen den dabei erzielten Vermarktungserlösen und den
auf der zweiten Stufe an die Verteilnetzbetreiber geleisteten Zahlungen zuzüglich der
Kosten für den Verkauf an der Börse ist die sogenannte EEG-Umlage, die jährlich von
den Übertragungsnetzbetreibern ermittelt und festgesetzt wird.
In der vierten Stufe können die Übertragungsnetzbetreiber sodann von den Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die Strom an Letztverbraucher liefern, gemäß § 37 Abs. 2
EEG die Zahlung der EEG-Umlage als Aufwendungsersatz verlangen. Dabei sollen die
Elektrizitätsversorgungsunternehmen für jede von ihnen an Letztverbraucher gelieferte
Kilowattstunde dieselben Kosten tragen (§ 37 Abs. 2 S. 2 EEG). Im Ergebnis werden so
alle Elektrizitätsversorgungsunternehmen zu gleichen Anteilen in die Finanzierung der
durch die Einspeisevergütung verursachten Mehrkosten eingebunden.
3
Ausgleichsmechanismusverordnung v. 17.7.2009, BGBl. I S. 2101.
5
Den Elektrizitätsversorgungsunternehmen steht es frei, die Kosten der EEG-Umlage auf
die Letztverbraucher umzulegen, da das EEG die Elektrizitätsversorgungsunternehmen
nicht zu einer Weitergabe verpflichtet. Ob und in welchem Ausmaß sie dies tun, obliegt
ihrer unternehmerischen Freiheit. Das EEG verbietet nur, dass die Elektrizitätsversorgungsunternehmen höhere EEG-Kosten ausweisen, als ihnen tatsächlich entstanden
sind. In der Regel werden die Letztverbraucher mit der EEG-Umlage belastet, wodurch
sich ihre Stromkosten erhöhen.
a) Beteiligte
Am Fördermechanismus des EEG sind ausschließlich private Rechtssubjekte beteiligt.
Dies sind zunächst die Anlagenbetreiber, die Strom aus erneuerbaren Energien
produzieren, weiterhin die Netzbetreiber sowie die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB)
und schließlich die Energieversorgungsunternehmen. Insgesamt existieren in Deutschland je rund 900 Netzbetreiber und gut 1000 Elektrizitätsversorgungsunternehmen.
Diese Rechtssubjekte sind ganz überwiegend privatrechtlich organisiert. Nur vereinzelt
halten zwar die Bundesländer oder Kommunen Anteile an Netzbetreibern, Übertragungsnetzbetreibern oder Elektrizitätsversorgungsunternehmen. Es sind aber im Vergleich zur PreussenElektra-Entscheidung des EuGH und der Entscheidung der
Kommission vom 22. Mai 2002 zum EEG 2000 seither keine wesentlichen Veränderungen dieser Eigentumsverhältnisse erfolgt, so dass auch keine andere rechtliche
Einordnung geboten ist.
Es erfolgt in keinem Fall eine Eingliederung in die öffentliche Verwaltung. Insbesondere
gilt das EEG weiterhin ohne Unterschied für private wie für öffentliche Netzbetreiber und
Elektrizitätsversorgungsunternehmen gleichermaßen. Auch Akteure, die im staatlichen
Teileigentum stehen, treffen nach dem EEG dieselben Rechte und Pflichten wie alle
anderen Akteure des EEG. Deshalb sind die Finanzflüsse zwischen Anlagenbetreibern,
Netzbetreibern, Übertragungsnetzbetreibern und Elektrizitätsversorgungsunternehmen
6
wie bisher als Mittelflüsse zwischen Privaten einzuordnen. Dies gilt auch für die Weitergabe der Kosten an die Stromverbraucher. Soweit die Elektrizitätsversorgungsunternehmen ihre Kosten an Letztverbraucher weitergeben, sind auch staatliche Einrichtungen als Letztverbraucher von der Zahlung der EEG-Umlage betroffen. Staatliche
Einrichtungen treffen wie alle anderen privaten Akteure die Verpflichtungen aus den geschlossenen Stromlieferungsverträgen. Die ganz überwiegende Zahl der Letztverbraucher sind jedoch private Unternehmen und natürliche Personen.
Neben dem Fördermechanismus nehmen einzelne staatliche Stellen Aufgaben der Wirtschaftsverwaltung wahr, die aber keinen Einfluss auf die Herkunft und die Verwendung
der Mittel haben, sondern lediglich zur Kontrolle des Recht- und Gesetzesmäßigkeit
sowie der Funktionsfähigkeit der geschaffenen Mechanismen prüfende Funktion haben
oder aufgrund der Richtlinie 2009/28/EG erforderlich sind. Alle Zahlungsansprüche ergeben sich aus dem Gesetz selbst und sind für alle Wirtschaftsteilnehmer gleich, unabhängig davon, ob es sich um Anlagenbetreiber, Netzbetreiber, Übertragungsnetzbetreiber oder Elektrizitätsversorgungsunternehmen handelt.
Zum o.g. Zwecke überwacht etwa die Bundesnetzagentur die Einhaltung einzelner
gesetzlicher Vorgaben und unterscheidet sich in dieser Funktion nicht von anderen
Stellen der staatlichen Wirtschaftsverwaltung. Sie kann insbesondere Maßnahmen ergreifen, wenn gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen wird. Das Umweltbundesamt
nimmt in Umsetzung der Vorgaben zu Herkunftsnachweisen nach Art. 15 der Richtlinie
2009/28/EG Aufgaben wahr. Auch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle
(BAFA) vollzieht lediglich die sich aus dem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen. Es prüft
hierbei ebenfalls, ob die Voraussetzungen der Besonderen Ausgleichsregelung vorliegen, ohne selbst Gestaltungsmacht oder Entscheidungsspielräume zu besitzen.
Näheres dazu findet sich in der Anlage 1 zu dieser Stellungnahme.
b) Finanzflüsse zwischen den beteiligten Unternehmen
7
Der geschlossene Finanzfluss zwischen den beteiligten Unternehmen besteht aus den
Zahlungen, die von den Netzbetreibern an die Anlagenbetreiber geleistet und zwischen
den Netzbetreibern und Übertragungsnetzbetreibern nach § 35 EEG ausgeglichen sowie
mittels der sogenannten EEG-Umlage, die nach § 37 Abs. 2 EEG seitens der Übertragungsnetzbetreiber von den Elektrizitätsversorgungsunternehmen erhoben werden
kann, letztlich wieder zur Deckung der Aufwendungen seitens der Übertragungsnetzbetreiber als Aufwendungsersatz beansprucht werden.
Die Übertragungsnetzbetreiber vermarkten den Strom an der Strombörse (§ 37 Abs. 1
EEG i.V.m. § 3 Abs. 2 AusglMechV) und gleichen die Kosten untereinander aus. So wird
die Höhe der EEG-Umlage nicht durch das EEG oder eine öffentliche Behörde festgelegt, sondern durch die Marktteilnehmer und das Marktgeschehen bestimmt. Weder
beim Ausgleichsmechanismus zwischen den Übertragungsnetzbetreibern, noch bei der
Festlegung der EEG-Umlage besteht eine behördliche Gestaltungsbefugnis. Die EEGUmlage bestimmt sich vielmehr nach der Differenz zwischen den Zahlungen an die
Netzbetreiber nach § 35 EEG für den abgenommenen Strom auf der einen und den eingenommenen Börsenerlösen zuzüglich der Kosten für den Verkauf an der Börse auf der
anderen Seite. Sie wird von den Übertragungsnetzbetreibern nach § 37 Abs. 2 S. 1 EEG
i.V.m. § 3 AusglMechV berechnet und von diesen bereits im Voraus auf Basis belastbarer Prognosen nach Stand von Wissenschaft und Technik festgelegt (§ 4
AusglMechV). War die EEG-Umlage in einem Jahr zu hoch oder zu niedrig angesetzt,
wird dies durch eine höhere oder niedrigere EEG-Umlage im Folgejahr ausgeglichen; im
Falle einer zunächst zu niedrig angesetzten EEG-Umlage wird das bei den Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) entstehende Defizit um die gezahlten Zinsen bereinigt.
Die auf diese Weise ermittelte EEG-Umlage können die Übertragungsnetzbetreiber von
den Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU) nach § 37 Abs. 2 EEG erstattet verlangen. Das EEG trifft keine Aussagen über die Weiterreichung dieser Kosten von den
Elektrizitätsversorgungsunternehmen an die Letztverbraucher, also die Stromabnehmer.
8
Die EEG-Umlage wird den privaten Einrichtungen nicht durch eine öffentliche Behörde
auferlegt. Gegenüber den Letztverbrauchern erfolgt die Weitergabe der EEG-Umlage
ggf. durch die Elektrizitätsversorgungsunternehmen, d.h. ebenfalls privatrechtliche
Personen im Rahmen der vertraglichen Preisgestaltungsmöglichkeiten. Es handelt sich
bei der EEG-Umlage um eine Geschäftsbeziehung zwischen privaten Unternehmen
bzw. Einzelpersonen ohne das Eingreifen einer zwischengeschalteten öffentlichen Behörde oder Körperschaft. 4 So ist es im EEG grundsätzlich allein der privatrechtlichen
Vertragsgestaltung
zwischen
Elektrizitätsversorgungsunternehmen
und
Letztver-
brauchern überlassen, ob und inwieweit Letztverbraucher an den Kosten des Ausbaus
der erneuerbaren Energien beteiligt werden.
Auch im Verhältnis zwischen den verschiedenen Netzbetreibern, sowie den Übertragungsnetzbetreibern und Elektrizitätsversorgungsunternehmen wird die EEG-Umlage
nicht durch eine öffentliche Behörde auferlegt. Im Zuge eines privatrechtlichen Schuldverhältnisses (§ 4 EEG) haben die den Strom aus EEG-Anlagen aufnehmenden Netzbetreiber gegenüber den vorgelagerten Übertragungsnetzbetreibern nur einen Anspruch
auf Abnahme des EEG-Stroms und Erstattung der an die Anlagenbetreiber ausgezahlten Vergütungen (§§ 8 Abs. 4 Nr. 1 oder 2, 35 Abs. 1 und 1a EEG). Die Übertragungsnetzbetreiber haben ihrerseits lediglich einen Anspruch auf Erstattung der an
die Netzbetreiber gezahlten Vergütungen gegenüber den Elektrizitätsversorgungsunternehmen (§ 37 Abs. 2 EEG). Eine Durchsetzung dieses Zahlungsanspruchs zwischen
Privaten durch staatliche Stellen ist ausgeschlossen und kann nur auf dem Zivilrechtsweg erfolgen. Insbesondere sind Übertragungsnetzbetreiber nicht in die öffentliche Verwaltung eingegliedert.
c) Die sog. Besondere Ausgleichsregelung
Das EEG enthält in den §§ 40 ff. die sogenannte Besondere Ausgleichsregelung. Diese
modifiziert die rechtliche Möglichkeit zur Weitergabe der Kosten der EEG-Umlage an
4
vgl. PreussenElektra sowie Beschluss der Kommission in der Sache C-24/2009 – Österreich Rz. 65.
9
Letztverbraucher. Sie soll die wirtschaftliche Mehrbelastung begrenzen, die sich für besonders stromintensive Unternehmen und Schienenbahnen aus der EEG-Förderung für
erneuerbare Energien ergibt.
Im Einzelnen gestaltet sich die gesetzliche Regelung wie folgt:
Nach § 40 S. 1 EEG begrenzt das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA)
auf Antrag für eine Stromabnahmestelle die EEG-Umlage, die von Elektrizitätsversorgungsunternehmen von Letztverbrauchern, die stromintensive Unternehmen des
produzierenden Gewerbes mit hohem Stromverbrauch sind, maximal verlangt werden
darf. Dieser gebundene Begrenzungsanspruch tangiert unmittelbar nur das Recht der
Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die EEG-Umlage von den Letztverbrauchern zu
erheben.
Der Begrenzungsanspruch für ein Unternehmen des produzierenden Gewerbes, d.h.
insbesondere des verarbeitenden Gewerbes unter Anwendung der Abschnitte B und C
der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes, 5 besteht nur,
wenn und soweit im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr der an einer Abnahmestelle
bezogene und verbrauchte Strom mindestens 1 Gigawattstunde (GWh) und das Verhältnis von Stromkosten zur Bruttowertschöpfung des Unternehmens mindestens 14 %
betragen hat (§ 41 Abs. 1 Nr. 1 EEG). Im Falle von Unternehmen mit einem Stromverbrauch von über 10 Gigawattstunden muss zusätzlich eine Zertifizierung und Bewertung
der Potenziale zur Verminderung des Energieverbrauchs erfolgt sein (§ 41 Abs. 1 Nr. 2
EEG). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist durch Stromlieferungsverträge, Stromrechnungen sowie durch die Bescheinigung eines Wirtschaftsprüfers sowie eine Bescheinigung des Zertifizierers nachzuweisen (§ 41 Abs. 2 EEG).
5
Vgl. § 3 Nr. 14 EEG.
10
Liegen die Voraussetzungen vor, wird auf Antrag, der in der Regel jeweils bis zum 30.
Juni des laufenden Jahres zu stellen ist (§ 43 Abs. 1 S. 1 EEG), die EEG-Umlage des
betroffenen Unternehmens entsprechend der Vorgaben von § 41 Abs. 3 EEG begrenzt:
Unternehmen mit einem Strombezug von mindestens 1 GWh haben zunächst einen
Selbstbehalt bis einschließlich 1 GWh zu tragen; für den Stromanteil6 über 1 GWh bis
einschließlich 10 GWh erfolgt eine Begrenzung auf 10 % der EEG-Umlage, für den
Stromanteil über 10 GWh bis einschließlich 100 GWh auf 1 % der EEG-Umlage und für
den Stromanteil über 100 GWh auf 0,05 ct/kWh. Bei Unternehmen mit einem Strombezug von mindestens 100 GWh und einem Verhältnis der Stromkosten zur Bruttowertschöpfung von mehr als 20 % erfolgt für den gesamten Strombezug eine Begrenzung
auf 0,05 ct/kWh.
Die Begrenzungsentscheidung richtet sich an stromintensive Unternehmen und Elektrizitätsversorgungsunternehmen. In der Folge dürfen die Elektrizitätsversorgungsunternehmen nicht mehr die volle EEG-Umlage von den betreffenden Unternehmen verlangen. Entsprechend reduziert sich deren Pflicht zur Zahlung der EEG-Umlage an die
Übertragungsnetzbetreiber. Die Mindereinnahmen erhöhen die von den Übertragungsnetzbetreibern im Übrigen festgesetzte EEG-Umlage, um den Elektrizitätsversorgungsunternehmen insgesamt eine vollständige Finanzierung des Aufwendungsersatzes zu
ermöglichen, welcher den Übertragungsnetzbetreibern geschuldet ist.
Die Aufgabe des BAFA beschränkt sich gemäß § 40 EEG darauf, den Antrag der Unternehmen auf Begrenzung der EEG-Umlage zu bescheiden und gegebenenfalls einen
Begrenzungsbescheid auszustellen. Dabei prüft das BAFA das Vorliegen der hierfür
erforderlichen Voraussetzungen, wie insbesondere den Mindeststromverbrauch der antragstellenden Unternehmen. Die Begrenzungsentscheidung erfolgt als gebundene Entscheidung, es besteht also kein Ermessensspielraum. Zu keinem Zeitpunkt übt das
BAFA Kontrolle über die von den nicht-privilegierten Stromverbrauchern gezahlte EEGUmlage aus. Der Bescheid hat vielmehr einen lediglich feststellenden Charakter. In der
6
Große/Kachel, in: Altrock/Oschmann/Theobald (Hrsg.), EEG, Kommentar, 3. Aufl. 2011, § 40 Rn. 1.
11
Folge wickeln die begünstigten Unternehmen, die Elektrizitätsversorgungsunternehmen
und die Übertragungsnetzbetreiber die Finanzflüsse unter sich ab. Inwieweit die
Elektrizitätsversorgungsunternehmen die nach dem Bescheid des BAFA verbleibende
verringerte EEG-Umlage von den begünstigten Unternehmen überhaupt verlangen,
bleibt ihnen weiterhin überlassen. Der Bescheid des BAFA verbietet ihnen lediglich,
höhere Kosten weiterzugeben. Das BAFA verfügt deshalb weder direkt über Mittelflüsse
noch hat es Zugriff auf oder Kontrolle über diese Mittel.
2. Rechtliche Bewertung
Aus Sicht der Bundesregierung stellt das EEG keine Beihilfe im Sinne des Art. 107
AEUV dar.
Einführend ist festzuhalten, dass die vorläufige Bewertung der Kommission versäumt,
klar zwischen den Stufen des Fördersystems und somit zwischen EEG-Vergütung und
nachgelagerter EEG-Umlage zu unterscheiden. Zugleich stützt sie ihre Argumentation
vor allem auf die erfolgte Einführung der EEG-Umlage – einschließlich der dem Umlagesystem inhärenten Besonderen Ausgleichsregelung für energieintensive Unternehmen
sowie der Überwachungsaufgaben der Bundesnetzagentur zur ordnungsgemäßen Abwicklung des Umlagesystems –, um die Beihilfequalität des Fördersystems zu bejahen.
Jedenfalls im Vergütungssystem auf der ersten und zweiten Stufe des Fördermechanismus haben sich seit der PreussenElektra-Entscheidung unstreitig keine
relevanten Änderungen ergeben. Der der Abnahmeverpflichtung auf der ersten und
zweiten Stufe gegenüberstehende Vergütungsanspruch (zwischen Anlagenbetreibern
und Netzbetreibern sowie zwischen Netzbetreibern und vorgelagerten Übertragungsnetzbetreibern) gem. EEG 2012 erfüllt daher gem. der Entscheidung der Kommission
zum EEG 20007 weiterhin nicht den Beihilfetatbestand. Etwas anderes geht auch aus
7
Staatliche Beihilfe NN27/2000 – Deutschland – Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien (Erneuerbare-EnergienGesetz) (ABl. C 164 vom 10.07.2002, S.5)
12
den Ausführungen im Eröffnungsbeschluss nicht hervor, ohne dass sich diese schrittweise mit der möglichen Anwendung des Beihilfetatbestandes auf den oben beschriebenen Stufen des Fördersystems im Einzelnen auseinandersetzen.
Im Folgenden wird daher noch einmal dargelegt, warum insbesondere das neu eingeführte nachgelagerte Umlagesystem einschließlich der ihm inhärenten Besonderen
Ausgleichsregelung keine Beihilfe darstellen kann, und auch weder die gesetzlichen
Änderungen seit dem Beschluss zum EEG 2000 noch die Rechtsprechung des EuGH
zur Folge haben, dass das Gesamtsystem des EEG tatbestandlich als Beihilfe gem.
Artikel 107 Absatz 1 AEUV angesehen werden kann.
a) Keine Begünstigung
aa) Keine Begünstigung der Übertragungsnetzbetreiber
Die EEG-Umlage begründet bereits keine Begünstigung, da sie ausschließlich den aus
der Vermarktung des abgenommenen Erneuerbaren Energien Stroms (EE-Strom)
resultierenden Verlust der Übertragungsnetzbetreiber ausgleicht. Bei diesen entsteht
durch das Umlagesystem keinerlei Vorteil. Dies stellt die Kommission in Rz. 99 des Eröffnungsbeschlusses auch korrekt dar, wenn sie feststellt, dass die Umlage der
Finanzierung des Differenzbetrages aus geleisteten Vergütungszahlungen der Übertragungsnetzbetreiber und den Kosten der Vermarktung sowie den Einnahmen aus der
Vermarktung des EEG-Stroms auf der anderen Seite dient. Durch die Geltendmachung
ihres Erstattungsanspruchs gem. § 37 Abs. 2 EEG haben die Übertragungsnetzbetreiber
nur die Möglichkeit, bereits im Vorfeld entstandene Verluste auszugleichen.
In diesem Sinne ist im Übrigen schon wegen der zeitlichen Abläufe eine direkte Verwendung der Mittel aus dem Anspruch aus § 37 Abs. 2 EEG für den vergüteten Strom
ausgeschlossen. Das in Rz. 99 des Eröffnungsbeschlusses verwendete Zitat aus der
13
Stellungnahme der Bundesregierung vom 29.06.2012 stand im Übrigen in einem gänzlich anderen Sinnzusammenhang: Dort wurde verdeutlicht, dass die den Vergütungszahlungen nachgelagerte Berechnung der EEG-Umlage und die anschließenden
Geltendmachung
der
Ersatzansprüche
der
Übertragungsnetzbetreiber
nach
§ 37 Abs. 2 EEG (im Gegensatz zur niederländischen Abgabe in der Rechtssache
Essent) sich unmittelbar an den entstandenen Kosten orientiert.
bb) Keine Begünstigung der Anlagenbetreiber
Auch eine Begünstigung der Anlagenbetreiber durch die EEG-Umlage ist nicht gegeben.
Diese haben unabhängig von dem System der EEG-Umlage – und insbesondere unabhängig von der Durchsetzung und Durchsetzbarkeit der Ersatzansprüche der Übertragungsnetzbetreiber gegen die Elektrizitätsversorgungsunternehmen – einen Anspruch
auf Abnahme des EEG-Stroms und Vergütung gegenüber ihren Netzbetreibern.
Der EuGH verlangt jedoch, dass zwischen Abgabe und Vorteil ein zwingender Verwendungszusammenhang besteht:
„Damit eine Abgabe oder ein Teil einer Abgabe als Bestandteil einer Beihilfemaßnahme
angesehen werden kann, muss nach der einschlägigen nationalen Regelung zwischen
der Abgabe und der Beihilfe notwendig ein zwingender Verwendungszusammenhang
bestehen. Besteht ein solcher Zusammenhang, so beeinflusst das Abgabenaufkommen
unmittelbar den Umfang der Beihilfe […].“8
Unabhängig von der Bewertung der Staatlichkeit der EEG-Umlage, resultiert aus ihr
daher schon kein Vorteil für die EE-Anlagenbetreiber, da die EEG-Umlage lediglich dem
Ausgleich der Kosten der Vermarktungstätigkeit der ÜNB dient.
Zudem bestimmt die EEG-Umlage in keiner Weise den Umfang der EEG-Vergütung. Es
verhält sich vielmehr umgekehrt als vom EuGH in der Rechtssache Pape verlangt. Die
EEG-Vergütung wird zeitlich vor der EEG-Umlage aufgrund der privatrechtlich einzu8
EuGH Pape, C-175/02, Rn. 15 mit Verweis auf die EuGH-Urteile vom 25. Juni 1970 in der Rechtssache 47/69, Frankreich/Kommission, Slg. 1970, 487, Rn. 17, 20 und 21, und EuGH Streekgewest, C-174/02, Rn. 26.
14
ordnenden Vergütungspflicht fällig. Die anschließende EEG-Umlage wird, auch wenn sie
als staatliches Mittel einzuordnen wäre, nicht seitens der Übertragungsnetzbetreiber an
die Anlagenbetreiber weitergereicht, sondern dient den Übertragungsnetzbetreibern zum
Ausgleich ihrer Verluste aus der Vermarktung des Stroms, § 37 I EEG. Sie entspricht
somit auch der Höhe nach nicht der EEG-Vergütung. Ebenso beruht die Berechnung der
EEG-Umlage auf gänzlich anderen Parametern als die der EEG-Vergütung.
Mit anderen Worten: Die EEG-Umlage dient nicht der Finanzierung der EEG-Vergütung.
Das EEG-Vergütungssystem finanzierte sich auch bereits vor Einführung der EEGUmlage durch die Vergütungsverpflichtung seitens der Netzbetreiber und Übertragungsnetzbetreiber. Insofern könnte man die EEG-Umlage auch hinwegdenken, die
Finanzierung der Anlagenbetreiber wäre dennoch durch die Vergütungspflicht der Netzbetreiber nach §§ 16 ff EEG sichergestellt. Es verbliebe dann beim System der
physikalischen Wälzung, wie es dem Grunde nach auch bereits der PreussenElektraEntscheidung zu Grunde lag. Die EEG-Umlage dient hingegen vielmehr der Ermöglichung der Vermarktung des Stroms durch die Übertragungsnetzbetreiber und stellt
damit im Übrigen sogar einen Schritt hin zu mehr Markttransparenz dar.
Darüber hinaus vermisst die Bundesregierung in den Ausführungen der Kommission
eine Prüfung der Kriterien des Altmark-Urteils, obwohl alle Sachverhaltselemente, die für
diese Prüfung erforderlich sind, der Kommission vorgetragen und bekannt sind.
In Ziffer 76 des Beschlusses behauptet die Kommission eine "Bevorteilung" der Erzeuger von EE-Strom und von Strom aus Grubengas, weil die Einspeisevergütungen
und Prämienzahlungen den Marktwert der verkauften Elektrizität überstiegen. Diese
Sichtweise lässt außer Acht, dass die Anlagenbetreiber diese Zahlungen erhalten, um
die im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse liegende Erzeugung erneuerbarer
Energien unter zumutbaren wirtschaftlichen Bedingungen leisten zu können. Schon Art.
3 Abs. 2 der Elektrizitätsbinnenmarkt-Richtlinie 2009/72/EG erlaubt es den Mitgliedstaaten, die Erzeugung von "Energien aus erneuerbaren Quellen" zum Gegenstand von
"im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse" liegenden Verpflichtungen zu machen. Die
EE-Richtlinie 2009/28/EG bezeichnet den Ausbau des Anteils erneuerbarer Energien am
15
Gesamtverbrauch der Gemeinschaft bis zum Jahre 2020, der vom Europäischen Rat im
März 2007 beschlossen worden ist, als eine "Verpflichtung der Gemeinschaft". Die anteiligen Zielvorgaben der Mitgliedstaaten werden in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie zu verbindlichen nationalen Gesamtzielen erklärt. In Ziffer 193 ihres Beschlusses erkennt die
Kommission die Förderung der Stromerzeugung aus Grubengas ausdrücklich als
"genau bestimmtes Ziel von gemeinsamen Interesse" an. Die Kommission wird nicht in
Abrede stellen, dass die Erzeugung erneuerbarer Energien in derselben Weise einem
von der Europäischen Union gefördertem Gemeinschaftsziel dient.
Damit liegen die Voraussetzungen des 1. Altmark-Kriteriums vor, denn die in den §§ 5, 8
und 16 vorgesehene Anschluss-, Einspeise- und Vergütungspflicht für erneuerbare
Energien ist eine gesetzliche Verpflichtung, die dem von der Union geforderten Gemeinwohlziel des Ausbaus der erneuerbaren Energien im Interesse der Querschnittsverpflichtung der Union nach Art. 11 AEUV dient.
Die Berechnungsparameter, die der Bestimmung der Vergütungssätze zugrunde liegen,
werden in den Ziffern 48 ff. des Beschlusses ausführlich geschildert und in der Vereinbarkeitsprüfung für gut befunden. Damit ist auch das 2. Altmark-Kriterium erfüllt.
Ebenso ist die Kommission - zutreffenderweise - zu der Schlussfolgerung gekommen,
dass eine Überkompensation der Anlagenbetreiber nicht zu besorgen ist. In Ziffer 157
des Beschlusses bestätigt die Kommission die "bei den Produktionsberechnungen angesetzte Kapitalrendite als normal". Dass eine Überkompensation der betroffenen
Unternehmen ausgeschlossen ist, stellt die Kommission ausdrücklich und ohne Einschränkungen in den Ziffern 160, 164, 167, 173 ,183 und 197 ihres Beschlusses fest.
Somit liegen auch die Voraussetzungen des 3. Altmark-Kriteriums vor.
Schließlich wird von der Kommission auch nicht bestritten, dass es sich bei den auf
diese Weise geförderten Anlagenbetreiber um durchschnittlich gut geführte Unternehmen handelt, die durch die Finanzierungsmechanismen des EEG "nicht davon abgehalten werden, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern" (Ziffer 184). Die Kommission
bejaht darüber hinaus in Ziffern 185 und 186 des Beschlusses ausdrücklich das Be-
16
stehen eines Anreizeffektes, so dass die Einspeisevergütungen nicht über das Notwendige hinausgehen. Damit stehen auch die Voraussetzungen des 4. AltmarkKriteriums nicht in Zweifel.
Die Bundesregierung ersucht die Kommission daher, ihre bisherige Rechtsauffassung
zur Frage der Tatbestandsmäßigkeit der EE-Erzeugungsförderung im Sinne von Art. 107
Abs. 1 AEUV zu überdenken.
cc) Keine Begünstigung der energieintensiven Unternehmen durch die besondere
Ausgleichsregelung
Auch die Besondere Ausgleichsregelung beinhaltet keine Begünstigung im Sinne von
Art. 107 Abs. 1 AEUV. Vielmehr stellt sie einen Ausgleich dar für die verminderte internationale Wettbewerbsfähigkeit stromintensiver Unternehmen. Die energieintensiven
Industrien (Baustoffe, Chemie, Glas, NE-Metalle, Papier und Stahl) haben im Jahr 2013
eine Belastung von schätzungsweise 1,6 Mrd. € durch die EEG-Umlage getragen (unter
Berücksichtigung der Besonderen Ausgleichsregelung). Dies unterstreicht, dass die
energieintensiven Industrien sich substanziell am Umbau der Energieversorgung in
Deutschland und den damit verbundenen Zielen beteiligen. Insgesamt trägt die Industrie
in Deutschland von den 20,4 Mrd. Gesamt-EE-Förderkosten (2013) ca. 6,1 Mrd. Euro,
zusammen mit Gewerbe, Handel und Dienstleistungen sogar 10,1 Mrd. Euro, also etwa
die Hälfte der gesamten EE-Förderkosten (öffentliche Einrichtungen, Landwirtschaft und
Verkehr: 3,1 Mrd. Euro; private Haushalte: 7,2 Mrd. Euro). 9 In Deutschland zahlen
stromintensive Unternehmen weiterhin die volle EEG-Umlage auf den Stromanteil bis 1
GWh/a. Erst darüber hinaus erfolgt eine stufenweise Begrenzung. Dabei müssen sie für
den Stromverbrauch bis 10 GWh/a 10 % der EEG-Umlage, für den darüber hinausgehenden Stromverbrauch 1 % der Umlage beziehungsweise 0,05 Ct/kWh zahlen. Dies
bedeutet, dass im Jahr 2013 ein Unternehmen mit einem Stromverbrauch von 5 GWh/a
eine EEG Umlage von knapp 74.000 Euro zahlt, ein Unternehmen mit 10 GWh/a rd.
100.000 Euro und ein Unternehmen mit 50 GWh/a rd. 120.000 Euro. Selbst jene Unternehmen, die aufgrund ihres besonders hohen Stromverbrauchs und hoher Stromkosten
9
Quelle: BDEW, Erneuerbare Energien und das EEG, Januar 2013, S. 44
17
im Vergleich zur Bruttowertschöpfung die weitestgehende Begrenzung der EEG-Umlage
erfahren, zahlen weiterhin 0,05 Cent/kWh, was sich aufgrund ihres hohen Stromverbrauchs absolut als hohe finanzielle Unterstützung zum Ausbau der erneuerbaren
Energien darstellt. Ein Unternehmen mit einem Stromverbrauch von 500 GWh/a zahlt z.
B. 250.000 Euro EEG-Umlage.
Im Vergleich dazu liegen die Belastungen in anderen europäischen Ländern deutlich
niedriger. 10 In Drittländern außerhalb der EU bestehen zumeist überhaupt keine
vergleichbaren Belastungen. Viele stromintensive Branchen, wie z.B. die Kupfer-, Stahl-,
Aluminium- sowie Mineralölverarbeitung bzw. –erzeugung unterliegen einem sehr hohen
internationalen Wettbewerbsdruck. Höhere Energiekosten können hier nicht an weltweite Kunden weitergegeben werden. Bei Kupferprodukten kommt hinzu, dass diese nur
zu einem Preis angeboten werden können, der sich am täglichen weltweit gültigen
Börsenpreis orientiert. Bei einem Aufschlag lokaler Mehrkosten etwa nach dem EEG
würden diese Unternehmen aus dem Markt gedrängt und die Produktion durch Importe
ersetzt werden, denn lokale Mehrkosten können nicht im Preis für ihre Produkte weitergegeben werden. Auch die Aluminiumbranche ist besonders energie- und international
handelsintensiv. Im Bereich Stahl konkurrieren Unternehmen als Teil transnationaler
Konzerne vor allem mit Unternehmen in Asien und Amerika. Bei einem Abzug aus
Deutschland wären nicht andere europäische Staaten die Gewinner, sondern das
außereuropäische Ausland. Die Besondere Ausgleichsregelung gewährt somit keinen
Vorteil, sondern gleicht vielmehr einen Nachteil aus.
Ohne die Besondere Ausgleichsregelung würden insbesondere Abnehmer mit besonders stromintensiven Produktionsbedingungen in eine äußerst ungünstige Wettbewerbssituation gelangen, verglichen mit Unternehmen derselben Branche sowohl in
anderen EU-Mitgliedsstaaten als auch in Drittstaaten z.B. in Nordamerika und in Asien.
Durch die Befreiung solcher Unternehmen mit besonders stromintensiven Produktions-
10
Ein Vergleich der geförderten Strommengen und des Förderniveaus findet sich z.B. im Bericht des Council of European
Energy Regulators „Status Review of Renewable and Energy Efficiency Support Schemes in Europe“,
http://www.ceer.eu/portal/page/portal/EER_HOME/EER_PUBLICATIONS/CEER_PAPERS/Electricity/Tab2/C12-SDE-3303_RES%20SR_25%20June%202013%20revised%20publication.pdf, Tabellen auf Seiten 18-20
18
bedingungen von der Umlage in Form der Besonderen Ausgleichsregelung will der
deutsche Gesetzgeber somit strukturelle Nachteile ausgleichen, weshalb aus Sicht der
Bundesregierung schon keine Begünstigung vorliegt, dies aus folgenden Gründen: Im
Fall „Hotel Cipriani“ aus dem Jahre 2008 urteilte das EuG, dass dann keine Beihilfe
i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV vorliege, wenn „das begünstigte Unternehmen zusätzliche
Belastungen zu tragen hat, die sich aus einer Ausnahmeregelung ergeben, die für
Konkurrenzunternehmen, die dem allgemeinen Recht unter normalen Marktbedingungen
unterliegen, nicht gilt“.11 Im Urteil „Hotel Cipriani“ bezog sich das EuG dabei ausdrücklich auf den im Jahr 1988 vom EuGH entschiedenen Fall „Van der Kooy“.12 Im diesem
Fall hatte der EuGH über die beihilferechtliche Einstufung eines Erdgasvorzugstarifs, der
gewerblichen Gartenbaubetrieben in den Niederlanden für die Warmhauserzeugung
gewährt wurde, zu entscheiden. Wie im Falle der Besonderen Ausgleichsregelung lag
also ebenfalls eine Besserstellung einiger Unternehmen hinsichtlich einer an sich allgemeingültig anfallenden Energieabgabe vor. Der EuGH führte damals aus, dass ein
Vorzugstarif nicht als Beihilfemaßnahme zu werten sei, wenn „gezeigt würde, dass der
betreffende Vorzugstarif im Kontext des betreffenden Marktes objektiv durch wirtschaftliche Gründe wie die Notwendigkeit gerechtfertigt ist, auf diesem Markt im Preiswettbewerb mit anderen Energiequellen zu bestehen.“13 Die Besondere Ausgleichsregelung
rechtfertigt sich ebenfalls mit der Notwendigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit deutscher
Abnehmer mit besonders stromintensiven Produktionsbedingungen aufrecht zu erhalten.
Einige der von den Besonderen Ausgleichsregelung erfassten Unternehmen sind so
stromkostenintensiv, dass sie, würde ihnen die EEG-Umlage vollumfänglich aufgebürdet, nicht mehr wettbewerbsfähig wären. Sie wären unmittelbar in ihrer Existenz
bedroht. In diese Notsituation geraten die betroffenen Unternehmen erst durch die
Sonderbelastungen, die durch das EEG-Umlagesystem entstehen. Somit obliegt es
auch dem Gesetzgeber, diese strukturellen Nachteile gegenüber vergleichbaren Unter11
EuG, Rs. T-254/00, Hotel Cipriani/Kommission, Slg 2008, II-3269, Rn. 186; siehe auch EuG, Rs. T-157/01, Danske
Busvognmaend/Kommission, Slg. 2004, II-917, Rn. 57.
12
EuGH, Rs. 67/85, 68/85 und 70/85, Van der Kooy/Kommission, Slg. 1988, 219.
13
EuGH, Rs. 67/85, 68/85 und 70/85, Van der Kooy/Kommission, Slg. 1988, 219, Rn. 30.
19
nehmen im Ausland – z.B. in Form der Besonderen Ausgleichsregelung – zu
kompensieren. Auch deshalb handelt es sich bei der Besonderen Ausgleichsregelung
nach Ansicht der Bundesregierung nicht um eine Beihilfe.
Die Besondere Ausgleichsregelung ist somit ein wichtiges Instrument, um die gleichen
Wettbewerbsbedingungen für energieintensive deutsche Unternehmen sicherzustellen
und gleichzeitig den Umbau zu einer auf erneuerbare Energien gestützten Energieversorgung voranzutreiben. Sie dient dem Ziel der Richtlinie 2009/28/EG („Erneuerbare
Energien Richtlinie“), wonach die vermehrte Nutzung von Energien aus erneuerbaren
Energiequellen zur Verringerung von Treibhausgasemissionen und zur Einhaltung des
Kyoto Protokolls beitragen soll. Ohne die Besondere Ausgleichsregelung wäre aufgrund
der zu erwartenden grenzüberschreitenden Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der
stromintensiven Industrien und der damit einhergehenden Gefahr des „carbon leakage“
kein anspruchsvolles Erneuerbare-Energien-Fördersystem denkbar, das die Kosten im
Verhältnis zur an Letztverbraucher gelieferten Strommenge an industrielle Stromverbraucher weiter gibt. Die Besondere Ausgleichsregelung stellt daher einen inhärenten
Bestandteil des EE-Fördersystems dar.
Darüber hinaus müssen die in der Besonderen Ausgleichsregelung begünstigten Unternehmen mit einem Stromverbrauch von mehr als 10 GWh/a bezogen auf das Unternehmen im Rahmen des Antragsverfahrens gem. § 41 Abs. 1 Nr. 2 EEG nachweisen,
dass sie über ein zertifiziertes Energiemanagement nach ISO 50001 oder EMAS 14 verfügen und jährlich Überprüfungsaudits durchführen. Dies erfordert große Anstrengungen
in den Unternehmen, indem diese sich konkret mit allen Fragen ihres Stromverbrauchs
und deren Einsparpotenzialen auseinandersetzen müssen. Um die entsprechenden Anforderungen zu erfüllen, entstehen somit erhebliche Kosten in den Unternehmen. Die
weiter gehende Begrenzung der EEG-Umlage in diesen Fällen ist somit auch ein an14
Verordnung (EG) Nr.1221/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 über die freiwillige Beteiligung von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 761/2001, sowie der Beschlüsse der Kommission
2001/681/EG und 2006/193/EG(EMAS), ABl. L 114 vom 24.4.2001.
20
gemessener Ausgleich in Form einer marktüblichen Gegenleistung für die erbrachten
Leistungen des Energiemanagements der betroffenen Unternehmen. Die Anforderung
dient dem Ziel der kontinuierlichen Verbesserung der Energieeffizienz, des ressourcenschonenden Energieeinsatzes und der Verringerung des Energieverbrauchs. Durch die
Erfüllung der Anforderung aus § 41 Abs. 1 Nr. 2 EEG leisten die betroffenen Unternehmen somit einen über die Förderung der erneuerbaren Energien hinausgehenden
Beitrag zu Nachhaltigkeit und Umweltschutz. Sie erbringen hierdurch eine Leistung von
allgemeinem Interesse, das sich insbesondere in der europäischen Gesetzgebung in
vielfältiger Weise niedergeschlagen hat15.
An dieser mit der Besonderen Ausgleichsregelung verknüpften Verpflichtung zeigt sich
besonders der kombinierte Umwelt- und Ressourcenschutz. Diese Regelung betraf 2012
Unternehmen mit über 90 % des begünstigten Stromverbrauchs.
Die zu erbringende Gegenleistung steht auch hier in einem angemessenen Verhältnis
zum Begrenzungsanspruch gemäß der Besonderen Ausgleichsregelung. Einen Marktpreis für die zu erbringenden Leistungen gibt es zwar nicht, schon weil die Leistungen
aufgrund der sehr unterschiedlichen Ausgangsbedingungen der Unternehmen nicht
genau bezifferbar sind. In diesen Fällen kommt den Mitgliedsstaaten jedoch ein weiter
Beurteilungsspielraum bei der Bewertung der Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung zu, in dem sich die vom deutschen Gesetzgeber gefundene Staffellösung bewegt.
Selbst wenn man in dem weitergehenden Begrenzungsanspruch (über 10% der EEGUmlage bei Unternehmen mit einem Jahresverbrauch über 10 GWh/a) einen über den
Ausgleich der Belastung durch die EEG-Umlage hinausgehenden Vorteil sehen würde,
ist er daher bei diesen besonders energieintensiven Unternehmen jedenfalls als angemessener Ausgleich für die erhöhten Nachweispflichten zu sehen.
15
Neben der EMAS-Verordnung, insbesondere in Artikel 191 Abs.1 und Artikel 194 Abs. 1 AEUV sowie in der Energieeffizienzrichtlinie 2012/27/EU
21
b) Nicht staatlich bzw. nicht aus staatlichen Mitteln
Dem EEG-Fördermechanismus fehlt zudem auf allen Stufen das Beihilfemerkmal der
Staatlichkeit oder Staatlichkeit der Mittel. Für die 1. und 2. Stufe, bei der es – unverändert zum Sachverhalt, der der Entscheidung der Kommission zum EEG vom
22.5.2002 zugrunde lag – bei der physikalischen Wälzung bleibt, wird dies auch im Eröffnungsbeschluss nicht in Frage gestellt. Die Kommission begründet vielmehr die vermeintliche Staatlichkeit mit der Einführung des EEG-Ausgleichsmechanismus und der
EEG-Umlage auf der 3. und 4. Stufe, sowie der ihr inhärenten Besonderen Ausgleichsregelung und Kontrollaufgaben insbesondere der Bundesnetzagentur (BNetzA).
aa) Keine Verbindung zum Staatshaushalt oder Haushalt einer öffentlichen Einrichtung
Insbesondere die gesetzliche Ausgestaltung des EEG-Ausgleichsmechanismus sieht zur
Finanzierung der Fördermaßnahmen für erneuerbare Energien keinen Einsatz staatlicher Mittel oder die Zurechenbarkeit zum Staat vor, wie sie der Europäische Gerichtshof in der maßgeblichen Rechtsprechung zu PreussenElektra (EuGH, C379/98),
Stardust Marine (EuGH, C-482/99) und Essent Netwerk Noord BV (EuGH C206/06)
näher bestimmt.
Der EuGH hat festgestellt, dass staatlich angeordnete Zahlungsflüsse zwischen
Privaten, die nicht dem Haushalt des Staates oder einer anderen öffentlichen Einheit
zuzuordnen sind und bei denen der Staat nicht auf wie auch immer geartete Einnahmen
wie Steuern, Gebühren, Abgaben oder sonstige Zahlungen verzichtet, ihren privatrechtlichen Charakter behalten. 16 Staatlich angeordnet sind jedoch bereits höchstens die
Zahlungen der Netzbetreiber an die EE-Anlagenbetreiber und von den vorgelagerten
16
Rs. Doux Elevage SNC, Urteil v. 30.5.2013, Rs. C-677/11, Rn 32
22
Übertragungsnetzbetreibern an die abnehmenden Netzbetreiber als Gegenleistung für
den abzunehmenden Strom (1. und 2. Stufe des Fördermechanismus). Die Ersatzansprüche der Übertragungsnetzbetreiber gegenüber den Elektrizitätsversorgungsunternehmen können jedenfalls in keinem Fall staatlich durchgesetzt werden.
Zudem ergibt sich aus der genannten EuGH-Rechtsprechung, dass Abgaben, Steuern
und Gebühren sich dadurch auszeichnen, dass die generierten Einnahmen in irgendeiner Form dem Staatshaushalt oder dem Haushalt einer öffentlichen Einheit zufließen
müssen. Genau dies ist jedoch beim EEG nicht der Fall. Die Übertragungsnetzbetreiber
sind keine öffentlichen Einrichtungen und die Mittel, die ihnen zufließen und von ihnen
an die Elektrizitätsversorgungsunternehmen weitergeleitet werden, mindern in keiner
Weise mittelbar oder unmittelbar die Einnahmen des Staates. Der Staat hat auch sonst
keinen Zugriff auf diese Einnahmen. Hierzu wird im Einzelnen auf frühere Stellungnahmen der Bundesregierung verwiesen.
Die mangelnde Zuordnung der EEG-Umlage zum Bundeshaushalt oder dem Haushalt
einer öffentlichen Einrichtung ergibt sich auch daraus, dass etwaige Mehr- oder Mindereinnahmen der Übertragungsnetzbetreiber im Rahmen der Festlegung der EEG-Umlage
durch die Übertragungsnetzbetreiber für das Folgejahr einschließlich des Zinsanspruchs
ausgeglichen werden.
Besonders deutlich wird die mangelnde staatliche Kontrolle, wenn man bedenkt, wie mit
fälschlicherweise zu viel erhobener EEG-Umlage umzugehen wäre. Diese flösse unter
keinen Umständen dem Staatshaushalt oder dem Haushalt einer anderen öffentlich
kontrollierten Stelle zu. Müssten die Netzbetreiber keinerlei Zahlungen mehr leisten, z.B.
in dem hypothetischen Fall, dass keine Vergütungen mehr ausgezahlt werden müssten
(weil beispielsweise hohe Strompreise eine Förderung unnötig machen), müssten
bereits an die Übertragungsnetzbetreiber geleistete Zahlungen im Wege der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 BGB) an die Elektrizitätsversorgungsunternehmen zurück-
23
überwiesen werden und fielen nicht dem Staatshaushalt zu. Letztverbraucher und insbesondere auch Privatkunden müssten – falls die Energieversorgungsunternehmen ihre
Preise nicht unaufgefordert nach unten anpassen – im Wege der zivilrechtlichen Klage
Rückforderungsansprüche stellen. Vor diesem Hintergrund erscheint es abwegig, dass
die Kommission in Rz. 124 des Eröffnungsbeschlusses die staatliche Kontrolle über die
Mittel gerade darin sieht, dass der Staat bestimmt hat, wofür die Mittel im Falle eines
Überschusses zu verwenden sind. Etwaige Überschüsse unterstehen gerade nicht der
staatlichen Kontrolle, sondern werden zwischen den zivilrechtlichen Personen ausgeglichen. Es handelt sich dabei lediglich um eine zivilrechtliche Ausgleichsvorschrift,
nicht etwa um die Ausübung von staatlicher Kontrolle.
Fragen der nach dem EEG-Finanzierungssystem geschuldeten Beiträge sind in
Deutschland häufig Gegenstand von zivilgerichtlichen Streitigkeiten. Verwaltungsbehörden haben auf das Ergebnis dieser Streitigkeiten keinen Einfluss. Die zivilgerichtliche Rechtsprechung in Deutschland behandelt die EEG-Umlage zutreffend nicht als
Erhebung staatlicher Mittel. In einer aktuellen Entscheidung vom 14.05.2013 stellte das
Oberlandesgericht Hamm17 fest, dass die öffentliche Hand keine Verfügungsgewalt und
auch keinen mittelbaren Zugriff auf die Geldmittel des EEG hat. Lediglich der Gesetzgeber selbst könne prognostisch Zielvorgaben formulieren und korrigierend und gestaltend eingreifen, und auch dies nicht mit unmittelbarer zeitlicher Wirkung. Einfluss
durch Steuerung und Lenkung der Geldmittel, wie es bei einer Verfügungsgewalt über
die Gelder der Fall wäre, habe die öffentliche Hand nicht.
bb) Keine zwischengeschaltete staatliche oder staatlich kontrollierte Institution
Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus der im Eröffnungsbeschluss herangezogenen
Rechtsprechung zu Fällen, in denen zwischen der originären Mittelaufbringung auf
Seiten der Stromverbraucher und der Vorteilsgewährung eine staatliche Institution
17
OLG Hamm, Urteil v. 14.05.2013 - 19 U 180/12.
24
zwischengeschaltet ist. Derartige Institutionen fungieren in der Regel als Fonds. Sie erheben die Mittel (meist parafiskalische Abgaben), verwalten sie und leiten sie an die
begünstigten Unternehmen weiter. Entsprechend wurde in der Rechtssache Essent 18
vom EuGH das Vorliegen staatlicher Mittel angenommen, da die von den niederländischen Netznutzern gezahlte Abgabe von einem Unternehmen erhoben und verwaltet wurde, das von staatlicher Seite mit einer wirtschaftlichen Dienstleistung von allgemeinem Interesse betraut wurde und die Abgaben nur zu einem gesetzlich festgesetzten Zweck einsetzen konnte.19
In dem der Rechtssache Wienstrom zu Grunde liegenden Sachverhalt übernahm mit der
Energie-Control GmbH eine staatliche Einrichtung die Erhebung eines Kostenzuschlags
auf die an Endverbraucher abgegebenen Strommengen zur Förderung von KWKAnlagen. Auf Anweisung des Wirtschaftsministeriums wurden die Fördermittel an die
Betreiber der KWK-Anlagen ausgezahlt. Auch hierin wurde eine Beihilfe gesehen.20
In ihrer Entscheidung zum luxemburgischen Ausgleichsfonds nahm die Kommission
ebenfalls an, dass die von den Stromverbrauchern über den Ausgleichsfonds an die
Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Energien geflossenen Mittel das Kriterium der
Staatlichkeit erfüllten. 21 Der luxemburgische Ausgleichsfonds war derart ausgestaltet,
dass der Stromversorger bei seinen Endkunden einen Beitrag zum Ausgleichsfonds
erheben durfte, welcher sich jeweils nach der von dem jeweiligen Kunden verbrauchten
Strommenge richtete. Auf diese Weise wurden die Mehrkosten, die aus der Verpflichtung zum Ankauf von Ökostrom resultierten, auf alle Stromverbraucher gleichermaßen verteilt. Die Beitragshöhe legte der Staat jährlich so fest, dass die Einnahmen
des Fonds die Mehrkosten nicht übersteigen. Für die Annahme der Staatlichkeit der
verwendeten Mittel stützte sich die Kommission darauf, dass der die Mittel verwaltende
18
EuGH, Urt. v. 17.7.2008, C- 206/06, Slg. 2008, I-5497, Essent Netwerk Noord.
EuGH, Urt. v. 17.7.2008, C- 206/06, Slg. 2008, I-5497, Rn. 74, Essent Netwerk Noord.
20
EuGH, Urt. v. 18.12.2008, C-384/07, Slg. 2008, I-10939, Wienstrom sowie insbesondere die Entscheidung der
Kommission KOM(2006) 2964 endg. v. 4.7.2006 in den Verfahren NN 162/B/2003 und N 317/B/2006, S. 9 ff.
21
Entscheidung der Kommission in der Sache C 43/2002 v. 28.1.2009, KOM(2009) 230 endg. - Fonds de compensation.
19
25
Ausgleichsfonds vom Staat eingesetzt wurde und die Beiträge dementsprechend jedenfalls zu bestimmten Zeitpunkten unter staatlicher Kontrolle waren.22
In dieser Logik nahm die Kommission schließlich auch in der oben genannten Entscheidung zum österreichischem Ökostromgesetz an, dass die infolge der Privilegierung
stromintensiver Unternehmen geringeren Einnahmen der Abwicklungsstelle für Ökostrom (OeMAG) das Tatbestandsmerkmal der Staatlichkeit der Mittel erfüllte, da die
OeMAG vom Staat mit der Erhebung der Stromabgabe im Rahmen einer wirtschaftlichen Dienstleistung von allgemeinem Interesse betraut wurde und die Mittel unter
strenger staatlicher Kontrolle allein für den gesetzlich festgelegten Zweck verwendet
werden konnten.
Zusammengefasst geht der EuGH von einer Staatlichkeit der Mittel aus, wenn eine
staatliche Institution die Mittel erhebt, verwaltet oder verteilt, mithin die Mittelvergabe
staatlicher Kontrolle unterliegt.
Diese ist weder beim EEG noch auch insbesondere bei der EEG-Umlage der Fall. Die
Übertragungsnetzbetreiber sind auf der einen Seite wie im alten EEG verpflichtet den
EE-Strom abzunehmen und zu vergüten. Da sie nunmehr die Vermarktung für die
Elektrizitätsversorgungsunternehmen übernehmen, erhalten sie auf der anderen Seite
einen Aufwendungsersatzanspruch, um die entstehenden Kosten zu decken. Entgegen
der Ausführungen in Rz. 107 bis 108 des Eröffnungsbeschlusses liegt auf keiner Stufe
des EEG-Fördermechanismus eine Betrauung oder Beauftragung der Übertragungsnetzbetreiber durch staatliche Stellen vor. Vielmehr sind alle Beteiligten wie alle anderen
Wirtschaftsteilnehmer eigenverantwortlich für die Feststellung und Durchsetzung ihrer
sich aus dem Gesetz ergebenden zivilrechtlichen Ansprüche zuständig.
22
Unter Verweis auf EuGH, Urt. v. 16.5.2002, C-482/99, Slg. 2002, I-4397, Rn. 37, Stardust Marine.
26
Auch die Tatsache, dass die Gesetze und Verordnungen die Methodik zur Festsetzung
der EEG-Umlage vorgeben, vermag eine Einordnung als Abgabe nicht zu rechtfertigen.
Die Vorgabe einer Berechnungsmethode für eine Zahlungspflicht zwischen Privaten ist
von der Definition einer gesetzlichen Abgabenpflicht zu unterscheiden. Der EuGH hat
wiederholt entschieden, dass abstrakt-generelle Regeln, mit denen Zahlungen zwischen
Privaten verbindlich gemacht werden, keine derartige Kontrolle über diese Mittel begründen, dass diese Mittel als staatliche Mittel einzustufen wären. Vielmehr müssen die
Behörden auf die Geldmittel tatsächlich zugreifen können,23 um bestimmte Unternehmen
zu unterstützen. 24 Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob die Zahlungspflichten
obligatorisch oder fakultativ sind.25 Vielmehr hat eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung
für eine Zahlungspflicht nicht die Wirkung, Zahlungsflüsse zwischen Privaten zu einer
staatlichen Mittelgewährung werden zu lassen. 26 Der EuGH hat die Staatlichkeit der
Mittel hingegen bejaht, wenn eine staatliche Behörde die Höhe der Beiträge und über
ihre Verwendung im Einzelfall bestimmt.27
Die Höhe der EEG-Umlage bestimmt sich in unmittelbarer Abhängigkeit vom Strompreis
an der Strombörse und unterliegt damit einem Marktmechanismus und nicht einer Bestimmung durch staatliche Stellen. Der Gesamtumfang der EEG-Umlage ergibt sich im
Wesentlichen aus der Differenz zwischen den Kosten für die Einspeisevergütungen und
den Erlösen aus dem Verkauf des Stroms zu Marktpreisen. Steigt oder sinkt der durchschnittliche Marktpreis, verändert sich diese Differenz und damit die Höhe der EEGUmlage, ohne dass staatliche Stellen darauf Einfluss nehmen. Entscheidender Rechenparameter für die Höhe der EEG-Umlage ist ein Börsenpreis, somit ein rein von Marktkräften und nicht von staatlichen Vorgaben abhängiger Faktor.
23
Rs. Frankreich/Kommission, Urteil vom 6.5.2002, Rn 36; Rs. Doux Elevage SNC, Urteil v.
30.5.2013, Rn 37.
24
Rs. Doux Elevage SNC, Urteil v. 30.5.2013, Rn 37.
25
Rs. Frankreich/Kommission, Urteil v. 27. September 2012, T-139/09, Rn 64.
26
Rs. Doux Elevage SNC, Urteil v. 30.5.2013, Rs. C-677/11, Rn 45.
27
Rs. Frankreich/Kommission, Urteil v. 27. September 2012, T-139/09, Rn 88.
27
cc) Verbraucherschutzrechtliche Aufgaben der Wirtschaftsverwaltung allein bewirken keine Staatlichkeit privater Mittel
Das EEG sieht zur Kontrolle der Recht- und Gesetzesmäßigkeit, der Funktionsfähigkeit
der geschaffenen Mechanismen und zur Sicherstellung des Vorrangs von Strom aus
erneuerbaren Energien eine Reihe von Überwachungsaufgaben vor, die wahrgenommen werden, um die Rechtmäßigkeit der von den privaten Stellen in Befolgung
der gesetzlichen Vorgaben ausgeführten Handlungen zu überprüfen. Die staatlichen
Stellen haben dabei nur die Möglichkeit, Ordnungsmaßnahmen gegen Akteure zu verhängen, die gegen das EEG verstoßen bzw., soweit dies durch § 62 EEG vorgesehen
ist, Ordnungswidrigkeitsverfahren durchzuführen. Sie besitzen keine Kompetenzen zur
Beeinflussung von Zahlungen oder Mittelflüssen oder gar Verfügungsgewalt über eingesetzte Mittel der gewerblichen Akteure.
Das EEG verleiht auch weder der BNetzA noch einer anderen Behörde die Kontrolle
über die Durchsetzung der sich aus dem EEG ergebenden Ansprüche zwischen
Privaten. Sie hat insbesondere nicht die Möglichkeit, zu entscheiden, welches Unternehmen eine Vergütung nach dem EEG bekommen soll oder wie hoch diese Vergütung
ausfällt. Genauso wenig obliegt ihr die Entscheidung über die Höhe der Umlage.
Dies gilt insbesondere auch für die Zahlung der EEG-Vergütung durch die Netzbetreiber,
die auf Grundlage der gesetzlichen Regelungen allein entscheiden, ob sie eine Vergütung auszahlen und wie hoch diese ausfällt. Bei Streitigkeiten entscheiden die Zivilgerichte. Die Beteiligten können sich auch an die EEG-Clearingstelle wenden, die vom
Bundesumweltministerium eingerichtet wurde, der aber keinerlei hoheitlichen Befugnisse
zukommen. Sie dient als reine Schlichtungsstelle. Ihre Autorität bezieht sie allein aus
dem Vertrauen, das die Beteiligten ihr schenken.
28
Ähnliches gilt für die Erhebung der EEG-Umlage, die nur eingeschränkt der Überwachung unterliegt. Ob und von wem die Übertragungsnetzbetreiber die EEG-Umlage
verlangen, entscheiden die Übertragungsnetzbetreiber (§ 37 Abs. 2 S. 1). Hier kann die
BNetzA nicht eingreifen.
Die Kontrollaufgaben der BNetzA beziehen sich im Wesentlichen auf die korrekte Umsetzung der Vorschriften zur EEG-Umlage, die Auswirkungen auf die potenziell durch
die Elektrizitätsversorgungsunternehmen von den Letztverbrauchern verlangte EEGUmlage hat. Sie umfassen insbesondere die Fragen,

ob die Netzbetreiber nur die von ihnen auch ausgezahlten Vergütungen und
Strommengen an die Übertragungsnetzbetreiber weitergeben,

ob die Übertragungsnetzbetreiber den Strom entsprechend der rechtlichen Vorgaben vermarkten,

und ob die EEG-Umlage durch die Übertragungsnetzbetreiber richtig berechnet
wird (§ 61 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EEG).
Die Kommission scheint zudem § 6 Abs. 3 AusglMechAV dahingehend zu verstehen,
dass er der BNetzA das Recht gibt, die EEG-Umlage zu bestimmen (Rz. 134 des Eröffnungsbeschlusses). Diese Annahme entspricht nicht der tatsächlichen Rechtslage.
Vielmehr ermitteln die Übertragungsnetzbetreiber die EEG-Umlage in eigener Verantwortung. Insbesondere obliegt es ihnen, die maßgeblichen Daten für das kommende
Jahr und ein Szenario für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien zu ermitteln
und
die
Entwicklung
des
Marktwerts
des
Erneuerbare-Energien-Stroms
zu
prognostizieren. Auch legen sie die Liquiditätsreserve in eigener Verantwortung fest. Die
BNetzA kann nur eingreifen, wenn die Festsetzung der EEG-Umlage gegen die vorgeschriebenen Standards verstößt, z.B. Kosten einbezogen werden, die nicht umlagefähig sind, oder bei der Erstellung des Prognoseszenarios wissenschaftliche Standards
verletzt werden (Überwachung der Festsetzung der EEG-Umlage nach § 61 Abs. 1 S. 1
Nr. 2 EEG). Außerdem hat sie die Möglichkeit, zusätzliche Kosten- oder Erlöspositionen
sowie die Verzinsung von Überschüssen oder Fehlbeträgen bei den Übertragungsnetz-
29
betreibern festzusetzen (§ 11 Nr. 2 AusglMechV). § 6 Abs. 3 AusglMechAV muss vor
diesem Hintergrund dahin gehend ausgelegt werden, dass er Regelungen für den Fall
vorsieht, dass die Übertragungsnetzbetreiber auf Grund einer Maßnahme der Bundesnetzagentur nach § 61 EEG selbst die EEG-Umlage-Berechnung anpassen. Für eine
Festsetzung der EEG-Umlage durch die BNetzA selbst fehlt es sowohl im EEG als auch
in der AusglMechV an einer rechtlichen Grundlage: Die AusglMechAV kann schon deshalb nicht so ausgelegt werden, dass sie der BNetzA erlauben würde, die EEG-Umlage
festzusetzen, weil es hierzu an einer Ermächtigung fehlt. § 11 AusglMechV ermächtigt
nur zur Festsetzung zusätzlicher Einnahme- und Ausgabepositionen, aber nicht zu einer
über § 61 EEG hinausgehenden Kontrolle. Aus diesem Grund gibt es zu der Frage, wer
zur Zahlung der Kosten des EEG verpflichtet ist, zwar mehrere Urteile des obersten
deutschen Zivilgerichts, aber keine Anordnungen der Bundesnetzagentur.
Die Vorgabe einer Berechnungssystematik, der Transparenzpflichten und der sich daran
anschließenden Überwachungsrechte dient lediglich dazu, die Bereicherung eines
Akteurs im Laufe der Kette zu verhindern. Diese Überwachung wird im Verhältnis
zwischen den beteiligten Privatrechtssubjekten auf zivilrechtlichem Wege hergestellt.
Wenn innerhalb der privaten Leistungsbeziehungen zwischen den verschiedenen
Akteuren im EEG einer der Leistungsschuldner seine Leistung nicht erbringt, so obliegt
es dem Gläubiger, Rechtsschutz vor den Zivilgerichten in Anspruch zu nehmen und die
Leistung einzuklagen. Nur so kann er gegen den Schuldner einen vollstreckbaren Titel
erlangen. Ansprüche, die zwischen den verschiedenen Teilnehmern des EEGUmlagesystems bestehen, können somit von diesen Teilnehmern weder selbst durchgesetzt werden, weil diese Teilnehmer nicht Nutznießer einer staatlichen Betrauung
oder Beleihung sind, noch können diese Unternehmen eine Verwaltungsbehörde damit
beauftragen, ihre Ansprüche durchzusetzen. Vielmehr ist in allen Fällen der Zivilrechtsschutz, d.h. die Führung eines Rechtsstreits auf Gleichordnungsebene zwischen zwei
privaten Parteien, der richtige Rechtsweg. Es besteht somit zwischen den Teilnehmern
einer solchen Rechtsstreitigkeit auch keine Privilegierung eines der Teilnehmer, weil
keine der Streitparteien eine staatliche Betrauung/Beleihung für sich in Anspruch
30
nehmen kann. Dass zur Beitreibung der EEG-Umlage aber gerade keine behördliche
Titelschaffungsbefugnis besteht, ist ein weiteres Argument dafür, dass wir es im
Rahmen des EEG lediglich mit privaten Rechtsverhältnissen zu tun haben. Diese dem
deutschen Recht innewohnende Trennlinie zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht
hat die Kommission in ihrem Eröffnungsbescheid verkannt.
Es erscheint zudem abwegig, dass allein die Regulierung und Aufsicht über private
Geldflüsse diese zu Beihilfen macht. Es handelt sich vielmehr um die erforderliche Festlegung rechtlicher Rahmenbedingungen durch den Gesetzgeber. Zu einer solchen Festlegung ermächtigt ihn ausdrücklich Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2009/28/EG, wonach die
Mitgliedstaaten Maßnahmen treffen, um effektiv zu gewährleisten, dass ihr Anteil von
Energie aus erneuerbaren Quellen den im indikativen Zielpfad in Anhang I Teil B der
Richtlinie angegebenen Anteil erreicht oder übersteigt. In vielen Bereichen des Wirtschaftslebens reguliert der Staat Ansprüche zwischen Privaten. So ist beispielsweise
das Anlagegeschäft von Banken und anderen Anbietern solcher Geschäfte stark
reguliert. Auch verlangt der Staat beispielsweise von Autofahrern den Abschluss von
Haftpflichtversicherungen, um die Ansprüche eventuell Geschädigter zu sichern, und
überwacht diese Anforderung auch. In vielen Bereichen des öffentlichen Wirtschaftsrechts,
so
namentlich
in
der
Versorgungswirtschaft,
dem
Recht
der
Tele-
kommunikationsdienstleistungen oder aber im Gesundheitswesen, bestehen weitreichende Vorschriften zur Regulierung von Preisen und Margen, dies häufig auch aufgrund von Vorgaben sekundärer gesetzlicher Vorschriften der Europäischen Union. In all
diesen Fällen entscheidet nicht "der Staat" (so die Formulierung in dem Beschluss der
Kommission) in seiner Eigenschaft als Exekutivorgan über die Zuordnung einer
Zahlungspflicht im Verhältnis zwischen zwei privaten Parteien, sondern es besteht eine
abstrakte und generelle gesetzliche Regelung, die die Zahlungspflicht in einem bilateralen Schuldverhältnis zwischen zwei privaten Parteien gesetzlich ausgestaltet.
Solche staatlichen Regeln machen die entsprechenden privaten Geldflüsse nicht zu
staatlichen Beihilfen i.S.d. Art. 107 AEUV. Deshalb hat der EuGH auch mehrfach ent-
31
schieden, dass keine staatlichen Mittel vorliegen, wenn eine Einflussnahme des Staates
auf die Verwendung der Mittel hinreichend ausgeschlossen ist. 28 Aus diesem Grund
kann eine Kontrolle durch den Staat nur dann zu einer Einordnung der Mittel als staatlich
führen, wenn die Kontrolle letztlich dazu führt, dass der Staat durch einen Privaten in
Einzelfällen Zuwendungsentscheidungen trifft.
§ 61 EEG ermächtigt die BNetzA in diesem Zusammenhang nur zu überwachen, dass
bei der Ausweisung der EEG-Umlage und des durch sie geförderten Stroms von den
Elektrizitätsversorgungsunternehmen gegenüber den Letztverbrauchern keine falschen
Angaben gemacht werden (§ 61 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EEG).
Diesbezüglich wird darauf hingewiesen, dass das Recht, die EEG-Umlage auszuweisen,
wie es in § 53 EEG vorgesehen ist, nicht bedeutet, dass die Elektrizitätsversorgungsunternehmen den entsprechenden Betrag von ihren Kunden verlangen müssen und
dürfen. § 53 regelt lediglich die Möglichkeit der Energieversorgungsunternehmen, die
EEG-Umlage auf der Rechnung des Letztverbrauchers auszuweisen. Dies dient lediglich
der Transparenz. Wollen Stromversorger die Kosten der EEG-Umlage an ihre Kunden
weitergeben, müssen sie diese bei der Preiskalkulation berücksichtigen. Für die Anpassung der Preise bei steigender EEG-Umlage ist eine Änderungskündigung oder eine
Preisanpassungsklausel erforderlich. Deshalb kommt der BNetzA bei der Überwachung
dieser Vorschrift (§ 61 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EEG) nicht die Kompetenz zu, zu überwachen,
ob die EEG-Umlage im Rahmen der Freiwilligkeit tatsächlich an die Endverbraucher
weitergegeben wird.
dd) Vergleichbarkeit mit „Doux Élevage“29
28
Vgl. EuGH, Urt. v. 15.7.2004, C-345/02, Slg. 2004, I-7139 – Pearle; vgl. auch EuG, Urt. v. 11.2.2009, T-25/07, Slg.
2009, II-245, Rn. 29 - Iride.
29
Rs. Doux Elevage SNC, Urteil v. 30.5.2013, Rs. C-677/11.
32
Weil es sich im Falle der EEG-Umlage ausschließlich um die Regelung privater Rechtsverhältnisse handelt, ist der Fall der EEG-Umlage mit dem vom EuGH letztes Jahr entschiedenen Fall „Doux Élevage“ sehr gut vergleichbar, in dem der EuGH die Annahme
einer staatlichen Beihilfe in einem gesetzlich vorgegebenen Umlagesystem ausdrücklich
abgelehnt hat.
(1) Sachverhalt und Würdigung durch den EuGH
Streitgegenstand des dem EuGH vorgelegten Vorabentscheidungsersuchens war eine
Pflichtabgabe, die französische Geflügelmäster an den Branchenausschuss für
französisches Geflügel (CIDEF), eine privatrechtliche Vereinigung, zu entrichten hatten.
Wie bereits oben kurz erwähnt, befand der EuGH in diesem Fall, dass es sich bei der
Pflichtabgabe u.a. aus folgenden Gründen nicht um eine staatliche Beihilfe handelte:
„Was die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Beiträge betrifft, ergibt sich […],
dass diese von privaten Wirtschaftsteilnehmern erhoben werden […]. Dieser Mechanismus bedeutet keine unmittelbare oder mittelbare Übertragung staatlicher Mittel; die
durch die Zahlung dieser Beiträge generierten Mittel durchlaufen nicht einmal den Haushalt des Staates oder einer anderen öffentlichen Einheit des Staates, und der Staat verzichtet auf keine wie auch immer beschaffenen Einnahmen wie Steuern, Gebühren, Abgaben oder sonstige Zahlungen, die nach nationalem Recht dem staatlichen Haushalt
hätten zugeführt werden müssen. Diese Beiträge behalten auf ihrem gesamten
Erhebungs- und Verwendungsweg ihren privatrechtlichen Charakter, und im Fall der
Nichtabführung muss die Branchenorganisation das normale zivil- oder handelsrechtliche Gerichtsverfahren anstrengen, um sie beizutreiben, da sie über keinerlei Vorrecht
öffentlich-rechtlicher Art verfügt.“30
30
Rs. Doux Elevage SNC, Urteil v. 30.5.2013, Rs. C-677/11, Rn. 32.
33
Damit umgekehrt eine staatliche Beihilfe vorläge, müsste „der Staat“ laut EuGH hingegen die „tatsächliche Zugriffsmöglichkeit" auf die durch die Pflichtabgabe eingenommenen Mittel im Sinne einer diskretionären exekutivischen Verfügungsbefugnis
besitzen. Zudem müsste er die Möglichkeit der Ausübung "ständiger staatlicher
Kontrolle"31 innehaben, die dazu führt, dass die Mittel "der zuständigen nationalen Behörde zur Verfügung stehen". Dies sei im Fall „Doux Élevage“ mangels Zugriffsmöglichkeit der französischen Verwaltung jedoch nicht der Fall gewesen. Die französische
Exekutive habe nicht die Befugnis besessen, "die Zuweisung der Gelder [an die CIDEF]
zu lenken oder zu beeinflussen". 32 Der „staatliche“ Einfluss sei vielmehr auf die
"Kontrolle der Recht- und Gesetzmäßigkeit" beschränkt gewesen.
(2) Vergleichbarkeit des Sachverhalts in „Doux Élevage“ mit der Mittelverwendung
bei der EEG-Umlage
Auch die EEG-Umlage wird von privaten Wirtschaftsteilnehmern erhoben. Sowohl beim
Leistungsverhältnis zwischen den Übertragungsnetzbetreibern (ÜNBs) und den Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVUs) als auch beim Verhältnis letzterer zu den Letztverbrauchern handelt es sich um rein private Leistungsverhältnisse zwischen Unternehmern, auf die „der Staat“ (diesen undifferenzierten Begriff hat die Kommission in
ihrem Eröffnungsbeschluss durchgehen verwendet, um den Einfluss Deutschlands auf
das EEG-Umlagesystem zu „charakterisieren“) keinerlei Einfluss nehmen kann. 33 So
bestimmt sich z.B. die Höhe der EEG-Umlage, die die EVUs an die ÜNBs zu zahlen
haben, aus der Differenz zwischen dem von den ÜNBs an der Strombörse für den von
ihnen verkauften Strom erzielten Preis und den den Erzeugern erneuerbarer Energien
zu zahlenden EEG-Vergütungen. Auf die Strompreise, die die ÜNBs an der Börse erzielen, hat „der Staat“ keinerlei Einfluss. Lediglich zur besseren Ausbalancierung der
unterschiedlichen Machtverhältnisse zwischen den Marktteilnehmern und zur Ver-
31
Rs. Doux Elevage SNC, Urteil v. 30.5.2013, Rs. C-677/11, Rn. 35.
Rs. Doux Elevage SNC, Urteil v. 30.5.2013, Rs. C-677/11, Rn. 38.
33
Siehe zuletzt OLG Hamm, Urteil v. 14.05.2013 - 19 U 180/12.
32
34
besserung der Rechtsschutzmöglichkeiten wird hier die Ausgestaltung der privaten
Rechtsverhältnisse nicht vollends den betroffenen Unternehmen überlassen, sondern
unterliegt – wie in vielen anderen Bereichen auch – der gesetzlichen Regelung. Die
Rolle „des Staates“ im Zusammenhang mit der EEG-Umlage und dem EEGWälzungsmechanismus beschränkt sich also auf seine legislative Tätigkeit und auf die
Kontrolle der Recht- und Gesetzesmäßigkeit sowie der Funktionsfähigkeit der geschaffenen Mechanismen.
Wie im Fall „Doux Élevage“ hat der „deutsche Staat“, das heißt die Exekutive – etwa in
Form einer Behörde oder einer anderen Einheit des öffentlichen Rechts – keinerlei tatsächliche Zugriffsmöglichkeit auf die mit Hilfe der EEG-Umlage gewonnenen Mittel. Erst
Recht hat der „deutsche Staat“ nicht die Möglichkeit der ständigen staatlichen Kontrolle
über die EEG-Umlage, weil diese zu keinem Zeitpunkt Teil des staatlichen Haushalts ist
oder wird. Auch kann die Exekutive die Erhebung und Zuweisung der EEG-Umlage nicht
lenken oder sonst wie unmittelbar beeinflussen, weil sie nicht die Befugnis hat, etwa im
Sinne einer Weisungsbefugnis, in private Rechtsverhältnisse einzugreifen. Dass der
deutsche Gesetzgeber in der AusglMechVO bestimmt hat, wie genau die EEG-Umlage
zu berechnen ist und wem die entsprechenden Mittel zustehen, verschafft der Exekutive
noch nicht die konkrete Verfügungsbefugnis über die Mittelverwendung. Auch der
BNetzA stehen nach § 61 EEG lediglich Kontrollbefugnisse, jedoch zu keinem Zeitpunkt
das diskretionäre Zugriffsrecht auf die EEG-Umlage zu.
(3) Schlussfolgerung
Angesichts des Umstands, dass sowohl im Fall „Doux Élevage“ als auch im Rahmen
des EEG-Umlagesystems die jeweilige Exekutive keinerlei autonome Zugriffsmöglichkeiten auf die gewonnenen Mittel hat, fehlt in beiden Fällen ein zentrales Element, das
nach dem Urteil des EuGH im Fall „Doux Élevage“ für die Annahme einer staatlichen
35
Beihilfe erforderlich ist. Aus den oben genannten Gründen ist die Sach- und Rechtslage
in beiden Fällen somit vergleichbar.
ee) Unterschiede zu „Essent“ im Einzelnen
Hingegen weist die EEG-Umlage in einer Reihe der eben diskutierten Punkte zur Staatlichkeit grundsätzliche Unterschiede zu der dem Urteil in der Rechtssache Essent zu
Grunde liegenden niederländischen Regelung auf, so dass die Entscheidung des EuGH
in dieser Frage nicht auf das deutsche EEG übertragen werden kann:
(1) Überschüsse fließen in den Staatshaushalt vs Überschüsse werden zwischen
Privaten ausgeglichen
In den Niederlanden wurde eine durch Gesetz in der konkreten Höhe definierte Abgabe
in Höhe von 0,0117 NLG je kWh erhoben (Art. 9 Abs. 1 und 2 OEPS). Dies war unabhängig von den tatsächlichen mit der Abgabe zu deckenden Kosten festgesetzt
worden. Weiterhin war daher vorgesehen, dass alle aus der Abgabe erlösten Erträge,
die 400 Mio. NLG überstiegen, an den Staat abzuführen waren (Art. 9 Abs. 5 OEPS).
Die Rechtslage in Deutschland weicht in diesem Punkt grundlegend von der im Falle
Essent entschiedenen niederländischen Ausgangslage ab. Die Höhe der EEG-Umlage
in Cent je kWh wird nicht durch das EEG oder eine öffentliche Behörde festgelegt,
sondern von den Übertragungsnetzbetreibern und damit privaten Einrichtungen berechnet und veröffentlicht (§ 3 AusglMechV). Ihre Höhe ergibt sich erst als Folge der
Weitergabe der EEG-Strommengen von den aufnehmenden Netzbetreibern an die Übertragungsnetzbetreiber und der Erstattung der dafür geleisteten Zahlungen durch die
Übertragungsnetzbetreiber (§ 35 Abs. 1 und 1a i.V.m. §§ 16-33i EEG) sowie der Vermarktung der EEG-Strommengen durch die Übertragungsnetzbetreiber an der Strombörse (§ 37 Abs. 1 EEG i.V.m. § 2AusglMechV). Die Differenz zwischen geleisteten
36
Zahlungen und den erzielten Börsenerlösen zuzüglich der Kosten für den Verkauf an der
Börse ergeben letztlich die EEG-Umlage, die von den Übertragungsnetzbetreibern im
Voraus auf Basis belastbarer Prognosen nach Stand von Wissenschaft und Technik
festgelegt wird (§ 4 AusglMechV). Die Übertragungsnetzbetreiber veröffentlichen bis
zum 15. Oktober des Vorjahres auf den Internetseiten der Übertragungsnetzbetreiber
die EEG-Umlage (§ 3 Abs. 2 AusglMechV). Etwaige Abweichungen zwischen Prognose
und tatsächlicher Entwicklung werden im Folgejahr ausgeglichen (§ 3 Abs. 6
AusglMechV).
Öffentliche Behörden oder andere staatliche Stellen oder von staatlichen Stellen betraute Private sind dagegen nicht in die Festlegung der EEG-Umlage involviert. Lediglich
zur Wahrnehmung ihrer Überwachungsaufgaben kann die Bundesnetzagentur abstrakte
Vorgaben insbesondere zu Vermarktung, Handelsplatz, Prognoseerstellung, Beschaffung der Ausgleichsenergie, Transparenz- und Übermittlungspflichten machen (§ 2
Satz 3 AusglMechV) und müssen die Übertragungsnetzbetreiber Informationen an die
Bundesnetzagentur weiterleiten (§ 7 Abs. 2 AusglMechV). Anders als in den Niederlanden kann es in Deutschland daher auch nicht dazu kommen, dass zu viele Gelder
eingenommen und anschließend an den Staat übertragen werden.
(2) Kein Bezug der erhobenen Abgabe zu den finanzierten Dienstleistungen vs.
Gegenleistung
Außerdem sah die niederländische Regelung die Erhebung der Abgabe ohne direkten
Bezug zu den mit diesen Geldern finanzierten Dienstleistungen vor. Die Abgabe wurde
von allen Letztverbrauchern erhoben, während die damit finanzierten Maßnahmen –
bestimmte Fernheizungsanlagen und die Kohlevergasungsanlage Democlec – lediglich
für einen geringen Kreis der Bürger relevant war.
37
Auch in diesem Punkt unterscheidet sich das EEG grundlegend von der niederländischen Regelung. Die in der EEG-Umlage berücksichtigten Gelder werden direkt für
den vergüteten Strom aus den EEG-Anlagen verwendet, der seinerseits umfassend,
transparent und marktgemäß über die Strombörse vermarktet wird. Die Übertragungsnetzbetreiber erhalten diese für ihre durch die Auszahlung der EEG-Vergütung entstandenen Kosten. Im Gegenzug erhalten die Elektrizitätsversorgungsunternehmen die
Möglichkeit, die Eigenschaft des durch das EEG geförderten Stroms als „Erneuerbare
Energie“ gegenüber ihren Kunden auszuweisen (§ 42 Abs. 5 Nr. 2 EnWG iVm § 54
EEG).
(3) Letztverbraucher als Schuldner der Abgabe vs Umlagemöglichkeit der Versorger im Rahmen der individuellen Preisgestaltung
Weiterhin waren in der niederländischen Regelung die Letztverbraucher unmittelbar
Schuldner der Abgabe. Diese hatten die gesetzlich vorgegebene Abgabe zu zahlen (Art.
9 Abs. 1 und 2 OEPS).
Dagegen sind die Letztverbraucher im deutschen Recht nicht gesetzlich zur Zahlung der
EEG-Umlage verpflichtet. Vielmehr müssen lediglich Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die Letztverbraucher beliefern, den Übertragungsnetzbetreibern deren Kostenaufwand erstatten (§ 37 Abs. 2 EEG). Die Entscheidung, ob die Kosten an die Letztverbraucher weiter gegeben werden, obliegt den Elektrizitätsversorgungsunternehmen im
Rahmen ihrer Preisgestaltung. Es bleibt damit dem Marktgeschehen überlassen und
wird weder durch eine öffentliche Behörde oder Körperschaft noch durch das EEG bestimmt. Die Weitergabe ist auch kein Automatismus. So haben in den letzten Jahren
zwar bei Veränderungen der EEG-Umlage auch Elektrizitätsversorgungsunternehmen
ihre Preise angehoben, jedoch haben diesen Schritt nicht alle Elektrizitätsversorgungsunternehmen vorgenommen. Die Höhe der Anpassung ist sehr unterschiedlich ausgefallen und auch der Zeitpunkt der Anpassung unterschied sich deutlich.
38
(4) Aufgabenzuweisung an zentrale Stelle vs. Regelung von Ansprüchen zwischen
abstrakt-generell bestimmten Wirtschaftsteilnehmern
Schließlich war in der niederländischen Regelung eine Stelle im Gesetz benannt, an die
alle Netzbetreiber bzw. Konzessionsinhaber sämtliche Einnahmen aus der Abgabe abzuführen hatten (Art. 9 Abs. 4 OEPS). Die Stelle hatte diese dann für die vorgegebenen
Zwecke zu verwenden.
Das EEG kennt dagegen keine solche Aufgabenzuweisung an eine oder mehrere
individualisierte Stellen. Das EEG adressiert abstrakt-generell alle Netzbetreiber (§§ 8,
16 Abs. 1, 35 Abs. 1 und 1a und 2 i.V.m. § 3 Nr. 8 EEG), alle Übertragungsnetzbetreiber
und alle Elektrizitätsversorgungsunternehmen (§ 37 Abs. 2 i.V.m. § 3 Nr. 2d EEG). Alle
Netzbetreiber sind verpflichtet, den in ihr Netz eingespeisten EEG-Strom zu vergüten
(§§ 8 Abs. 1 und 2 EEG), alle Übertragungsnetzbetreiber sind verpflichtet, den in ihrem
Zuständigkeitsgebiet von den Netzbetreibern aufgenommenen und vergüteten Strom
abzunehmen und Aufwendungsersatz zu leisten (§§ 8 Abs. 4 Nr. 1 o-der 2, 35 Abs. 1
und 1a EEG), und alle Elektrizitätsversorgungsunternehmen sind verpflichtet, den Übertragungsnetzbetreibern deren Aufwendungen in Form der EEG-Umlage zu ersetzen (§
37 Abs. 2 EEG). Alle Beteiligten verwalten ihre Betriebsmittel eigenverantwortlich und
können frei darüber entscheiden, ob sie die gesetzlichen Aufgaben selbst, gemeinschaftlich oder durch Dritte erfüllen. Zudem ändern sich die individuellen Normadressaten durch Gründung, Aufspaltung oder Verschmelzung der abstrakt-generell
adressierten Unternehmen. Entgegen der in Rz. 107 des Eröffnungsbeschlusses vertretenen Auffassung handelt es sich bei den vier derzeitigen Übertragungsnetzbetreibern
also gerade nicht um Stellen, die vom Staat zur Verwaltung von Mitteln bestimmt wurde.
Das EEG verpflichtet vielmehr immer die Gesamtheit der Netzbetreiber oder die
Gesamtheit der Übertragungsnetzbetreiber zur Vornahme allgemeingültig gesetzlich
vorgegebener Handlungen, so dass keine besondere Betrauung einer oder mehrerer
39
Einrichtungen erfolgt. Das EEG regelt lediglich gesetzliche Schuldverhältnisse zwischen
den beteiligten privaten Einrichtungen (vgl. Rs. PreussenElektra).
Die Anlagenbetreiber, Netzbetreiber, Übertragungsnetzbetreiber und Energieversorgungsunternehmen treffen gegenseitige Rechte und Pflichten. Allerdings wird damit
keine eigene vom Staat bestimmte Stelle im Sinne einer Betrauung geschaffen, vielmehr
werden bereits vorhandene (sowie potenziell in Zukunft vorhandene) gewerbliche
Akteure in das Fördersystem erneuerbarer Energien gesetzlich einbezogen. Damit wird
kein bestimmtes individualisiertes Unternehmen mit spezifischen Aufgaben betraut. Dies
wäre aber erforderlich, um von einem Betrauungsakt sprechen zu können.
Eine staatlich betraute Stelle zur Abwicklung des EEG oder zur Kanalisierung der Mittelflüsse ist nicht vorgesehen und kann aufgrund der grundlegenden Unterschiede im Vergleich mit der Situation in der Rs. „Essent“ auch nicht faktisch angenommen werden. Es
gibt kein besonderes Nähe- oder Verpflichtungsverhältnis, das die Verfügungen der
privaten Teilnehmer des Umlagesystems zu staatlichen Verfügungen machen könnte.
Eine andere Beurteilung war sowohl in Österreich als auch in den Niederlanden möglich.
Wie aus der Essent-Entscheidung hervorgeht, wurde in den Niederlanden ein bestimmtes privates Unternehmen (SEP) mit einer wirtschaftlichen Dienstleistung betraut,
nämlich mit der Einnahme von bestimmten Tarifaufschlägen. Vergleichbar gestaltete
sich die Situation in Österreich. Hier sah das ÖSG vor, dass eine Stromabgabe nicht
vom Staat direkt, sondern von einem Rechtssubjekt erhoben wird, das eine Konzession
als Ökostromabwicklungsstelle besitzt. Über diese Konzession wurde die Abwicklungsstelle für Ökostrom (OeMAG) mit der wirtschaftlichen Dienstleistung von allgemeinem
Interesse betraut. Aber auch hier handelt es sich wie in den Niederlanden um ein einzelnes individualisiertes Unternehmen, das speziell mit staatlichen Aufgaben betraut wurde.
Diese beiden Fälle lassen sich demzufolge nicht mit dem deutschen System vergleichen.
40
ff) Unterschiede zu „Vent de Colère“
Diese Auffassung geht einher mit dem jüngsten Urteil des EuGH vom 19. Dezember
2013.
34
Darin stellt der EuGH fest, dass „staatliche Mittel“ im Sinne des EU-
Beihilferechts gegeben sind, wenn es sich um Zahlungen aus einem Fonds handelt, der
durch gesetzlich vorgegebene Zwangsbeiträge – welche in ihrer Höhe vom Minister für
Energie festgelegt werden - gespeist und gemäß den entsprechenden Rechtsvorschriften verwaltet wird. In diesem Fall stünden die Mittel ständig unter staatlicher
Kontrolle, so dass die Zahlungen dem Staat zuzurechnen seien.35 In all diesen Punkten
unterscheidet sich das französische System, das Gegenstand der EuGH-Entscheidung
war, jedoch maßgeblich vom deutschen Fördersystem des EEG:

In Frankreich wird ein staatlicher Fonds eingeschaltet, der die Umlage bei den
Verbrauchern erhebt. In Deutschland erheben die Übertragungsnetzbetreiber
(ÜNB) die Umlage dagegen bei den Energieversorgungsunternehmen, die dann
ihrerseits die Kosten auf die Verbraucher abwälzen können.

In Frankreich wird die Höhe der Abgabe durch Ministerdekret festgelegt. In
Deutschland ermitteln die ÜNB die Umlage aufgrund der tatsächlichen Kosten,
die ihnen entstehen.

In Frankreich gibt es eine Ausfallfinanzierung des Staates im Falle von Mindereinnahmen. In Deutschland müssen Mindereinnahmen zunächst von den ÜNB
getragen und dann im Folgejahr aus der Umlage finanziert werden.
Wegen dieser Unterschiede sind die Aussagen des EuGH zum französischen Fördersystem nicht auf das EEG übertragbar. Durch die Einschaltung der staatlichen Hinterlegungskasse sah der Gerichtshof das Kriterium „staatliche Mittel“ als erfüllt an. Dieser
Umstand unterscheide den vorliegenden Fall von der Situation, die Gegenstand des
Urteils PreussenElektra von 2001 zum früheren deutschen Stromeinspeisungsgesetz
34
35
EuGH, Urt. v. 19.12.2013 - C-262/12.
EuGH, Urt. v. 19.12.2013 - C-262/12, Rz. 25
41
gewesen sei. Dort habe zwar eine Abnahmepflicht zu bestimmten Vergütungssätzen
bestanden, jedoch seien die Unternehmen in diesem Zusammenhang nicht mit der Verwaltung staatlicher Mittel beauftragt worden, sondern zu einer Abnahme unter Einsatz
eigener finanzieller Mittel. Wörtlich führt der EuGH aus:
„… Daher waren die fraglichen Gelder nicht als staatliche Mittel anzusehen, weil sie zu
keinem Zeitpunkt unter staatlicher Kontrolle standen und …. kein Mechanismus bestand,
der vom Mitgliedstaat zum Ausgleich der sich aus dieser Abnahmepflicht ergebenden
Mehrkosten geschaffen und geregelt wurde und mit dem der Staat diesen privaten Versorgern die vollständige Deckung ihrer Mehrkosten gewährleistete.“36
Auch aus dem Fall „Vent de Colère“ ergibt sich folglich zwingend, dass dem EuGH bei
dem Begriff der staatlichen Kontrolle eine exekutive Kontrollbefugnis vorschwebt, die
dem „Staat“ die jederzeitige – diskretionäre – Einwirkungsmöglichkeit auf die Verwendung der Mittel einräumt. Eine solche Situation bestand in der Einschaltung des
französischen Fonds im Fall „Vent de Colère“, wie oben ausführlich dargelegt, sie besteht aber gerade nicht im Fall der EEG-Umlage. Dort ist der „deutsche Staat“ lediglich
in Form legislativer Regelungsbefugnisse involviert. Auf Ebene der Exekutive kommen
ihm – hauptsächlich in Form der BNetzA – nur Aufsichts- und Kontrollbefugnisse, jedoch
keinerlei autonome Vermögensverwaltungsbefugnisse zu.
Genau diese Nuancierung zwischen exekutiven Eingriffsbefugnissen, reinen Kontrollbefugnissen oder genuiner allgemeiner Gesetzgebungstätigkeit scheint die Kommission
in ihrem Eröffnungsbeschluss verkannt zu haben. Denn bezeichnenderweise und wie
oben bereits erwähnt spricht die Kommission in ihrem Beschluss durchweg von dem
„Staat", d.h. die Kommission setzt ein System exekutiver Einflussmöglichkeiten so wie
im Fall „Vent de Colère“ vollständig gleich mit dem Erlass staatlicher Gesetze, die für
eine Vielzahl von Fällen abstrakt und generell ein bestimmtes Schuldverhältnis regeln.
Dieser zweite Fall, dass der „Staat“ in Form von generell-abstrakten Regelungen in
private Rechtsverhältnisse eingreift, um beispielsweise Verbraucher zu schützen, ist ein
36
EuGH, Urt. v. 19.12.2013 - C-262/12, Rz. 36.
42
allgemeines und typisches Merkmal der Rechtsordnungen aller EU-Mitgliedstaaten.
Lediglich der Grad der Regulierung variiert. Trotzdem würde eine Ausnahme von dem
jeweiligen System der Regulierungen nicht als Beihilfe eingestuft, solange das System
an sich nur Privatrechtsverhältnisse regelt. Insofern hat die Kommission im Eröffnungsbescheid – unter Zugrundelegung eines fehlerhaften Kontrollverständnisses – offensichtlich exekutive Kontrolltätigkeit mit der Gesetzgebungstätigkeit des Staates vermengt.
gg) Spezielle Fragen der Besonderen Ausgleichsregelung
Die Bundesregierung möchte zunächst darauf hinweisen, dass die Argumentation analog für die Besondere Ausgleichsregelung in §§ 40 ff. EEG gilt. Auch hier sind keine
staatlichen Mittel involviert. Der Schluss auf die Staatlichkeit der Besonderen Ausgleichsregelung in Rz. 144 des Eröffnungsbeschlusses läuft entsprechend ins Leere.
Alle oben diskutierten Sachverhalte in anderen Fällen unterscheiden sich von der Besonderen Ausgleichsregelung des deutschen EEG, insbesondere auch im Hinblick auf
die Rolle und Funktion des BAFA. Das BAFA ist zwar eine staatliche Einrichtung, jedoch
unterscheidet sich seine Funktion innerhalb der Besonderen Ausgleichsregelung nach
den §§ 40 ff. EEG maßgeblich von den oben dargelegten Entscheidungen. Im Gegensatz zur österreichischen OeMAG, der österreichischen Energie Control GmbH, dem
luxemburgischen Ausgleichsfonds oder dem in der Rechtssache Essent zwischengeschalteten Unternehmen SEP hat das BAFA weder die Aufgabe, Mittel zu erheben,
noch darf es Mittel verwalten oder verteilen. Der Mitteltransfer von den Stromverbrauchern hin zu den Erzeugern von Strom aus erneuerbaren Energien sowie die Erhebung der EEG-Umlage und die indirekte Vorteilsgewährung für die privilegierten
Stromverbraucher im Wesentlichen durch die nicht-privilegierten Stromverbraucher vollzieht sich innerhalb privatvertraglicher Beziehungen zwischen den Übertragungsnetzbetreibern, den Elektrizitätsversorgungsunternehmen und den Stromverbrauchern, wie
sie durch das EEG lediglich vorgegeben werden. Wie bereits dargestellt, beschränkt
sich die Aufgabe des BAFA gemäß § 40 EEG darauf, den Antrag der Unternehmen auf
Begrenzung der EEG-Umlage zu bescheiden und gegebenenfalls einen Begrenzungs-
43
bescheid auszustellen. Zu keinem Zeitpunkt übt das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle Kontrolle über die von den nicht-privilegierten Stromverbrauchern gezahlte
EEG-Umlage aus. Damit unterscheidet sich die Besondere Ausgleichsregelung nicht
von dem allgemeinen bundesweiten Ausgleichsmechanismus, der ganz in der Logik des
PreussenElektra-Urteils keine staatlichen Mittel involviert. Das BAFA ist damit lediglich
als Publizitätsstelle tätig, die - gebunden an die gesetzlichen Vorgaben ohne eigenen
Entscheidungsspielraum 37 -, das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen prüft.
Nach § 40 EEG bestätigt das BAFA das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen.
Eine Begrenzung der EEG-Umlage in dem privatrechtlichen Verhältnis ist die Rechtsfolge. Eine Festlegung der verbleibenden Zahlung des begünstigten Unternehmens ist
mit dieser Entscheidung nicht verbunden, da es den Elektrizitätsversorgungsunternehmen freisteht, ob sie die Kosten des EEG an ihre Kunden weitergeben. Eine unmittelbare Kontrolle des Begrenzungsmechanismus oder der von den nicht-privilegierten
Stromverbrauchern gezahlten EEG-Umlage liegt daher nicht vor. Eine Zurechenbarkeit
der Einrichtung zum Staat könnte nur dann angenommen werden, wenn diese einen
erheblichen Grad an organisatorischer Verfestigung aufweist und als öffentliche Stelle
Dispositions- und Verwaltungsbefugnis bezüglich der Mittel innehat. Diese Voraussetzungen liegen hier aber wie aufgezeigt gerade nicht vor.
Auch kann nicht argumentiert werden, dass die vorliegende Begrenzung als staatlich
einzustufen sei, weil der Mittelfluss zwischen Privaten durch eine öffentliche Stelle
kontrolliert werde. Verlangt wird für eine Beihilfe in jedem Fall, dass eine Involvierung
staatlicher Mittel in Rede steht (Rs. Van Tiggele). Es genügt nach dem EuGH allerdings,
dass die eingebüßten Mittel dem Staat zuzurechnen sind.38 Dabei stellt der EuGH bei
dieser Frage auf die Einflussmöglichkeiten des Staates auf die unterstützenden Unternehmen ab, wobei eine staatliche Beihilfe nur dann angenommen wird, wenn ein beherrschender Einfluss des Staates auf die Unternehmen durch eine Mittelkontrolle besteht.39 Eine Zurechenbarkeit ist im Rahmen der Besonderen Ausgleichsregelung aber
37
38
39
Schäfermeier, in: Reshöft (Hrsg.), EEG, Kommentar, 3. Aufl. 2009, § 40 Rn. 26.
EuGH, Rs. C-482/99, Rn. 37, Marine Stardust.
Vgl. EuGH, Rs. C-482/99 (Französische Republik/Kommission), Rn. 49.
44
nicht gegeben. Die Begrenzung der Umlage für Teile der stromintensiven Industrie wird
vielmehr von den übrigen nicht-privilegierten Stromverbrauchern getragen. Daran ändert
auch die Tatsache nichts, dass das BAFA für die Prüfung der Einhaltung der Voraussetzungen für die Entlastungsregelung zuständig ist. Anders wäre diese Frage auch für
die Besondere Ausgleichsregelung ggf. nur dann zu beantworten, wenn Deutschland
beispielsweise einen Fonds durch Zwangsbeiträge etc. einrichten würde, um diese zugunsten bestimmter Unternehmen nutzen zu können. 40 Insbesondere führt die Besondere Ausgleichsregelung in keiner Weise zu einer Belastung des öffentlichen Haushalts, da die EEG-Umlage gerade nicht staatlicher Natur ist, sondern allein von Privaten
getragen wird. Ein kontrollierender Zugriff auf die Mittel des Ausgleichsmechanismus ist
im Rahmen der Besonderen Ausgleichsregelung demnach gerade nicht gegeben.
Die Besondere Ausgleichsregelung stellt mithin keinen staatlichen Vorteil und daher
keine Beihilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV dar.
hh) Sinn und Zweck des Verbots wettbewerbsverfälschender Beihilfen
Durch die Argumentation der Kommission, dass die Einführung der EEG-Umlage durch
das EEG 2012 den entscheidenden Schritt hin zur Begründung einer Staatlichkeit des
EEG-Systems darstellen soll, werden Sinn und Zweck der Beihilfevorschrift des Art. 107
Abs. 1 AEUV in ihr Gegenteil verkehrt. Denn Sinn und Zweck des Beihilfeverbots ist es,
den Wettbewerb auf dem Binnenmarkt vor Verfälschungen zu schützen. Vor Einführung
der EEG-Umlage war durch das Prinzip der physikalischen Wälzung der gesamte EEGStrom dem Markt entzogen. Dies blieb jedoch sowohl seitens des EuGH (PreussenElektra) und seitens der Kommission in ihrem Beihilfebeschluss aus dem Jahr 2002 unbeanstandet, da die für den gewälzten Strom gezahlte EEG-Vergütung kein staatliches
Mittel darstellte. Die Einführung der EEG-Umlage und der Ausgleichsmechanismusverordnung durch das EEG 2012 sollten ausweislich der damaligen Begründung jedoch
nicht der Vergrößerung des staatlichen Einflusses auf das EEG, sondern im Gegenteil
40
So im Fall Luxemburgs, hier hat die Kommission die Staatlichkeit bejaht, vgl. Entscheidung C 43/02, Rz. 56.
45
der Vereinfachung, der Transparenz und der Integrierung des EEG-Stroms in den
Strommarkt dienen:
„Mit dieser Weiterentwicklung werden die Nachteile des derzeitigen Ausgleichsmechanismus behoben: Zum einen führen die Differenzen zwischen vorheriger
Prognose der EEG-Quote und deren tatsächlicher Höhe zu Risiken für alle Vertriebsunternehmen, die finanziell abgesichert werden müssen. Zum anderen entsteht bei den
Übertragungsnetzbetreibern für die Umwandlung des nach dem EEG vergüteten Stroms
in Monatsbänder ein erheblicher Aufwand, der zu höheren Netzentgelten führt. Zudem
sind die Handelsgeschäfte, die die Übertragungsnetzbetreiber zur Herstellung der
Monatsbänder tätigen, nach außen hin nicht transparent. Ferner wird der nach dem EEG
vergütete Strom dem allgemeinen Strommarkt entzogen, da die Stromvertriebsunternehmen den Teil ihres Stroms, den sie als EEG-Quote abnehmen müssen, nicht frei am
Markt beschaffen können. Die Umstellung des Ausgleichsmechanismus minimiert Aufwand und finanzielle Risiken sowie die daraus resultierenden Mehrkosten für alle Beteiligten.“41
Die Einführung der Vermarktung des EEG-Stroms und der EEG-Umlage stellen somit im
Gegensatz zum vorherigen unbeanstandeten System der physikalischen Wälzung einen
entscheidenden Schritt hin zur Marktintegration des EEG-Stroms dar. Die Argumentation
der Kommission führt somit zu dem paradoxen Ergebnis, dass gerade die Vermarktung
des EEG-Stroms durch die ÜNB auf dem freien Strommarkt maßgeblich die Beihilfeeigenschaft des EEG begründen soll. Dies entspricht nicht dem Sinn und Zweck des
Beihilferechts.
ii) Hilfsweise: Keine Erstreckung einer vermeintlichen Staatlichkeit der EEGUmlage auf die Vergütung
41
BT-Drs. 16/13188, S. 9.
46
Selbst wenn man die Staatlichkeit der EEG-Umlage unterstellte, so bestünde jedenfalls
keine rechtliche Verknüpfung zwischen EEG-Vergütung und EEG-Umlage dergestalt,
dass die (unterstellte) Staatlichkeit der EEG-Umlage auch auf die EEG-Vergütung fortwirken würde (s.o.) zum fehlenden Merkmal eines zwingenden Verwendungszusammenhangs). Eine solche wird im Eröffnungsbeschluss auch weder begründet
noch behauptet.
In Rn. 99 des Beschlusses geht die Kommission zwar davon aus, dass die EEG-Umlage
der Finanzierung des Differenzbetrags zwischen den Einnahmen aus der Vermarktung
des EEG-Stroms und den Kosten, die den Übertragungsnetzbetreibern aus der Einspeisevergütung entstehen, diene. Hieraus schließt die Kommission, dass die EEGUmlage der Finanzierung des wirtschaftlichen Vorteils diene, der den Anlagenbetreibern
durch die EEG-Vergütung entstehe. Der Tatsache, dass auch in der Argumentation des
Eröffnungsbeschlusses sowohl auf den ersten beiden Stufen der EEG-Vergütung
mindestens ein Tatbestandsmerkmal des Art. 107 Abs. 1 AEUV (nämlich die Staatlichkeit entsprechend der PreussenElektra-Rechtsprechung), als auch auf der Stufe der
EEG-Umlage mindestens ein Tatbestandsmerkmal des Art. 107 Abs. 1 AEUV (nämlich
der Vorteil) nicht erfüllt ist, versucht sich die Kommission durch eine Globalbetrachtung
des EEG-Systems zu entziehen. Die Prüfung des Beihilfetatbestands erfordert jedoch
nach der oben bereits dargestellten Rechtsprechung des EuGH eine genauere und
schrittweise Betrachtung der einzelnen Mittelflüsse, um einen unmittelbaren Verwendungszusammenhang begründen zu können.
Dass ein solcher zwingender Verwendungszusammenhang zwischen EEG-Umlage und
EEG-Vergütung als vermeintlich gewährtem Vorteil nicht besteht, wurde oben bereits
erläutert. Es verhält sich im Falle des EEG eben genau umgekehrt als in den üblichen
Fällen, in denen der EuGH eine aus einer Abgabe finanzierte Beihilfe angenommen hat.
Der EuGH verlangt hier, dass die Beihilfe aus der Abgabe finanziert wird. „Damit eine
Abgabe oder ein Teil einer Abgabe als Bestandteil einer Beihilfemaßnahme angesehen
47
werden kann, muss nach der einschlägigen nationalen Regelung zwischen der Abgabe
und der Beihilfe notwendig ein zwingender Verwendungszusammenhang in dem Sinne
bestehen, dass das Abgabenaufkommen notwendig für die Finanzierung der Beihilfe
verwendet wird. Besteht ein solcher Zusammenhang, so beeinflusst das Abgabenaufkommen unmittelbar den Umfang der Beihilfe und folglich die Beurteilung der Vereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt.“ 42 Entsprechend war der Kausalzusammenhang auch in der Rs. Essent. Hier liegt ein wesentlicher Unterschied zum
EEG.
Es wird durch die EEG-Umlage – anders als in der Rs. Essent – kein Aufkommen
generiert, aus dem inländische Produkte gefördert werden. Vielmehr übernehmen die
Übertragungsnetzbetreiber die Vermarktung des EEG-Stroms (dies war noch im EEG
2000 Aufgabe der Elektrizitätsversorgungsunternehmen) zunächst aus eigenen Mitteln
und können hierfür anschließend einen Aufwendungsersatzanspruch geltend machen.
Im Gegenzug erhalten die Elektrizitätsversorgungsunternehmen die Eigenschaft des so
vermarkteten Stroms („Strom aus EE“). Die Übertragungsnetzbetreiber vermarkten den
EEG-Strom ohne die Herkunftsbezeichnung Erneuerbare Energien. Diese Verpflichtung
fällt vielmehr den Elektrizitätsversorgungsunternehmen zu (§ 54 EEG).
Die Rechtsqualität der eingesetzten Mittel ändert sich daher beihilferechtlich grundlegend beim Übergang von der 2. zur 3. Stufe, also beim Übergang von der EEGVergütung mit physikalischer Wälzung zum Aufwendungsersatzanspruch der Übertragungsnetzbetreiber, der durch den EEG-Ausgleichsmechanismus und die EEGUmlage in seinem Umfang bestimmt wird. Ein nur auf einer der Stufen einschlägiges
Tatbestandsmerkmal der Beihilfe erstreckt seine Wirkung daher nicht auf die jeweils
andere Stufe und kann dort somit nicht das Fehlen dieses Merkmals ersetzen.
42
Rs. Streekgewest, Urt. v. 13.01.2005, C-174/02, Rn. 26; Rs. Casino France, Urt. v. 27.10.2005, C-266/04 bis C-325/04,
Rn. 40
48
Nähme man, wie die Kommission im Eröffnungsbeschluss an, dass das EEGUmlagesystem staatlich oder staatlich kontrolliert sei, so fehlte dieses Merkmal jedoch
weiterhin auf der Stufe der EEG-Vergütung. Nähme man weiterhin mit der Kommission
an, es läge auf der Ebene der EEG-Vergütung eine Begünstigung vor, so fehlte diese
jedoch nach wie vor auf der Ebene der EEG-Umlage. Auch die bisherige Argumentation
im Eröffnungsbeschluss kann daher nicht schlüssig das Vorliegen einer Beihilfe
i.S. Art. 107 Abs. 1 AEUV begründen.
c) Keine Selektivität
Der Besonderen Ausgleichsregelung fehlt es zudem am Merkmal der Selektivität, da sie
wie im Sachverhalt beschrieben unterschiedslos für alle Branchen des produzierenden
Gewerbes angewendet wird (s.o.) und integraler Bestandteil des Fördersystems des
EEG ist.
Auch bei der Größe der potenziell betroffenen Unternehmen gibt es keine Einschränkungen. Die gegenwärtig von der Besonderen Ausgleichsregelung profitierenden
Unternehmen zählen sowohl zum Mittelstand als auch zu den Großunternehmen. Die
überwiegende Mehrzahl der Unternehmen beschäftigt jeweils zwischen 25 und 1.000
Mitarbeitern. Nur sechs Unternehmen beschäftigen regulär jeweils mehr als 10.000
Arbeitnehmer.
d) Keine Wettbewerbsverfälschung und Handelsbeeinträchtigung
Dass die Besondere Ausgleichsregelung den Wettbewerb verfälscht und den Handel
beeinträchtigt ist nicht ersichtlich.
3. Ausblick: Reform des EEG und insbesondere der Besonderen Ausgleichsregelung
49
Wie der Kommission bereits im November 2013, also Wochen vor Eröffnung des Hauptprüfverfahrens, offiziell mitgeteilt wurde, sieht der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung bereits vor, dass EEG in 2014 zügig und europarechtskonform weiterzuentwickeln. Dies gilt insbesondere für die Besondere Ausgleichsregelung. Hierbei wird zu
berücksichtigen sein, dass die Kommission am selben Tag (18.12.2013) einen Beihilfeleitlinienentwurf vorlegte, der künftig z.B. Ausgleichsregelungen für stromintensive
Unternehmen ausdrücklich zulässt.
II. Hilfsweise: Erläuterungen zur Rechtmäßigkeit einer etwaigen Beihilfe
Die Bundesregierung geht davon aus, dass es sich bei den nach dem EEG gewährten
Fördermaßnahmen nicht um eine Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV handelt.
Nur rein hilfsweise, soll im Folgenden dargestellt werden, dass bei hypothetischer Annahme einer Beihilfe i.S.v. Art. 107 Abs. 1 AEUV diese gleichwohl rechtmäßig wäre.
1. Bestehende Beihilfe („existing aid“)
Die Kommission hat in ihrem Beschluss vom 22. Mai 2002 43 festgestellt, dass das
deutsche System zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen
keine staatliche Beihilfe beinhaltet. Gegenstand dieses Beschlusses war das EEG, das
am 1. April 2000 in Kraft trat und einer früheren Fassung des heutigen EEG entspricht.
Zwar wurde das EEG seitdem geändert. Diese Änderungen waren jedoch nicht wesentlich, denn sie haben den Kern des Gesetzes nicht verändert. Darüber hinaus lassen sie
sich klar vom übrigen Regelungsmechanismus trennen. Damit ist das EEG die Fortschreibung des Stromeinspeisegesetzes, das auch der EuGH in der Rs. PreussenElektra nicht als Beihilfe eingestuft hat, allerdings mit dem Unterschied, dass die
Elektrizitätsversorgungsunternehmen nicht mehr den physischen Strom, sondern die
„Erneuerbare“-Eigenschaft, zu einem festen Preis (der EEG-Umlage) abnehmen.
Hintergrund dieser Regelung ist, dass die physisch-bilanzielle Weiterleitung des EEG43
Staatliche Beihilfe NN 27/2000 – Deutschland – Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien (EEG), ABl. 2002 C
164/5.
50
Stroms an die Elektrizitätsversorgungsunternehmen diese teilweise vor große Herausforderungen stellte. Sie mussten die Strombänder übernehmen und in ihre Portfolios
integrieren. Diese Vorgehensweise führte auch zu Intransparenz und Marktabschottung,
weil die Elektrizitätsversorgungsunternehmen einen relevanten Teil ihres Portfolios mit
EEG-Strom decken mussten und insofern nicht frei auf den Strommärkten agieren
konnten, der entsprechende Teil ihrer Strombeschaffung war dem Strommarkt entzogen.
Die Übertragungsnetzbetreiber können seit der Änderung durch das EEG 2012 den
Strom selbst beschaffen und die Elektrizitätsversorgungsunternehmen die „Erneuerbare“-Eigenschaft gegenüber ihren Kunden ausweisen.
Das EEG 2012 als Fördersystem unterscheidet sich in Bezug auf die gestellten Fragen
lediglich in zwei Punkten vom EEG 2000: Einerseits wurde der Ausgleichsmechanismus
des EEG durch die Abschaffung der physischen Wälzung und die Vermarktung des
EEG-Stroms an der Börse umgestaltet. Zweitens wurde eine Besondere Ausgleichsregelung für stromintensive Unternehmen eingeführt. Eine entsprechende Regelung
enthielt das EEG 2000 nicht. Die Stufen 1 bis 3 des Ausgleichsmechanismus sind wie
schon oben beschrieben im Wesentlichen unverändert geblieben. Kleinere Änderungen
bezüglich der Vergütungsvoraussetzungen, der Vergütungshöhe und der Absenkungsschritte bei den Vergütungen spielen für die Beantwortung der hier aufgeworfenen
Fragen keine Rolle und werden daher hier nicht im Einzelnen dargestellt. Zur Beseitigung von Markthindernissen und zur besseren Vermarktung des EEG-Stroms muss
der Strom von den Übertragungsnetzbetreibern entsprechend der Vortagesprognose
über die Einspeiseleistung für jede Stunde des Folgetages am vortägigen Spotmarkt
einer Strombörse veräußert werden (§ 1 Abs. 1 AusglMechAV iVm § 2 AusglMechV).
Abweichungen von der Prognose sind am untertägigen Spotmarkt einer Börse auszugleichen (§ 1 Abs. 2 AusglMechAV iVm § 2 AusglMechV). Der weiterentwickelte Ausgleichsmechanismus unterstützt also die Vereinbarkeit des EEG-Systems mit dem Gedanken des gemeinsamen Binnenmarkts für Strom. Dies wirkt sich positiv auf den freien
Handel zwischen den Mitgliedstaaten aus. Die Eigenschaft des Stroms als „Erneuerbare
Energie“ dürfen die Stromvertriebe weiterhin im Rahmen der Stromkennzeichnung
51
gegenüber ihren Kunden ausweisen. Der von den Übertragungsnetzbetreibern an der
Börse vermarktete Strom verliert seine Eigenschaft als „Erneuerbare Energie“ entsprechend.
Die aus der Vermarktung erzielten Einnahmen tragen zur Deckung eines Teils der
Kosten bei, die den Übertragungsnetzbetreibern durch die Vergütung und Vermarktung
des EEG-Stroms entstehen. Das verbleibende Defizit kann weiterhin gegenüber den
Elektrizitätsversorgungsunternehmen anteilig zu den von ihnen an Letztverbraucher gelieferten Kilowattstunden in Form der EEG-Umlage als Aufwendungsersatz geltend gemacht werden.
Fazit: Da das EEG 2012 nur die Fortschreibung des alten EEG ist, stellen die nach dem
EEG 2012 gewährten Fördermaßnahmen ab dem 1. Januar 2012 keine neue Beihilfe
dar, sondern allenfalls eine bestehende mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfe, vgl.
Art. 1 Buchst. b) Ziffer v) VO 695/1999.
2. Vereinbarkeit der Besonderen Ausgleichsregelung mit dem Binnenmarkt
a) Art. 107 Abs. 3 lit. b) AEUV
Sofern die Besondere Ausgleichsregelung als staatliche Beihilfe anzusehen wäre, wäre
sie gemäß Art. 107 Abs. 3 lit. b) AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar, da sie der
Förderung eines wichtigen Vorhabens von gemeinsamem europäischen Interesse dient.
Die Besondere Ausgleichsregelung bezweckt mittelbar die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, die Steigerung der Energieeffizienz und damit
letztlich des Umwelt- und Klimaschutzes. Sie gewährt stromintensiven Unternehmen des
produzierenden Gewerbes einen Anspruch auf Begrenzung der EEG-Umlage und stellt
so sicher, dass die begünstigten Unternehmen einen Beitrag zur Förderung erneuerbarer Energien leisten, ohne dass hierdurch ihre internationale bzw. intermodale Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt wird.
52
Bei der Besonderen Ausgleichsregelung sind sowohl die Erreichung der ErneuerbarenZiele wie auch der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit als Vorhaben im gemeinsamen
europäischen Interesse anzusehen. So betrachtet die Kommission selbst die Förderung
einer ressourcenschonenden, umweltfreundlichen und zugleich wettbewerbsfähigeren
Wirtschaft zwecks Gestaltung eines nachhaltigen Wachstums in Europa als eine Priorität
ihrer Europa-2020-Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum.44
Die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft soll durch höhere Produktivität
verbessert werden, während zugleich durch eine Steigerung ihrer Ressourceneffizienz
ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden soll.45 Konkret formuliert die Kommission
in ihrer Leitinitiative „Eine Industriepolitik für das Zeitalter der Globalisierung“ das Erfordernis, „eine Industriepolitik zu etablieren, die für die Beibehaltung und Weiterentwicklung einer starken, wettbewerbsfähigen und diversifizierten industriellen Grundlage in Europa optimale Voraussetzungen schafft und das verarbeitende Gewerbe beim
Übergang zu einer energie- und ressourceneffizienteren Wirtschaft unterstützt.“ 46 Vor
diesem Hintergrund stellt sich die Gestaltung des Übergangs in eine umweltfreundliche
und ressourceneffiziente Wirtschaft bei gleichzeitiger Gewährleistung der internationalen
Wettbewerbsfähigkeit unionsrechtlich als Vorhaben von gemeinsamem Interesse dar.
Die Besondere Ausgleichsregelung dient dieser Zielsetzung, Umwelt- und Klimaschutz
mit dem Erhalt einer starken wettbewerbsfähigen industriellen Basis in Europa in Einklang zu bringen und so ein nachhaltiges Wachstum zu erreichen. Sie leistet mittelbar
einen umwelt- und klimaschützenden Beitrag, indem sie gewährleistet, dass auch stromintensive Unternehmen des produzierenden Gewerbes einen Anteil zur Förderung des
Ausbaus der regenerativen Stromerzeugung leisten. Zugleich trägt sie dazu bei, die
internationale Wettbewerbsfähigkeit insbesondere des verarbeitenden Gewerbes bei der
Gestaltung des Übergangs in eine ressourceneffiziente Wirtschaft zu erhalten, da ein
Abwandern in Länder mit niedrigeren Umweltschutzstandards und Klimaschutzzielen
44
45
46
KOM (2010) 2020 endg., S. 12.
Ebenda, S. 17 f.
Ebenda, S. 20.
53
verhindert wird. Nicht zuletzt hat der Europäische Rat im Mai die Notwendigkeit einer
starken EU-Industrie und den dringend erforderlichen Erhalt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der EU-Wirtschaft durch geeignete Maßnahmen bekräftigt.
b) Art. 107 Abs. 3 lit. c) AEUV
Gemäß den Allgemeinen Grundsätzen der Kommission hat die Prüfung der Vereinbarkeit staatlicher Beihilfen in einem dreistufigen Prüfverfahren zu erfolgen.47 Dabei ist zunächst zu klären, ob die Beihilfe einem klar definierten Ziel von gemeinsamem Interesse
dient. Des Weiteren muss die Beihilfe zielführend ausgestaltet sein, was ihre Eignung
zur Zielerreichung, das Vorliegen eines Anreizeffekts zur Verhaltensänderung sowie die
Angemessenheit der Beihilfe umfasst. Schließlich ist zu untersuchen, ob die positiven
Folgen der Beihilfe mögliche negative Auswirkungen aufgrund von Wettbewerbsverzerrungen überwiegen.
(aa) Zielsetzung der Besonderen Ausgleichsregelung
Die Zielsetzung der Besonderen Ausgleichsregelung ist im Kontext der allgemeinen
Ziele des EEG zu ermitteln: Gemäß § 1 Abs. 1 EEG bezweckt das EEG, „im Interesse
des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu
ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die
Einbeziehung langfristiger externer Effekte zu verringern, fossile Energieressourcen zu
schonen und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus
Erneuerbaren Energien zu fördern.“ Entsprechend formuliert § 1 Abs. 2 EEG konkrete
Ausbauziele für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bis 2050. Das EEG ist
in seiner Zielrichtung als umwelt- und klimaschützend einzustufen und verfolgt ein klares
Effizienzziel.
47
Allgemeinen Grundsätzen für eine ökonomisch ausgerichtete Prüfung der Vereinbarkeit
staatlicher Beihilfen nach Artikel 87 Absatz 3 EG-Vertrag“ (Allgemeine Grundsätze), Rn. 9 ff
54
Die EEG-Umlage ist ein wesentliches Instrument, um diese Ziele zu erreichen, da über
sie die erforderlichen Mittel generiert werden und dabei eine grundsätzlich gleichmäßige
Verteilung der Belastung gewährleistet wird. Die Besondere Ausgleichsregelung führt in
den betroffenen Fällen zu einer Begrenzung der EEG-Umlage, damit die internationale
Wettbewerbsfähigkeit stromintensiver Unternehmen einerseits sowie der intermodalen
Wettbewerbsfähigkeit von Schienenbahnen andererseits möglichst erhalten bleibt. Dabei
unterstützt die Besondere Ausgleichsregelung die Zielsetzung des EEG in mehrfacher
Hinsicht:

Die Besondere Ausgleichsregelung führt nicht zu einer vollständigen Freistellung
der privilegierten Unternehmen von der Pflicht zur Zahlung der EEG-Umlage,
sondern verringert diese lediglich. Stromintensive Unternehmen leisten somit
weiterhin einen Beitrag zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren
Energien und damit zum Umweltschutz (wie oben dargestellt).

Deutschland verfolgt eine ambitionierte Politik zum Ausbau der erneuerbaren
Energien im Strombereich. Daraus resultieren hohe zusätzliche Belastungen für
die Stromverbraucher. Die Begrenzung der EEG-Umlage trägt zugleich zum Erhalt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der stromintensiven Unternehmen
bei. Dadurch soll trotz der zusätzlichen Belastungen ein Abwandern stromintensiver Unternehmen in Staaten mit einem geringeren Stromkostenniveau
vorgebeugt („Carbon Leakage“) werden. Im Falle der Abwanderung entfiele der
umwelt- und klimaschützende Beitrag zum Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Auch ist davon auszugehen, dass in der Regel eine Abwanderung in Länder außerhalb der EU erfolgen würde, die weniger
ambitionierte Klimaschutzziele haben. Das dürfte zu einer Erhöhung des
globalen Ausstoßes von Treibhausgasen führen. Von der Kommission ist der
Aspekt der Vermeidung von Carbon Leakage bereits in verschiedenen
europäischen Rechtsakten als Ziel niedergelegt und in anderen Verfahren ausdrücklich als beihilferechtlich relevant anerkannt worden.
55
Die Besondere Ausgleichsregelung stellt sicher, dass stromintensive Unternehmen
einen finanziellen Beitrag zum Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien
in Deutschland leisten, ohne ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu gefährden. Sie
verhindert eine übermäßige Belastung, die zu einer Abwanderung der Unternehmen
führen würde. Damit federt sie – ohne wegen der weiterhin hohen Kostenbeteiligung
nachteilige Effekte für Unternehmen in anderen EU-Staaten zu haben– negative Auswirkungen des EEG auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft ab und
bringt das Ziel des Klimaschutzes in Einklang mit dem Ziel eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums. Ausnahmeregeln wie die Besondere Ausgleichsregelung machen
klima- und energiepolitische Instrumente einschließlich solcher zur Förderung der Erneuerbaren Energien überhaupt erst umsetzbar, da diese Instrumente das Ziel der EU
einer ressourcenschonenden, umweltfreundlichen und zugleich wettbewerbsfähigeren
Wirtschaft verfolgen.
Gemessen am derzeitigen Strompreis an der EEX hätte der Verzicht auf die Besondere
Ausgleichsregelung für die betroffenen Unternehmen mehr als eine Verdoppelung der
Stromkosten zur Folge. Dies wäre in einer „offenen“ Volkswirtschaft wie Deutschland
gleich bedeutend mit dem Aus der Produktion. Somit trägt die Besondere Ausgleichsregelung auch zur Sicherung von Arbeitsplätzen bei. So beschäftigen die Unternehmen,
die 2013 einen Antrag zur Besonderen Ausgleichsregelung gestellt haben, knapp
700.000 Beschäftigte. Aufgrund der Bedeutung der stromintensiven Grundstoffindustrien
für ganze Wertschöpfungsketten in Deutschland hängt davon zudem auch eine nicht
unerhebliche Anzahl indirekter Arbeitsplätze ab.
(bb) Geeignetheit und Erforderlichkeit
Die Besondere Ausgleichsregelung ist zielführend ausgestaltet und geeignet, das gemeinschaftliche Ziel zu erreichen, den Umwelt- und Klimaschutz mit dem Erhalt einer
starken wettbewerbsfähigen industriellen Basis in Europa in Einklang zu bringen. So
56
trägt sie mittelbar zum Umwelt- und Klimaschutz bei. Deutschland kann nicht erkennen
mit welchen alternativen Mitteln dieses Ziel in einem vergleichbaren Ausmaß erreicht
werden kann.
Die Besondere Ausgleichsregelung ist auch erforderlich, um dieses Ziel zu erreichen.
Die Begrenzung der EEG-Umlage für stromintensive Unternehmen stellt sicher, dass
solche Unternehmen einen Beitrag zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in Deutschland leisten, während zugleich ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit erhalten und somit mittelbar das Risiko minimiert wird, dass diese
Unternehmen wegen der zusätzlichen nationalen Belastung ihren Standort in das Ausland (insbesondere das außereuropäische Ausland) verlagern. Damit gewährleistet die
Besondere Ausgleichsregelung, dass ein für die Markteinführung der erneuerbaren
Energien angemessenes Förderniveau erreicht wird, ohne dass zugleich die Wettbewerbsfähigkeit
des
produzierenden
Gewerbes
gefährdet
wird
oder
eine
„Überförderung“, im Sinne einer zu starken Begrenzung der Belastung, eintritt. Ohne
eine Begrenzung der EEG-Umlage ist davon auszugehen, dass die betroffenen Unternehmen aufgrund verhältnismäßig hoher Stromkosten ihre Produktionsstandorte verlagern würden, womit neben den Arbeitsplätzen, der Bruttowertschöpfung und den
Steuereinnahmen auch ihr Beitrag zum Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren
Energien in Deutschland gänzlich verloren ginge und in der Folge an den neuen Standorten ohne vergleichbare Erneuerbaren-Ziele höhere Treibhausgasemissionen und
andere mit konventioneller Energieerzeugung verbundene Umweltschäden aufträten.
Auch würden die Belastungen für die am Standort Deutschland verbliebenen Unternehmen, die nicht unter die Besondere Ausgleichsregelung fallen, in der Folge ansteigen.
Vor diesem Hintergrund stellt eine Ausnahmeregelung wie die Besondere Ausgleichsregelung einen zwingenden Bestandteil jeder klima- und energiepolitischen Maßnahme
dar, die bei ungemilderter Wirkung eine ganz besonders schwerwiegende Belastung für
besonders strom- bzw. energieintensive Sektoren darstellen würde. Dabei handelt es
57
sich um eine Regelung, die notwendig ist, um die genannten Ziele der Union unter Abwägung aller Belange zu erreichen.
(1) Strompreise und EEG-Umlagenbelastung deutscher Unternehmen im internationalen Vergleich
Jedes einzelne Unternehmen, das von der Besonderen Ausgleichsregelung profitiert,
hat nachgewiesen, dass die Stromkosten einen relevanten Anteil seiner Produktionskosten ausmachen, indem es nachweist, dass die Stromkosten mindestens 14 % der
Bruttowertschöpfung ausmachen. Die EEG-Umlage ist angesichts ihrer Höhe von derzeit 6,24 Ct/kWh in 2014 ein großer Bestandteil der Industriestrompreise. Insofern ist sie
auch für Unternehmen, bei denen die Stromkosten eine große Rolle spielen, ein
gravierender Kostenfaktor. Für diese Unternehmen, die teilweise auch unentbehrliche
Komponentenhersteller wichtiger Bestandteile für Erneuerbare Energien-Anlagen und
damit Bestandteil der regenerativen Energiewirtschaft sind, würde die Zahlung der vollen
EEG-Umlage nicht nur die Stromkosten, sondern die Produktionskosten insgesamt deutlich erhöhen.
Unternehmen des produzierenden Gewerbes, die in 2013 einen Antrag zur Besonderen
Ausgleichsregelung gestellt haben, weisen durchschnittliche Stromkosten in Höhe von
6,6 ct/kWh auf (Bezug: Erwerbskosten in Deutschland). Unternehmen mit Stromverbräuchen von mehr als 100 GWh zahlen durchschnittlich 5,66 ct/kWh. Die Belastung
dieser Unternehmen mit der EEG-Umlage von derzeit 6,24 ct/kWh würde mehr als zu
einer Verdoppelung ihrer Stromkosten führen.
Die Belastung durch die EEG-Umlage lag bei den im Antragsjahr 2012 privilegierten
Unternehmen durchschnittlich bei über 20 % der Bruttowertschöpfung. Diese Zahlen
zeigen, welcher Belastung die Unternehmen ausgesetzt wären, wenn sie die volle EEGUmlage zahlen müssten. Daraus würde ein erheblicher Anstieg ihrer Produktionskosten
resultieren.
58
Deutschland hat aufgrund der Förderung der Erneuerbaren Energien im internationalen
Vergleich überdurchschnittlich hohe Stromkosten zu verzeichnen. Einzelheiten dazu
finden sich in der deutschen Mitteilung an die Kommission vom 25.09.2013, S. 28 ff., auf
die vollumfänglich Bezug genommen wird. Innerhalb der 28 EU-Mitgliedstaaten hat
Deutschland den siebthöchsten Industriestrompreis. Teurer ist der Industriestrom im EUinternen Vergleich nur in Zypern, Malta, Italien, Litauen, der Slowakei und Ungarn. Im
internationalen Vergleich, etwa zu den USA, zahlen deutsche Industriebetriebe rund das
Doppelte. Diese Spreizung wird in Zukunft eher noch zunehmen, z.B. auch angesichts
der Förderung von Schiefergas in den USA.
Insbesondere die EEG-Umlage macht einen großen Anteil des deutschen Industriestrompreises aus. Aufgrund unterschiedlicher Förderinstrumente und -niveaus der erneuerbaren Energien in den EU-Mitgliedstaaten (aber auch außerhalb der EU) sowie
differierender Volumina des EE-Zubaus entstehen hierdurch sehr unterschiedliche Belastungen, die letztlich zu Wettbewerbsverzerrungen mit Nachteilen für deutsche Unternehmen führen. Gerade dies soll die Besondere Ausgleichsregelung zumindest ansatzweise ausgleichen.
Die in der Mitteilung vom 25.09.2013 übermittelten Zahlen und zusätzliche Zahlen in
Abschnitt IV dieser Mitteilung belegen, dass die Gesamtstromkosten selbst mit der Besonderen Ausgleichsregelung im internationalen Vergleich immer noch sehr hoch sind.
(2) Anerkennung von Industrieermäßigungen als Kommissionspraxis
Das gemeinschaftliche Ziel, den Umwelt- und Klimaschutz mit dem Erhalt einer starken
wettbewerbsfähigen industriellen Basis in Europa in Einklang zu bringen, kommt auch in
den Grundsätzen zur Behandlung energieintensiver Unternehmen im Kontext von
Umweltsteuerbelastungen in den Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Umweltschutzbeihilfen (2008/C 82/01) (Umweltschutzbeihilfeleitlinien) zum Ausdruck. Wenn-
59
gleich die Begrenzung der EEG-Umlage mangels steuer- und abgabenähnlichen
Charakters bereits keine Umweltsteuerermäßigung darstellt, lassen die Umweltschutzbeihilfeleitlinien erkennen, dass die Kommission Umweltsteuerermäßigungen im Hinblick
auf das verfolgte Umweltschutzziel als notwendig ansieht, da ohne solche Ausnahmen
ein erheblicher Anstieg der Produktionskosten zu befürchten wäre, der nicht an die Abnehmer weitergegeben werden kann, ohne dass es zu deutlichen Absatzeinbußen
kommt. 48 Dabei stellt die Kommission die Vermutung auf, dass hiervon im Falle von
elektrischem Strom bei energieintensiven Unternehmen stets auszugehen ist.49 Dahinter
steht die Erwägung, dass Umweltsteuerermäßigungen zugunsten bestimmter Wirtschaftszweige bzw. bestimmter Unternehmen ein insgesamt höheres Umweltschutzniveau gewährleisten können.50 Zwar finden die Umweltschutzleitlinien der Kommission
vorliegend keine Anwendung auf die Besondere Ausgleichsregelung, doch ist die Vermutung der Kommission, wonach eine finanzielle Belastung von Strom zur Förderung
des Umweltschutzes einen erheblichen Anstieg der Produktionskosten energieintensiver
Unternehmen bewirkt, auch außerhalb des
Regelungsbereichs von Umweltsteuer-
ermäßigungen von Bedeutung. Entsprechend kann gezeigt werden, dass auch die EEGUmlage einen erheblichen Anstieg der Produktionskosten stromintensiver Unternehmen
bewirkt, der nicht an die Abnehmer weitergegeben werden kann, ohne dass es zu Absatzeinbußen kommt. Damit entspricht die Besondere Ausgleichsregelung den in den
Umweltschutzleitlinien
zum
Ausdruck
kommenden
Bewertungsmaßstäben
der
Kommission.
Zugleich geht auch die Emissionshandelsrichtlinie 2009/29/EG51 davon aus, dass eine
finanzielle Entlastung solcher Unternehmen, „für die ein erhebliches Risiko einer Verlagerung von CO2-Emissionen durch auf den Strompreis überwälzte Kosten“ besteht, ein
zulässiges und geeignetes Instrument zur Vermeidung von Carbon Leakage ist.52 Dies
48
Leitlinien für staatliche Umweltschutzbeihilfen, Rn. 158.
Leitlinien für staatliche Umweltschutzbeihilfen, Rn. 159 (Fn 55).
50
Leitlinien für staatliche Umweltschutzbeihilfen, Rn. 59.
51
Richtlinie 2009/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Änderung der Richtlinie
2003/87/EG zwecks Verbesserung und Ausweitung des Gemeinschaftssystems für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten, ABl. Nr. 140 v. 5.6.2009, S. 63.
52
Vgl. Art. 10a Abs. 6 RL 2009/29/EG.
49
60
ist beispielsweise der Fall bei der kostenlosen Zuteilung von Emissionsrechten nach Art.
10a Abs. 12 der Emissionshandelsrichtlinie in Sektoren, in denen ein erhebliches Risiko
der Verlagerung von CO2-Emissionen („carbon leakage“) besteht. Die Zuteilung beträgt
in diesen Fällen 100 % des jeweils gültigen Benchmarks. Ein weiteres Beispiel aus dem
Bereich des Emissionshandels ist die Kompensation für den emissionshandelsbedingten
Anstieg der Strompreise in den genannten Sektoren nach Art. 10a Abs. 6 der
Emissionshandelsrichtlinie und den Leitlinien für bestimmte Beihilfemaßnahmen im Zusammenhang mit dem System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten
nach 2012 (2012/C 158/04).
In dem Entwurf der GD Wettbewerb für neue Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien vom
18.12.2013 zeigt die Kommission ebenfalls die Absicht, Ausnahmen von Belastungen
durch die Förderung von Erneuerbaren Energien aufzunehmen und somit als genehmigungsfähige Beihilfen anzuerkennen. Hier ergibt sich daher ein Widerspruch
zwischen den beiden am gleichen Tag veröffentlichten Dokumente der Kommission.
Wenngleich die neuen Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien erst vss. im Sommer 2014
verabschiedet werden, sollte die GD Wettbewerb die in ihrem eigenen Entwurf zum
Ausdruck kommende grundsätzliche Bewertung daher bereits jetzt bei der Vereinbarkeitsprüfung auf Grundlage von Art. 107 Abs. 3 lit. c) AEUV einfließen lassen.
Auch vor diesem Hintergrund ist festzuhalten, dass die Begrenzung der EEG-Umlage
ein zugleich geeignetes und notwendiges Instrument zur Gewährleistung eines hohen
Förderniveaus der Erneuerbaren Energien in Deutschland durch die Vermeidung von
Standortverlagerungen darstellt.
(3) Internationaler Wettbewerb und Abwanderungsgefahr
Daneben ist hervorzuheben, dass nach dem geltenden EEG nur Unternehmen des
Produzierenden Gewerbes aus den Branchenklassen B und C 53 , also dem Ver53
Nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes, Ausgabe 2008, www.destatis.de.
61
arbeitenden Gewerbe und dem Bergbau sowie der Förderung von Steinen und Erden
begünstigt werden. Hier handelt es sich um Unternehmen, die bewegliche Güter herstellen und damit potenziell im Wettbewerb mit Unternehmen in anderen Ländern
stehen.
Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, sei es direkt oder indirekt,
können die erhöhten Belastungen durch gestiegene Stromkosten nicht einpreisen. Kurzfristig bedeutet dies einen Verlust an Wettbewerbsfähigkeit. Langfristig werden stromintensive Unternehmen im Ausland investieren und ihre Produktion dorthin verlagern.
Bereits jetzt lassen sich Verlagerungstendenzen erkennen. Erste Auswirkung von im
internationalen Vergleich zu hohen Energiekosten ist bereits heute ein Prozess
schleichender Desinvestition der energieintensiven Industrien.
Die bereits übermittelten und mit dieser Stellungnahme ergänzten Daten und
Informationen der Mitteilung vom 25.9.2013 und aus Abschnitt IV dieser Mitteilung
zeigen, dass bereits jetzt trotz der Begrenzung der Belastung in den stromintensiven
Sektoren ein Prozess der Desinvestition sowie von Produktions- und Standortverlagerungen stattfindet. Dies hat große Auswirkungen auf die deutsche Volkswirtschaft
als Ganzes. Stilllegungs- und Abwanderungstendenzen der energieintensiven Industrien
bedeuten nicht nur eine Gefährdung der rund 700.000 Arbeitsplätze in den energieintensiven Industrien, sondern sie bedrohen ganze Wertschöpfungsketten. Nach einer
Studie der Fraunhofer Gesellschaft (2003) induziert in der chemischen Industrie jeder
Arbeitsplatz weitere 1,63 Arbeitsplätze in der Forschung, in vor- und nachgelagerten
Sektoren sowie im Dienstleistungsbereich. Nimmt man diesen Beschäftigungseffekt für
die energieintensiven Industriesektoren insgesamt an, wären rund 2,2 Mio. Arbeitsplätze
direkt oder indirekt von diesen Industrien abhängig.
In Deutschland spielen integrierte industrielle Wertschöpfungsketten, und innerhalb
dieser die energieintensiven Unternehmen, eine wichtige Rolle. So erbringen sie
wichtige Innovationsleistungen für das gesamte verarbeitende Gewerbe. Laut IW
62
Consult profitieren rund 70 % des verarbeitenden Gewerbes von der Innovationskraft
energieintensiver Unternehmen, insbesondere in den Themenfeldern „Neue Werkstoffe“,
„Materialeffizienz“ und „Energieeffizienz“.
Dies zeigt, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien nur dann wirtschaftsverträglich
vorangetrieben werden kann, wenn gleichzeitig der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der
energieintensiven Industrien in Deutschland sicher gestellt ist. Zum einen sind die
energieintensiven Industrien wichtiger Bestandteil der Wertschöpfungsketten in Deutschland. Von ihnen geht bedeutende Innovationskraft aus – auch gerade im Hinblick auf
energieeffizientere Materialien. Beispielsweise könnte nach Angaben des Bundesverbands Glasindustrie in Europa eine Minderung von 100 Mio. Tonnen CO2Emissionen jährlich durch den Einbau von energieeffizientem Glas in Gebäuden erreicht
werden. Zum anderen liefern die energieintensiven Industrien wichtige Grundstoffe für
die Erzeugung erneuerbarer Energien und umweltfreundlicher Produkte. Die Wirtschaftsvereinigung Metalle gibt beispielsweise an, dass für ein Elektroauto mit durchschnittlicher Lithium-Ionen-Batterie gegenüber einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor
pro Fahrzeug 60 kg mehr Kupfer, 50 kg mehr Aluminium, 20 kg mehr Stahl und 10 kg
mehr Nickel benötigt werden.
Dies illustriert: Ohne die Begrenzung der EEG-Umlage kommt es bei stromintensiven
Unternehmen zu Kostensteigerungen, die einen bedeutenden Wettbewerbsnachteil
hervorrufen. Die Unternehmen können aufgrund des internationalen Wettbewerbs (Export- und/oder Importkonkurrenz) und der hohen Preiselastizität in einigen Sektoren
diesen Kostenanstieg nicht weitergeben. Dies würde zu Produktions- und Standortverlagerungen führen, die bereits jetzt trotz der Begrenzung der EEG-Umlage aufgrund
steigender Stromkosten avisiert werden. Die Abwanderung stromintensiver Produktion
führt nicht nur zu Arbeitsplatzverlusten und geringeren Steuereinnahmen, sondern verhindert auch den ambitionierten Ausbau der erneuerbaren Energien.
Die Begrenzung der EEG-Umlage ist somit erforderlich. Weitere Informationen und
Daten hierzu siehe Abschnitt IV.
63
cc) Anreizeffekt
Die Begrenzung der EEG-Umlage setzt einen entscheidenden Anreiz zur Beibehaltung
der Produktionstätigkeiten stromintensiver Unternehmen in der EU. Sie leistet damit insbesondere auch einen Beitrag zum Klimaschutz durch die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in Deutschland. Ohne die Besondere Ausgleichsregelung bestünde das Risiko, dass die betroffenen Unternehmen ihre Produktion bzw.
Tätigkeit verringern oder ins Ausland verlagern, womit auch ihr Beitrag zur Förderung
erneuerbarer Energien minimiert bzw. verloren gehen würde.
Zugleich setzt die Besondere Ausgleichsregelung einen Anreiz zur Energieeinsparung:
Zum einen bleiben die begünstigten Unternehmen weiterhin zur Zahlung einer in der
Höhe begrenzten EEG-Umlage verpflichtet. Bereits diese Kosten stellen einen Anreiz für
wirtschaftlich vernünftig agierende Unternehmen dar, ihren Energieverbrauch zu
reduzieren und somit Kosten zu sparen. Des Weiteren unterliegen stromintensive Unternehmen des Produzierenden Gewerbes mit einem Stromverbrauch des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres von mehr als 10 GWh der Besonderen Ausgleichsregelung, wenn sie das in § 41 Abs. 1 Nr. 2 EEG formulierte Erfordernis eines Energiemanagementsystems umsetzen. Hiernach hat eine Zertifizierung zu erfolgen, mit der der
Energieverbrauch und die Potenziale zur Verminderung des Energieverbrauchs erhoben
und bewertet werden. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle erkennt als
zulässige Zertifizierungsverfahren jenes nach der EMAS-Verordnung Nr. 761/2001 54
sowie die Zertifizierung nach ISO 50001 an.55 Die Unternehmen haben auf der Grundlage einer Energieeinsatz- und Energieverbrauchsanalyse ihre Energieeinsparpotenziale
zu bewerten. Die Pflicht zur Durchführung der Zertifizierungsverfahren vermittelt einen
starken Anreiz, mögliche Kostenersparnisse durch Energieeinsparungen zu realisieren.
So wurde von 841 Unternehmen, die 2013 einen Antrag zur Besonderen Ausgleichs54
Verordnung (EG) Nr. 761/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2001, ABl. Nr. L 114 v.
24.4.2001, S. 1.
55
Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, Merkblatt für Unternehmen des produzierenden Gewerbes, S. 12 ff.
64
regelung stellten, angegeben, dass diese im Rahmen von 1.881 Einzelmaßnahmen aufgrund der Einführung und dem Betrieb von Umwelt- und Energiemanagementsystemen
rund 4 TWh Strom eingespart haben. Neben Strom sind auch andere Energieträger und
Rohstoffe eingespart worden. Auch 116 Unternehmen, die nicht zur Einführung und zum
Betrieb eines Umwelt- oder Energiemanagementsystems verpflichtet
waren, haben
Energieeinsparmaßnahmen umgesetzt. Dies zeigt deutlich, dass die Unternehmen einen
Beitrag zum Umwelt- und Ressourcenschutz tatsächlich erbracht haben.
dd) Angemessenheit
In ihren Umweltschutzbeihilfeleitlinien hat die Kommission ihren Ansatz bei der Bewertung der Angemessenheit von Beihilfeintensitäten für verschiedene Umweltschutzbeihilfen konkretisiert: Umweltsteuerermäßigungen hält die Kommission dabei für verhältnismäßig, wenn die Beihilfemaßnahme gewährleistet, dass die begünstigten Unternehmen einen Anteil der nationalen Steuer zahlen, der der ökologischen Leistung des
Unternehmens entspricht, mindestens 20 % der nationalen Steuer entrichten oder aber
Umweltschutzvereinbarungen geschlossen werden, in denen sich die Unternehmen zur
Erreichung von Umweltschutzzielen verpflichten.56 Während die Begrenzung der EEGUmlage mangels steuer- und abgabenähnlichen Charakters bereits keine Umweltsteuerermäßigung darstellt, können dennoch die hierin zum Ausdruck kommenden
Grundsätze zur Bewertung einer umweltschutzmotivierten Begrenzung finanzieller Belastungen auch für die Besondere Ausgleichsregelung herangezogen werden. Dem
Wesen nach gewährleistet die Besondere Ausgleichsregelung, dass die begünstigten
Unternehmen weiterhin einen wesentlichen Beitrag zur Förderung der Stromerzeugung
aus erneuerbaren Energien entrichten. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass für den
Bereich der harmonisierten Energiesteuern europaweite Mindeststeuersätze gelten. Bei
den erneuerbaren Energien hingegen sind die Belastungen bisher in keiner Weise angenähert. Bei Wettbewerbern außerhalb der EU fallen vergleichbare Kosten in der Regel
gar nicht an. Aber auch innerhalb der EU bestehen große Unterschiede bei den Be56
Leitlinien für staatliche Umweltschutzbeihilfen, Rn. 159.
65
lastungen, weil die Ambitionsniveaus für den Ausbau der erneuerbaren Energien sehr
weit auseinander liegen.
Nochmals: In Deutschland zahlen stromintensive Unternehmen weiterhin die volle EEGUmlage auf den Stromanteil bis 1 GWh/a. Erst darüber hinaus erfolgt eine Begrenzung.
Dabei müssen sie für den Stromverbrauch bis 10 GWh/a immer noch 10 % der Umlage,
für den darüber hinausgehenden Stromverbrauch 1 % der Umlage beziehungsweise
0,05 Ct/kWh zahlen. Dies bedeutet, dass im Jahr 2013 ein Unternehmen mit einem
Stromverbrauch von 5 GWh/a eine EEG Umlage von knapp 74.000 Euro zahlt, ein
Unternehmen mit 10 GWh/a rd. 100.000 Euro und ein Unternehmen mit 50 GWh/a rd.
120.000 Euro. Selbst jene Unternehmen, die aufgrund ihres besonders hohen Stromverbrauchs und hoher Stromkosten im Verhältnis zur Bruttowertschöpfung die weitestgehende Begrenzung der EEG-Umlage erfahren, zahlen weiterhin 0,05 Cent/kWh, was
sich aufgrund ihres hohen Stromverbrauchs absolut als hoher Förderbeitrag darstellt.
Dies entspricht dem EU-Mindeststeuersatz für betrieblich genutzten Strom (Artikel 9
i.V.m. Tabelle C Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von
Energieerzeugnissen und elektrischem Strom [Energiesteuerrichtlinie]).
Im Vergleich dazu liegen die Belastungen in anderen europäischen Ländern deutlich
niedriger. Manche Mitgliedstaaten haben keine vergleichbaren Belastungen, weil sie die
Kosten der Förderinstrumente aus dem Haushalt finanzieren und nicht auf die Stromverbraucher umlegen (so z. B. Finnland). Andere Länder haben leistungsbezogene Umlagen zur Förderung erneuerbarer Energien, die entweder nach oben gedeckelt sind
oder in jedem Fall zu deutlich niedrigeren Kosten führen. In Österreich zahlt beispielsweise kein Unternehmen mehr als 35.000 Euro im Jahr für die Förderung erneuerbarer
Energien. In Irland liegt die Obergrenze bei 13,47 Euro pro kWh und Jahr.
66
Auch bei Ländern, die wie Deutschland eine Umlage der Kosten auf die verbrauchten
Kilowattstunden haben, liegt die Belastung in der Regel deutlich niedriger als in
Deutschland. Die Französische CSPE (die nur gut zur Hälfte für die Förderung von
Strom aus erneuerbaren Energien aufgewendet wird) betrug 2012 0,9 beziehungsweise
1,05 Ct/kWh und war für Industrieunternehmen mit einem Stromverbrauch über 7 GWh
pro Jahr auf 0,5 % der Wertschöpfung des Unternehmens gedeckelt. In Schweden betrugen die Kosten für die Erneuerbaren-Quote 2012 0,4 Ct/kWh.
Der bereits vorgelegte Vergleich der deutschen EE-Umlagekosten mit der niederländischen EE-Steuer, die das niederländische EE-Fördersystem finanziert, zeigt, dass
die Kosten der Unternehmen dort viel niedriger lagen: So zahlen die genannten Unternehmen im Durchschnitt 1,315 Ct/kWh, während die niederländischen 0,02 Ct/kWh
zahlen. Auch der Minimalwert in Deutschland (0,05 Ct/kWh) liegt weit über dem
Minimalwert in den Niederlanden (0,0021Ct/kWh). Auch dies zeigt, dass es zu keiner
„Überförderung“, im Sinne einer zu starken Begrenzung der EEG-Umlage, kommt.
Hinzu kommt, dass Unternehmen in Deutschland mit einem Stromverbrauch über 10
GWh, bei denen der Anteil der zu tragenden EEG-Umlage unter 10 % absinkt, gemäß §
41 Abs. 1 Nr. 2 EEG zur Durchführung eines Energiemanagements verpflichtet sind, im
Rahmen dessen sie ihre Energieeinsparpotenziale bewerten müssen. Auch die Einführung eines Energiemanagements ist zunächst mit administrativen Kosten verbunden.
Sie müssen demnach eine Gegenleistung für die Begrenzung der Umlage erbringen, die
ebenfalls geeignet ist, eine Anreizwirkung zu entfalten (hierzu im Einzelnen unter c).
Die Besondere Ausgleichsregelung knüpft den Umfang der Begrenzung damit an die
Belastungsintensität. Dementsprechend ist die Besondere Ausgleichsregelung in ihrer
konkreten Ausgestaltung angemessen und verhältnismäßig.
ee) Wettbewerbspolitische Abwägungsprüfung
67
Schließlich ist eine wettbewerbspolitische Abwägungsprüfung vorzunehmen, die untersucht, inwiefern die positiven Auswirkungen einer Beihilfemaßnahme etwaige negative
Auswirkungen auf den Wettbewerb und Handel in der EU überwiegen.57 Eine Beihilfemaßnahme ist mit dem Binnenmarkt vereinbar, wenn die positiven Auswirkungen die
negativen überwiegen.
Zunächst einmal ist fraglich, inwieweit die deutsche Besondere Ausgleichsregelung
überhaupt negative Auswirkungen auf den Binnenmarkt hat. Dazu müsste die deutsche
Besondere Ausgleichsregelung dazu führen, dass eine Besserstellung deutscher Unternehmen gegenüber ausländischen Unternehmen einer Branche besteht. Dies kann nur
dann der Fall sein, wenn die von der Besondere Ausgleichsregelung profitierenden
Unternehmen im internationalen Vergleich deutlich niedrigere EE-Umlagen zahlen
müssten als Unternehmen anderer Länder. Gerade das ist jedoch überhaupt nicht erkennbar. Im Gegenteil deuten die vorgelegten Zahlen darauf hin, dass die von der Besondere Ausgleichsregelung profitierenden Unternehmen trotz der Begrenzung der
EEG-Umlage immer noch höhere EE-Umlagen tragen, als die Unternehmen in anderen
Ländern. Im internationalen Vergleich sind die Unternehmen trotz der begrenzten Umlage „netto“ stärker belastet.
Die Besondere Ausgleichsregelung ist ein zentrales Instrument zur Gewährleistung
eines hohen Förderniveaus für den Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren
Energien in Deutschland. Sie setzt ihrer Intention nach einen wesentlichen Anreiz dafür,
dass stromintensive Unternehmen ihre Produktion nicht in das Ausland verlagern, und
gewährleistet damit, dass stromintensive Unternehmen einen Beitrag zur Förderung
erneuerbarer Energien in Deutschland leisten. In diesem Sinne trägt die Besondere
Ausgleichsregelung jedenfalls mittelbar zum Umwelt- und Klimaschutz bei, denen im
Unionsrecht eine besondere Priorität zukommt. Die von der Besonderen Ausgleichs-
57
Allgemeine Grundsätze, Rn. 57 ff.
68
regelung ausgehenden positiven Umwelt- und Klimaschutzauswirkungen kommen dabei
aufgrund der grenzüberschreitenden Klimaproblematik nicht allein Deutschland, sondern
insbesondere auch den anderen Mitgliedstaaten zugute. Zugleich stärkt die Besondere
Ausgleichsregelung den Wirtschaftsstandort Europa insgesamt, da sie einer Abwanderung energieintensiver Unternehmen in das außereuropäische Ausland vorbeugt.
Die Notwendigkeit einer besonderen Behandlung energieintensiver Unternehmen im
Hinblick auf umweltschutzmotivierte finanzielle Belastungen ist entsprechend dem
Unionsrecht weitgehend anerkannt. Dies verdeutlichen sowohl Art. 17 der Energiesteuerrichtlinie als auch Kapitel 4 der Umweltschutzleitlinien, die jeweils eine Befreiung
energieintensiver Unternehmen von bestimmten Umweltsteuerpflichten bzw. Umweltsteuerermäßigungen unter energiesteuer-
bzw. beihilferechtlichen Aspekten bei Er-
füllung spezifischer Voraussetzungen für zulässig erachten, um ein hohes Umweltschutzniveau aufrecht zu erhalten, ohne die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen
Industrie zu gefährden. In diesem Sinne ist die Besondere Ausgleichsregelung Ausdruck
des unionsrechtlich ebenso verankerten Konzepts einer nachhaltigen Entwicklung, das
auf einen Ausgleich von Umweltschutz und internationaler Wettbewerbsfähigkeit abzielt.
Vor diesem Hintergrund sind auch die von der Besonderen Ausgleichsregelung ausgehenden Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel in der EU zu bewerten. Aufgrund
der konkreten Ausgestaltung der Besonderen Ausgleichsregelung werden potenzielle
negative Auswirkungen minimiert. Die Besondere Ausgleichsregelung wird anhand
transparenter und nicht-diskriminierender Kriterien angewandt. Sie steht allen stromintensiven Unternehmen des produzierenden Gewerbes offen. Dies bedeutet, dass
grundsätzlich alle Wettbewerber, die von der EEG-Umlage betroffen sind die gleiche
Entlastung erfahren können.
Des Weiteren trägt die Besondere Ausgleichsregelung zu einer Angleichung der Wettbewerbsbedingungen für stromintensive Unternehmen im Binnenmarkt bei. Die Richt-
69
linie 2009/28/EG verpflichtet die Mitgliedstaaten, Förderregelungen für den Ausbau der
Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zu ergreifen. Diese gehen in einer üblichen
Beziehung zwischen Kunde und Lieferant mit einer finanziellen Belastung der Gruppe
der Stromverbraucher einher, die allerdings stromintensive Unternehmen aufgrund ihres
hohen Stromverbrauchs unverhältnismäßig stark trifft und ihre Wettbewerbsfähigkeit
akut gefährdet. Die von den Mitgliedstaaten verfolgten Förderansätze unterscheiden
sich nicht nur im Förderinstrumentarium, sondern auch in ihrer Förderintensität. Die
Wirkung der Förderung erneuerbarer Energien in Deutschland ist im Vergleich zu
anderen Mitgliedstaaten als hoch zu bewerten. Entsprechend stärker ist auch die
finanzielle Belastung, die stromintensive Unternehmen in Deutschland zu tragen haben
(siehe Erläuterungen in Punkt ee). Indem die Besondere Ausgleichsregelung die
finanzielle Belastung stromintensiver Unternehmen in Deutschland begrenzt, verfolgen
die §§ 40 ff. EEG eine Angleichung der Wettbewerbsbedingungen zu solchen stromintensiven Unternehmen des produzierenden Gewerbes in anderen Mitgliedstaaten.
Dies entspricht auch der Entscheidungspraxis der Kommission: In ihrer Bewertung der
Befreiung bestimmter Transportunternehmen von der britischen Klimaänderungsabgabe
hat sie im Rahmen der Abwägungsprüfung konstatiert, dass die Befreiung faktisch lediglich dazu beiträgt, die begünstigten Unternehmen auf dem gleichen Wettbewerbsniveau
zu ihren Mitbewerbern zu halten wie vor Einführung der Klimaänderungsabgabe.58 Entsprechend verursacht auch die Besondere Ausgleichsregelung keine nennenswerten
Ungleichheiten zwischen Unternehmen in unterschiedlichen Mitgliedstaaten im Hinblick
auf die Verteilung der Produktionsfaktoren in der EU, sondern trägt dazu bei, dass die
Wettbewerbsbeziehungen zwischen den begünstigten Unternehmen und ihren Mitbewerbern durch die EEG-Umlage nicht unverhältnismäßig zu Lasten der Unternehmen
mit Standort in Deutschland verzerrt werden. Dies verdeutlicht auch der Wortlaut des §
40 EEG, wonach der Erhalt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit bezweckt wird.
Indem § 40 EEG die Besondere Ausgleichsregelung nur insoweit für anwendbar erklärt,
als dass durch sie die Umwelt- und Klimaschutzziele des EEG nicht gefährdet werden,
wird zugleich gewährleistet, dass die positiven Auswirkungen auf den Umwelt- und
58
KOM, Aufforderung zur Abgabe einer Stellungnahme zur Maßnahme C 18/2001 (ex N 123/2000) – Klimaabänderungsabgabe, Abl. 2001 C 185/22, 38.
70
Klimaschutz die Auswirkungen auf den Wettbewerb und Handel in der EU stets überwiegen.
Unterstellt es gäbe potenzielle negative Auswirkungen auf den Wettbewerb und Handel
der von den begünstigten Unternehmen in der EU erzeugten Produkte bzw. der
Schienenbahnunternehmen, so würden folglich jedenfalls die von der Besonderen Ausgleichsregelung ausgehenden positiven Wirkungen für den Umwelt- und Klimaschutz,
die sich als mittelbare Folge des Erhalts der internationalen und intermodalen Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Unternehmen darstellen, überwiegen.
Somit wäre die Besondere Ausgleichsregelung im Ergebnis sowohl nach Art. 107 Abs. 3
lit. b) AEUV als auch nach Art. 107 Abs. 3 lit. c) AEUV als genehmigungsfähige Beihilfe
einzustufen, sofern es sich bei der Besonderen Ausgleichsregelung überhaupt um eine
Beihilfe handeln würde. Die deutsche Bundesregierung vertritt allerdings weiterhin die
Rechtsauffassung, dass es sich bei der Besonderen Ausgleichsregelung, wie auch beim
EEG, nicht um eine staatliche Beihilfe handelt.
3. DAWI/Altmark
Sofern die Kommission im Rahmen ihrer Tatbestandsprüfung zur „Staatlichkeit der
Mittel“ weiterhin davon ausgehen sollte, dass die Übertragungsnetzbetreiber vom Staat
mit der Verwaltung der EEG-Umlage beauftragt wurden, dann sollte konsequenterweise
auch geprüft werden, ob ggf. die Altmark-Rechtsprechung einschlägig wäre und ob eine
Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) vorläge.
III. Erläuterungen zu § 39 EEG und Art. 30, 110 AEUV
Die Kommission begründet ihre Zweifel an der Vereinbarkeit des Grünstromprivilegs
nach § 39 EEG nicht etwa mit dem Beihilfetatbestand gemäß Art. 107 AEUV selbst,
sondern mit den Artikeln 30, 110 AEUV, d.h. mit dem angeblichen Vorliegen einer diskriminierenden Abgabe (Rz. 251 f. des Eröffnungsbeschlusses). Dieser Punkt soll daher
hier vorgezogen werden.
71
1. Keine Diskriminierung, da keine gleichartigen Produkte
Auch wenn man vom Vorliegen einer Abgabe ausginge, wäre die Rechtsprechung zu
parafiskalischen Abgaben nicht einschlägig. Denn parafiskalische Abgaben, die
systematisch inländische und eingeführte Erzeugnisse nach den gleichen Kriterien erfassen, sind nach Art. 30 und 110 AEUV verboten, wenn das Aufkommen aus einer
solchen Abgabe dazu bestimmt ist, Tätigkeiten zu fördern, die speziell dem belasteten
inländischen Produkt zu Gute kommen, so dass sich daraus ergeben kann, dass der
Beitrag dennoch diskriminierende Wirkung hat.59 Das Kriterium für die Anwendung der
Vorschrift besteht darin,
ob eine inländische Abgabe diskriminierenden oder
protektionistischen Charakter hat.60 Beides ist bei der EEG-Umlage nicht der Fall.
Zunächst ist festzuhalten, dass die EEG-Umlage die Elektrizitätsversorgungsunternehmen belastet, wenn sie Strom an Letztverbraucher verkaufen, und insoweit tatsächlich unterschiedslos inländischen und ausländischen Strom betrifft.
Vor allem verkennt die Kommission in ihrer Argumentation jedoch, dass in einem
anderen Mitgliedstaat geförderter EE-Strom aufgrund der geltenden europäischen
Rechtslage bereits kein dem nach § 39 EEG in Deutschland mittelbar geförderten EEStrom gleichartiges Produkt ist. Die Mittel werden folglich gerade nicht dazu verwendet,
gleichartige inländische Produkte zu fördern.
a) EEG-Förderung betrifft Erzeugungsanlagen, nicht den Handel mit EE-Strom
Das EEG fördert die Stromerzeugung aus Erneuerbaren-Anlagen in Deutschland. Dies
ergibt sich aus § 16 EEG, der den Vergütungsanspruch nach dem EEG regelt. Danach
haben Betreiberinnen und Betreiber von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien und Grubengas einen Anspruch auf Vergütung für den Strom aus
59
60
Rs. Compagnie commerciale de L’Ouest, Urteil v. 11.03.1992, Rs. C-78/90 – 83/90, Rn 26.
Rs. CELBI, Urteil v. 2.8.1993, Rs. C-266/91, Rn 10.
72
ihren Anlagen. Händler von Erneuerbare-Energien-Strom – unabhängig davon, ob der
Strom aus dem In- oder Ausland stammt – haben keinen Anspruch auf eine Vergütung.
Hintergrund ist, dass das Gesetz schon nach § 1 Abs. 1 die Erzeugung von Strom aus
erneuerbaren Energien fördert und nicht der Beschaffung oder dem Ankauf von Erneuerbare-Energien-Strom dient. Deshalb sind die geförderten Produkte letztlich Erneuerbare-Energien-Anlagen, mit denen die nationalen Energieressourcen erschlossen
werden, unabhängig davon, ob diese Anlagen in Deutschland hergestellt oder nach
Deutschland importiert wurden.
b) Hilfsweise: Auch beim Strom selbst fehlt es an der Gleichartigkeit
Selbst wenn man davon ausginge, dass das EEG nicht die Erneuerbare-EnergienAnlagen, sondern den Strom förderte, oder eine mittelbare Begünstigung des Stroms
aus erneuerbaren Energien ausreichen ließe, handelte es sich bei diesem Strom nicht
um ein gleichartiges Produkt wie der belastete Strom.
Gefördert würde in dieser Logik Strom, der zur Erreichung des deutschen Ziels von erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch nach Art. 3 Abs. 3 in Verbindung
mit Anhang I Teil A der Richtlinie 2009/28TEG angerechnet wird. Das ist nach Art. 5
Abs. 3 der Richtlinie nur der Strom, der in dem jeweiligen Mitgliedstaat erzeugt wurde,
und der Strom, der im Rahmen eines Kooperationsmechanismus an Deutschland übertragen wurde. Strom aus anderen Mitgliedstaaten kann deshalb so lange nicht auf die
Zielerfüllung angerechnet werden, solange kein Kooperationsmechanismus für diesen
Strom in Kraft tritt. Dies führt dazu, dass der Strom auch aus Sicht der Letztverbraucher
nicht dieselbe Qualität hat und eben kein gleichartiges Produkt ist. Schon insofern ist
aus dem Ausland importierter Strom kein gleichartiges Produkt wie in Deutschland erzeugter Strom.
73
Aus diesem Grund hat die EEG-Umlage keine diskriminierende oder protektionistische
Wirkung. Die Beschränkung des EEG auf im Inland produzierten Erneuerbare-EnergienStrom behindert die Vermarktung von Grünstrom im Inland nicht.
2. Die Geltung von §39 EEG für inländisch erzeugten Grünstrom setzt Regelungen
der Richtlinie 2009/28/EG um
Die derzeitige Regelung des § 39 EEG setzt geltendes EU-Recht um. Eine Öffnung
auch für in anderen Mitgliedstaaten produzierten EE-Strom würde den Regelungen der
Richtlinie 2009/28/EG entgegenstehen.
Denn nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2009/28/EG hat jeder Mitgliedstaat dafür zu
sorgen, dass sein Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoendenergieverbrauch im Jahr 2020 mindestens seinem nationalen Gesamtziel für den Anteil von
Energie aus erneuerbaren Quellen in diesem Jahr entspricht. Zur Erfüllung dieser Ziele
können die Mitgliedstaaten gemäß Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2009/28/EG unter
anderem Förderregelungen oder Maßnahmen zur Kooperation zwischen verschiedenen
Mitgliedstaaten und mit Drittländern im Hinblick auf die Erfüllung ihrer nationalen
Gesamtziele gemäß den Art. 5 bis 11 anwenden. Den Mitgliedstaaten steht dabei ein
weiter Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Art und Weise der Förderung von erneuerbaren Energien zu, damit sie auf möglichst vielfältige Art Anreize setzen können. Der
den Mitgliedstaaten eingeräumte Gestaltungsspielraum schließt auch den Umfang der
Förderung, vor allem im Hinblick auf den Ort der Erzeugung ein.
Zur Zielerreichung gem. Art. 3 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang I Teil A der Richtlinie
2009/28/EG wird allerdings nach Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie nur Strom, der in dem
jeweiligen Mitgliedstaat erzeugt wurde, und Strom, der im Rahmen eines Kooperationsmechanismus an Deutschland übertragen wurde, angerechnet. Strom aus anderen Mitgliedstaaten kann deshalb so lange nicht auf die Zielerfüllung angerechnet werden, so-
74
lange kein Kooperationsmechanismus für diesen Strom in Kraft tritt. Ob und in welchem
Umfang solch ein Kooperationsmechanismus genutzt wird, liegt gemäß der Richtlinie
vollumfänglich im Ermessen der Mitgliedstaaten. Dies ergibt sich insbesondere aus Art.
3 Abs. 3 Unterabs. 2 der Richtlinie 2009/28/EG, wonach die Mitgliedstaaten unbeschadet der beihilfenrechtlichen Vorgaben des AEUV das Recht haben „zu entscheiden, in welchem Umfang sie die in einem anderen Mitgliedstaat erzeugte Energie
aus erneuerbaren Quellen fördern wollen.“
Die Möglichkeit, nationale Förderregelungen auf im Inland belegene Anlagen zu beschränken, wird überdies auch in den Erwägungsgründen der Richtlinie 2009/28/EG
unterstrichen. Hier ist insbesondere Erwägungsgrund 25 zu nennen. Ob Strom nach den
Regelungen der Richtlinie 2009/28/EG auf die verbindlichen nationalen Ziele für den
Anteil erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch angerechnet werden kann,
ist also entscheidend für eine nationale Förderung gem. Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie.
Das aktuelle EEG, einschließlich des § 39 EEG, setzt somit geltendes EU-Recht um. Die
von der Kommission vorgebrachten wettbewerbsrechtlichen Überlegungen stehen daher
in unmittelbarem Konflikt zu den genannten EU-rechtlichen Vorgaben aus der Richtlinie
2009/28/EG. Denn sie würden in der Argumentationslinie der Kommission dazu führen,
dass Deutschland entweder EE-Strom der zur Zielerreichung anderer Mitgliedstaaten
beiträgt, (zumindest mittelbar) fördern muss, oder entgegen der expliziten EURechtslage die Freiwilligkeit bei der Umsetzung der Kooperationsmechanismen entfällt.
3. Eine Öffnung würde auch faktisch das Regelungsziel von Richtlinie 2009/28/EG
unterminieren
Im Übrigen würde eine solche Öffnung nicht nur in diesem Punkt der EU-Rechtslage
entgegenstehen, sondern zu starken Überförderungen und Verwerfungen führen, die die
Förderung der erneuerbaren Energien insgesamt gefährden könnten. Damit würde die
75
Wirksamkeit und das Regelungsziel der Richtlinie 2009/28/EG auch insgesamt gefährdet.
Wenn Erneuerbare-Energien-Strom, der im Ausland nicht gefördert wurde, in Deutschland (teilweise) von der EEG-Umlage befreit würde, bedeutete dies im Kern ein Wahlrecht zwischen zwei Fördersystemen. Der Produzent im Ausland kann wählen, ob er von
dem in seinem Land etablierten Fördersystem profitieren oder in Deutschland die Umlagebefreiung in Anspruch nehmen möchte. Ausländische Stromerzeuger werden in die
deutsche EEG Umlagebefreiung wechseln, wenn die Einnahmen aus Strommarkterlösen und EEG-Umlagebefreiung höher sind als die nationale Förderung.
Deshalb dürfte die Befreiung von der EEG-Umlage in aller Regel zu einer
Überförderung führen, die ein erhebliches Ausmaß erreichen kann. Die möglichen Erlöse können durch die aktuelle Notierung auf den Terminmärkten abgeschätzt werden.
Der Terminmarkt für Strom in Deutschland notiert derzeit im Baseload bei ca. 37,5
€/MWh (Quelle: EEX). Zusammen mit einer aktuellen EEG-Umlage von ca. 62 €/MWh
ergeben sich Einnahmen in der Größenordnung von rd. 100 €/Mwh.
Es kann davon ausgegangen werden, dass die gesamte Wasserkraft und ein Großteil
der Windenergie an Land in Europa zu diesem Fördersatz nach Deutschland
wechseln würde. Die Abschätzung der Potenziale auf Basis der NREAP für 2020
liefert für Wasserkraft ca. 350 TWh und die Windenergie an Land einen Wert von 283
TWh. Das installierbare Potenzial der Windenergie zu Kosten unterhalb von 100
€/MWh dürfte bei günstigen Finanzierungsannahmen um bis zu eine Größenordnung
höher liegen. Selbst wenn die Vergütungen oder sonstigen Fördermaßnahmen in
einigen Mitgliedstaaten höher sind als 100€/MWh, dürften aufgrund des sicheren
Rechtsrahmens erhebliche Anreize bestehen, den Strom im deutschen Fördersystem
anzubieten. Gerade für neue Anlagen dürfte diese Möglichkeit attraktiv sein (wegen
günstigerer Finanzierung bei einer Förderung durch Deutschland).
76
Der Effekt auf die EEG-Umlage soll in einem stark vereinfachten Beispiel verdeutlicht
werden: Selbst unter Ausschluss der Wasserkraft würde eine EEG-Umlagebefreiung
von 200 TWh ausländischer Windenergie die EEG-Umlage verdoppeln 14, da die
aktuelle Umlagebasis halbiert würde. Die Differenzkosten von ca. 20 Milliarden €
müssten auf max. 200 TWh Endverbrauch umgelegt werden. Die EEG-Umlage stiege
damit auf 100 €/MWh. Im Folgejahr würde sich also für ausländische Erzeuger ein
Einnahmepotenzial von mind. 137€/MWh ergeben und weitere Technologien könnten
mit entsprechenden Folgen rentabel in die deutsche Umlagebefreiung wechseln.
Diese vereinfachte Darstellung zeigt die prinzipiellen Mechanismen. Aufgrund der
großen
Potenziale
wird
jedoch
deutlich,
dass
die
Gefahr
einer
massiven
Überförderung ausländischer Stromerzeugung durch Deutschland bestünde und die
Basis für die Finanzierung der EEG-Differenzkosten erheblich gefährdet würde.
Ein weiterer Effekt ist die Finanzierung der Stromerzeuger im europäischen Ausland
durch deutsche Stromkunden. Selbst bei einem begrenzten Import von 50 TWh liegt
der Mitteltransfer von Deutschland ins Ausland ohne erhöhende Wirkung auf die Umlage bei bis zu 2,65 Milliarden €, wenn es den ausländischen Anbietern gelingt, den
Endkundenpreis knapp unterhalb möglicher Preise einer Stromlieferung inkl. EEGUmlage zu positionieren. Unter Berücksichtigung der 1. Iteration der umlagesteigernden
Wirkung steigt dieser Effekt auf bis zu 3 Milliarden Euro15. Diesem Transfer steht unter
den derzeitigen Rahmenbedingungen kein energiewirtschaftlicher Nutzen gegenüber.
Die Menge des nicht von der EEG-Umlage befreiten Stroms würde kontinuierlich sinken
und die EEG-Kosten auf eine immer kleiner werdende Strommenge verteilt werden
müssen. Eine solche EEG-Umlagesteigerung aufgrund einer Überförderung von Strom
aus dem Ausland wäre in Deutschland nicht zu vermitteln, schon weil es zwangsläufig
zu einem Kollaps des Fördersystems führen würde.
Nicht nur das Regelungsziel der Richtlinie 2009/28/EG würde durch eine solche Interpretation des Diskriminierungsverbots aus Art. 30 und 110 AEUV somit unterminiert,
wenn aus wettbewerbsrechtlichen Gründen eine Konkurrenz der Fördersysteme her-
77
gestellt würde, die zwangsläufig zu einer Überförderung führt. Auch würde das europarechtliche Wettbewerbsrecht im Ergebnis ad absurdum geführt.
4. Praktische Umsetzung einer Öffnung von §39 EEG für ausländischen Strom
würde an europarechtlichen Vorgaben scheitern
Eine Befreiung ausländischen Stroms von der EEG-Umlage schiene der Bundesregierung auch nicht praktikabel: Befindet sich Strom einmal im deutschen Stromnetz,
kann zwischen inländischem und ausländischem Strom nicht unterschieden werden.
Dies gilt insbesondere, wenn der Strom an einer Strombörse gekauft wurde, wo die Herkunft des Stroms nicht ausgewiesen wird; dies gilt aber grundsätzlich auch bei bilateralen Verträgen. Würde man grundsätzlich jeden Strom von der EEG-Umlage befreien, der von einem ausländischen Anbieter verkauft wird, würde nicht an die Herkunft
des Produkts angeknüpft. Nachweissysteme für die physische Herkunft von Strom
existieren in Europa nicht. Bei Strom aus erneuerbaren Energien existieren solche
Nachweise zwar, da Herkunftsnachweise nach Art. 15 der Richtlinie 2009/28/EG grundsätzlich auch den Standort der Erzeugungsanlage ausweisen müssen. Allerdings dürfen
Herkunftsnachweise nur für die Kennzeichnung gegenüber Letztverbrauchern verwendet
werden (Art. 2 Buchstabe j Richtlinie 2009/28/EG). Damit ist eine Verwendung im
Fördersystem zum Zweck der Erlangung einer Förderung ausgeschlossen. Deshalb
führen auch die Erwägungsgründe 52 und 56 aus, dass Herkunftsnachweise ausschließlich dazu dienen, einem Endkunden gegenüber nachzuweisen, dass Strom aus erneuerbaren Energien stammt, und dass Herkunftsnachweise kein Recht begründen,
nationale Förderregelungen in Anspruch zu nehmen.
Das EEG erlaubt nicht, dass Anlagenbetreiber Strom, der durch die Übertragungsnetzbetreiber am Spotmarkt vermarktet wird oder der im Rahmen der Direktvermarktung mit
einer Marktprämie gefördert wird, diesen als Strom aus erneuerbaren Energien vermarkten (§ 55 Abs. 2 EEG). Verstößt eine Direktvermarkter gegen dieses Verbot, entfällt
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die Marktprämie (§ 55 Abs. 2 S. 2 EEG). Nur Strom, der im Rahmen der sonstigen (nicht
mit einer Förderung verbundenen) Direktvermarktung vermarktet wird, und Strom, der
mittelbar über das Grünstromprivileg gefördert wird, darf mit Herkunftsnachweisen als
Erneuerbare-Energien-Strom vermarktet werden.
Dieses System führt dazu, dass der durch das EEG geförderte Strom in keinerlei
Konkurrenz zu Strom tritt, der für Grünstromprodukte verwendet wird. Der geförderte
Strom wird als sog. Graustrom, also ohne die „Erneuerbare“- Eigenschaft, vermarktet
und tritt damit nur in Konkurrenz zu ausländischem „Graustrom“. Diesem gegenüber ist
der Vorteil durch die Förderung aber aus Klima- und Umweltschutzgründen gerechtfertigt. Es handelt sich letztlich nicht um gleichartige Produkte.
Ausländischer Grünstrom tritt nur in Konkurrenz zu inländischem Grünstrom, der keine
Vergütung nach dem EEG erhalten hat. Zwar wird auch der geförderte Strom am Ende
bei den Verbrauchern ausgewiesen. Allerdings erfolgt dies gleichmäßig bei allen Stromkunden im Verhältnis zu der von ihren Elektrizitätsversorgungsunternehmen gezahlten
EEG-Umlage. Die Versorger können deshalb aus diesem Strom keine Grünstromprodukte machen. Für diesen Zweck müssen sie Herkunftsnachweise von inländischen
oder ausländischen Anbietern erwerben.
Bezüglich des Grünstromprivilegs (§ 39 EEG) wird darauf hingewiesen, dass diese
Regelung in ihren Grundzügen schon im EEG 2000, das von der Kommission genehmigt
wurde, enthalten war (§ 11 Abs. 4 S. 2 EEG 2000). Spätere Änderungen dienten dem
Abbau einer potenziellen Überförderung.
5. Die EEG-Umlage ist bereits keine Abgabe
Soweit die Kommission behauptet, dass ihre geäußerten Zweifel nicht die Begrenzung
der Förderung des EEG auf die Stromerzeugung im Inland in Frage stellt (Rz. 251 und
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253 des Eröffnungsbeschlusses), sondern lediglich im Rahmen der mittelbaren
Förderung durch § 39 EEG lediglich das Mittel falsch gewählt sei (ebenfalls Rz. 251), so
ist dem zusätzlich entgegenzuhalten, dass es in der teilweisen Befreiung von der EEGUmlage nach § 39 EEG nicht nur keine diskriminierende Abgabe, sondern nicht einmal
überhaupt eine Abgabe liegt.
Die EEG-Umlage stellt keine Abgabe dar, sondern einen Kostenerstattungsanspruch
der Übertragungsnetzbetreiber für Leistungen, die diese für die Elektrizitätsversorgungsunternehmen erbringen.
Der EuGH hat wiederholt betont, dass eine Abgabe im Sinne der Art. 30 und 110
AEUV nicht vorliegt, wenn die auferlegte Belastung Teil einer allgemeinen inländischen
Gebührenregelung ist, die systematisch sämtliche inländischen und eingeführten
Waren nach gleichen Kriterien erfasst, wenn sie ein der Höhe nach angemessenes
Entgelt für einen dem Wirtschaftsteilnehmer tatsächlich individuell geleisteten Dienst
darstellen61 oder wenn sie wegen Kontrollen erhoben wird, die zur Erfüllung von Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht durchgeführt werden.62
Auf die EEG-Umlage treffen beide Kriterien zu. Sie stellt zunächst ein angemessenes
Entgelt für die Überlassung der „Erneuerbaren“-Eigenschaft des durch das EEG geförderten Stroms dar.
Es ist richtig, dass im EEG 2012 – anders als im EEG 2000 – die Elektrizitätsversorgungsunternehmen als Gegenleistung für die Zahlung der EEG-Umlage nicht den
Erneuerbare-Energien-Strom erhalten. Allerdings ändert dies nichts am Gegenleistungscharakter. Im EEG 2012 bezahlen die Stromvertriebe mit der EEG-Umlage
nicht mehr für den physikalischen Strom. Dieser wird an der Börse veräußert, der
Gegenwert fließt über die Übertragungsnetzbetreiber an die Netzbetreiber, die daraus
einen Teil der Vergütungen für die Anlagenbetreiber bezahlen. Für den physikalischen
Strom zahlen die Elektrizitätsversorgungsunternehmen demnach nicht mehr. Die EEGUmlage deckt nur die Mehrkosten für die „Erneuerbare“- oder Grünstrom-Eigenschaft
61
Rs. Lamaire, Urteil v. 7.7.1994, Rs. C-130/93, Rn 14; Rs. Dubois und General Cargo Service, Urteil v. 11.8.1995, C16/94, Rn 15; Rs. Cadsky, Urteil v. 26.2.1975, S. 281.
62
Rs. Lamaire, Urteil v. 7.7.1994, Rs. C-130/93, Rn 14
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des Stroms. Diese Eigenschaft erhalten die Elektrizitätsversorgungsunternehmen als
Gegenleistung für die EEG-Umlage.
Damit unterscheidet sich das EEG auch relevant von der Rs. Essent3. Eine Gegenleistung in diesem Sinne gab es in der Rs. Essent nicht. Zwar lässt sich unter Umständen argumentieren, dass auch in der Rs. Essent die Begünstigten der Maßnahme
für die Begünstigung eine Gegenleistung erbrachten, wenn man davon ausgeht, dass
sie die dort geförderte Kohlevergasungsanlagen weiter betrieben. Allerdings kam diese
Gegenleistung nicht unmittelbar den Abgabeschuldnern zu Gute (in der Rs. Essent
waren das die Stromverbraucher), denen weder der in diesen Anlagen erzeugte Strom
noch dessen Eigenschaften unmittelbar zuflossen. Die Abgabenschuldner in der Rs.
Essent erhielten damit – anders als die Umlageschuldner des EEG – keine Gegenleistung und können sich damit nicht auf die oben genannte Rechtsprechung des
EuGH berufen.
Auch die Argumentation der Kommission geht insofern offensichtlich zwar von einer
irgendwie gearteten Leistung der Begünstigten im Fall Essent aus, aber eben auch
nicht von einer Gegenleistung für die erhobenen Mittel (Rz. 136 des Eröffnungsbeschlusses). Im selben Satz stellt die Kommission jedoch ohne Begründung fest,
dass auch die EEG-Umlage keinem Preis für ein bestimmtes Produkt entspricht. Wie
sie zu dieser Erkenntnis gelangt ist, bleibt offen.
Auch der weite europarechtliche Abgabenbegriff setzt zudem zumindest als Nebenzweck auch die Erzielung staatlicher Einnahmen voraus. Im Übrigen wird daher auf die
ausführliche Diskussion zur fehlenden Staatlichkeit der Maßnahme bzw. der Mittel
oben verwiesen.
Daneben wird die EEG-Umlage auch erhoben, um eine durch das Europarecht vorgegebene Verpflichtung zu erfüllen. Sie dient nämlich der Erreichung der in der Richtlinie 2009/28/EG vorgeschriebenen nationalen Ziele für erneuerbare Energien.
Ausblick: Streichung des Grünstromprivilegs geplant
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Wie der Kommission bereits im November 2013 offiziell mitgeteilt, sieht der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung bereits vor, dass EEG in 2014 zügig und europarechtskonform weiterzuentwickeln (s.o.): „Darüber hinaus werden wir das vergleichsweise teure Grünstromprivileg streichen.“ (Zitat, S. 53).
IV. Übersendung der von der Kommission in Ziffer 236 des Beschlusses konkret
angeforderten Informationen
Siehe hierzu Anlage 2 zu dieser Mitteilung.
Anlagen
1) Ergänzende Erläuterung der Bundesnetzagentur
2) Übersendung der von der Kommission in Ziffer 236 des Beschlusses konkret angeforderten Informationen
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