Erfahrungsbericht Mende (Frankreich)
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Erfahrungsbericht Mende (Frankreich)
Erfahrungsbericht Mende (Frankreich) Ich, Katrin (22), habe in meinem 4. Semester ein Auslandsemester in Frankreich absolviert. Die Gründe für diesen Entscheid waren hauptsächlich die Verbesserung der Sprachkompetenzen im Französisch, die Abwechslung vom normalen Studienalltag in der Schweiz aber auch die Erfahrung für längere Zeit in einem anderen Land zu leben. Eigentlich habe ich mich für ein Gastsemester in Montpellier beworben. Da dort jedoch zu wenig Studienplätze zur Verfügung standen, konnte ich mich zwischen Mende (einer kleinen Stadt zwei Autostunden von Montpellier entfernt) oder Bern entscheiden. Also entschied ich mich für Mende, nach dem Motto „lieber etwas als nichts“. DIE ANREISE Von der Organisation her, gab es eigentlich keine grösseren Schwierigkeiten. Die Wohnmöglichkeiten wurden uns beispielsweise direkt von der Gasthochschule zur Verfügung gestellt. Wir (ich und zwei weitere PH – Studenten aus der Schweiz) fuhren mit dem Zug von Bern via Genf und Lyon nach Mende. In Mende wurden wir persönlich von der Direktorin sowie dem Hausmeister und dem Gestionnaire herzlich empfangen und mit dem Auto ins Wohnheim gefahren. An dieser Stelle ist anzufügen, dass sich das Studentenwohnheim und die Schule am selben Ort befinden, was besonders am Morgen von grossem Vorteil ist. DIE UNTERKUNFT Das Studentenwohnheim umfasst ungefähr 20 Zweier- und teilweise Einzelzimmer, welche vorwiegend von Studenten der IUFM Mende bewohnt werden. Die Zimmer selbst sind eher klein. Sie enthalten ein kleines Badezimmer (mit Dusche aber ohne Toilette), die Betten sowie ein Pult. Eigentlich wurde uns gesagt, dass wir eine Miete von 195 Euro bezahlen müssen (inklusive zwei Mahlzeiten pro Tag). Dem war aber nicht so. Stattdessen bezahlten wir 225 Euro pro Monat und „durften“ dafür auch selber kochen. Das Studentenwohnheim hat abgesehen von den Zimmern, zwei Gemeinschaftsküchen, Gemeinschaftstoiletten sowie ein kleines Fernsehzimmer. Da sich das Studentenwohnheim, wie erwähnt, gerade im gleichen Gebäude wie die Schule befand, stand uns auch der PC – Raum der Schule jederzeit zur Verfügung. Allerdings ist zu erwähnen, dass das Internet an der IUFM Mende so seine Tücken hatte… Ausserdem muss man sich bewusst sein, dass sich zwischen den Zimmern nicht allzu dicke Wände befinden, was zur Folge hat, dass man alles hört und riecht, was der Nachbar im Nebenzimmer singt und raucht. Je nach Nachbar kann das aber auch sehr amüsant sein. Zudem knarrt der Boden in den Zimmern ziemlich laut. DAS STUDIUM In Frankreich dauert die Lehrerausbildung nur zwei Jahre. Voraussetzung ist aber ein abgeschlossenes Studium vor dem Beginn dieser Ausbildung. Das Institut von Mende ist recht klein und hat zwei Klassen (M1 und M2). Im ersten Jahr (M1) werden vor allem die Inhalte der einzelnen Fächer repetiert und vertieft, anschliessend werden im zweiten Jahr (M2) die didaktischen Grundlagen erworben. Wir ERASMUS – Studenten wurden dem Studiengang M1 zugeteilt. Diese Klasse bestand aus ungefähr 15 einheimischen und fünf ERASMUS – Studenten (drei aus der Schweiz und zwei Studierende aus Belgien). Wir besuchten bis auf ein Modul die gleichen Veranstaltungen wie unsere einheimischen Mitstudentinnen und Mitstudenten. Ich persönlich musste mich am Anfang noch etwas an die Sprache gewöhnen. Die Franzosen sind, so habe ich jedenfalls das Gefühl, sehr stolz auf ihre Sprache und sie brechen diese auch nicht für Anderssprachige auf ein einfacheres Niveau herunter. Auch sprechen sie sehr ungerne langsamer. Aber so lernt man die Sprache ja offenbar am Besten. Ich musste mich anfangs noch sehr an den Pausenrhythmus in Frankreich gewöhnen. Die Veranstaltungen dauern immer zwei Stunden anschliessend hat man eine Viertelstunde Pause und danach wieder eine zweistündige Unterrichtszeit (dies ist übrigens nicht nur in den Universitäten der Fall sondern wird bereits in der Primarschule so gehandhabt). Nicht zu vergessen ist zudem, dass einige Dozierende einen ziemlich starken südlichen Dialekt haben, an welchen man sich anfangs erst noch gewöhnen muss. Die Dozierende in Frankreich führen meistens nur Frontalunterricht durch, so wie wir es von den Vorlesungen her kennen. Nur selten arbeitet man in Gruppen oder zu zweit. Während dem Studium bereitete mir vor allem das Fach „Français“ grössere oder kleinere Probleme. Selbst für die Franzosen war dieses Fach anstrengend und schwierig. Die Gründe dafür waren hauptsächlich folgende: Erstens war die Lehrerin des „Français“ alles andere als zögerlich und ging sehr schnell vorwärts. Zweitens glichen ihre Veranstaltungen eher einem zweistündigen Diktat als einem Seminar. Eine der spannendsten Veranstaltungen war der Biologieunterricht. Besonders der eine Morgen als wir mehrere lebendige Schlangen und Vogelspinnen zu Besuch hatten, werde ich wohl noch lange in Erinnerung behalten. Schlangen im Biologieunterricht DIE PRÜFUNGEN In Mende gab es zwei Prüfungswochen. Die eine fand im April, die andere Ende Mai statt. Alle ERASMUS – Studenten haben an diesen Prüfungen teilgenommen aber währendem die einheimischen Studenten für alle Fächer zwei Prüfungsteile ablegen mussten, konnten wir für jedes Fach eine Prüfung machen und den anderen Teil der Prüfung zu Hause als Hausaufgaben erledigen. Bezüglich der Prüfungen war die Direktorin der IUFM Mende sehr zuvorkommend und unkompliziert. DAS PRAKTIKUM Während meinem Aufenthalt in Frankreich hatte ich die Möglichkeit ein zweiwöchiges Praktikum in einer 3. und 4. Klasse zu machen. Das war sehr spannend! Ich durfte sogar einzelne Lektionen selbst unterrichten. Zum einen habe ich Englisch unterrichtet, sowie in verschiedenen Lektionen etwas über die Schweiz erzählt (Politik, die vier Sprachen der Schweiz, typische Sportarten und Musikstile, etc.). Dieses Praktikum war wirklich einer der besten Erfahrungen in Frankreich. Mit meiner Praktikumsklasse lernte ich auch neue Sportarten kennen wie den „ski de fond“ (Langlauf) und das „tir à l`arc“ (Bogenschiessen). Zudem war meine Praktikumsklasse eine „classe bilingue“. Das heisst, dass in dieser Klasse nicht nur französisch gesprochen wird. Nämlich werden gewisse Fächer (wie Mathematik oder NMM) auch in occitan, einer alten Sprache, die früher in diesem Teil von Frankreich gesprochen wurde, unterrichtet. Heute beherrschen diese Sprache meist nur noch ältere Leute. Occitan klang in meinen Ohren wie einen Mix aus Italienisch, Spanisch und Französisch. Wenn man also einer dieser drei Sprachen spricht, versteht man bereits relativ viele Wörter. DIE FREIZEIT All diejenigen, welche gerne shoppen und jedes Wochenende an eine Party gehen wollen, empfehle ich Mende eher nicht. Jeden Montagabend hat der Sportlehrer der IUFM ein freiwilliges Badminton oder Volleyball Training angeboten. Das war immer lustig und half auch den Kontakt zu den französischen Mitstudenten zu pflegen. Am Dienstagabend gingen wir in einen sogenannten Chor (er bestand aber eigentlich nur aus uns fünf Erasmus – Studenten, lustig war`s trotzdem), welcher vom Musiklehrer des Instituts geleitet wurde. Am Wochenende vergnügten wir uns in den Patisserien, gingen Wandern, ins Kino, in den Irish Pub oder besuchten weitere Städte in Frankreich (wie Nîmes und Montpellier). In Mende ist es jedoch wirklich von Vorteil, wenn man ein Auto besitzt, da die öffentlichen Verkehrsmittel eher teuer und die Zugsverbindungen schlecht sind. DIE FORTSCHRITTE Im Allgemeinen habe ich mir bezüglich meiner sprachlichen Fortschritte sicherlich mehr von diesem Auslandaufenthalt erhofft. Zwar habe ich das Gefühl, dass ich die Sprache besser verstehe (Lesen und Hören) aber ansonsten glaube ich nicht, dass ich sehr grosse Fortschritte gemacht habe. Vielleicht kann ich dies aber auch einfach schlecht beurteilen. Und dennoch bin ich überzeugt, dass ich abgesehen von den sprachlichen Fortschritten auch in anderen Bereichen (wie zum Beispiel Selbständigkeit, Kultur, …) von diesem Gastsemester profitieren konnte. DIE SPRACHE Französisch war für mich immer eine Sprache, die ich nie richtig gerne hatte, aber die man eben immer wieder gebrauchen musste. Nach diesem Sprachaufenthalt freue ich mich nun immer, wenn ich in meiner Umgebung französischsprechenden Menschen begegne. Grössere Verständigungsprobleme gab es während meinem Aufenthalt in Frankreich eigentlich nicht. SEHENSWÜRDIGKEITEN/ AUSGANGSMÖGLICHKEITEN… … IN MENDE Besonders die Altstadt von Mende hat mir sehr gut gefallen mit all ihren kleinen Gassen. Auch die grosse katholische Kirche von Mende ist sicher sehenswert. Ich persönlich mochte auch die Wanderungen auf einen nahegelegenen „Hügel“ in Mende, von welchem aus man einen tollen Ausblick auf die Stadt und die Umgebung hatte. Ausblick auf Mende und Umgebung Natürlich waren auch die Patisserien jeweils ein Highlight (fürs Abnehmen eignet sich ein Gastsemester in Frankreich also nicht ;-) ). Weiter war auch der Markt, der jeden Samstagmorgen stattfand, toll. Man konnte dort neben frischem Gemüse, Früchten, Fisch, Honig, Brot, Käse, Blumen auch diverse Fleischspezialitäten der Region kaufen (wie beispielsweise gestopfte Schweinenasen). Gut zu wissen ist auch, dass am Donnerstagabend im Drakkar (Bar/Pub) jeweils Gratiskonzerte stattfinden. Die schmalen Gassen von Mende … ANDERSWO Wie bereits erwähnt ist es sehr lohnenswert sich die nähere (oder auch weitere) Umgebung von Mende anzusehen und zu bereisen. Besonders die grösseren Städte wie Nîmes und Montpellier sind gut für Ausflüge geeignet. Wir hatten das Glück, dass unsere belgischen ERASMUS – Mitstudentinnen ein Auto besassen. Wenn man kein Auto zur Verfügung hat, besucht man am Besten die Internetseite www.covoiturage.fr . Dort bieten Autofahrer Sitzplätze an und nehmen einem für einen kleinen Betrag auf ihre Reise mit. Ich habe diese Art von Reisemöglichkeit auch genutzt und ich empfehle es sehr weiter, da es zum einen günstig und zum anderen auch spannend ist neue Leute kennen zu lernen. Während meinem Aufenthalt in Frankreich habe ich mehrmals Montpellier besucht. Man findet dort schnell günstige Unterkunftsmöglichkeiten. Vom Zentrum Montpelliers aus hat man ungefähr eine halbe Stunde bis ans Meer. Zudem kann man fast sicher sein, dass es in Montpellier schönes Wetter ist auch wenn es ansonsten in ganz Frankreich regnet. Aber auch das Essen lässt in Montpellier nicht zu wünschen übrig. Das libanesische Essen zum Beispiel kann ich nur weiterempfehlen aber auch gekochte Schnecken und die Kebab mit Käse sind super. Von Montpellier aus haben wir auch Aigues-Mortes, ein Dorf am Meer besucht. Montpellier - am Strand Natürlich sind auch weitere Dörfer und Städte (wie zum Beispiel Marvejols) rund um Mende sehenswert. Nîmes FAZIT Mein Fazit zu meinem Gastsemester: Obwohl mein Auslandsemester anders ablief, als ich mir dies vorgestellt habe, bereue ich meine Entscheidung nicht. Dennoch habe ich mir von diesem Aufenthalt in Frankreich mehr Fortschritte in der französischen Sprache erhofft. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich grosse Fortschritte gemacht habe, was wohl auch daran lag, dass in einer so kleinen Schule wie Mende drei deutschsprachige Schweizerinnen platziert waren. Zwar haben wir teilweise versucht auch untereinander französisch zu sprechen, sind dann aber oftmals wieder in die deutsche Sprache zurück gefallen. Von den fachlichen Erfahrungen her, kann ich sagen, dass mir der Aufenthalt je nach Fach mehr oder weniger viel gebracht hat, da wir wie erwähnt kaum didaktische Grundlagen lernten. Dennoch war auch die Repetition von fachlichem Wissen zum Beispiel in der Biologie sehr spannend. Auch im Sportunterricht haben wir im Bereich des Tanzes sehr gute und spannende Umsetzungsmöglichkeiten erhalten. Mein Gastsemester war eine gute Abwechslung zum manchmal etwas eintönigen Studienalltag in der Schweiz und ich ziehe gute Erfahrungen aus diesem Auslandaufenthalt.