Angewandte Leistungsphysiologie Block1

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Angewandte Leistungsphysiologie Block1
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Angewandte Leistungsphysiologie
Sommersemester 2008
M. Burtscher und Mitarbeiter
Block1: Körperzusammensetzung
Die Körperzusammensetzung spielt sowohl im Gesundheitsbereich als auch in der
Trainingswissenschaft eine bedeutende Rolle. Viele Erkrankungen sind eng mit Übergewicht
und Fettleibigkeit verbunden; z.B. Bluthochdruck, Zuckerkrankheit, Fettstoffwechselstörungen, Atembeschwerden, Herzgefäßerkrankungen, Wirbelsäulen- und Gelenksprobleme.
Andererseits führt aber auch Untergewicht, z.B. bei Anorexia nervosa, oft zu
schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen. Auch die optimale sportliche
Leistungsfähigkeit ist, in Abhängigkeit der Sportart, mit einer optimalen
Körperzusammensetzung gekoppelt. Training und Ernährung können diese Zusammensetzung
gezielt beeinflussen. Unser Körper ist aus Eiweiß, Wasser, Mineralstoffen und Fett aufgebaut.
Meist werden jedoch nicht alle 4 Komponenten bestimmt sondern die Körperzusammensetzung in einem
2-Komponenten Modell erfasst: Fett und fettfreie Masse.
Fett befindet sich in unserem Organismus als essentielles Fett, z.B. im Knochenmark, in der
Muskulatur und inneren Organen und als Speicherfett im Fettgewebe um die inneren Organe
und unter der Haut. Die sogenannte „lean body mass“ und die fettfreie Masse „fat-free mass“
unterscheiden sich etwas, da in der „lean body mass“ auch das essentielle Fett mitenthalten
ist. In den meisten Methoden der Körperzusammensetzungs-Bestimmung wird dieses
essentielle Fett geschätzt und die fettfreie Masse angegeben.
Um normale Körperfunktionen zu gewährleisten, ist ein Minimum von 5 % Fett bei Männern
und von 15 % bei Frauen notwendig. Für optimale Gesundheit sind 18 % - 30 % bei Frauen
und 10 % - 25 % bei Männern notwendig. Athleten weisen bei optimaler Fitness meist etwas
geringere Werte auf.
Eine Vielzahl von Bestimmungsmöglichkeiten der Körperzusammensetzung steht zur
Auswahl (vgl.1).
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Wir werden uns mit folgenden Methoden auseinandersetzen:
1. Body Mass Index (BMI)
2. Körperumfänge
3. Hautfaltendicke
4. Bioelektrische-Impedanz-Analyse (BIA)
1. Body Mass Index (BMI)
BMI = Gewicht (kg) / Größe2 (m)
Übergewicht: BMI > 25
Fettleibigkeit: BMI > 30
Der BMI ist ein einfaches und wichtiges Bestimmungsmaß in epidemiologischen
Untersuchungen aber problematisch für die individuelle Bestimmung der
Körperzusammensetzung.
Diskutiere warum? (vgl. 2)
Berechnung des Körperfettanteiles (KF in %) über BMI, Alter und Geschlecht (3):
% KF = 1,2 BMI + (0,23 Alter) – (10,8 Geschlecht) – 5,4
Geschlecht: weiblich = 0, männlich = 1
Suchen Sie altersspezifische Perzentilen des BMI für Männer und Frauen!
Tragen Sie diese hier ein:
3
2. Körperumfänge
Waist-to-hip ratio (W:H ratio):
Dieses Maß berücksichtigt die Fettverteilung.
Waist
Hip (gluteal)
Abb.1. Bestimmung der Waist-to-Hip Ratio
Diskutieren Sie die Fettverteilung bei Männern und Frauen und die Bedeutung der waistto-hip ratio!
Wünschenswert für Frauen:
< 0,8
Wünschenswert für Männer: < 0,95
Waist allein: wenn > 102 cm bei Männern und > 88 cm bei Frauen: 2-fach erhöhtes Risiko für
KHK und Schlaganfall (4).
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Suchen Sie altersspezifische Perzentilen der W:H ratio für Männer und Frauen!
Tragen Sie diese hier ein:
Berechnung des Idealgewichtes:
Idealgewicht = [(100 - %KF) / (100 – Ideal%KF)] x KG
%KF: gemessene %Körperfett
Ideal%KF: 14 % für Männer und 20 % für Frauen
KG: Körpermasse in kg
3. Hautfalten
Die Bestimmung des Körperfettanteiles über Messung subkutaner Hautfalten mit einem
Kaliper wird verbreitet angewandt und stellt eine einfache und hinreichend exakte Methode
dar. Die Verwendung eines geeigneten Kalipers und dessen korrekte Handhabung sind
natürlich Grundvoraussetzungen. Anzahl und Lokalisation der zu messenden Hautfalten
können variieren.
Wir werden in dieser Lehrveranstaltung die Methode von Jackson/Pollock (J-P-Methode)
verwenden (5). Diese Autoren schlagen jeweils 3 Hautfalten für Männer und Frauen vor:
Männer: Oberschenkel, Brustkorb und Bauch
Frauen: Oberschenkel, Trizeps, Suprailium
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Abb. 2. Bestimmung der Hautfaltendicke (Trizeps)
Das Aufsuchen der entsprechenden Lokalisationen, die Bildung der Hautfalte und der richtige
Einsatz des Kalipers müssen geübt werden!! Der Kaliper übt einen standardisierten
Anpressdruck aus, der nicht länger als 4 s beibehalten werden sollte, da sonst Wasser aus dem
Gewebe ausgepresst wird.
Für die Körperfettberechnung werden folgende Gleichungen verwendet:
Männer: Kd = 1,1093800 – 0,0008267 (SHf) + 0,0000016 (SHf)2 – 0,0002574 Alter
Frauen: Kd = 1,0994921 – 0,0009929 (SHf) + 0,0000023 (SHf)2 – 0,0001392 Alter
Kd in g/ml = Körperdichte, SHf = Summe der 3 Hautfalten in mm, Alter in Jahren
%KF = (495/Kd) – 450
Versuchen Sie anhand der o.a. Formeln ein Programm zur automatischen Berechnung
von %KF zu erstellen!
4. Bioelektrische Impedanzanalyse (BIA)
(vgl. 6)
Bei der BIA wird die unterschiedliche elektrische Leitfähigkeit von Knochen, Organen und
Körperfett genutzt. Durch ihren Elektrolytanteil sind Körperflüssigkeiten sehr gute Leiter für
elektrischen Strom. Zellen wirken durch ihre Lipoproteinschicht in der Membran wie
Kondensatoren, während Fett als Nichtleiter zu betrachten ist. Aus den gemessenen
Widerständen (Resistanz, Reaktanz) und dem Phasenwinkel phi wird unter Berücksichtigung
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personenbezogener Daten wie Größe, Gewicht, Geschlecht und Alter über Algorithmen die
Körperzusammensetzung errechnet. Das von uns verwendete Gerät (BIA 2000) erfasst Handund Fußwiderstände (tetrapolar).
Studieren Sie die Funktionsweise der BIA (z. B. www.fettmessung.de)!
Bei der BIA wird die Fettmasse (%KF) indirekt als Differenz zwischen Gesamtkörpergewicht
und Magermasse berechnet. Zu beachten ist, dass es durch den indirekten Berechnungsansatz
bei Veränderungen des Hydrierungsgrades der fettfreien Masse zu Abweichungen in der
Berechnung des Körperfettes kommt.
Der BIA wird eine hohe Validität und Reliabilität zugesagt (7), wodurch sie durch ihre NichtInvasivität und Mobilität zu einer beliebten Bestimmungsmethode der
Körperzusammensetzung wird.
Überprüfen Sie die Reliabilität der BIA und studieren Sie diese unter verschiedenen
Bedingungen (Liegen, Sitzen, Vorbelastungen, Trinken, etc.).
Vergleichen Sie die bei Anwendung der verschiedenen Methoden erhaltenen
Messergebnisse (%KF) und diskutieren Sie die Unterschiede und entscheiden Sie sich für
eine bestimmte Methode – begründen Sie Ihre Wahl!
Literatur
1) Wagner DR and Heaward VH. Techniques of body composition assessment: a review of
laboratory and field methods. Res Q Exerc Sport 1999; 70: 135-149.
2) Lohman TG et al. Body fat measurement goes high-tech. ACSM´s Health and Fitness
Journal 1997; 1: 30-35.
3) Deurenberg P et al. Body mass index as a measure of body fatness: Age- and sex-specific
prediction formulas. Journal of nutrition 1991; 65: 105-114.
4) Expert Panel. Executive summary of the clinical guidelines of the identification,
evaluation, and treatment of overweight and obesity in adults. Archives of Internal Medicine
1998; 158: 1855-1867.
5) Jackson AS and Pollock ML. Practical assessment of body composition. The Physician and
Sportsmedicine 1985; 13: 76-80, 82-90.
6) www.fettmessung.de
7) Jackson AS et al. Reliability and validity of bioelectrical impedance in determining of body
composition. J Appl Physiol 1988; 64: 529-534.
Ergänzungen?