10 Leitlinien für den
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10 Leitlinien für den
Zehn Leitlinien für den sprachbewussten Unterricht in allen Fächern Elisabeth Langer und Maria-Rita Helten-Pacher Einleitung (Fach)sprachliche Kompetenz erschöpft sich nicht in der Fähigkeit, Fachtexte sinnentnehmend zu lesen und deren Inhalt im Rahmen von Lernsituationen und Leistungsüberprüfungen punktuell wiederzugeben. Kompetenzorientierung, Bildungsstandards und die Anforderungen der standardisierten. kompetenzorientierten Reifeprüfung (BIFIE, 2011) machen es vielmehr erforderlich, dass SchülerInnen Sprache adäquat nutzen können, um in vielfältigen Situationen über fachliche Inhalte zu kommunizieren. Die dafür nötigen sprachlichen Fähigkeiten können nicht vorausgesetzt werden, sie müssen gelehrt und erlernt werden. Dies kann jedoch nicht ausschließlich Auftrag des Deutschunterrichts sein, der mit dieser Aufgabe überfordert wäre (Portmann 1998). Spracharbeit ist vielmehr in allen Unterrichtsgegenständen gleichzeitig mit der Vermittlung von Fachkonzepten zu leisten. Dies wird auch im Abschnitt „Allgemeines Bildungsziel“ der österreichischen AHS-Lehrpläne für die Oberstufe beim Bildungsbereich „Sprache und Kommunikation“ gefordert (BMUKK 2004). Um Lehrkräften aller Fächer eine sprachsensible Unterrichtsgestaltung zu erleichtern, werden im Folgenden „Zehn Leitlinien für den sprachbewussten Unterricht in allen Fächern“ präsentiert und diskutiert. Ihre Umsetzung wird durch die Anwendung spezieller didaktischer Konzepte erleichtert, auf die im Text hingewiesen wird. Am Ende der Arbeit findet sich eine kommentierte Liste wichtiger Modelle zur Sprachförderung im Unterricht. Mehrere von ihnen widmen sich speziell dem besonderen Förderbedarf von ZweitsprachenlernerInnen. Thürmann und Vollmer (2011) stellen eine Checkliste vor, die es ermöglicht einzuschätzen, inwieweit der eigene Unterricht den Erfordernissen fachbezogener Sprachförderung genügt. Die Leitlinien Die folgenden Leitlinien sind eng miteinander vernetzt. Dies ergibt sich aus der umfassenden Rolle der Sprache für das Lernen. Um dieser Rolle gerecht zu werden, müssen mehrere didaktische Prinzipien beachtet werden. Die Reihung dieser Prinzipien im Rahmen der Leitlinien entspricht nicht einer Rangordnung. Lediglich die Leitlinien 1 und 2 sind allen anderen voranzustellen. Leitlinie 1 Im sprachbewussten Sachfachunterricht wird rezeptives Sprachverständnis im mündlichen und schriftlichen Bereich trainiert (Hörverständnis – sinnentnehmendes Lesen) 2 Im sprachbewussten Sachfachunterricht wird produktive Spracharbeit im mündlichen und schriftlichen Bereich geleistet. (Sprechen/Diskutieren/ Präsentieren – Schreiben) Zehn Leitlinien für den sprachbewussten Unterricht in allen Fächern Langer & Helten-Pacher 1/16 3 Im sprachbewussten Sachfachunterricht werden fachbezogene und sprachbezogene Aufgabenstellungen eng miteinander vernetzt. (Integriertes Sprach- und Sachlernen) 4 Im sprachbewussten Sachfachunterricht werden fachdidaktische und sprachdidaktische Prinzipien miteinander vereint. 5 Im sprachbewussten Sachfachunterricht arbeiten die SchülerInnen eigenständig. Eigenständiges Lernen und Erarbeiten erfolgt bevorzugt in kooperativen Arbeitsphasen. 6 Im sprachbewussten Sachfachunterricht werden individuelle Begabungen gefördert und individuelle Schwächen ausgeglichen. (Individualiserung und Differenzierung) 7 Im sprachbewussten Sachfachunterricht werden altersadäquate Aufgaben und Materialien eingesetzt, und die kognitive und sprachliche Entwicklung der SchülerInnen wird berücksichtigt. 8 Im sprachbewussten (Scaffolding). Sachfachunterricht erfolgt eine gestufte Lernentwicklung 9 Ein sprachbewusster Sachfachunterricht knüpft an authentischen Problemen an und beinhaltet anregende Fragestellungen. („Situiertes Lernen“) 10 Im sprachbewussten Sachfachunterricht ist eine Feststellung des Kompetenzniveaus und der Lernfortschritte der SchülerInnen möglich. Leitlinie 1: Im sprachbewussten Sachfachunterricht wird rezeptives Sprachverständnis im mündlichen und schriftlichen Bereich trainiert (Hörverständnis – sinnentnehmendes Lesen). Sprachförderung in Sachfächern beschränkt sich häufig auf das Vermitteln von Lesestrategien (Junk-Deppenmeier und Schäfer 2010). Dies ist ein wichtiger, jedoch – für sich alleine genommen – unzureichender Schritt zur Förderung einer umfassenden sprachlichen Kompetenz in den Sachfächern. So bleibt etwa oft unbeachtet, dass das Hörverständnis beim LehrerInnenvortrag bzw. im fragend entwickelnden Unterricht besonders bei ZweitsprachenlernerInnen mangelhaft ist. Aber auch SchülerInnen mit deutscher Erstsprache vermögen sich im lehrerInnenzentrierten Unterrichtsgespräch oft nur schwer auf den häufigen Wechsel zwischen Alltags- und Schul- bzw. Fachsprache einzustellen (Lemke 1990). Daher ist eine behutsame Gesprächsführung, die den SchülerInnen ausreichend Zeit und Gelegenheit zu sprachlicher Aktivität gibt, anzustreben. Die im Sprachunterricht übliche detaillierte Überprüfung des Hörverständnisses kann und soll auch im Sachfachunterricht eingesetzt werden. Eine gute Methode zum Training des Hörverständnisses ist das Dictogloss, das beispielsweise im „3-Phasen-Modell zur Literalen Didaktik“ im Abschnitt Textrekonstruktion eingesetzt wird (Schmölzer-Eibinger, 2009). Leseförderung ist – wie bereits erwähnt – jene Art der Sprachförderung in Sachfächern, die sich breiter Anwendung erfreut. Hiezu werden auch eine Fülle von Ratgebern (s. z. B. Lutjeharms & Schmidt 2010; Rosebrock & Nix 2008; Zehn Leitlinien für den sprachbewussten Unterricht in allen Fächern Langer & Helten-Pacher 2/16 Staud 2007) und LehrerInnenfortbildungsmodule angeboten. Für den rezeptiven Umgang mit Sachtexten können viele an die Aufgabenstellung angepasste Lesestrategien trainiert werden. Auf diese Weise wird ein über das bloße Erfassen des Wortsinns hinausgehendes Tiefenverständnis von Texten erreicht, das es den LeserInnen ermöglicht, das Gelesene zu ihren Vorkenntnissen in Beziehung zu setzen und in der Weiterarbeit darauf aufzubauen. In vielen Unterrichtsfächern ist das Erarbeiten nicht-linearer Texte eine wichtige Aufgabe. Derartige Texte enthalten in den Fließtext eingebaute Abbildungen, Tabellen, Diagramme und Ähnliches. Der Umgang mit solchen diskontinuierlichen Texten und mit den grafischen Darstellungen selbst muss gezielt geübt werden, wenn die SchülerInnen von der erkenntnisfördernden Wirkung der alternativen Darstellungsformen profitieren sollen (Langer 2010; Stäudel, Franke-Braun & Parchmann 2008). Im Besonderen widmet sich J. Leisen (Leisen 2010; Studienseminar Koblenz 2009) in vielen Publikationen dem sinnentnehmenden Lesen in den Naturwissenschaften und anderen Sachfächern. Leitlinie 2: Im sprachbewussten Sachfachunterricht wird produktive Spracharbeit im mündlichen und schriftlichen Bereich geleistet. (Sprechen/Diskutieren/ Präsentieren – Schreiben) Auch das Sprechen über fachbezogene Themen und Fachkonzepte ist eine Kompetenz, der im Unterricht häufig zu wenig Beachtung geschenkt wird. Lehrkräfte begnügen sich im fragend-entwickelnden Unterricht (Meyer, 1997) oft mit Ein-Wort-Antworten und modellieren SchülerInnen-Äußerungen, ohne den Lernenden ausreichend Zeit zu geben, um Fragen zu formulieren bzw. Antworten zu finden. Viele Studien belegen, dass der Redeanteil der Lehrkräfte im Sachfachunterricht allgemein über 60 % liegt (s. z. B. Helmke und Schrader 2006). Ausschließlich lehrerInnenzentrierte Formen des Unterrichtens sind jedoch insgesamt weniger geeignet, die Sprachkompetenz der SchülerInnen zu fördern. In Kombination mit anderen Methoden haben sie selbstverständlich auch im sprachsensiblen Unterricht ihre Berechtigung, in der Unterrichtsführung ist dabei aber auf eine ausreichende sprachliche Aktivität der SchülerInnen zu achten. Nicht zuletzt für die Präsentation der vorwissenschaftlichen Arbeit (VWA 2011) im Rahmen der Reifeprüfung ist die Entwicklung einer fachbezogenen mündlichen Diskurskompetenz von großer Bedeutung. Eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung fachbezogener Sprachbeherrschung kommt dem Schreiben zu, dessen Prozesshaftigkeit das Lernen unterstützt, zur Sprachreflexion anregt und einen schrittweisen Aufbau von Textkompetenz ermöglicht. (Baurmann 2008; Becker-Mrotzek und Böttcher 2006; Feilke 2007, Merz-Grötsch 2010). Insbesondere in mehrsprachigen Klassen ist dieser stufenweise, repetitive Prozess für den Erwerb eines adäquaten Sprachverständnisses der SchülerInnen unverzichtbar. Das Erlernen der Fähigkeit, eigene Sach- bzw. Fachtexte zu planen, zu schreiben und zu Zehn Leitlinien für den sprachbewussten Unterricht in allen Fächern Langer & Helten-Pacher 3/16 überarbeiten, ist zudem Voraussetzung für das Verfassen einer vorwissenschaftlichen Arbeit. (VWA 2011) Demnach sollen SchülerInnen im Unterricht aller Fächer eigene Texte verfasssen, wobei die erforderlichen Fähigkeiten schrittweise aufzubauen sind. Auch bei produktiver Spracharbeit soll der Umgang mit grafischen und mathematischen Darstellungen geübt werden. Die Lernenden sollen einerseits die Kompetenz erlangen, z. B. Diagramme zu verbalisieren und zu interpretieren, andererseits sollen sie in die Lage versetzt werden, die Aussagen linearer Texte in eine grafische oder tabellarische Darstellung zu übertragen (Langer 2010). Die SchülerInnen sollen ferner für das Schreiben notwendige Planungs- und Überarbeitungsstrategien (Baurmann 2008; Baurmann und Ludwig 1996) kennenlernen und einsetzen. Einen schreibenden Zugang zu mathematischen Aufgabenstellungen bietet das „Dialogische Lernen“ (Ruf und Gallin, 1998; Ruf, Keller und Winter, 2008), das aber auch für andere Unterrrichtsfächer eingesetzt werden kann. In den Naturwissenschaften gibt es nicht nur Modelle aus dem angelsächsischen Raum, wie "The Science Writing Heuristic" (Hand, 2008) sondern auch mehrere deutschsprachige Konzepte, die Schreibaufgaben in den Unterricht der Fächer Biologie, Physik und Chemie integrieren (Bolte und Pastille, 2010; Krämer, 2008; Leisen, 2008). Schreibanlässe in allen Unterrichtsfächern bietet die (ursprünglich ebenfalls für die Naturwissenschaften entwickelte) „Narrative Didaktik“ (Kubli, 2005). Ein Konzept, das den systematischen Aufbau von Textkompetenz in allen Fächern ermöglicht und dem Schreiben eine zentrale Rolle zuweist, ist die „Literale Didaktik mit dem 3-Phasen-Modell“ (SchmölzerEibinger, 2009). Die Leitlinien 1 und 2 bilden die Grundlage jedes sprachbewussten Unterrichts. Sie lassen sich wie folgt zusammenfassen: Sprachkompetenz, die den Anforderungen einer wissenschaftlichen Grundbildung genügt und eine Überprüfung anhand von Benchmarks wie den Bildungsstandards zulässt, muss mündliche und schriftliche Sprachrezeption und -produktion umfassen. Fachliche Bildung am Ende der Sekundarstufe dokumentiert sich im Vermögen, Fachvorträgen zu folgen, Fachtexte zu recherchieren und sinnentnehmend zu lesen, an fachlichen Diskussionen teilzuhaben und/oder fachliche Inhalte zu präsentieren, sowie eigene Fachtexte zu verfassen. (Portmann 1998; Schmölzer-Eibinger und Weidacher 2007). Aufgaben sind daher so zu wählen bzw. zu kombinieren, dass alle mündlichen und schriftlichen, rezeptiven und produktiven Sprachkompetenzen möglichst gleichmäßig angesprochen und trainiert werden. Gegebenenfalls ist dabei dem speziellen Förderbedarf von ZweitsprachenlernerInnen ausreichend Beachtung zu schenken. Die schwachen Leistungen solcher SchülerInnen in Sachfächern sind sehr häufig einem Mangel an bildungssprachlicher Kompetenz geschuldet, welcher durch gezielte Unterstützungsmaßnahmen behoben werden kann. Das Europaratsprojekt "Languages in Education, Languages for Education" (2011) widmet der Förderung von Lernenden mit unterschiedlichen Muttersprachen in der plurilingualen europäischen Gesellschaft breiten Raum. Das „Curriculum Mehrsprachigkeit“ (Krumm und Reich 2011) dient der Integration sprachlicher Bildung und trägt dem Umstand Rechnung, dass fächerübergreifende Sprachbeherrschung einen angemessenen Umgang mit Vielsprachigkeit erforderlich macht. Zehn Leitlinien für den sprachbewussten Unterricht in allen Fächern Langer & Helten-Pacher 4/16 Leitlinie 3: Im sprachbewussten Sachfachunterricht werden fachbezogene und sprachbezogene Aufgabenstellungen eng miteinander vernetzt. (Integriertes Sprach- und Sachlernen) Inhaltliches und sprachliches Lernen erfolgt simultan. Die sprachlichen Besonderheiten der einzelnen Unterrichtsfächer können nur im Rahmen dieser Fächer mit den Fachkonzepten und -inhalten gemeinsam erlernt werden. Deshalb müssen im sprachbewussten Unterricht aller Fächer fachliche und sprachliche Aufgaben miteinander kombiniert werden. Darauf hat PortmannTselikas schon 1998 hingewiesen. Sein Buch (Portmann 1998) nimmt viele aktuelle Entwicklungen vorweg. Für die CLIL-Didaktik1 ist integriertes Fach- und Sprachlernen naturgemäß zentraler Aspekt (Thürmann 2005; Vollmer 2005). Sprachbasierte Aufgaben, wie sie für den bilingualen Unterricht typisch sind, haben besonders bei komplexen Inhalten und für ZweitsprachenlernerInnen auch im Sachfachunterricht in der Landessprache ihre Berechtigung. In der Praxis bedeutet das, dass der Erarbeitung von Fachinhalten mithilfe von Texten im Unterricht große Bedeutung zukommt, und dass Textaufgaben so gestaltet werden sollen, dass die Beherrschung der Fachsprache gemeinsam mit den anderen fachlichen Kompetenzen entwickelt wird. Die Lernhilfen sollen demgemäß sowohl fachliche als auch sprachliche Unterstützung bieten. Die Arbeit mit und an Textbeispielen geht dabei der Gestaltung eigener Texte durch die SchülerInnen meist voraus. Als Beispieltexte für Aufgaben mit integrierter fachlicher und sprachlicher Komponente kommen Originaltexte aus Lehrbüchern, Zeitschriften etc. ebenso in Betracht wie eigens für die Aufgaben erstellte Texte. Den in den einzelnen Kompetenzmodellen (BIFIE 2011, KMK 2011) konkret aufgelisteten Operatoren „Nennen“, „Beschreiben“, „Erklären“, „Diskutieren“, „Argumentieren“, „Bewerten“ etc. entsprechen allesamt sprachliche Handlungen, sodass eine Formulierung von Aufgaben mithilfe dieser Operatoren prinzipiell fachliche und sprachliche Kompetenzen anspricht. Leitlinie 4: Im sprachbewussten Sachfachunterricht werden fachdidaktische sprachdidaktische Prinzipien miteinander vereint. und Integriertes Fach- und Sprachlernen kann nur dann optimal erfolgen, wenn die Unterrichtsgestaltung didaktische Prinzipien beider Lernbereiche berücksichtigt. Das bedeutet für den Unterricht in den Sachfächern, dass Prinzipien und Methoden des Sprachlernens (s. z. B. Ossner 2008; Steinig und Huneke, 2008) berücksichtigt werden sollten. Auch die Erkenntnisse der Fremd- und Zweitsprachendidaktik (s. z. B. Eckerth und Siekmann, 2008; Kniffka und Siebert-Ott, 2007) kommen idealerweise zum Tragen. Es kann freilich nicht verlangt werden, dass Sachfachlehrkräfte als SprachdidaktikerInnen agieren müssen. Hier sollen einerseits die bei den einzelnen Leitlinien erwähnten 1 CLIL: Content and Language Integrated Learning Zehn Leitlinien für den sprachbewussten Unterricht in allen Fächern Langer & Helten-Pacher 5/16 Konzepte und Modelle eine Stütze bieten. Andererseits ist eine Kooperation mit Deutsch- und FremdsprachenlehrerInnen erstrebenswert. Der wichtigste Schritt für Lehrkräfte und SchülerInnen ist das Bewusstmachen der Spracharbeit. Die Lernenden sollen eine aktive Reflexion über die Rolle der Sprache im jeweiligen Fach betreiben (s. unten). Die fachdidaktischen Prinzipien, die beachtet werden müssen, hängen vom jeweiligen Fach ab. Sie sind teils methodischer, teils auch inhaltlicher Natur. Zum Beispiel zählt in vielen – vor allem naturwissenschaftlichen – Fächern das "Inquiry based Learning" (Lee, 2004) zu den wichtigsten didaktischen Neuerungen des letzten Jahrzehnts. Ein Konzept für den Naturwissenschaftsunterricht, das Inquiry based Learning mit Schreibdidiaktik kombiniert und damit per se den Anforderungen der Leitlinie 4 genügt, ist "The Science Writing Heuristic" (Hand, 2008), das an den allgemeineren Ansatz des „Writing Across the Curriculum“ (Zinsser 1988) anschließt . Auch hinsichtlich der fachbezogenen Konzepte selbst haben sich die Schwerpunkte moderner Fachdidaktik verschoben: Fragestellungen und Arbeitsweisen der Fächer sollen den SchülerInnen auf metakognitiver Ebene näher gebracht werden. Wesentlichstes Beispiel dieser neuen Schwerpunktsetzung ist die Thematisierung der „Natur der Naturwissenschaften“ (Hößle et al. 2004). In analoger Weise soll den SchülerInnen die Rolle der Sprache für das Erlernen und die Anwendung fachlichen Wissens in wechselnden Situationen bewusst gemacht werden. Eine Metareflexion soll also auf sprachlicher ebenso wie auf fachlicher Ebenen angeregt werden. Die Aufgabenstellungen des 3-Phasen-Modells sind dazu ideal geeignet, da die Arbeitsaufträge die Sprache in enger Anbindung an das jeweilige Fach zum Thema machen. (Schmölzer-Eibinger, 2009) Leitlinie 5: Im sprachbewussten Sachfachunterricht arbeiten die SchülerInnen eigenständig. Eigenständiges Lernen und Erarbeiten erfolgt bevorzugt in kooperativen Arbeitsphasen. Die Basis des eigenständigen Lernens bildet die Konstruktivistische Lerntheorie, wonach ein reiner Wissenstransfer, d. h. eine direkte Übertragung von Kenntnissen von der Lehrperson auf die Lernenden nicht möglich ist. Die SchülerInnen müssen die neuen Inhalte mit ihrem Vorwissen in Beziehung setzen und – ggf. durch Auseinandersetzung mit kognitiven Konflikten – in ihre eigene gedankliche Welt einfügen können. (Reich 2008) Dies gilt in besonderem Maße im sprachfördernden Sachfachunterricht, der deswegen vor allem dann gut umsetzbar ist, wenn die SchülerInnen Arbeitsaufträge erhalten, die eigenständig zu bearbeiten sind. Um eine individuelle Auseinandersetzung der Lernenden mit den sprachlichen Anforderungen des jeweiligen Fachs zu ermöglichen, dürfen sich diese Aufträge nicht in einem reinen Training gewisser Regeln erschöpfen. Die fachbezogenen Zehn Leitlinien für den sprachbewussten Unterricht in allen Fächern Langer & Helten-Pacher 6/16 und sprachbezogenen Aufgabenstellungen sollen möglichst eng miteinander vernetzt sein. Es ist zu berücksichtigen, dass den SchülerInnen in den Sachfächern ein explizites Bewusstsein für die sprachlichen Anforderungen im Lernprozess zunächst fehlt. Für sie steht ein Begreifen und Erlernen der Fachkonzepte im Vordergrund. Dass dabei parallel eine spezifische Sprachkompetenz erworben werden muss, soll durch die Art der Aufgabenstellung bewusst gemacht werden, sodass ein metareflexiver Prozess über den adäquaten Einsatz von Sprache in fachlichen Zusammenhängen in Gang gesetzt wird. (Leisen 2005) Die Arbeitsaufträge für das eigenverantwortliche Lernen müssen klar formuliert sein, sie sollen die SchülerInnen nicht überfordern, wohl aber herausfordern und an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit heranführen. Dabei ist ein weiter Bogen von sehr konkret ausformulierten bis zu sehr offnen Aufgaben möglich. Das kooperative Lernen begründet sich sozialpsychologisch durch die Aktivitätstheorie, wonach (konstruktivistisches) Lernen im sozialen Umfeld und durch soziale Interaktion erfolgt. Dabei spielen Vorbilder eine bedeutende Rolle. (Vygotsky, 1978 und 2002). Sozialkompetenz wird durch Lernen im Team erworben. Teamarbeit wirkt darüber hinaus motivationsfördernd. Eigenständige Arbeit an und mit Texten soll demnach PartnerInnen- und Gruppenarbeit einschließen. Im Idealfall beinhaltet die Aufgabenstellung zuerst eine Einzel-, dann eine PartnerInnenarbeit. Daran kann sich eine Ausweitung auf eine größere Gruppe bzw. die ganze Klasse anschließen. So ist eine stufenweise Bedeutungsaushandlung möglich, wodurch eine Optimierung der Arbeitsergebnisse möglich ist. Beim „Dialogischen Lernen“ (Ruf und Gallin 1998) sowie bei Einsatz der „Literalen Didaktik“ und des „3-Phasen-Modells“ (Schmölzer-Eibinger 2009) ist die Einhaltung dieser Leitlinie optimal gewährleistet. Die Methodenwerkzeuge von Leisen (2010) und das Modell von Bolte und Pastille (2010) sind ebenfalls hauptsächlich für eigenständiges und kooperatives Arbeiten der Lernenden vorgesehen. Leitlinie 6: Im sprachbewussten Sachfachunterricht werden individuelle Begabungen gefördert und individuelle Schwächen ausgeglichen. (Individualiserung und Differenzierung) Diese Leitlinie beruht auf dem allgemeinen didaktischen Prinzip der Individualisierung und Differenzierung (Kleinschmidt-Bräutigam u. a. 2009). Die faktische Heterogenität der SchülerInnen wird als Chance gesehen, denn Unterricht soll nicht nivellieren, sondern persönlichkeitsbildend wirken und das individuelle Potential der SchülerInnen ausschöpfen. (Salner-Gridling, 2009) Offene Aufgabenstellungen, die ein hohes Maß an Eigeninitiative der SchülerInnen zulassen, sind zur Einhaltung dieser Leitlinie optimal geeignet. Mehr oder weniger geschlossene Arbeitsaufträge sollen verschiedene Anforderungsniveaus und adaptives Potential haben sowie verpflichtende und freiwillige Teile einschließen; durch das Ansprechen unterschiedlicher Zehn Leitlinien für den sprachbewussten Unterricht in allen Fächern Langer & Helten-Pacher 7/16 Fähigkeiten und Kompetenzen (z. B. schriftliche und mündliche Aufgaben; Präsentationen, Poster …) können sowohl persönliche Begabungen weiterentwickelt als auch Schwächen ausgeglichen werden. SchülerInnen sollen in der Partner- und Gruppenarbeit verschiedene Rollen einnehmen. SchülerInnen mit speziellen Fähigkeiten und/oder Kenntnissen können als Coaches ihrer MitschülerInnen eingesetzt werden (Hofmann, 2010). Eine differenzierte sprachliche Förderung der SchülerInnen ist besonders in Klassen mit einem hohen Anteil an ZweitsprachenlernerInnen wichtig. Arbeitsaufträge, die eigenständig und kooperativ zu bearbeiten sind (Leitlinie 5), sind zugleich auch zur Individualisierung und Differenzierung geeignet. Das Arbeiten mit verteilten Rollen fördert die Bedeutungsaushandlung in der SchülerInnen-Gruppe. Diese Leitlinien greifen also ineinander. „Narrative Didaktik“ (Kubli 2005) ebenso wie „Literale Didaktik“ und „3-PhasenModell“ (Schmölzer-Eibinger 2009) bieten vielfältige Möglichkeiten zur Binnendifferenzierung. Auch das Handbuch von Josef Leisen (2010) enthält viele Methoden werkzeuge, die geeignet sind, Individualisierung und differenzierung zu unterstützen. Ganz besondere Beachtung finden individuelle Lernwege in den Reisetagebüchern des „Dialogischen Lernens“ (Ruf und Gallin 1998). Leitlinie 7: Im sprachbewussten Sachfachunterricht werden altersadäquate Aufgaben und Materialien eingesetzt, und die kognitive und die sprachliche Entwicklung der SchülerInnen werden berücksichtigt. Es ist entwicklungspsychologisch erwiesen, dass sprachliche und kognitive Entwicklung parallel laufen. Konzepte, die entwicklungsbedingt kognitiv erfasst werden können, lassen sich also auch sprachlich altersadäquat vermitteln (Bruner, 1987). Wie kann man die Angemessenheit von Materialien überprüfen? Fachliche Inhalte sind durch den Lehrplan vorgegeben und (meist) an die kognitive Entwicklung der SchülerInnen angepasst. Sprachliche Angemessenheit ist demgegenüber häufig nicht gegeben. Erfreulicherweise wird in neueren Schulbüchern auf eine altersadäquate Sprache verstärkt geachtet. Beim Erstellen von Texten sind entwicklungspsychologische Richtlinien und Erkenntnisse über den Spracherwerb zu beachten. Dabei spielen auch die eingesetzten Textsorten eine wichtige Rolle (Feilke 2005). Die Beurteilung der sprachlichen Komplexität von Texten ermöglicht z. B. der Zürcher Textanalyseraster (Nussbaumer und Sieber 1994). Vorgegebene Texte können auch mit Lesbarkeitsformeln überprüft werden. (s. z. B. Technische Dokumentation 2002) Es empfiehlt sich, beim Erstellen und/oder Überprüfen von Materialien hinsichtlich ihrer sprachlichen Angemessenheit mit Deutsch-LehrerInnen zusammenzuarbeiten, um sicherzugehen, dass die verwendeten Texte altersadäquat sind. Bei der Auswahl der Texte muss berücksichtigt werden, dass der ZweitZehn Leitlinien für den sprachbewussten Unterricht in allen Fächern Langer & Helten-Pacher 8/16 sprachenerwerb bei SchülerInnen mit nicht-deutscher Muttersprache im Allgemeinen verlangsamt ist (Ahrenholz 2008; Reich und Roth 2002), sodass ZweitsprachenlernerInnen besondere Hilfestellungen beim Erarbeiten von Texten benötigen. Leitlinie 8: Im sprachbewussten Sachfachunterricht werden gestufte Lernenthilfen eingesetzt. (Scaffolding). Lernende können durch behutsame Unterstützung einen Schritt über das, was sie aufgrund ihrer aktuellen kognitiven und sprachlichen Entwicklung alleine zu leisten imstande sind, hinausgeführt werden. Die Unterstützung („das Gerüst“ engl. "scaffold") kann entfernt werden, sobald der/die Lernende die neuen Konzepte/Inhalte/Methoden verinnerlicht hat. (Das Gerüst wird für den nächsten Lernschritt neu aufgebaut). (Gibbons, 2002; Kniffka, 2010) Den theoretischen Hintergrund für das Scaffolding bildet die entwicklungspsychologische Arbeit von Vygotsky (1978) mit der "Zone of proximal development". Durch Scaffolding wird eine intrinsischen Motivation erreicht, da ein lernförderlicher Leistungsanreiz besteht, wenn die SchülerInnen die gestellte Aufgabe mit vertretbarer Anstrengung lösen können: der Erfolg aktiviert das Belohnungssystem des Gehirns. (Herrmann, 2006). Aufgabenstellungen, die ausgehend vom aktuellen Leistungspotential der SchülerInnen eine schrittweise aufbauende Strategie verfolgen, stehen außerdem im Einklang mit Leitlinie 6. Im deutschen Sprachraum ist Scaffolding teilweise besser bekannt in Form von „Aufgaben mit gestuften Lernhilfen“. Diese existieren für verschiedene Unterrichtsfächer (s. z. B. Stäudel, Franke-Braun und Schmidt-Weigand 2007). Gestufte Lernhilfen, die sich auf die sprachliche Komplexität von Aufgaben beziehen, können Materialien bei der Wortschatzebene beginnend bis zur syntaktischen und semantischen Struktur von Texten anbieten. Diese Materialien werden nicht für alle LernerInnen gleichermaßen eingesetzt sondern dem persönlichen Bedarf angepasst, sodass insbesondere ZweitsprachenlernerInnen gezielt unterstützt werden können. Das 3-Phasen-Modell mit seiner Aufeinanderfolge von Aufgaben ansteigender Komplexität steht besonders gut im Einklang mit dieser Leitlinie (Schmölzer-Eibinger 2009). Gestufte Lernhilfensprachlicher Natur werden auch im „Handbuch sprachförderung im Fach“ (Leisen 2010) angeboten. Leitlinie 9: Ein sprachbewusster Sachfachunterricht knüpft an authentischen Fragestellungen an und beinhaltet anregende Arbeitsaufträge. („Situiertes Lernen“) Lernen setzt (intrinsische und/oder extrinsische) Motivation voraus – Neugier und emotionale Beteiligung wirken als Triebfeder. Motivation und Volition gelten Zehn Leitlinien für den sprachbewussten Unterricht in allen Fächern Langer & Helten-Pacher 9/16 auch als konstitutiv für die Entwicklung von Kompetenz (s. z. B. Schecker 2007). Lerninhalte, deren Alltagsrelevanz bzw. Bezug zur Lebenswelt der SchülerInnen unklar bleibt, stoßen auf weniger Interesse und werden schwerer erlernt als solche, die in einen lebensweltlichen Kontext eingebunden sind. (Smolka 2004). Sprachbewusstes Arbeiten erfolgt meist auf der Basis von (eigenen oder fremden) Texten. Authentische Texte (z. B. Zeitungsartikel) eignen sich meist gut zur Erschließung eines Themas (Becker-Mrotzek und Böttcher, 2006). Die Kombination mit historischen und/oder literarischen Quellen im Sinne der narrativen Didaktik (Kubli 2005) ist ebenfalls geeignet, Interesse und Motivation der SchülerInnen zu fördern. Allgemein ist zu sagen, dass sprachfokussiertes Arbeiten im Sachfachunterricht besonders die Mädchen anspricht und diese zu verstärkter Mitarbeit anregt (Langer 2010a). Um das Interesse der Lernenden zu wecken, ist der Einstieg in ein Unterrichtsthema besonders bedeutend. Die Aufgabenstellungen sollen inhaltliche und sprachliche Reflexion durch die Lernenden einschließen. Dies kann etwa in Form einer Bedeutungsaushandlung mittels Concept Cartoons (Keogh und Naylor 2000) geschehen. Die Förderung der Bewertungskompetenz der SchülerInnen ist im Zusammenhang mit deren Motivation ebenfalls von Bedeutung. Insbesondere bei der Textarbeit in sprachlich heterogenen Klassen können interkulturelle Bezüge und das Einbeziehen der Herkunftssprachen der SchülerInnen motivations- und lernfördernd wirken. Unter den hier näher beschriebenen Konzepten weisen besonders das Dialogische Lernen (Ruf und Gallin 1998) und die Narrative Didaktik (Kubli 2005) ein hohes Potential zur Schülerinnen-Motivation auf. Kreative Einstiege lassen sich in der Phase der Wissensaktivierung des 3-Phasen-Modells realisieren (Schmölzer-Eibinger 2009). wie erwähnt eignen sich „Concept Cartoons“ (Keogh und Naylor 2000) hervorragend dazu, Diskussionen über die Präkonzepte der SchülerInnen zu strukturieren. Leitlinie 10: Im sprachbewussten Sachfachunterricht ist eine Feststellung des Kompetenzniveaus und der Lernfortschritte der SchülerInnen möglich. Bildungsstandards, internationale Leistungsvergleiche wie PISA und die zentrale Reifeprüfung erfordern seitens der Prüflinge umfassende Textkompetenz im oben umrissenen Sinne (Breit und Schreiner, 2009; Schreiner et al., 2007; BGBLA 112/2009). Das Erfassen, Wiedergeben, Interpretieren und Bewerten von Texten, das Formulieren von Fachinhalten in angemessener Sprache, das Verfassen eigener Texte bis hin zur Vorwissenschaftlichen Arbeit, das Diskutieren von umstrittenen Thesen und anderes mehr wird von den KandidatInnen erwartet. Nicht umsonst betont der Schlüsselbegriff "Academic Literacy" ausdrücklich die sprachliche Komponente jeglicher Art fachlicher Bildung. Der Auftrag der Lehrenden ist es, die SchülerInnen auf die genannten (und andere) Leistungsvergleiche optimal vorzubereiten. Um dieser Aufgabe gerecht Zehn Leitlinien für den sprachbewussten Unterricht in allen Fächern Langer & Helten-Pacher 10/16 werden zu können, brauchen die Lehrkräfte nicht nur ein umfangreiches Repertoire von Konzepten und Methoden zur Vermittlung von fachbezogener Sprachkompetenz, sie müssen den Lernprozess ihrer Schützlinge auch messend verfolgen können, um unterstützend eingreifen zu können. Benötigt werden daher nicht nur Lernaufgaben, durch die die fachbezogene Sprachkompetenz gefördert wird, sondern auch Leistungsaufgaben, die das diesbezügliche Kompetenzniveau der SchülerInnen erkennen lassen. Die Verwendung längerer, zusammenhängender Texte sowie sprachlich komplexer Operatoren in den Aufgabenstellungen machen diese dazu geeignet. Darüber hinaus müssen auch passende Instrumente (z. B. Kriterienkataloge) zur Evaluation zur Verfügung stehen. Die Beispielaufgaben zu den Bildungsstandards eignen sich erst gegen Ende der Sekundarstufe I zur Überprüfung auch der Sprachkompetenz, weil die SchülerInnen zu ihrer Bewältigung ja bereits das mittels der Standards festgeschriebene Niveau errreicht haben müssen. Eine fächerübergreifende Zusammenarbeit mit DeutschlehrerInnen kann auf die Dauer kein Ersatz für konkrete Bewertungsrichtlinien fachbezogener sprachlicher Kompetenz sein. Übersicht über wichtige Konzepte und Modelle, die sprachfördernden Unterricht in allen Fächern ermöglichen einen Concept Cartoons (Keogh und Naylor 2000) Concept Cartoons postulieren Hypothesen zu einem Sachverhalt und fordern dazu heraus, sich mit diesen auseinanderzusetzen. Sie regen eine mündliche Diskussion in SchülerInnen-Gruppen an und geben schriftsprachliche Formulierungen als Orientierungshilfe vor. Handbuch Sprachförderung im Fach (Leisen 2010). Der „neue Leisen“ stellt eine praxistaugliche Sammlung von Methodenwerkzeugen dar und liefert gleichzeitig theoretische Grundlagen für einen sprachbewussten Sachfachunterricht. Das Handbuch umfasst eine Broschüre mit einer Zusammenstellung von Grundlagenwissen und eine Mappe mit einer Sammlung von Aufgabenbeispielen. Es eignet sich besonders für Neueinsteiger im Bereich sprachfördernder Unterrichtsgestaltung und ist trotz eines Überhangs naturwissenschaftlicher Aufgabenbeispiele für alle Fächer geeignet. Literale Didaktik und 3-Phasen-Modell (Schmölzer-Eibinger 2009; SchmölzerEibinger und Langer 2010; Langer 2010a) Die vorliegende Arbeit weist die Literale Didaktik und das 3-Phasen-Modell als ganz besonders geeignet aus, einen sprachfördernden Sachfachunterricht im Einklang mit den hier vorgestellten Leitlinien durchzuführen. Das Konzept vereint allgemeindidaktische und sprachdidaktische Prinzipien, verfolgt eine aufbauende Strategie und wird durch eine Aufgabentypologie ergänzt, die eine sichere Umsetzung der drei Phasen ermöglicht. In der Praxis ist eine breite Anwendung des Modells jedoch durch den hohen organisatorischen und zeitlichen Aufwand erschwert. Zur nachhaltigen Erhöhung der Sprachaufmerksamkeit bei Lehrenden und Lernenden ist aber schon die Bearbeitung eines einzigen Themas mit dem 3-Phasen-Modell förderlich. Zehn Leitlinien für den sprachbewussten Unterricht in allen Fächern Langer & Helten-Pacher 11/16 Dialogisches Lernen (Ruf und Gallin 1998; Gallin und Ruf 2010; Ruf, Keller und Winter 2008) Das Dialogische Lernen wurde ursprünglich als eine Symbiose von Sprache und Mathematik entwickelt. Es stellt dem Erlernen allgemeingültiger Regeln individuelle Zugänge und Lernwege voran. Das Erarbeiten der Regeln erfolgt dann auf der Basis eines „Reisetagebuch“ genannten persönlichen Lernjournals. Der metareflexive Prozess, der dadurch angestoßen wird, entspricht dem epistemischen Schreiben (Bereiter 1980). Das Konzept macht die enge Beziehung von Kognition und Sprache deutlich. Narrative Didaktik (Kubli 2005) Kublis Konzept betont die Rolle des Individuums in der unpersönlichen Welt der (Natur)wissenschaft. Narrative, chronologische und historische Texte setzen sich mit jenen Menschen auseinander, die das geltende Wissen geschaffen haben. Wege und Irrwege zur Erkenntnis werden so aufgezeigt. Das Modell ermöglicht einen Vergleich von Textsorten und bietet vielfältige Anlässe zur Textarbeit. Nach den Erfahrungen der Autorinnen eignet es sich besonders zu einer Verbindung mit dem 3-Phasen-Modell. Zehn Leitlinien für den sprachbewussten Unterricht in allen Fächern Langer & Helten-Pacher 12/16 Literatur Alle Internet-Adressen zuletzt eingesehen am 30-12-2011 Ahrenholz, Bernt (Hg.) (2008): Zweitspracherwerb. Diagnosen – Verläufe – Voraussetzungen. Beiträge aus dem 2. Workshop Kinder mit Migrationshintergrund. Freiburg i. Br.: Fillibach. Baurmann, Jürgen (2008) Schreiben – Überarbeiten – Beurteilen. Ein Arbeitsbuch zur Schreibdidaktik. Seelze: Klett-Kallmeyer Baurmann, Jürgen und Ludwig, Otto (1996): Schreiben: Texte und Formulierungen überarbeiten. In: Praxis Deutsch 137 (1996), S. 13-21. Becker-Mrotzek, Michael und Böttcher, Ingrid (2006) Schreibkompetenz entwickeln und beurteilen. 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