Die Sieben Blinden

Der Elefant
und
Die Sieben Blinden
aus Indien
von
Alexander Lenard
Herausgegeben von Kilian Lenard
Sämtliche Rechte vorbehalten
DIE SIEBEN BLINDEN 1
Der Elefant
und
Die Sieben Blinden
aus Indien
Herausgegeben von Kilian Lenard
Sämtliche Rechte vorbehalten
DIE SIEBEN BLINDEN 2
IN INDIEN GIBT´S EIN SCHÖNES LANGES
UND BREITES TAL. DORT FLIESST DER GANGES.
DA HERRSCHTE EINST VOR LANGER ZEIT
EIN KÖNIG MIT GERECHTIGKEIT.
IN SEINEM STAAT WAREN DIE BLINDEN
SELBST MIT DER LAMPE NICHT ZU FINDEN.
SO SPRACH ER MIT DEM GROSSVEZIR:
„MEIN LIEBER FREUND, OH SAGE MIR:
GIBT´S BLINDE LEUT IN INDIEN?
WO SUCH ICH SIE? WO FIND ICH S´ENN?“
DA ANTWORTET DER GROSSVEZIR:
„MEIN HOHER HERR, ERLAUBE MIR:
ICH WERD ZU DEINES TRONES STUFEN
DIE BLINDEN GLEICH IN EILE RUFEN.“
DER GROSSVEZIR MIT DICKEM BAUCH
ER SAGT´S NICHT NUR, ER TUT ES AUCH.
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DIE SIEBEN BLINDEN 3
DER BLINDE HERR AUS HINDOSTAN
DER HATTE ROTE HOSEN AN.
ES FUHR DER ALTE AUS KALKUTTA
IM WAGEN MIT DEM HÜHNERFUTTER.
AUF DEM KAMEL VON DARJEELING
KAMEN ZWEI JUNGE, BLINDE ZWILLING.
MAN BRACHTE EINEN AUS LAHORE
AUF EINEM STUHL AUS BAMBUSROHRE.
DANN KAM DER PUR AUS ESCHNAPUR
DER NICHT AUF EINEM WAGEN FUHR.
ER RITT AUF EINER ZEBUKUH
DIE AUSSCHAUT WIE EIN ZAHMES GNU.
AUS HINTERINDIEN KAM NOCH EINER.
DAS WAREN´S SIEBEN. JETZT FEHLT KEINER.
WER DIESER KERL ZU HAUS GEBLIEBEN
WÄREN´S NUR SECHS, ANSTATT VON SIEBEN.
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DIE SIEBEN BLINDEN 4a
DER KÖNIG SPRACH ZUM GROSSVEZIR:
„MEIN LIEBER FREUND, ICH DANKE DIR
UND NENNE DICH FÜR DIESE TAT
GEHEIMER HOF- UND KAMMERRAT.
JETZT WILL ICH MAL DIE BLINDEN FRAGEN
WAS SIE ZUM ELEFANTEN SAGEN.“
DER AUS KALKUTTA PACKT DEN RÜSSEL.
„AHA! DA LIEGT DES RÄTSELS SCHLÜSSEL!
DER ELEFANT IST WIE DIE LANGE
UND SO BERÜHMTE WASSERSCHLANGE.“
DER HINTERINDIER PACKT DEN HAUER.
„MEIN LIEBER, SCHAU NUR HER GENAUER!
ICH FÜHL´S UND MERK ES GANZ GEWISS.
DER ELEFANT IST WIE EIN SPIESS!“
DA GREIFT DER LANGE AUS LAHORE
DEN ELFANT AN SEINEM OHRE:
„MICH WILL ES, FREUNDE, SCHIER BEDÜNKEN
ER IST WIE EINE PALATSCHINKEN!“
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DIE SIEBEN BLINDEN 4b
DER EINE ZWILLING PACKT DIE HAXELN.
„DA KANN ICH RUHIG AUFI KRAXELN.
DENN ICH BIN BLIND, ABER NICHT LAHM.
DER ELEFANT IS WIE A BAM!“
DER ANDERE TAPPT MIT SEINER HAND.
„DER ELEFANT IST WIE A WAND!
DEN BAM ERZÄHL DER ALTEN TANTN.
WAS WEISST DENN DU VOM ELEFANTEN?“
DA PACKT DER PUR AUS ESCHNAPUR
DEN SCHWANZ UND SCHREIT: „ACH KEINE SPUR!
IHR AUS DARJEELING SEIDS ZWEI BUAM.
DER ELEFANT IST WIE EIN WURM!“
DER HINDOSTANER OBENAUF,
ER SASS ZUM SPASS VERKEHRT,
DER SCHREIT: „ES FEHLT HIER NUR DER KOPF
SONST IST ER WIE EIN PFERD!“
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DIE SIEBEN BLINDEN 5a
JETZT RUFT DER ALTE AUS KALKUTTA:
„JA HALTS DIE GOSCHEN! JUNGE TUTTER!
MIT EUCH IST HIER NICHTS ANZUFANGEN.
IHR HABTS KAN TAU VON WASSERSCHLANGEN!“
MAN HÖRT: „ICH WERD DIR EINE REIBEN!
DER ELEFANT IST WIE A SCHEIBN!“
(DEM AUS LAHORE KOMMT DAS OHR
NATÜRLICH WIE NE SCHEIBE VOR.)
DA RUFT DER HERR AUS HINDOSTAN:
„JETZT SCHAUT EUCH DIESE DEPPEN AN!
DAS IST DOCH WIRKLICH UNERHÖRT!
DER ELEFANT IST WIE EIN PFERD!“
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DIE SIEBEN BLINDEN 5b
„WAS WEISST DENN DU, DU ALTE SEICHN!
DER ELEFANT IST WIE A EICHN!“
MAN HÖRT SIE SCHREIEN, MAN SIEHT SIE WINKEN.
„A SPIESS! A WURM! A PALATSCHINKEN!“
„A WASSERSCHLANGEN! KEINE RED!“
„JA SIEHST DAS NICHT? JA SPÜRST DAS NET?“
DER HOFRAT LACHT, DER KÖNIG SCHAUT.
DER ELEFANT TROMPETET LAUT.
DER EINE LIEGT SCHON AUF DER ERDEN.
ES IST EIN LÄRM ZUM NÄRRISCH WERDEN.
DIE ARMEN BLINDEN SEHN NICHT VIEL.
ABER ZUM HINHAUN REICHT DAS G´FÜHL.
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DIE SIEBEN BLINDEN 6a
„GENUG! DAS HAT JA KEINEN ZWECK!
FÜHRT MIR DEN ELEFANTEN WEG!“
SPRICHT NUN DER KÖNIG – „DENN ZU VIEL
DES GUTEN SCHADET JEDEM SPIEL.
SOLANGE WIR DA SIND UND NOCH HERRSCHEN
GIBTS HIER KEIN RUFEN UND KEIN BERSCHEN!“
„DAS IST HALT LEIDER EINMAL SO –
UND DAS IST GAR NICHT SCHLECHT –
DIE LEUTE SIND SONST NIMMER FROH
DENN ALLE HABEN RECHT.“
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DIE SIEBEN BLINDEN 6b
„EIN JEDER HAT NEN RIESEN GRANT
UND SCHREIT, DASS NUR SO SCHALLT.
UND JEDER KENNT VOM ELEFANT
NUR DAS WAS ER SELBST HALT.“
„DEM ELEFANT GEBT SEINEN REIS!
DAS IST FÜR IHN DAS BESTE.
UND IHR – SOLANG´S NICHT WEITER RAUFT
IHR BLEIBT JETZT MEINE GÄSTE.“
„UND MERKT EUCH MEINE LIEBEN LEUT
FÜR HEUT UND ALLE ZEIT:
WENN JEDER DER WAS RECHT HAT STREIT
IST´S AUS MIT DER GEMÜTLICHKEIT!“
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