Der sozialstaatliche Schutz des Wohnens in Deutschland

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Der sozialstaatliche Schutz des Wohnens in Deutschland
Der sozialstaatliche Schutz des Wohnens in Deutschland
Von Marco Haase und Lasse Schuldt
(Stand: Mai 2012)
I. Einleitung
Nach den Zahlen des Statistischen Bundesamtes gab es im Jahr 2010 in Deutschland ca. 40,3 Millionen
Wohnungen. 1 Die Eigentümerquote, d. h. der Anteil derjenigen Menschen, die in einer eigenen
Wohnung leben, lag im Bundesdurchschnitt bei 45,7 %, wobei diese Quote in den letzten zehn Jahren
um ca. 5 % angestiegen ist.2 In den Stadtstaaten Berlin und Hamburg wohnten nur 14,9 % bzw. 22,6 %
in eigenen vier Wänden, während diese Quote im Saarland bei 63,7 % und in Rheinland-Pfalz bei 58,0 %
lag.
Insgesamt gibt es eher zu viele Wohnungen als zu wenige. Die Leerstandsquote lag im Jahr 2010
deutschlandweit bei 8,6 %. Dabei lässt sich ein signifikanter Unterschied zwischen den alten und den
neuen Bundesländern feststellen. Während im früheren Bundesgebiet nur 7,8 % der Wohnungen leer
standen, waren es in den neuen Ländern 11,5 %. 3
Diese Daten geben nur einen groben Überblick. Insbesondere werden die Unterschiede in den
Kommunen und Landkreisen nicht erfasst. Genauere Daten liegen deshalb nicht vor, weil
Immobilienbestände in keinem Register erfasst werden. Deshalb gibt es auch keine Statistik darüber, in
welchen Kommunen besonders viele Wohnungen leerstehen oder wo Wohnungsmangel herrscht. Hier
soll jedoch die Volkszählung 2011, der so genannte Zensus, Abhilfe schaffen. Erste Ergebnisse werden
im November 2012 vorliegen. Die detaillierten Auswertungen folgen ab Mai 2013.
Die vorhandenen Daten zeigen aber, dass der Mietwohnungsmarkt in Deutschland weitgehend
ausgeglichen ist. So gibt es keine Wohnungsnot, aber auch keinen gravierenden Wohnraumüberschuss.
Dennoch haben der deutsche Gesetzgeber und insbesondere auch die obergerichtliche Rechtsprechung
immer wieder die Notwendigkeit erkannt, den Marktkräften Grenzen zu setzen. Zwar hat es sich im
Grundsatz bewährt, dass die Marktwirtschaft, also das Verhältnis von Angebot und Nachfrage, dafür
sorgt, dass ausreichender und bezahlbarer Wohnraum vorhanden ist. Trotzdem fordert die bereits
angesprochene Besonderheit der Wohnung als Teil der Existenzgrundlage eine gewisse staatliche
Regulierung sowohl des Wohnungsmarktes als auch der Mietverhältnisse. So ist es für bestimmte
Gruppen in der Gesellschaft schwieriger, eine Wohnung zu finden. Für andere sind die Mieten nicht
bezahlbar. Hier muss der Staat seiner Fürsorgepflicht auch im Mietrecht nachkommen. Andererseits ist
es eine offene Frage, ob die niedrige Eigentumsquote in Deutschland nicht auch gerade daran liegt,
1
Statistisches Bundesamt, Statistik im Internet abrufbar unter:
https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Wirtschaftsbereiche/Bauen/Bautaetigkeit/Tabellen/WohnungsbestandDeutschl
and.html.
2
Statistisches Bundesamt, Statistik im Internet abrufbar unter:
https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/EinkommenKonsumLebensbedingungen/Wohnen/Tabellen/
EntwicklungEigentuemerquote.html?nn=50862.
3
Statistisches Bundesamt, Statistik im Internet abrufbar unter:
https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/EinkommenKonsumLebensbedingungen/Wohnen/Tabellen/
Leerstandsquote.html?nn=50862.
dass Mieter umfassend geschützt werden und insofern kein Interesse am Eigentumswerber haben.
Damit sind die Stichworte Mieterschutz, Sozialwohnungen, Wohngeld und Wohnungsbauförderung
angesprochen. Auf die sich hinter diesen Begriffen stehenden Prinzipien soll im Folgenden
eingegangen werden.
II. Soziales Mietrecht
Das Wohnraummietrecht befindet sich in einem besonderen verfassungsrechtlichen Spannungsfeld. Auf
der einen Seite steht das Recht des Vermieters an dem Eigentum seiner Wohnung. Auf der anderen
stehen die Rechte des Mieters, dessen Lebens- und Existenzgrundlage die Mietwohnung ist. Im
Folgenden soll daher in die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Grundgesetzes eingeführt werden.
Sodann folgt ein Überblick über die konkreten Maßnahmen, die der Gesetzgeber und die Gerichte zum
Ausgleich der gegenläufigen Interessen getroffen haben.
1. Verfassungsrechtliche Vorgaben
Der Eigentümer einer Wohnung hat grundsätzlich das Recht, mit seiner Wohnung zu tun und zu lassen,
was er will. Dieses Recht gibt ihm Artikel 14 GG, nach dessen Absatz 1 das Eigentum gewährleistet
wird. Die Eigentumsfreiheit garantiert jedem, mit seinem Eigentum so zu verfahren, wie er es für
richtig hält. 4 Allerdings werden nach Art. 14 Abs. 2 GG der Inhalt und die Schranken des Eigentums
erst durch die Gesetze bestimmt. Es handelt sich bei dem Grundrecht aus Artikel 14 GG daher um ein
normgeprägtes Grundrecht, d.h. sein Umfang reicht stets so weit, wie es die vom Gesetzgeber
erlassenen einfachen Gesetze vorsehen. 5
Der Gesetzgeber ist in seinem Recht, die Grenzen des Eigentums zu bestimmen, aber nicht frei. So darf
er in keinem Fall das Grundrecht in seinem Kern antasten. Dies verbieten die so genannte
Institutsgarantie 6 des Art. 14 Abs. 1 GG sowie die Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG. Aus ihnen
folgt, dass stets ein substantieller Teil des Eigentums verbleiben muss. Enteignungen sind daher nach
Art. 14 Abs. 3 GG nur in ganz besonderen Ausnahmefällen und nur gegen Entschädigung zulässig. Im
Übrigen gilt für jeden Eingriff in bestehende Eigentumsrechte der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, 7 d.h.
der Eingriff muss einen legitimen Zweck verfolgen sowie geeignet, erforderlich und angemessen sein.
An diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben muss sich daher jede zum Schutze der Mieter getroffene
gesetzliche Regelung, die in die Rechte des Vermieters eingreift, messen lassen.
Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sind auch Interessen des Allgemeinwohls und damit auch
soziale Interessen zu berücksichtigen. 8 Dies folgt im Allgemeinen aus dem Sozialstaatsprinzip des Art.
20 Abs. 1 GG und mit Blick auf Artikel 14 GG, insbesondere aus dessen Absatz 2. Dieser lautet:
„Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ Hiermit ist
die so genannte Sozialbindung des Eigentums angesprochen. 9 Dieser Grundsatz folgt aus der
Erwägung, dass Eigentumsnutzungen über die Sphäre des Eigentümers hinaus wirken und die Belange
4
Vgl. Sachs/Wendt, GG, 5. Aufl., Art. 14, Rn. 41.
Zwar soll der Begriff des Eigentums nach Ansicht des BVerfG aus dem Grundgesetz selbst gewonnen werden, vgl.
BVerfGE 58, 300 (335); nach Maunz-Dürig/Papier, GG, Art. 14, Rn. 38, wird der Eigentumsbegriff aber auch für das
BVerfG selbst zu einem Begriff nach Maßgabe der einfachen Gesetzgebung.
6
Hierzu Maunz-Dürig/Papier, GG, Art. 14, Rn. 39 ff.
7
BVerfGE 110, 1 (28); Jarass/Pieroth-Jarass, GG, 10. Aufl., Art. 14, Rn. 38 ff.; Maunz-Dürig/Papier, GG, Art. 14, Rn. 38.
8
Dreier/Wieland, GG, 2. Aufl., Art. 14, Rn. 89; Jarass/Pieroth-Jarass, GG, 10. Aufl., Art. 14, Rn. 42.
9
Hierzu ausführlich Maunz-Dürig/Papier, GG, Art. 14, Rn. 305 ff.
5
Dritter, die auf die Nutzung des Eigentumsobjekts angewiesen sind, berühren können. 10 Für das
Mietrecht bedeutet dies, dass ein Wohnungseigentümer bei der Vermietung seiner Wohnung
bestimmten Einschränkungen unterliegt, die sich daraus ergeben, dass die Mehrheit der Mieter auf
bezahlbaren Wohnraum angewiesen ist. Der Wohnungsbedarf der Bevölkerung stellt daher ein
Gemeinwohlinteresse dar, das zur Beschränkung der Eigentumsrechte herangezogen werden kann. 11
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird dem Mieter vor diesem Hintergrund
verfassungsrechtlich sogar ein an das Eigentum angenäherter Schutz gewährt. Dieser wirkt sich
insbesondere im Hinblick auf die Kündigung von Wohnraum aus, indem das Interesse des Mieters ein
größeres Gewicht erhält. 12 Sinn und Zweck des sozialen Mietrechts ist es daher, der überragenden
Bedeutung der Wohnung als Mittelpunkt der menschlichen Existenz Rechnung zu tragen. 13
Aus diesen grundlegenden Erwägungen hat der deutsche Gesetzgeber den Auftrag abgeleitet, konkrete
Regelungen zum Preis- und Bestandsschutz, zum Schutz des Mieters im Falle des Verkaufs der
Wohnung oder im Falle des Todes des Mieters zu schaffen. Diese Regelungen finden sich in erster
Linie in den Paragraphen 549 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
2. Preisschutz
Nach dem Grundsatz der Privatautonomie können zwei Personen einen Vertrag schließen, ohne dabei
an bestimmte Vorgaben gebunden zu sein. Dieser Grundsatz gilt auch im Mietrecht. Die Vereinbarung
über die Höhe des Mietzinses obliegt daher den Parteien. Der Gesetzgeber hat jedoch Grenzen gesetzt.
Hierzu ist er aus den genannten verfassungsrechtlichen Gründen berechtigt. Welche Grenzen dies sind,
wird im Folgenden dargestellt.
a) Miete bei Neuvermietung
Der Vermieter ist bei Neuvermietungen berechtigt, den marktüblichen Mietzins zu verlangen. Dieser
Marktpreis bildet sich aus dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage. Je höher die Nachfrage nach
Wohnungen an einem Ort ist, desto höher sind die Mietpreise. Im Mietrecht wird das freie Spiel der
Kräfte aber beschränkt. Der Mieter soll nämlich vor überhöhten Preisen geschützt werden.
So verbietet es § 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes dem Vermieter, das geringe Angebot von Wohnungen
an einem Ort in unzulässiger Weise auszunutzen. Deshalb darf er keine Miete verlangen, die mehr als
20 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete in der Gemeinde liegt. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift
kann mit einer Geldbuße von bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden. Der Verstoß hat jedoch
nicht zur Folge, dass nunmehr nur die ortsübliche Miete geschuldet wäre. Vielmehr ist dann im Sinne
einer geltungserhaltenden Reduktion eine Miete in Höhe von 20 % über der ortsüblichen Miete
geschuldet.
Wegen dieser Spezialregelung ist der allgemeine zivilrechtliche Wuchertatbestand des § 138 Abs. 2
BGB in diesem Bereich weitgehend ohne Bedeutung. Danach ist nämlich erst eine Vereinbarung
10
Dreier/Wieland, GG, 2. Aufl., Art. 14, Rn. 89.
Vgl. BVerfGE 82, 6 (16); 91, 294 (310); und für Sozialwohnungen BVerfGE 94, 64 (84ff.).
12
BVerfGE 89, 1 (6 ff.).
13
Die besondere Bedeutung der Wohnung kommt im Übrigen auch durch Art. 13 Abs. 1 GG zum Ausdruck: „Die Wohnung
ist unverletzlich.“ Hier steht allerdings der Schutz der Privatsphäre im Mittelpunkt, vgl. Jarass/Pieroth-Jarass, GG, 10.
Aufl., Art. 13, Rn. 2.
11
unzulässig, die eine Miete i.H.v. mehr als 50 % über der ortsüblichen Miete vorsieht. 14 Gleiches gilt für
den Straftatbestand des Mietwuchers (§ 291 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB). Voraussetzung ist in beiden
Fällen das vorsätzliche Ausnutzen der Schwächesituation des Mieters und hierbei insbesondere der
Wohnungsknappheit. 15 Folge eines Verstoßes gegen diese Vorschriften ist ebenfalls lediglich die
Herabsetzung der Miete auf ein angemessenes Niveau. 16
b) Mieterhöhung während der Laufzeit des Mietvertrages
Während der Laufzeit des Mietvertrages kann es vorkommen, dass der Vermieter die Miete erhöhen
möchte. Hierbei hat er in der Regel keine bösen Absichten. Vielmehr kann eine Mieterhöhung
notwendig sein, um die Inflation oder höhere Kosten für die Bewirtschaftung des Hauses auszugleichen.
Auch ist möglich, dass der Vermieter Modernisierungsmaßnahmen an dem Haus vorgenommen hat und
er die Mieter an den Kosten hierfür beteiligen möchte. Schließlich kann es auch sein, dass sich der
Marktpreis für vergleichbare Wohnungen erhöht hat, und der Vermieter deshalb die Miete an den
Mietwert anpassen will.
Eine einvernehmliche Einigung 17 zwischen Mieter und Vermieter ist dabei naturgemäß die beste
Lösung. Die Parteien eines Mietvertrages können auch schon bei dem Abschluss des Mietvertrages
vereinbaren, dass sich die Miete zu bestimmten Zeitpunkten, beispielsweise mit Beginn jedes Jahres,
um einen bestimmten Betrag erhöht. Man spricht dann von einer so genannten Staffelmiete. 18 Eine
andere Variante ist die Indexmiete. 19 Hierbei wird die Miethöhe an den vom Statistischen Bundesamt
ermittelten Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland geknüpft.
Nicht selten können sich Vermieter und Mieter jedoch nicht auf die Höhe der Mieterhöhung einigen.
Vor dem Hintergrund der besonderen Bedeutung bezahlbaren Wohnraums war daher der Gesetzgeber
aufgerufen, eine Lösung zu finden. Dabei musste ein Ausgleich geschaffen werden zwischen dem
Interesse des Vermieters, eine angemessene Miete zu erzielen, und dem Interesse des Mieters, finanziell
nicht überfordert zu werden. An einem solchen Interessenausgleich hätte es von vornherein gefehlt,
wenn man nun dem Vermieter das Recht eingeräumt hätte, das Mietverhältnis mit dem alten Mieter zu
kündigen und die Wohnung zu einem höheren Preis an einen neuen Mieter zu vermieten. Denn diese
Lösung hätte eine einseitige Berücksichtigung der Interessen des Vermieters bedeutet. 20
An dieser Stelle wirkt sich also die Sozialbindung des Eigentums aus Art. 14 Abs. 2 GG aus: Der
Vermieter muss die Existenzgrundlagen des Mieters respektieren. Er darf den Mieter nicht einfach aus
seiner Wohnung herauswerfen. Daher hat sich der Gesetzgeber dazu entschieden, die so genannte
Änderungskündigung zu verbieten. 21 Stattdessen hat er gesetzliche Regelungen zur Anpassung des
Mietpreises geschaffen. Auf diese Weise soll es dem Vermieter ermöglicht werden, das Eigentum an
der Wohnung in angemessener Weise unter Berücksichtigung der Interessen des Mieters zu verwerten 22
14
BGHZ 135, 269 (277); Palandt/Ellenberger, BGB, 68. Aufl., § 138, Rn. 76.
Vgl. hierzu BGH NJW 2004, 1740 ff.; BGH NJW-RR 2006, 591.
16
Palandt/Ellenberger, BGB, 68. Aufl., § 138, Rn. 76.
17
§ 557 Abs. 1 BGB; vgl. Staudinger/Weitemeyer, BGB, 2006, § 557, Rn. 19.
18
§ 557 Abs. 2 iVm § 557a BGB.
19
§ 557 Abs. 2 iVm § 557b BGB.
20
Vgl. zur Gesetzgebungsgeschichte Staudinger/Weitemeyer, BGB, 2006, § 557, Rn. 2 ff.; siehe auch MüKo/Artz, BGB, 5.
Aufl., § 557, Rn. 1.
21
Vgl. MüKo/Artz, BGB, 5. Aufl., § 557, Rn. 1, der dies als Privileg des Mieters bezeichnet.
22
Vgl. BVerfGE 37, 132 (140 ff.); Staudinger/Weitemeyer, BGB, 2006, § 557, Rn. 3.
15
Nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs kann der Vermieter die Zustimmung zu einer
Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen. 23 Zusätzlich muss die Miete in
dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten soll, seit 15 Monaten unverändert geblieben sein. Ein in
der Praxis besonders wichtiges Mittel zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete stellt der so
genannte Mietspiegel dar. 24 Der Mietspiegel ist eine Übersicht über die an einem Ort üblichen Mieten.
Er errechnet sich aus den Mietpreisen der letzten vier Jahre in einer bestimmten Gegend. 25 So ist es
möglich, sich im Internet den durchschnittlichen Mietpreis für eine Wohnung mit einer bestimmten
Größe und Ausstattung und in einer bestimmten Straße in Berlin anzeigen zu lassen. 26
Wenn der Mietspiegel nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und von der Gemeinde
oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter anerkannt worden ist, dann handelt es sich
um einen so genannten qualifizierten Mietspiegel. 27 Von diesem wird vermutet, dass die im
qualifizierten Mietspiegel bezeichneten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben. Der
qualifizierte Mietspiegel wird deshalb in Rechtsstreitigkeiten zwischen Mietern und Vermietern auch
von den Gerichten herangezogen.28
Unabhängig von der ortsüblichen Vergleichsmiete darf der Vermieter die Miete innerhalb von drei
Jahren nicht um mehr als 20 % erhöhen. Das ist die so genannte Kappungsgrenze.29 Sie gilt absolut. 30
Nur im Falle von Modernisierungsmaßnahmen und bei wesentlichen Veränderungen der Betriebskosten
darf hiervon abgewichen werden. 31 Modernisierungsmaßnahmen sind solche baulichen Maßnahmen,
die den Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöhen, die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer
verbessern oder nachhaltig Einsparungen von Energie oder Wasser bewirken. 32 Auch insoweit gibt es
jedoch Höchstgrenzen. 33
3. Bestandsschutz
Sowohl der Mieter als auch der Vermieter verlassen sich darauf, dass ein einmal vereinbartes
Mietverhältnis dauerhaft Bestand hat. Insbesondere muss der Mieter davor geschützt werden, von dem
Vermieter buchstäblich auf die Straße gesetzt zu werden. Aber auch der Vermieter hat ein Interesse
daran, dass der Mieter nicht von heute auf morgen aus der Wohnung auszieht, weil eine Neuvermietung
unter Umständen nicht im unmittelbaren Anschluss möglich ist. Vor diesem Hintergrund hält das
Bürgerliche Gesetzbuch ein differenziertes Regelungssystem bereit, das zwischen ordentlichen und
außerordentlichen Kündigungen unterscheidet.
a) Ordentliche Kündigung
Die ordentliche Kündigung ist der Normalfall der Beendigung eines Mietverhältnisses. Mit Blick auf
den Mieter trifft das Bürgerliche Gesetzbuch dabei eine schlichte und einheitliche Regelung. Der
23
§ 558 Abs. 1 BGB.
§ 558c BGB.
25
Zu Funktion und Rechtsnatur des Mietspiegels siehe Staudinger/Emmerich, BGB, 2006, § 558c, Rn. 4 ff.
26
Abrufbar unter http://www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/mietspiegel/.
27
§ 558d BGB.
28
Die Vermutung ist aber widerlegbar, Erman/Jendrek, BGB, 12. Aufl., § 558d, Rn. 6.
29
Legaldefinition in § 558 Abs. 3 BGB.
30
Abweichende Vereinbarungen sind nach § 558 Abs. 6 BGB unwirksam.
31
§§ 559 und 560 BGB.
32
Vgl. zum Begriff der Modernisierung ausführlich Staudinger/Emmerich, BGB, 2006, § 559, Rn. 14 ff.
33
Die Miete darf um maximal 11 % der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöht werden, § 559 Abs. 1 BGB.
24
Mieter kann den Mietvertrag mit einer Frist von drei Monaten kündigen. 34 Ein Kündigungsgrund ist
nicht erforderlich. Hiervon gibt es keine Ausnahmen.
Der Vermieter darf hingegen nur kündigen, wenn er hierzu ein berechtigtes Interesse hat. 35 Dieses liegt
zum Beispiel dann vor, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich
verletzt hat oder wenn der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder
Angehörige seines Haushalts benötigt. 36 Gegen die Kündigung des Vermieters kann der Mieter
allerdings Widerspruch erheben, wenn sie für ihn eine soziale Härte bedeuten würde, zum Beispiel weil
er keinen Ersatzwohnraum finden kann. 37
Für den Vermieter gilt grundsätzlich auch die dreimonatige Kündigungsfrist. Diese verlängert sich aber
nach fünf und acht Jahren um jeweils drei Monate. 38 Im Ergebnis ist es daher für den Vermieter
schwieriger, das Mietverhältnis aufzulösen, als für den Mieter.
b) Außerordentliche Kündigung
Das Gesetz gewährt sowohl dem Mieter als auch dem Vermieter das Recht zur außerordentlichen,
fristlosen Kündigung. 39 Die fristlose Kündigung erfordert einen wichtigen Grund, der ein Festhalten
am Vertrag bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumutbar erscheinen lässt. Sie ist grundsätzlich
erst dann möglich, wenn der Vertragspartner sich trotz Abmahnung nicht vertragsgemäß verhält. Ein
wichtiger Grund liegt für den Vermieter unter anderem dann vor, wenn der Mieter mit der Entrichtung
der Miete für zwei aufeinanderfolgende Termine in Verzug ist 40 oder wenn der Mieter die Wohnung
stark beschädigt oder zerstört hat.
4. Kauf bricht nicht Miete 41
Eine weitere wichtige Vorschrift zum Schutze des Mieters legt fest, dass die Veräußerung der Wohnung
ohne Auswirkung auf den Mietvertrag bleibt. Das Mietverhältnis besteht weiterhin fort und alle Rechte
und Pflichten gehen auf den neuen Vermieter über. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass der Mieter
aus allen Geschäften über die Wohnung herausgehalten wird. Der neue Vermieter erwirbt dagegen
gewissermaßen belastetes Eigentum.
5. Schönheitsreparaturen
Der in der Praxis sehr bedeutsame Bereich des Mietrechts beschäftigt sich mit der Frage, wer die
Kosten der so genannten Schönheitsreparaturen zu tragen hat. Hierzu gibt es eine schon fast
unüberschaubare Zahl gerichtlicher Entscheidungen. 42
34
§ 573c Abs. 1 Satz 1 BGB.
§ 573 BGB. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausdrücklich ausgeschlossen, § 573 Abs. 1 Satz 2 BGB.
36
Umfangreiche Rechtsprechungsnachweise hierzu bei Palandt/Weidenkaff, BGB, 68. Aufl., § 573, Rn. 23 ff.
37
§ 574 BGB.
38
§ 573c Abs. 1 Satz 2 BGB.
39
§ 543 iVm § 569 BGB.
40
Der Mieter hat jedoch das Recht, die Zahlung nachzuholen, § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB, vgl. hierzu MüKo/Häublein, BGB, 5.
Aufl., § 569, Rn. 31 ff.
41
§ 566 BGB; der Titel der Vorschrift ist ungenau, weil es um die dingliche Veräußerung geht, vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB,
68. Aufl., § 566, Rn. 1, 20.
42
Siehe die Nachweise bei Palandt/Weidenkaff, BGB, 68. Aufl., § 535, Rn. 41 ff.
35
Als Schönheitsreparaturen werden diejenigen Instandhaltungsmaßnahmen bezeichnet, die entweder
während der Dauer des Mietverhältnisses oder bei Auszug des Mieters vorgenommen werden müssen.
Nach den Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs hat grundsätzlich der Vermieter die Pflicht, die
Wohnung in einem ordnungsgemäßen Zustand zu halten. 43 Diese Pflicht ist jedoch disponibel, das
bedeutet, dass der Vermieter sie teilweise dem Mieter auferlegen kann. 44 Hier liegt denn auch der
Grund für die umfangreiche Rechtsprechung: Mieter und Vermieter streiten regelmäßig darum, welche
Reparaturen dem Mieter übertragen werden dürfen und wie entsprechende Regelungen im Mietvertrag
ausgestaltet sein müssen.
Die hierzu ergangenen Entscheidungen können hier nicht in allen Einzelheiten wiedergegeben werden.
Als grobe Linie lässt sich aber festhalten, dass der Mieter nur dann zur Renovierung der Wohnung
verpflichtet ist, wenn diese auch tatsächlich erforderlich ist. 45 So ist beispielsweise die Pflicht, die
Wohnung in festen, vom Einzugstermin des Mieters abgelösten Abständen zu renovieren, unwirksam.
In Formularverträgen hat dies zur Folge, dass sämtliche weiteren vertraglichen Absprachen hinsichtlich
der Renovierung der Wohnung ebenfalls unwirksam sind. 46
6. Nachfolge beim Tod des Mieters
Wenn der Mieter stirbt, kann sich für die übrigen Bewohner die Frage stellen, ob sie nun aus der
Wohnung ausziehen müssen. Aus den anfangs dargestellten verfassungsrechtlichen Grundsätzen folgt
die klare Antwort des Bürgerlichen Gesetzbuchs: Ehepartner, Kinder, Angehörige und sonstige
Personen, mit denen der Mieter einen gemeinsamen Haushalt führt, haben das Recht, in den
Mietvertrag anstelle des verstorbenen Mieters einzutreten. 47 Der Vermieter darf die Wohnung also nicht
einfach neu vermieten. Hier zeigt sich wiederum sehr deutlich, dass das Gesetz die Wohnung rein
tatsächlich als zentrale Lebensgrundlage anerkennt, unabhängig davon, ob ein Mietverhältnis besteht
oder nicht. 48
III. Das Recht der Sozialwohnung
Auch auf einem ausgeglichenen Wohnungsmarkt gibt es Teile der Bevölkerung, die besondere
Schwierigkeiten haben, angemessenen und bezahlbaren Wohnraum zu finden. Das gilt zum Beispiel für
Haushalte mit geringem Einkommen sowie Familien und Haushalte mit Kindern, Alleinerziehende,
Schwangere, ältere Menschen, behinderte Menschen, Wohnungslose und sonstige hilfebedürftige
Personen. 49 Insbesondere in den großen Ballungszentren wie München, Köln, Frankfurt, Hamburg und
zunehmend auch Berlin kommt es vor, dass geeigneter Wohnraum in der erforderlichen Größe nicht in
hinreichender Anzahl zur Verfügung steht. Hier verpflichtet das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes
den Staat dazu, ausreichenden Wohnraum zu schaffen. Dies geschieht in Deutschland auf der
Grundlage des Wohnraumförderungsgesetzes (WoFG).
Das Recht der Sozialwohnung wurde im Jahr 2002 umfassend reformiert. Die Zuständigkeit für die
Gesetzgebung zur Sozialen Wohnungsförderung liegt nun bei den Ländern. Hierdurch wird
berücksichtigt, dass der Wohnungsbedarf regional unterschiedlich ist. Das Wohnraumförderungsgesetz
43
§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB.
Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 14/4553, S. 40; BGHZ 101, 253 (263); Palandt/Weidenkaff, BGB,
68. Aufl., § 535, Rn. 42: zur allgemein üblichen Verkehrssitte geworden.
45
BGH NJW 2005, 1863.
46
BGH NJW 2007, 3776.
47
§ 563 BGB.
48
Vgl. Staudinger/Rolfs, BGB, 2006, § 563, Rn. 3.
49
Vgl. die Zielgruppe der sozialen Wohnraumförderung, § 1 Abs. 2 WoFG.
44
des Bundes wurde bislang durch verschiedene landesrechtliche Regelungen ersetzt, unter anderen in
den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und
Schleswig Holstein. In den übrigen Ländern bleibt es weiterhin bestehen. Aus Gründen der
Übersichtlichkeit wird im Folgenden nur auf die bundeseinheitlichen Regelungen eingegangen, die den
Landesregelungen weitgehend entsprechen.
1. Grundprinzip
Nach der Grundidee des sozialen Wohnungsbaus vergibt der Staat günstige Kredite an Privatpersonen,
die auf eigene Rechnung Wohnungen bauen oder modernisieren. Die privaten Vermieter dürfen den auf
diese Weise finanzierte Wohnraum sodann nur an einen bestimmten, hilfsbedürftigen Personenkreis
vermietet. Außerdem darf von den Mietern nur eine bestimmte Miete verlangt werden, die in der Regel
unter der am Markt üblichen Miete liegt. 50 Diese Mietpreisbindung besteht so lange, bis die
anfängliche Förderung getilgt ist, kann jedoch bei Bedarf auch verlängert werden.
2. Verfahren
Wer eine mit öffentlichen Mitteln geförderte Wohnung anmieten will, muß dem Vermieter einen
Wohnberechtigungsschein (WBS) vorlegen. Der Wohnberechtigungsschein ist die amtliche
Bescheinigung, mit deren Hilfe der Mieter nachweisen kann, dass er berechtigt ist, eine Sozialwohnung
zu beziehen. 51 Der Wohnberechtigungsschein wird auf Antrag des Mietinteressenten durch die
zuständige Landesbehörde ausgestellt und ist jeweils ein Jahr lang gültig. Auf den
Wohnberechtigungsschein besteht ein Anspruch, nicht dagegen auf eine Wohnung. Die Auswahl des
Mieters aus dem Kreis der wohnberechtigten Personen ist grundsätzlich dem Vermieter überlassen.
3. Geförderter Personenkreis
Voraussetzung für die Erteilung eines Wohnberechtigungsscheins ist, dass die hierzu gesetzlich
vorgegebenen Einkommensgrenzen nicht überschritten werden. 52 Das hierzu erforderliche Einkommen
wird berechnet, indem die Einkünfte zugrunde gelegt werden, die der Antragsteller in den 12 Monaten
ab Antragstellung erwarten kann. Zu diesen Einkünften zählen neben dem regulären Lohn
beispielsweise auch Lohnersatzleistungen sowie Krankengeld.
Wenn das auf diese Weise ermittelte jährliche Einkommen die folgenden Sätze nicht übersteigt, besteht
ein Anspruch auf den Wohnberechtigungsschein:
•
•
•
•
•
ein Antragsteller: 12.000 €
mit einem Angehörigen, z.B. Ehegatten: 18.000 €
mit zwei Angehörigen, z.B. Ehegatten und einem Kind: 22.600 €
mit drei Angehörigen, z.B. Ehegatten und zwei Kinder: 27.200 €
Zuschlag für jeden weiteren Angehörigen: 4.100 €
Der Wohnberechtigungsschein soll vorrangig an Wohnungssuchende erteilt werden, die einen
„dringenden Wohnbedarf“ haben. Ein solcher „dringender Wohnbedarf“ ist grundsätzlich gegeben bei:
50
Hannemann/Wiegener, Münchener Anwaltshandbuch, § 35 Rn. 2.
Gesetzliche Grundlage für den WBS ist § 27 WoFG.
52
§ 9 WoFG.
51
•
Familien mit mindestens einem Kind ohne eine Wohnung oder in räumlich unzureichenden
Wohnverhältnissen (als Familien gelten auch Alleinstehende mit mindestens einem Kind);
Eheleute bzw. Verlobte ohne eigene Wohnung, wenn eine Schwangerschaft ab der 14. Woche
nachgewiesen ist;
Schwerbehinderte, wenn die derzeitigen Wohnverhältnisse wegen der anerkannten Leiden für
sie objektiv ungeeignet sind;
Alleinstehende psychisch Kranke ohne eigene Wohnung;
Wohnungssuchende, die aus städtebaulichen Gründen ihre bisherige Wohnung aufgeben
mussten (Sanierung, Gewerbe- oder Industrieansiedlung etc.);
Inhaber ofenbeheizter Wohnungen, die das 70. Lebensjahr vollendet haben;
Räumungspflichtige, in der Regel aufgrund eines gerichtlichen Räumungstitels oder eines bauund wohnungsaufsichtlichen Benutzungsverbots, die bisher eine eigene Wohnung bewohnt
haben, oder eine Wohnmöglichkeit in Verbindung mit dem Arbeitsverhältnis haben
(Werkwohnungen, Dienstwohnungen usw.) und dieses aus Altergründen beenden müssen;
Personen, die in Einrichtungen der sozialen Wohnhilfe oder sonstigen Behelfsunterkünften oder
in vergleichbaren Unterkünften des Jugend-, Frauen- oder Sozialwesens (z.B. Frauenhäusern,
Zufluchtswohnungen für geschlagene Frauen oder Mädchenhäusern) leben (ausgenommen sind
hier Aus- und Übersiedlereinrichtungen)
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•
4. Erlaubte Wohnungsgröße 53
Es gibt nur eine begrenzte Anzahl staatlich finanzierter Wohnungen. Deshalb muss sich die Größe der
einem Berechtigten zugeteilten Wohnung nach dessen individuellen Bedürfnissen richten.
Für die angemessene Wohnungsgröße gelten in der Regel folgende Grundsätze: Jeder Antragsteller
erhält einen Wohnraum für sich als Wohnberechtigten und darüber hinaus für jeden seiner Angehörigen.
Ein alleinstehender Antragsteller hat folglich einen Anspruch auf eine Einzimmerwohnung, einem
Ehepaar mit drei Kindern stehen maximal fünf Wohnräume zu.
Wenn der Antragsteller besondere berufliche oder persönliche Bedürfnisse geltend machen kann, die
einen erweiterten Wohnraumbedarf mit sich bringen, wird ausnahmsweise zusätzlicher Wohnraum
anerkannt.
Ein solcher erweiterter Wohnraumbedarf kann beispielsweise darin begründet sein, dass der Mieter aus
gesundheitlichen Gründen in seiner Wohnung Platz für eine ständige Betreuungsperson benötigt, um
die Aufnahme in ein Pflegeheim zu vermeiden. Eine Ausnahme kann auch dann genehmigt werden,
wenn der Antragsteller seine bisherige Arbeit ausschließlich in seiner Wohnung verrichten kann und
ohne diese Möglichkeit in seiner Existenz gefährdet wäre.
Ebenso erhalten junge, bisher kinderlose Ehepaare eine größere Wohnung, sofern sie in Erwartung von
Nachwuchs sind. Hierdurch soll verhindert werden, dass sie nach der Geburt einen erneuten Antrag
stellen müssen, der nun auf den erhöhten Wohnraumbedarf gerichtet ist.
53
§ 10 WoFG.
5. Miethöhe 54
Die höchstzulässige Miete wird in der jeweiligen Förderzusage bestimmt und soll die ortsübliche
Vergleichsmiete nicht übersteigen. 55 Die weitere Mietbindung richtet sich nach den Vorschriften des
Bürgerlichen Gesetzbuchs. Zusätzliche Beschränkungen können sich aus der Förderzusage ergeben. 56
Die einzelnen Bundesländer haben hierzu Regelungen getroffen, die in ihrem Land gelten sollen. Die
Länder können beispielsweise einzelne Mietstufen mit entsprechenden Höchstbeträgen der Förderung
erlassen. So können sie der Tatsache gerecht werden, dass insbesondere in den größeren Städten das
Bauen und der Erwerb von Grund und Boden wesentlich teurer sind als in ländlichen Gebieten. 57
Die Mietpreisbindung wird dadurch gewährleistet, dass Vereinbarungen über die Miete unwirksam sind,
soweit sie den höchstzulässigen Betrag übersteigen. 58 Der Mieter hat gegen den Vermieter einen
Anspruch auf Auskunft zur Ermittlung der höchstzulässigen Miete.
Auf die Mietzeit hat es keine Auswirkung, wenn der Förderungsnehmer die Mittel zur Förderung
frühzeitig zurückzahlt. Der Schutz der Sozialwohnung besteht also bis zu dem Zeitpunkt, den die
Parteien als Rückzahlungszeitpunkt für die Förderung vereinbart haben.
Der Mieter, dessen Einkommen die vormals berechnete Einkommensgrenze zur Anerkennung eines
Wohnberechtigungsscheines überschreitet, muss die Wohnung deshalb nicht gleich wieder verlassen.
Stattdessen haben einige Bundesländer Regelungen getroffen, nach denen der Mieter eine
Kompensation zahlen muss. Diese nennt sich „Fehlbelegungsabgabe“.59
IV. Das Wohngeld
Neben der Förderung bestimmter Bevölkerungsgruppen durch den sozialen Wohnungsbau und die
Vermietung von Sozialwohnungen besteht für Menschen mit geringem Einkommen die Möglichkeit,
einen Zuschuss zur Miete zu beantragen, das so genannte Wohngeld. Im Jahr 2009 haben ca. 800.000
Haushalte in Deutschland Wohngeld erhalten. Rechtsgrundlage ist das Wohngeldgesetz (WoGG).
Die Höhe des Wohngeldes errechnet sich aus der Anzahl der Familienmitglieder, die zum Haushalt
gehören, der Höhe des Familieneinkommens sowie der Höhe der zu berücksichtigenden Miete bzw.
Belastung. 60 Über den angemessenen Wohnraum hinausgehende Kosten werden nicht berücksichtigt.
Als grobe Orientierung lässt sich sagen, dass ein Einkommen von weniger als 700 Euro zum Wohngeld
berechtigt. Der Höchstbetrag, den eine einzelne Person erhalten kann, liegt zwischen 300 und 400 Euro.
Der durchschnittlich in Deutschland ausgezahlte Wohngeldbetrag liegt bei ca. 140 Euro.
V. Weitere Förderungsmöglichkeiten
Im Übrigen gibt es in Deutschland ca. 2000 Wohnungsbaugenossenschaften, deren Ziel die Schaffung
bezahlbaren Wohnraums ist. Dabei sind die Mieter der Genossenschaftswohnungen in der Regel
54
§ 28 WoFG.
Dies wird in § 28 WoFG jedoch nicht ausdrücklich bestimmt, MüKo/Häublein, BGB, 5. Aufl., Vor § 535, Rn. 77; vgl.
auch Staudinger/Emmerich, BGB, 2006, Vorbem. § 535, Rn. 9.
56
§ 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WoFG; MüKo/Häublein, BGB, 5. Aufl., Vor § 535, Rn. 77.
57
Hannemann/Wiegener, Münchener Anwaltshandbuch, § 35 Rn. 5.
58
§28 Abs. 2 iVm Abs. 6 WoGG.
59
§ 51 Abs. 1 WoFG; vgl. dazu MüKo/Häublein, BGB, 5. Aufl., Vor § 535, Rn. 83.
60
§ 19 WoGG.
55
gleichzeitig Mitglieder der Genossenschaft. Ungefähr 2 Millionen solcher Genossenschaftswohnungen
gibt es in Deutschland.
Schließlich wird der allgemeine Wohnungsbau durch Steueranreize gefördert. Die bekannteste Förderung in diesem Bereich war die so genannte Eigenheimzulage. Dabei förderte der Staat den Bau selbstgenutzten Wohnraums unter bestimmten Voraussetzungen mit jährlichen Zuschüssen zu den Herstellungskosten eines Neubaus sowie zu den Anschaffungskosten einer Wohnung. Das Volumen des Programms betrug zuletzt ca. 11 Milliarden Euro im Jahr. Es ist angesichts des Wohnungsüberschusses in
Deutschland im Jahre 2006 eingestellt worden.