Scream

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Scream
Scream
Scope. USA 1996. Produktion: Woods Entertainment/Miramax. Produzenten: Cary Woods, Cathy Conrad. Regie:
Wes Craven. Buch: Kevin Witliamson. Kamera: Mark Irwin. Musik: Marco Beltrami. Schnitt: Patrick Lussier.
Darsteller: Neve Campbetl (Sidney Prescott), David Arquette (Deputy Dewey Ri(ey), Courtney Cox (Gate
Weathers), Jamie Kennedy (Randy), Skeet Ulrich (Bitly Loomis), Rose McGowan (Tatum Ritey). 111 Min.
(„Directot's Cut"; gekürzt: 110 Min.) FSK: ab 18; nf (gekürzt: ab 16; nf.) Verleih: Kinowelt.
Wes Craven, der ungekrönte König des amerikanischen „slashermovies" und Schöpfer der Albtraumfigur Freddie
Krueger, die er nach ihrer (filmischen) Geburt 1984 („Nightmare - Mörderische Träume", fd 25 237), sechs KinoFortsetzungen und zahlreichen TV-Serials selbst „zu Grabe getragen" hatte C.Freddy's New Nightmare", fd 31
161), erfüllte mit seinem neuesten Horrorfilm alle Erwartungen - zumindest an der Kasse. Mit über 100 Millionen
Dollar Einspielergebnis avancierte er in den USA zum erfolgreichsten Horrorfilm seit .,Der Exorzist", (fd 18 987).
Der Plot von „Scream" bietet auf den ersten Blick keine Überraschungen: Ein Killer im schwarzen Umhang und
einer leicht verfremdeten, entfernt an Munchs Gemälde „Der Schrei" erinnernden Totenmaske tötet in einer
kalifornischen Kleinstadt eine College-Schülerin und ihren Freund. Während die Polizei im dunkeln tappt und der
ganze Ort rätselt, wer der Mörder ist, sucht der sich sein nächstes Opfer: Caseys Klassenkameradin Sidney. Die
entgeht nur knapp dem Anschlag, weil in letzter Sekunde Deputy Dewey und überraschenderweise auch ihr
Freund Billy auftauchen. Billy wird daraufhin als Tatverdächtiger festgenommen. Als Sidney am nächsten Tag
erneut von dem Unbekannten in der Schule attackiert wird, scheint seine Unschuld jedoch bewiesen. Mittlerweile
hat sich auch die Sensationsreporterin Gale Weathers auf den Fall gestürzt, wurde doch vor einem Jahr Sidneys
Mutter vergewaltigt und ermordet. Sidney hatte damals einen der Liebhaber als Täter identifiziert, während Gale
nach wie vor von dessen Unschuld überzeugt ist. Da die Schule wegen der schrecklichen Ereignisse vorerst
geschlossen wird und die Polizei eine nächtliche Ausgangssperre verhängt, treffen sich die Teenies des Ortes zu
einer Horrorfilm-Party in einem abgelegenen Haus. Während Deputy Dewey das Anwesen observiert, Gale eine
versteckte Kamera im Haus installiert und Sidney und Billy sich wieder näher kommen, schlägt der Killer erneut
zu.
Während Wes Cravens Inszenierung in den eingefahrenen Bahnen des klassischen B¬Movies dahindümpelt, sie
allenfalls durch den Einsatz des Cinemascope Formates ein wenig aufmöbelt - wobei ihm und seinem
Kameramann keine wirklich aufregenden Bilder einfallen-, versucht das Drehbuch sich in ,.Medienkritik".
„Scream“ nimmt die Beziehung zwischen Film und seinem Publikum auf und vor der Leinwand aufs Korn: Die
amerikanischen College-Schüler um die Siebzehn herum, die wieder einmal ziemlich unglaubwürdig von
Mittzwanzigern dargestellt werden, scheinen außer Set, Popcorn und Horror-Videos keine Freizeitinteressen zu
haben. Der Killer nutzt das zu einem perfiden Mörder-Spiel aus: Caseys Freund wird auf bestialische Weise vor
ihren Augen ermordet, weil sie am Telefon die Frage nach dem Namen des Mörders aus, Freitag, der 13." falsch
beantwortet. Sie selbst wird in „Schweigen der Lämmer" -Manier ausgeweidet, weil sie nicht errät, durch welche
Tür ihr Mörder eindringt. Warum sie sich dieses Gespräch überhaupt aufzwingen lässt, bleibt genau so
unerfindlich wie später Sidneys Reaktion auf den Anruf des Killers. Sie findet seine Stimme auch noch sexy und
lässt sich auf die Veranda locken. Obwohl sie weiß, was Casey zugestoßen ist.
Und in der Schule bleibt sie, trotz eines unguten Gefühls, allein in der Toilette, damit der Zuschauer in den Genuss
der nächsten Attacke des Serienkillers kommt. So bezieht die Inszenierung ihren Spannungsaufbau letztlich aus
dem dümmlichen Verhalten der Opfer und einer unheilschwangeren Musik. Man mag darin parodistische Ansätze
sehen, besonders wenn im Finale der „Scary movie" Fan Randy bei der Video-Party dem Opfer auf dem
Bildschirm zuruft, es möge sich doch endlich umdrehen, während hinter ihm selbst schon der Totenkopf-Killer
das Messer schwingt, oder wenn Sidney eben jenen Fernseher mit den Worten „Stirb in deinen Träumen" auf den
Kopf des Killers fällen lässt. Aber diese Szenen bleiben, wie auch das genreübliche „Wiederauferstehen" des
Killers, auf Gag-Niveau hängen, „brechen" das Genre nicht wirklich. Das liegt vor allem auch daran, daß Craven
letztlich mehr die groben Strickmuster des Horrorfilms als die subtileren Spielarten des Psychothrillers bedient.
Um eine mehr innere Spannung aufzubauen, hätte es natürlich auch psychologisch durchgezeichneter Charaktere
bedurft. So nimmt man keinerlei Anteil am Schicksal der „flachen" Personen, wartet nur auf den nächsten
„Taschenspieler“ Trick. Eigentlich ist es wie mit dem berühmt-berüchtigten Hütchenspiel: wenn man genau
hinschaut (und mitdenkt), engt sich der Täterkreis sehr schnell (auf zwei Personen) ein. Alle anderen
Ablenkungsmanöver sind dermaßen durchsichtig, daß man sie ohnehin schnell fallen lässt. Und einen Täter aus
dem „Hut zaubern", den man vorher gar nicht eingeführt hat, das erlaubt sich nicht mal der drittklassigste Film.
Was bleibt, ist der übliche (Sound-)Ritt auf den Nerven des Zuschauers und das lustvolle Zelebrieren eines Spiels,
das in der Realität schon zu den täglichen (Horror-)Schlagzeilen gehört: Das Töten von Menschen aus purem
Spaß. Aber anders als Hanekes ..verwandter" Yunnv Garnes" (fd 3'2 731) vermittelt „Scream" dem Zuschauer
nicht die Leiden der Opfer, sondern nur den (zweifelhaften) Unterhaltungswert solcher abwegigen 1'antasien.
Rolf-Ruediger Hamacher
Ein Jahr nachdem ihre Mutter ermordet wurde, gerät eine College-Schülerin selbst in das Visier des Mörders.
Klassisches B-Movie. daß die Versatzstücke des Psychothrillers und Slasher-Movies eher ausschlachtet als
reflektiert. geschweige denn parodiert. Durch das lustvolle Zelebrieren des perfiden Spiels, Menschen aus Spaß zu
töten, hinterlässt der nur von äußerlicher Spannung getragene Film einen zwiespältigen Eindruck.