Simon Schön Dallas 2010
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Simon Schön Dallas 2010
Neurologie an der UT-Southwestern Medical School in Dallas, Texas Als erstes möchte ich mich bei Prof. Gänsbacher und seinen Mitarbeitern ganz herzlich dafür bedanken, dass mir die Gelegenheit zu dieser einmaligen Erfahrung gegeben wurde. Und auch Prof. Stüve in Dallas, der diesen Besuch überhaupt erst ermöglicht hat. Ich hatte das Glück, von Mitte August bis Mitte Oktober 2010 eine Hälfte meines Neurologie-Tertials an der University of Texas Medical School in Dallas absolvieren zu dürfen. Ich werde davon im Folgenden berichten. Bevor ich endlich ins Flugzeug stieg, gab es eine ganze Menge an Bürokratie zu bewältigen. Davon darf man sich nicht entmutigen lassen. In meinen Augen, hat sich der ganze Aufwand jedenfalls absolut gelohnt. Die Ansprechpartner in Dallas sind Prof. Olav Stüve (deutscher Neurologe), Dr. Mark Agostini und v.a. Joyce Mohler (Sekretärin). Zu erst klärten wir die Termine unserer Aufenthalte. Dafür war in erster Linie Dr. Mark Agostini zuständig. Er ist der Koordinator der Neurologie-Rotation (eine Art 4-wöchiges Blockpraktikum) der amerikanischen Studenten. Wir mussten leider eine Weile warten, bis unsere Termine endgültig bestätigt wurden. Aus eigener Erfahrung kann ich aber sagen, dass Dr. Agostini ein wirklich äußerst engagierter Lehrer ist und daher einfach immer sehr beschäftigt. Prof. Stüve und Joyce Mohler helfen auch immer, wo sie können. Und manchmal kann ein freundlicher Anruf auch mehr helfen als die achte Email... Wenn man dann seinen Termin hat, kann man sich um die Formalia kümmern. Dankenswerterweise hat die UTSW für visiting students eine homepage, auf der man alles finden kann und sieht, was von einem verlangt wird: http://www.utsouthwestern.edu//utsw/cda/dept20676/files/397167.html Seit meinem Aufenthalt haben allerdings sich ein paar Dinge geändert. So musste ich bspw. keinen criminal background check vorlegen. Den mask fit test haben wir vor Ort absolviert. Sobald man seine Unterlagen dann endich zusammen hat, schickt man die an Joyce Mohler und wird dann vom Immigration office kontaktiert. Von denen bekommt man das wichtige Formular I-20, mit dem man sich dann für ein Visum bewirbt. Das Visum zu bekommen war dann eigentlich nicht weiter schwierig, es kostet allerdings schon einiges, inkl. teure Anrufe beim amerikan. Konsulat um einen Termin zu vereinbaren. Aus leidgepüfter Erfahrung kann ich noch den Tipp geben, bei der Einreise unbedingt das I-20 dabeizuhaben. Ich hatte es vergessen, was mir einige Zeit bei der homeland security beschert hatte, so dass ich um ein Haar meinen Anschlußflug verpasst hätte. Leider hören die Verwaltungsaufgaben auch nicht auf, wenn man dann vor Ort ist. Da muss man dann auch noch einiges unterschrieben etc. Aber weil wirklich alle sehr freundlich und hilfsbereit sind, ist das alles auch gut zu meistern. Sollten sich irgendwann Fragen ergeben, kann ich gerne versuchen per Email zu helfen. Morgendlicher Blick auf einen Teil des Klinik-Komplexes rechts und Skyline im Hintergrund Wenn das alles geschafft ist, kann man sich endlich in die Klinik stürzen. Wir deutsche Studenten waren alle die ersten Wochen in der Aston Clinic. Das ist eine Ambulanz, in der die Oberärzte ihre Patienten sehen. In erster Linie schaut und hört man da zu. Wenn die Ärzte einen dann kennen darf man auch mal selber untersuchen und Patienten vorstellen. Danach habe ich dann an der rotation der amerik. Studenten teilgenommen. Das heißt, man ist auf einer Station eingeteilt mit ein paar anderen Studenten. Dort bekommt man „eigene“ Patienten, mit denen man die Aufnahme macht. Also Anamnese und Untersuchung. Je nach Station und resident schreibt man seinen Befund dann noch als note in das Computersystem. In der Besprechung mit dem Oberarzt, dem attending, stellt man seinen Patienen dann vor. Nach meiner Erfahrung sind wir als deutsche Studenten vom theoretischen Wissen mit den amerik. Studenten auf etwa demselben Niveau. Was die amerik. Studenten alle sehr gut können ist die strukturierte Patientenvorstellung. Da hilft es natürlich, wenn man öfter mal in der CDR war. Und dann kann man es sich dort nochmal kurz erklären lassen. Generell waren aber alle sehr geduldig und verständig, dass man das in einer fremden Sprache nicht perfekt beherrscht. Und wenn man es ein paar Mal gehört und gemacht hat geht es auch ganz gut. Nachdem dann alle Patienten besprochen wurden, werden ausgewählte Patienten besucht. Das allgemeine „auf Visite gehen“ wie in Deutschland, bei dem man alle Patienten jeden Tag sieht hab ich dort nie erlebt. Das hängt aber auch von den jeweiligen attendings ab, die viel eigenen Spielraum haben. Nach der Aston Clinic war ich 2 Wochen im Parkland Memorial Hospital, dem county hospital. Dort muss jeder Patient behandelt werden und dementsprechend gibt es auch relativ viele Gefängnisinsassen und Obdachlose. Aber auch die schwierigen Fälle, von denen man wohl nur an einer Uni-Klinik so viele sieht. Anschließend war ich noch 4 Wochen im VA, dem veterans affairs hospital. Dort werden – wie der Name vermuten lässt – Veteranen und z.T. deren Familienmitglieder behandelt. Also in erster Linie ältere Männer, aber nicht ausschließlich. Das Haus liegt im Süden der Stadt und nicht auf dem selben Campus, wie die anderen Häuser. Den Ablauf dort fand ich etwas ruhiger, aber nicht minder interessant. Zweimal die Woche fanden mittags Vorlesungen für die Studenten statt, bei denen wir i.A. auch erwartet wurden. Man darf dorthin auch ganz selbstverständlich sein Essen/Trinken/Kaffee mitnehmen und die Vorlesungen sind auch meistens sehr gut. Das teaching auf den Stationen ist abhängig von der Besetzung, wird aber schon von den residents, also den Assistenten, erwartet. Und wenn man Fragen hat, werden die auch immer beantwortet. Im Allgemeinen fand ich die Atmoshäre überall sehr kollegial und angenehm. Schlecht gelaunte und gestresste Ärzte habe ich kaum erlebt. Und wenn, würden die es nicht so zeigen. Und die Studenten werden ganz selbstverständlich in den Arbeitsablauf integriert und auch nach ihrer Einschätzung gefragt. Man soll mit der Zeit auch ruhig versuchen, die Fälle mitzudiskutieren und sich einzubringen. Und falls ich mal hilflos irgendwo herumstand und z.B. einen Raum gesucht habe, wurde ich gefragt, ob ich Hilfe bräuchte. Je nachdem, wo man gerade eingeteilt war, fingen die Tage entweder um 7 Uhr oder 8 Uhr an, fertig war man dann im Durchschnitt so zwischen 4 und 5. Manchmal etwas früher, manchmal etwas später. Und an den Wochenenden hat man dann genug Zeit, Dallas und Umgebung zu erkunden. Auch wenn ich erst den Eindruck hatte, da gäbe es gar nicht so viel, habe ich mit der Zeit festgestellt, dass es doch einiges gab, was sich lohnt zu erkunden. Kurz zusammengefasst würde ich empfehlen: • Sixth-floor museum und auch das Dallas Museum of Modern Art (samt Nasher Sculpture Garden) • In Fort Worth und v.a. den stockyards (Rodeo!) und Billy Bob`s (dem weltgrößten honky-tonk) stellt sich dann auch mal richtiges western feeling ein, ansonsten hat Fort Worth auch für Kunstinteressierte sehr viel zu bieten • sportmäßig die Texas Rangers (Baseball), wen der amerik. Fussball interessiert der FC Dallas im Pizza Hut Park(!), die Dallas Cowboys (teure tickets!) und natürlich die Dallas Mavericks mit Dirk Nowitzki! • diverse shopping malls, einige auch als discount (richtig günstige Markenkleidung etc.) • Die selbsternannte "Live Music Capital of the World"! und nebenbei auch texanische Hauptstadt Austin hat mir persönlich mit seiner jüngeren Bevölkerung, den vielen Bars und der vielen sehr guten live-music sehr gut gefallen! Fahrzeit etwa drei bis vier Stunden. • wenn man die Einheimische befragt, wird immer das Essen empfohlen! V.a. Tex-Mex oder Mexican (nicht dasselbe!) muss man mal versuchen. Und natürlich auch Barbecue! • wer sich noch an die TV-Serie Dallas erinnern kann oder wem davon – wie mir – eingehend berichtet wurde, der kann sich den Originaldrehort auf der Southfork Ranch ansehen • Je nach Jahreszeit sicher noch einiges mehr. Ich hatte das „Glück“ mehrere oktoberfests besuchen zu dürfen. Die Vorfreude auf Halloween war schon Wochen vorher recht deutlich... Unverschämt leckeres Sandwich mit unfassbaren cookies oben und unten und Vanille-Eis in der Mitte... Mein Zimmer habe ich über craigslist.com gefunden. Das lief bei mir ohne Probleme und ich habe einen sehr netten amerik. Mitbewohner gefunden, mit dem ich eine Wohnung geteilt habe. Es gibt wohl auch unseriöse Angebote auf craigslist.com, aber mein Eindruck war, dass man das an den Anzeigen merkt. Wie gesagt, bei mir war alles in Ordnung. Wie die meisten Studenten und Angestellte der Kliniken habe ich in der Gegend östlich des Campus am Harry Hines Blvd gewohnt. Vom Süden der Stadt wird einem eher abgeraten. Zilker-Park in Austin Blick auf die Skyline von Dallas aus Süden Leider ist der öffentliche Nahverkehr in Dallas wie in den meisten amerik. Städten im Vergleich zu Deutschland deutlich unterentwickelt. Das Netz wird zwar gerade ausgebaut und neue Stationen werden im Dezember 2010 eröffnet. Trotzdem empfiehlt es sich auf jeden Fall, ein Auto zu mieten. Sonst ist man in seiner Mobilität wirklich sehr eingeschränkt. Ich hatte das Glück, das ich mir mit zwei weiteren deutschen Studenten ein Auto teilen konnte und dass ich von einem unserer Vorgänger den Kontakt zu einer sehr netten Studentin bekommen hatte, die uns ihr Auto relativ günstig geliehen hatte und auch sonst viel geholfen hatte. Auf Nachfrage kann ich die Email-Adresse auch weitergeben bzw. bei ihr anfragen. Leider muss man seinen eigenen Kittel mitbringen und selber waschen und bügeln. An Hilfsmitteln hatte ich ein Stethoskop dabei, einen Reflexhammer und eine Untersuchungslampe. Manche der amerik. Studenten besitzen ein eigenes Ophtalmoskop zum Spiegeln des Augenhintergrundes. Ich hatte keines und es ging auch ohne. Vibrationsgabel hatte ich keine dabei. Dort sind auch andere als hier üblich, die es dort für 15$ gibt. Wie auch alles andere, was der Student so braucht. Insgesamt kann ich wirklich sagen, dass ich eine sehr gute Zeit in Dallas hatte und jeden beneide, der das noch vor sich hat. Inbesondere die offene Art und Hilfsbereitschaft, mit der einem fast jeder begegnet fand ich sehr angenehm und beeindruckend. Dadurch, dass man fest in den Ablauf integriert ist, lernt man eine Menge. Auch Dinge, die über das neurologisches Fachwissen hinausgehen, wie z.B. eine strukturierte Patientenvorstellung. Und wenn man sich auf die offene Art und den american way of life einlässt, kann man auch ausserhalb der Klinik viele tolle Erfahrungen machen! Simon Schön Email: [email protected]