Columne: „~“ auf Cuba

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Columne: „~“ auf Cuba
Bericht | Text: Basti Vaterland | Foto: Anna Kopetsch
Columne: „~“ auf Cuba
Die Idee
Ich stehe an den silbernen Sandstränden der Unvernunft. Der Ozean glitzert
wie das Innere einer Diamantenmine im
Schein einer Kabitlaterne. Mein Name
ist … und ich bin, Entschuldigung, war
eine Idee (Es ist immer etwas schwierig
von sich selbst in der Vergangenheit zu
schreiben, ich bitte hier Milde walten
zu lassen). Denn, wenn sie das hier
lesen ist alles schon längst vorbei. Aber
deshalb muss niemand, die schüttelnden
Hände gen Himmel gestreckt, dastehen
und „Warum gerade sie?!“ brüllen. Also,
wenn es jemand machen möchte, will ich
ihn oder sie nicht davon abhalten. Aber
es muss nicht sein. Ich will mich hier ja
nicht zum Märtyrer aufschwingen. Aber
wie gesagt, wenn da jemand Interesse
und Bedarf hat, blind zu folgen, ich
möchte da kein Verbot ausstellen. Das
ist fakultativ. Kann jeder halten wie ein
Dachdecker.
Ich reifte in einem kleinen Dorf in
der Nähe des Thalamus heran. Meine
Eltern waren arm, aber rechtschaffen.
Sie ermöglichten mir ein hohes Maß an
Bildung und machten mir klar, was für
ein wertvoller Schatz ich war. Ich wog
jeden Morgen beim Frühstück meine
Pro und Contras gegeneinander ab und
wandelte, in meiner freien Freizeit, auf
den verschlungen Pfaden durch die
tiefen dunklen Forste der Selbstreflektion. Kurzum, ich wuchs durch Licht und
Schatten zu einer beträchtlichen Größe
heran, dass meine Eltern bald meinten,
ich solle unser Dorf verlassen und beim
Gehirn vorsprechen. Sonst wäre meine
Bildung vergeudet, hier würde nicht das
aus mir werden, was dort aus mir werden
könnte. Man verabschiedete mich mit
einer Gulaschkanone und viel Tränen.
Meine arme kranke Mutter hatte mir
einen Schal gehäkelt und meine kleine
schwindsüchtige Schwester spuckte in
den Schnee und sagte: „Wenn ich will,
kann ich den Schnee rot machen.“
Der Weg verlief ohne berichtenswerte
Vorkommnisse. Dann stand ich endlich
vor dem Büro- und Verwaltungsgebäude
und sah an ihm nach oben. Es verlor sich
in den tief hängenden düsteren Wolken,
so dass die oberen Stockwerke nicht zu
sehen waren. Ich sollte mich hier im 23.
Stock melden. Einige Gänge und Treppen
später stand ich vor der Tür zum Vorzimmer des Gehirns. Ich malte mir aus, wie
es wohl da drinnen aussehen würde.
Sicher war der Fußboden aus Marmor,
mit Mosaiken übersät, ein kristallener
Springbrunnen stand in der Mitte der
großen Empfangshalle, sein sanftes Plätschern mischte sich unter die klassische
Musik, die aus versteckten Lautsprechern,
kaum hörbar, hervordrang und Pfauen
spazierten durch die reichhaltige Bepflanzung. Ich öffnete die Tür. Örgs. Die
Nadel rutschte von der Schallplatte, die
„~ auf cuba“ ist die die Columne
der offenen Kabarettbühne „Cubarett“
in der ~
Die Columne ist der Ort für die Künstler
des Cubarett ihr gesprochenes Wort
auch lesenden Augen zu Gehör zu
bringen. Das nächste Cubarett findet
am 3.9.2012 um 20 Uhr im Cuba Nova
statt.
mir diesen Traum gespielt hatte. Vor mir
stand eine kräftige Dame mit Oberlippenbart und Beinen einem Presslufthammer
gleich. Die Sprechstundenhilfe des Gehirns. „Guten Morgen, werte Dame, ich
bin eine Idee. Meine Eltern waren arm,
aber rechtschaffen.“ „Wat is los, do?!
“„Ähm, ich möchte mich beim Gehirn
vorstellen, ich bin eine Idee, die es für
unumgänglich hält, dass…“ „Ja ja, machn
Kopp zu do und hock dich zu den anderen. Wirst dann aufgerufen.“Sie deutete
auf eine Reihe splitteriger Holzstühle, vor
einer beigen Tapete. Zwei Ideen waren
schon vor mir da gewesen. Eine sah sehr
mitgenommen aus, als wüsste sie, was
der Begriff Ewigkeit bedeutet. Sie hatte
ein eingefallenes Gesicht, einen langen
Bart, dessen Ende ich nicht ausmachen
konnte und war in einen alten Jutesack
gehüllt, auf dem in großen Buchstaben
„Zwiebeln“ stand. Sie stierte ins Nichts
vor ihr. Die andere nickte mir freundlich
zu, als ich mich neben sie setzte. Ich
grüßte freundlich zurück und sah mir die
Überschriften der Lesezirkel und Broschüren an, die vor mir auf einem Tisch ausgebreitet waren. Ich wollte mich gerade
vorbeugen und nach einem Merkblatt mit
dem Titel „Demenz als Chance“ greifen,
da pfiff mir etwas feucht eine Melodie in
mein rechtes Ohr.
Ich fuhr herum. Es war die andere
Idee, die plötzlich rief: „Achtung!
Preis-Offensive! Wir schenken Ihnen die
Freiheit, sie bekommen alles, was sie
brauchen: Telefonanschluss mit Flatrate
und mit einer zusätzlichen Kaufoption
sind alle Gespräche zu Teilnehmern mit
dem gleichen Anschluss kostenlos. Alles
ohne Mindestvertragslaufzeit.“ Dann
wurde ihre Stimme plötzlich sehr schnell:
„ Das Verhältnis ist nur beim ersten
Vollmond im März kündbar und auch
nur, wenn der Vertrag, im Beisein eines
Außendienstmitarbeiters, auf der Nordseite ihres Hauses vergraben wird und
sie folgende Verse `Toi, toi, toi. Alles wird
wie neu.` sprechen, ansonsten verlängert
sich der Vertrag stillschweigend, mit dem
sie bei Abschluss auf Lebenszeit all ihre
Menschenrechte an 1 & 1 abgetreten haben.“ Die Idee hielt mir einen Zettel und
einen Kugelschreiber hin. Ich wollte ihn
gerade nehmen, da hörte ich plötzlich:
„Vergessen sie es, der Typ ist doch von
gestern. Bei uns gibt es heute das Ganze
mit einer DSL- Flatrate und monatlich
einer Gallone Gin, damit das Warten auf
die Bereitstellung erträglicher wird.“
„Den Gin nehm ich“, lallte eine Idee, die
sich im Türrahmen festhielt. Sie griff nach
der Flasche.
Plötzlich füllte sich das Wartezimmer.
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Ideen mit Werbeemblemen stürmten
in den Raum. „Enlarge your penis. Wir
wissen, was Frauen wollen“, „1.000
Euro Willkommensbonus. Nur heute und
nur für Sie“, „Sie wurden auserwählt!“
Etwas stieß mich in meine linke Seite.
„Pssssst! Hey, du!“, raunte es. „Wer ich?“
„Geeeenauuu. Willst du mal looky looky
machen?“ Die Idee sah sich verstohlen
um und begann ihren langen braunen
Mantel zu öffnen. „Ich weiß nicht. Wer
sind sie denn?“ „Sagen wir es so: Ich bin
schwer vermittelbar.“ Sie sah mich viel
sagend an. „Kapier ich nicht.“ „ Etwas
halbseiden, du verstehst?“ „Nein.“ „Hör
zu Junge, dass ist hier nicht ganz legal,
alles klar?“ „Ok.“ Die Idee öffnete den
Mantel. „Also, willst du nun nen Uranbrennstab kaufen, oder nicht.“
Da betrat die Sprechstundenhilfe das
Wartezimmer. „Ist hier jemand, mit dem
Betreff Job, Bewerbung oder Uni?“ Stille.
Niemand meldete sich. „Ok, alles klar. Die
da oben müssen es ja wissen. Mir auch
egal. Dann bitte Herr Pavlik“ „Ole, wir
fahren innen Puff nach Barcelona.“ Die
Idee mit der Gin-Flasche war aufgestanden und fiel vorn über und erbrach eine
riesige Lache in Technicolor. „Herr Pavlik,
sie sind ja schon wieder besoffen.“ „Nix,
ich kann hier liegen, ohne mich festzuhalten.“ „Gut, dann kommen sie mal
mit.“ Die Sprechstundenhilfe sammelte
die Idee auf und ging mit ihr hinaus.
„Guten Tag. Wollen sie auch beim Gehirn
vorsprechen?“ Die Idee mit den Uhren
war verschwunden. Stattdessen saß da
eine mit kurzer Hose, Hawaii-Hemd über
dem dicken Bauch, weiße Tennissocken,
Birkenstocks und einer Kamera um den
Hals. „Ja, hatte ich vor. Ich bin dafür,
dass man ganz schnell…“ „Interessant.
Ich bin eine spontane Idee. Ich war
gerade in der Gegend und dachte mir:
Da guckst du doch mal vorbei. Muss man
ja mal gesehen haben. Ist ja einzigartig
hier. Auch so von der Architektur her.
Allein die Farben, wie die sich im Raum
verspielen. Dieses Grau. Unglaublich!
Man glaubt es erst, wenn man es gesehen
hat, nicht wahr?“
Sie redete noch Stunden auf mich
ein. Es wurde draußen schon dunkel
und man hatte mich immer noch nicht
vorgelassen. Die anderen Ideen kamen
und gingen, selbst die Laberbacke war
mittlerweile angehört worden. Am Ende
saßen nur noch der Methusalem und
ich im Wartezimmer. Ich wurde langsam
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sauer. Der Rauschebart murmelt irgendetwas vor sich hin. Ich verstand immer
nur Fragmente. „ Astronaut…ja sicher…
Astronaut…Tierarzt…oder Cowboy…ne…
Indianer…Forscher…forschen ist gut…ja
sicher…lieber Geldabholer…ist gut…ganz
gut…oder…lieber
Skatebord-Verleih…
ja sicher…“ Die waren hier alle verrückt
wie die Buntspechte. Ich wollte jetzt
sofort vorgelassen werden. Der Saftladen
gehört radikal umgekrempelt und wenn
sich niemand dafür bereit erklärt, dann
würde ich das machen. Auf kurz oder
lang würde man nicht darum herum
kommen, mich in die Schaltzentrale zu
lassen. Die Sprechstundenhilfe betrat das
Wartezimmer. Na endlich.
„Sie gehen jetzt besser nach Hause.
Für heute ist Schluss!“ „Was? Das können
sie nicht machen.“ „Klar, kann ich. Anweisung von oben.“, sie zeigte über ihre
Schulter nach hinten. Für einen kurzen
Moment wurde vor meinen Augen ein roter Schleier heruntergelassen. Ich sprang
auf und rannte die dicke Frau über den
Der Schaum schlagende Dünnbrettbohrer Basti Vaterland, hypersensibler
Poet mit Hang zur Melodramatik,
lebt zurückgezogen in Mordor, wo er
sich in einer bekannten Imbiß-Kette
(vormals Schicksalsberg) neben seiner
schriftstellerischer Tätigkeit als Teilzeitork verdingt. Das Scheitern und der
Zerfall gehören zur vaterländischen
Vita, wie der Doppelkorn zu einem
muckeligen Kaminabend. Vaterland
scheiterte u.a. beim Versuch in Mordor
eine Landkommune zu gründen, um
dort Subsistenzwirtschaft betreiben
zu können, ebenfalls trug seine verfrühte Autobiographie „Begrabt mich
in einem Clownskostüm“ innerhalb
seiner ohnehin nicht reichhaltigen
Leserschaft zu einem erhöhten Zyankalikonsum bei. Um eine lange tragische Geschichte kurz zu halten, man
sollte diesem Knaben nicht einmal ein
abgebranntes Streichholz anvertrauen
und trotzdem klingt seine Botschaft,
wie ein Fanal von Bergeshöh‘: Schaffen wir uns ab!
Haufen. Ich riss wütend die Tür zum
Büro des Gehirns auf und brüllte sofort
los: „ Wer glauben sie eigentlich wer sie
sind?“ „Der Hausmeister und sie?“ Ich
realisierte plötzlich, was los war. Das
Gehirn war weg. Vor mir lag ein riesiger
Hohlraum und ein Hausmeister stand mit
seiner Bohnermaschine, die triefende
Kippe im Mundwinkel da und sah mich
an. „Was kann ich für dich tun?“ „Ich
bin eine lange gereifte Idee und möchte
vorsprechen.“ „Bei wem? Bei mir, oder
was? „Nein, ich…“ „Bleiben sie mir mit
dem akademischen Scheiß vom Leib. Da
hab ich keine Aktien drinne.“ „Darum
wollte ich ja zum Gehirn.“ „Hat schon
Feierabend gemacht. Ich weiß auch nicht,
wann es wieder kommt. Ist nur noch
sporadisch hier. Wenn du mich fragst,
die machen den Laden hier bald dicht.
Wir machen hier nur noch Kurzarbeit.
Aber meld dich doch einfach bei dem
äußeren Geschlechtsorgan, die machen
da unten auf jeden Fall weiter.“ „Ok, und
wo finde ich die?“ „Den Gang runter und
dann am Ende links. Ich muss jetzt hier
weiter bohnern. Soll ja wenigstens schön
aussehen, wenn die Touristen kommen.“
„Viel Erfolg und danke.“
Wenigstens etwas. Das Geschlechtsorgan würde ich schon überzeugen können.
Ich rannte den Gang herunter und stand
vor einer Tür. Links und rechts waren
auch Türen, aber sie schienen dunkel.
Diese hier nicht. Ich sah einen Lichtschein unter dem Türschlitz her leuchten.
Ich klopfte an. „Codewort!“, schnarrte es
von drinnen. „Ähm, wer ist denn da? Ich
bin eine Idee und wollte mich hier mal
melden.“ „Falsch! Noch zwei Versuche.“
„Hören sie, ich habe jetzt keine Lust auf
irgendwelche dummen Spielchen. Mein
Anliegen ist existenziell.“ „Falsch. Noch
ein Versuch, dann wird der Selbstzerstörungsmechanismus in Gang gesetzt.“
„Sind sie des Wahnsinns?“ Da öffnete
sich plötzlich die Tür. „Richtig!“, sagte
eine heisere Stimme, „Sie sind befugt
einzutreten.“ Ich wurde von einem kräftigen Arm in den Raum gezogen. Drinnen
glich es von den Lichtverhältnissen her
dem Hinterzimmer einer schmierigen
Spelunke. Überall lagen Schmierzettel
mit seltsamen Zeichnungen und wirrem
Gekrakel. Die Wände waren gespickt
mit apokalyptischen Versen: „Denn sie
werden kommen und Cholera-Erreger
in der sächsischen Schweiz vergessen.“
„Was ist das?“ fragte ich auf die Zettel
deutend. „Fluchtpläne.“ „Aha, Sie wollen
fliehen?“ „ Kann man so sagen. Ich plane
meinen großen Durchbruch.“ „Sind sie
das äußere Geschlechtsorgan?“ „Nein,
ich bin der Blinddarm.“ Und dabei begann er laut und schrill zu lachen. „Und
ich werde ganz groß rauskommen…wenn
alles gut geht. Diese Schweine meinen,
sie könnten mich wie den letzten Dreck
behandeln. Keiner grüßt mich, die Jungs
von den Magenschleimhäuten laufen
einfach an mir vorbei, ohne auch nur
einen Ton zu sagen. Halten sich für wunders wen. Diese seidenhaarigen Ferrero
Küsschen-Wichser. Meinen, sie könnten
den ganzen Scheiß bei mir abladen und
hintenrum erzählen sie, ich sei unfähig
und überflüssig. Da läuft doch schon länger was bei denen. Eine Verschwörung.
Aber ich bin dahinter gekommen. Ha.
Jetzt ist meine Zeit gekommen.“ „Da hab
ich mich wohl in der Tür geirrt. Ich geh
dann mal wieder.“ „Nein, warte noch.“
Er hielt mich am Arm fest. „Ich bräuchte
noch wen zum Schmiere stehen. Das
kannst du doch machen. Du kannst für
mich arbeiten.“ „Nee, danke. Ich hab
noch Wurst im Auto.“
Ich riss mich freundlich, aber bestimmt
los und verließ das Zimmer. Ich hörte
ihn noch lachen, während ich versuchte die äußeren Geschlechtsorgane zu
finden. Plötzlich stand ich vor einem
zugenagelten Büro. An den Brettern
hing ein gelber, welliger Zettel, er sah
aus wie ein Käsebrot, das unter einer
Höhensonne vergessen worden war, und
auf ihm stand: „Hier entsteht in Kürze
die Abteilung für Kreativität“ und ganz
klein und noch kaum lesbar unten rechts
in der Ecke „Das Gehirn i. A. Kamchinski
Juli ´85.“ Ich ging weiter und kam erneut
am Wartezimmer des Gehirns vorbei. Der
Hausmeister redete auf den Methusalem
ein: „Wollen se nicht lieber gehen. Ich
mach jetzt hier zu. Packen sie ihren
Schlafsack, Campingkocher und Zelt ein
und gehen se.“ „Astronaut…Schriftsteller…ja
sicher…nee…Rockstar…Frauen
ansprechen…is gut…ja sicher“
„Das führt doch zu nix. Sie müssen mal
aufstehen. Rasieren, duschen. Ich komm
sonst hier nicht in die Ecken. Gehen sie
doch einfach mal an die Luft, sie sitzen
hier schon über 20 Jahre. Wollen sie sich
nicht lieber selbstständig machen?“
Ich suchte weiter. Ich könnte nicht
ohne eine Stelle hier wieder herausgehen. Ich bog rechts um eine Ecke und
stand vor einer Tür. Ich klopfte an und
öffnete sofort die Tür. Für einen kurzen
Moment sah ich das Zwielicht eines
laufenden Bildschirms einen dunklen
Raum leicht ausleuchten. Ein Schemen
von einer Hand huschte durch den Dämmerschein und brachte den Bildschirm
zum Erlöschen. Zip. Eine beinahe ertappt
klingende Stimme sagte leise: „Ja?“ „Oh,
entschuldigen sie vielmals, ich wollte sie
nicht erschrecken.“ „Schon in Ordnung.
Was möchten sie?“ „Ich bin…, es ist so
dunkel hier, soll ich vielleicht das Licht
anmachen?“ „Um Gottes Willen, nein!
Äh, ich meinte: Nein. Ich arbeite gerne im
Dunkeln.“ „Ach so, ok. Ich bin doch hier
richtig beim äußeren Geschlechtsorgan?“
„Ja, dass sind sie.“ Durch die Neonleuchten auf dem Flur, wurde das Büro,
oder um was es sich bei diesem Raum
auch handelte, spärlich beleuchtet. Am
Schreibtisch saß ein glatzköpfiger Mann
und neben ihm stand ein von Papiertaschentüchern überquellender Papierkorb.
Es roch seltsam. „Ich bin eine Idee. Ich
sollte mich heute beim Gehirn vorstellen,
aber von der dort wurde ich zu ihnen geschickt. Da waren heute so viele Einflüsse
von außen, da bin ich nicht an die Reihe
gekommen, eine unglaubliche Reizüberflutung, dass können sie sich nicht
vorstellen.“ „Reizüberflutung? Kenne ich.
Aber hören sie, kommen sie ein anderes
Mal wieder. Ich wollte gerade gehen,
ich fühl mich irgendwie so schlaff. Völlig
ausgelutscht.“ „Oh, dass tut mir leid. Es
geht auch ganz schnell. Also, ich vertrete
die Position, dass es unumgänglich ist…“
„Es tut mir leid, aber ich bin dafür nicht
zuständig. Erzählen sie das ihrem Friseur
oder gehen sie damit zum Blinddarm,
der schaukelt sich sowieso den ganzen
Tag die Hoden.“ „Das glaube ich nicht!“
„Was?“ „Ach nichts. Es dauert wirklich
nur einen kleinen Moment. Ich…“ „Nein!
Gehen sie jetzt.“ Die Stimme klang barsch
und abweisender als zuvor. Ich entschied
mich also zu gehen.
Ich war fertig. Ende. Sieger sehen anders aus und das nur wegen der Einflüsse
von außerhalb. Ich irrte noch ein wenig
durch die Gänge, weil ich nicht wusste,
was ich machen sollte. Da stand der
Hausmeister vor mir. „Na, Junge?! Wie ist
die Lage?“ Ich machte meinem Ärger Luft
und wetterte gegen die Ideen von draußen und das ein geschlossenes System
besser sei. Der Hausmeister sah mich an
und langte mir eine. „In einem geschlossenen System, mein Junge, würdest du
deine eigene Scheiße fressen.“ Dann warf
er mich vor die Tür. Ich stand im Schein
einer Lampe. Da kam jemand aus dem
Dunklen auf mich zu geeiert. Schlingerte
um die Laterne. Dann sah mich die Idee
mit glasigen von roten Äderchen durchzogenen Augen an. „Was bilden sich die
da oben eigentlich ein? Ich halte es für
sinnvoll ein Motorboot zu kaufen und
damit können wir um die Welt fahren“,
die letzten Wort rief er laut aus, drehte
sich um seine eigene Achse und würgte
trocken.
Ich sah das Büro- und Verwaltungsgebäude empor und dachte an den Blinddarm. Schmiere stehen und mal nach
draußen kommen war vielleicht doch
ganz ok. Aber sagt meinen Eltern nichts
davon, wenn ihr sie trefft. #
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