Ein Leben im ewigen Eis Die Inuit

Transcription

Ein Leben im ewigen Eis Die Inuit
Ein Leben im ewigen Eis
Die Inuit
Eine kleine Gruppe von Männern sitzt, dick eingehüllt in Mäntel, Mützen und Handschuhen
aus Bärenfell, um ein Loch in der Eisfläche herum. Mit einer Harpune in der Hand kauern sie
regungslos da, lauschen dem leisen Plätschern des Wassers.
Als ein Seehund das Atemloch erreicht, schlagen sie blitzschnell zu.
Die Männer gehören zu dem Volk der Inuit.
Die Kultur der Inuit
Die rund 150.000 Inuit leben hauptsächlich im arktischen Zentral- und Nordostkanada und
auch in Grönland. Oftmals werden sie auch heute noch als „Eskimos“ bezeichnet. „Eskimo“
ist eine Kurzform des Wortes „Esquimantisk“ und bedeutet „Rohfleischfresser“. Kein
Wunder also, dass viele der Inuit das Wort „Eskimo“ als Beleidigung auffassen.
In Inuktitut, der Sprache der Inuit, bedeutet „Inuit“ ganz einfach „Menschen“. Die Einzahl
davon, also „Mensch“, heißt „Inuk“, zwei Menschen werden „Inuuk“ genannt. Es gibt jedoch
auch Inuit-Volksgruppen, wie beispielsweise die im nordwestlichen Kanada, die das Wort
„Inuit“ überhaupt nicht kennen. Sie nennen sich zwar selbst auch „Menschen“, benutzen
dafür aber Worte aus anderen Sprachgruppen, wie zum Beispiel „Alutiiq“, „Inupiat“ oder
auch „Yupiget“.
Durch deutsche Missionare, die Teile der Inuit-Bevölkerung um das Jahr 1770 dazu zwangen,
Christen zu werden und teilweise sogar deutsche Vornamen anzunehmen, wurden deutsche
Worte mit nur kleinen Veränderungen in das Inuktitut übernommen. Dazu zählen
beispielsweise die Wochentage „Sontag“, „Montag“ und „Dinstag“.
Robben, Wale, Karibus … Die Nahrung der Inuit
Es wird vermutet, dass die Inuit etwa 3000 v.Chr. von Asien aus nach Alaska, also
Nordamerika, kamen. Damals ernährten sich die Inuit fast ausschließlich von der Jagd, was
heute nur noch selten vorkommt. Zwar sammelten sie auch Beeren und fingen Fische, aber
ihr Überleben sicherten sie vor allem durch die Jagd von Meeressäugern, wie Robben,
Walrossen, Walen und Eisbären oder von Landtieren, wie beispielsweise den Karibus. Für die
Jagd entwickelten sie viele unterschiedliche Methoden. Um zum Beispiel Robben zu fangen,
gingen die Inuit auf Atemlochjagd. Da sich Seehunde, um atmen zu können, Löcher im Eis
öffnen, machten sich die Jäger auf die Suche nach diesen Atemlöchern. Wenn sie dann eines
gefunden hatten, verharrten sie dort oft für mehrere Stunden, bis dann schließlich ein
Seehund auftauchte und sie ihn mit ihrer Harpune erlegen konnten.
Um Karibus, die nicht nur wegen ihres Fleisches, sondern auch des Felles wegen erlegt
wurden, zu jagen, trieben die Inuit die in Gruppen wandernden Karibus entweder zu Seen,
wo sie sie dann mit Kajaks verfolgten und
erlegten oder in eigens dafür errichtete
Einzäunungen, wo sie dann mit Pfeil und
Bogen erlegt wurden.
Auch für den Fischfang entwickelten die
Inuit ihre eigene Methode. So sperrten
die Inuit die Flussmündungen im Sommer
einfach mit Steinen zu, sodass es leichter
war auf der verkleinerten Fläche, die
Fische, vor allem Forellen, mit Speeren zu
erlegen.
Die Jagd war eigentlich auch der einzige Grund, weshalb die Inuit als Nomaden lebten. Wenn
sie zum Jagen nicht weiterziehen mussten, da das Jagdwildvorkommen ausreichend war,
hatten die Inuit kein Problem damit, längere Zeit dort zu leben, wo sie gerade waren.
Um sich beim Jagen oder auch sonst auf dem Packeis und an Land fortzubewegen und
Waren zu transportieren, benutzen die Inuit niedrige, lange Schlitten (Qamutik), die von
Huskys, den von Polarwölfen abstammenden, Kälte, Schnee und Eis liebenden Hunden,
gezogen wurden. Auf dem Wasser benutzten die Inuit außerdem den Kajak oder den Umiaq,
was häufig als „Frauenboot“ oder „großes Boot“ bezeichnet wird.
Iglus, Hütten oder Zelte? Wie lebten die Inuit?
Mit den Inuit assoziieren die meisten Menschen wohl das Iglu. Was jedoch nur die wenigsten
wissen, ist, dass die Schneehäuser, also die Iglus, fast ausschließlich auf Reisen oder
Jagdausflügen zur kurzfristigen Unterkunft genutzt werden. Oft schützten Felle die
traditionellen Behausungen. Die Innenwände der Iglus wurden mit ihnen bedeckt, um für
gleich bleibende Temperatur im Innern zu sorgen und außerdem den Wind abzuhalten.
Zudem tropfte es dank der Felle an den Wänden nicht von der Decke, wenn die Inuit im
Innern der Iglus kochten, da die Felle die dabei entstehende Wärme auffingen.
In wärmeren Zeiten, also im Sommer, lebten die Inuit meist in luftdurchlässigen Zelten, die
mit Hilfe von Fellen und Walknochenstangen hergestellt wurde. Oder aber sie lebten in
festen Siedlungen, wie dem so genannten Langhaus.
Im Winter dagegen bewohnten die Inuit das „Qarmaq“, eine Hütte, die entweder aus Stein,
Gras, Erde, niedrigem Gestrüpp, manchmal auch aus Treibholz und Walknochen gebaut und
mit Schnee abgedichtet wurde.
Meist lebte man als Familiengruppen in Camps zusammen. Zur Beleuchtung wurde die
"Qulliq" verwendet, eine Serpentin-Öllampe, die mit dem Öl, das aus dem Speck von
Meeressäugern gewonnen wurde, betrieben wurde.
Nur wenige Inuit leben heute noch nach den Traditionen ihrer Vorfahren …
Durch das Vordringen der Weißen in den Lebensraum der Inuit leben heute nur noch sehr
wenige mit den alten Traditionen. Seit etwa Mitte des 20. Jahrhunderts hat der Großteil das
Nomadenleben aufgegeben und nur noch wenige ernähren sich von der Jagd, was unter
anderem auch daran liegt, dass beispielsweise die Jagd auf Robben oder Wale aus
Tierschutzgründen verboten wurde.
Die von der RegierA
eingeführte
B ung
C Schulpflicht und das
D Verbot der traditioE nellen Inuit-Sprache
F
G Inuktitut an Schulen
H und Internaten führI ten dazu, dass das
J Inuktitut bei vielen in
Vergessenheit geriet
und heute nur noch
selten
gesprochen
wird.
Neben den durch die
Weißen entstandeDie Kultur der Inuit wurde Jahrhunderte lang unterdrückt.
nen Schwierigkeiten
Heute werden wieder traditionelle Skulpturen hergestellt.
haben die Inuit heute
auch mit anderen Problemen zu kämpfen. Durch das immer wärmer werdende Klima
beispielsweise hat sich der Lebensraum der Inuit sehr stark verändert. Das Packeis schmilzt
und durch den so ansteigenden Wasserspiegel drohen viele der Holzhäuser der Inuit
umzukippen, da der Boden unter ihnen wegtaut und sie so keinen festen Untergrund mehr
K
haben.
Ein weiteres Problem besteht darin, dass immer weniger Inuit auf die Jagd gehen können,
denn große Fangflotten fischen die Meere leer, sodass für die Inuit nicht genug übrig bleibt.
Dadurch können sie sich nicht mehr ernähren und haben auch nichts, was sie verkaufen oder
womit sie tauschen könnten, um etwas zu essen zu kaufen. Durch das fehlende Geld ist es
den Inuit auch nicht möglich, die teuren Waren in den Supermärkten zu kaufen, weshalb
viele von ihnen auf finanzielle Unterstützung angewiesen sind.
Der Geldmangel, die Angewiesenheit auf andere, die extreme Abgeschiedenheit, überhaupt
die scheinbar ausweglose Situation der Inuit führte in manchen Gebieten zu erhöht
auftretenden Selbstmordraten. Oft sind davon besonders Jugendliche betroffen, da sie, wie
es auf der Internetseite www.planet-wissen.de treffend beschrieben ist, „zwar im Fernsehen
die weite Welt erleben, sich aber wie lebendig begraben vorkommen“. Durch die hohen
Reisekosten und das ohnehin schon knappe Geld ist es oft nur sehr wenigen möglich, jemals
ihr Dorf verlassen zu können.
Einzig die Inuit-Kunst und das Inuit-Kunsthandwerk bieten einigen Inuit seit der zweiten
Hälfte der 1950er Jahre neben dem Jagen und Fischen die Möglichkeit Geld zu verdienen.
Marmorskulpturen, Wandbehänge und -teppiche, Schmuck und Keramiken dienen vielen der
Inuit-Künstler als Lebensgrundlage.
Nunavut – ein Territorium für die Inuit
In Nunavut (wörtlich „unser Land“), einem Territorium im Norden Kanadas, haben die dort
lebenden Inuit die Möglichkeit sich weitgehend autonom, also selbstständig, zu verwalten.
Dafür mussten sie allerdings auf weitere Landforderungen und künftige Ansprüche auf
Eigenstaatlichkeit verzichten.
Am 1. April 1999 trat die erste gewählte Regierung Nunavuts in ihr Amt. Ihr Wahlspruch
„Unser Land, unsere Stärke“ soll wohl ein Hinweis darauf sein, dass die Inuit alles dafür tun
werden, nicht noch mehr ihrer Rechte und Traditionen zu verlieren.
Larissa Disch, 11a