Barmer theologische Erklärung - luth. Landeskirche in Braunschweig
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Barmer theologische Erklärung - luth. Landeskirche in Braunschweig
Von Barmen nach Leuenberg oder die Notwendigkeit gemeinsamen Bekennens Vortrag im Gemeindehaus der Marktkirche zu Wiesbaden am 28. Februar 2014 von Landesbischof Prof. Dr. Friedrich Weber Meine sehr verehrten Damen und Herrn, wenn ich über den Weg von Barmen 1934 nach Leuenberg 1973 spreche, dann will ich mit der Erinnerung an diese beiden Orte, die dort sich zu ganz unterschiedlichen Anlässen und Zeiten versammelten Menschen und deren Anliegen, das sich in einem wesentlich Punkt traf erinnern. Ich beginne mit Barmen. Für das Jahr 1933 waren Kirchenwahlen angesetzt. Sowohl die von der NSDAP massiv unterstütze Bewegung der Deutschen Christen (DC) als auch die Jungreformatorische Bewegung positionierten sich. Die Deutsche Christen hatten in ihrem Programm die rückhaltlose Bejahung des Nationalsozialismus festgeschrieben. Ihr Parole lautete: „Der Staat Adolf Hitlers ruft nach der Kirche, die Kirche hat den Ruf zu hören“. Ihre erste Reichstagung hatte sie im April 1933 in Berlin abgehalten. Vier Wochen später, im Mai 1933, stellte sich die Jungreformatorische Bewegung als Kirchenpartei der Öffentlichkeit vor. Unterzeichner des Gründungsaufrufes waren Hans Lilje, Walter Künneth, Friedrich Gogarten, Karl Heim, Wilhelm Stählin und später auch Martin Niemöller und Dietrich Bonhoeffer. Die Gruppe verstand sich als theologische und kirchenpolitische Alternative zur Glaubensbewegung Deutsche Christen. Sie forderte, „dass bei den kommenden Entscheidungen einzig und allein aus dem Leben der Kirche heraus gehandelt werde“. Die Anwendung des Arierparagraphen in der Kirche wurde von ihr grundsätzlich abgelehnt. Noch am Abend vor der Wahl hielt Hitler eine Rundfunkansprache und erklärte, an die Stelle „der Vielzahl der evangelischen Kirchen“ solle „wenn irgend möglich eine einige Reichskirche“ treten. „Im Interesse des Wiederaufstiegs der deutschen Nation wünsche ich daher verständlicherweise, dass die neuen Kirchenwahlen in ihrem Ergebnis unsere neue Volks- und Staatspolitik unterstützen werde“. 1 Die Kirchenwahlen am 23. Juli 1933 endeten mit einem überwältigenden Wahlsieg der Deutschen Christen, die im Schnitt etwa 70 % der Stimmen erreichten. Damit hatten die Deutschen Christen ihr Ziel erreicht, die Reichskirche unter ihrer Führung konnte errichtet werden. Es ging nun um die Umgestaltung der Reichskirche in „eine völkische Kirche, ihre Befreiung von allem Undeutschen im Gottesdienst, ihre Befreiung vom Alten Testament, die Beseitigung der Sündenbock- und Minderwertigkeitstheologie des Rabbiners Paulus“. In Analogie zum Reichsgesetz vom 7. April 1933 wurde in mehreren Landeskirchen noch im Herbst 1 Mehlhausen, Joachim, Artikel: Nationalsozialismus und Kirchen, in: TRE, 24, Berlin-New York 1994/2000, S.53 1 desselben Jahres der Arierparagraph eingeführt. Der Arierparagraph hatte zur Folge, dass Pfarrer und Kirchenbeamte in den Ruhestand versetzt werden mussten, wenn sie jüdische Eltern oder ein jüdisches Großelternteil hatten. Durch diese politische Situation veranlasst, wandte sich Martin Niemöller an die ehemaligen Mitglieder der Jungreformatorischen Bewegung. Aus dieser Initiative entstand der Pfarrernotbund, der in diesem Zeitraum mehr als ein Drittel der deutschen Pfarrerschaft gewann. Die kirchliche Opposition musste nun ihr Verhältnis zum gegenwärtigen Kirchenregiment klären. Des Weiteren war die Frage zu beantworten, wie Lutheraner, Bekenntnis- und Verwaltungsunierte und Reformierte miteinander verbunden waren und positiv zu einem gemeinsamen Tun finden könnten. Es ging also um die Frage der Möglichkeit eines gemeinsamen Bekennens. Mit der von den in Barmen versammelten 139 Vertretern lutherischer, reformierter und unierter Kirchen, freier Synoden, Kirchentagen und Gemeindekreise einstimmig Ende Mai 1934 verabschiedeten Theologische Erklärung zur gegenwärtigen Lage der Deutschen Evangelischen Kirche, der sog. Barmer Theologische Erklärung (BTE), wurde dies erreicht. Die eigentliche Schwierigkeit hatte darin bestanden, dass der staatliche Druck und die Verfremdung der Kirche klaren Widerstand verlangten, aber eine einheitliche evangelische Position von Lutheranern und Reformierten trotz großer Anstrengungen letztlich an der Bekenntnisbindung zu scheitern drohte. Was in der Reformationszeit nicht erreicht wurde und was Jahrhunderte lang nicht überwunden worden war, konnte nun allerdings nicht gleichsam in einem Handstreich erreicht werden trotz aller Anstrengung, zu einer Einheit angesichts der drängenden Situation zu kommen. Hans Asmussen sagte dazu in seiner Einbringungsrede: „Als Lutheraner, Reformierte und Unierte sind wir heute zusammengekommen. Eine frühere Zeit hat meinen können, dass die zwischen uns noch unerledigten Fragen unwesentlich seien. Wir erachten es als ein Geschenk Gottes, dass wir in den letzten Jahren gelernt haben, wie wesentlich diese Fragen sind. Es seien nur einige dieser Fragen genannt: Wie kann und soll das vor mehr als 300 Jahren abgebrochene Gespräch zwischen Lutheranern und Reformierten über das heilige Abendmahl, über die Lehre von Christus, über die Erwählung wieder aufgenommen werden? Kann und darf man die Union als Bekenntniskirche parallel den lutherischen und reformierten Kirchen bezeichnen? Hat die Union überhaupt ein Bekenntnis? Wir sind der Überzeugung, dass die Erkenntnis von diesem Unterschiede bei uns sehr viel klarer und theologischer ist als bei unseren Gegnern, und verabscheuen es, die konfessionelle Frage mit einer politischen zu verquicken, als ob der Unterschied von Luthertum und Calvinismus durch völkische Verschiedenheiten erklärt werden könnte. Aber bei dieser Erkenntnis können wir nicht umhin, jetzt gemeinsam zu reden und gemeinsam zu kämpfen. Denn der Angriff auf die christliche Substanz, wie er von Seiten der Deutschen Glaubensbewegung und von Seiten der Deutschen Christen erfolgt, liegt restlos außerhalb des Verhältnisses der Konfessionen“. 2 2 Niemöller, Gerhard: Die erste Bekenntnissynode der Deutschen Evangelischen Kirche zu Barmen. Teil II: Text-Dokumente-Berichte = Arbeiten zur Geschichte des Kirchenkampfs, Bd. 6, Göttingen 1959, S. 53 2 Ein Teilnehmer der Synode in Barmen hat die Atmosphäre und Situation treffend beschrieben: „Gott hat uns zusammengeprügelt, und vielleicht brauchen wir noch mehr Prügel.“ Eine gemeinsame Erklärung, die die Konfessionsgrenzen überstieg, konnte erreicht werden, weil die Auslegung des Textes der Theologischen Erklärung in der Perspektive der unterschiedlichen Bekenntnisgrundlagen für die Weiterarbeit offengehalten wurde. - Die Erklärung formuliert verbindliche theologische Aussagen, die trotz der unterschiedlichen Bekenntnisbindungen von allen unterschiedenen Positionen anerkannt wurden. - Die Erklärung wurde einmütig angenommen, d.h. es ist kein Dokument über die erreichte Einheit, wohl aber über das, was wir heute „versöhnte Verschiedenheit“ nennen. - Der wesentliche Schritt liegt darin, dass die verschiedenen reformatorischen Bekenntnisgrundlagen nicht mehr im Sinne sich ausschließender Gegensätze verstanden werden, sondern als Unterschiede auf gemeinsamer verbindlicher Grundlage. Während Gegensätze durch Widerspruch charakterisiert sind, bleiben Unterschiede durch gemeinsamen Grund aneinander gebunden. Das aber ermöglicht die Gemeinschaft gegenseitiger Anerkennung bei bleibenden Unterschieden. Im Abschlusswort der Bekenntnissynode an die Evangelischen Gemeinden und Christen Deutschlands wird dies noch einmal deutlich: „In Barmen hat vom 29. – 31. Mai 1934 die Bekenntnissynode der Deutschen Evangelischen Kirche getagt. Hier haben sich Vertreter aus allen deutschen Bekenntniskirchen im Bekenntnis zu dem einen Herrn der heiligen, apostolischen Kirche einmütig zusammengefunden. Glieder lutherischer, reformierter und unierter Kirchen haben aus der Treue zu ihrem Bekenntnis heraus ein gemeinsames Wort zur Not und Anfechtung der Kirche in unseren Tagen gesucht. … Den Versuchen, durch falsche Lehren, durch Anwendung von Gewalt, durch Unlauterkeit des Vorgehens unsere Front zu zertrümmern, setzt die Bekenntnissynode entgegen: Die Einigkeit der evangelischen Kirchen Deutschlands kann nur werden durch das Wort Gottes im Glauben durch den Heiligen Geist. So allein wird die Kirche erneuert“. 3 Wie ging es weiter? Und es stellen sich Fragen, so die, warum Barmen nichts zu Israel und den Juden sagt und nicht deutlicher gegen die Diktatur und die Menschenrechtsverletzungen protestierte. Kritisiert wurde die Erklärung von Werner Elert, der meinte, die Synode habe den Versuch der preußischen Generalsynode von 1846 erneuert und den Schein einer Bekenntniseinheit erzeugt. Ihre Einschränkung, dass die Mitglieder „ihren 3 Niemöller, S. 190 3 verschiedenen Bekenntnissen treu sein und bleiben“ und es Gott befohlen sein soll, was das für das Verhältnis der Bekenntnissynoden untereinander bedeuten mag, könne nur als Versuch angesehen werden, die Verantwortung dafür nicht wie die einstige preußische Generalsynode selbst zu übernehmen, sondern auch noch Gott zuzuschieben. Das konfessionelle Luthertum ist heute hinsichtlich seiner Bewertung der Erklärung in einem Übergang begriffen, hin zu einer Einbeziehung der Erklärung in den wichtigen Lehrbestand der Kirche. Es gilt festzuhalten, 1. Die BTE ist von Entstehung wie vom Inhalt her auch ein lutherisches Dokument. 2. Die BTE vermeidet es zwar, sich als Bekenntnis zu bezeichnen, weist aber alle Merkmale eines Bekenntnisses auf. Damit wird die konfessionalistische Verengung des Bekenntnisbegriffes aufgebrochen. Gerade wenn Bekenntnisse gemäß lutherischer Tradition „Symbola“ sind (FC 1-3), ist die BTE den Bekenntnissen zuzuordnen. 3. Ist die BTE so als Bekenntnis zu verstehen, muß sie wie die CA im Kontext der Hl. Schrift und auch von den vorgegebenen kirchlichen Bekenntnissen her ausgelegt werden. 4. Ein angemessener Umgang mit der BTE berücksichtigt, daß ihre Gültigkeit nicht in ihren Formulierungen als solchen beruht, sondern darin, daß diese rechte Bezeugung Christi sind. 5. Barmen ist kein „kirchenbegründendes Bekenntnis“ und beginnt keine neue überkonfessionelle Kirche. 6. Dennoch ist in der BTE gemeinsame kirchliche Lehre vollzogen worden. Sie ist Ausdruck von Kirchengemeinschaft. Daraus muss der Auftrag erwachsen, die bestehenden Lehrunterschiede aufzuarbeiten, wie es in der Leuenberger Konkordie geschehen ist. Die theologische Auseinandersetzung um den Bekenntnischarakter der BTE ist noch nicht abgeschlossen, sie begleitet auch den Kirchwerdungsprozess der EKD 1945, ebenso wie den der VELKD. Und sie gehört gewiss zu den Dokumenten, die die Stuttgarter Schulderklärung von 1945, die die deutschen evangelischen Kirchen wieder in die Ökumene zurückkehren ließ und das Darmstädter Wort beeinflusst. Nur zur Grundlage einer neuen Kirchengemeinschaft zwischen den aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen wurde sie nicht. 4 Die Leuenberger Konkordie von 1973 Erst 1973 mit der Leuenberger Konkordie geschah dies und das heißt, erst seit 41 Jahren besteht Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft und werden die Ordination und damit auch die Ämter der Kirchen, die aus der Reformation hervorgegangen sind, wechselseitig anerkannt. 1529 hatten sich Luther und Zwingli beim Marburger Religionsgespräch zwar auf alle bis dato als strittig angesehen Punkte bis auf den von der Präsenz Christi im Abendmahl einigen können – aber diese Differenz reichte aus, um zu erbitterten Auseinandersetzungen zwischen den evangelischen Konfessionsfamilien bis in das 20. Jahrhundert hinein aufzurufen. Als ich im April 1972 meinen Dienst als Vikar in einer reformierten ostfriesischen Gemeinde begann, waren die Diskussionen, die am Ende zum Abschluss der Leuenberger Konkordie führten, heftig am Gange, aber ein Ergebnis lag noch nicht vor. So gab es denn auch noch keine Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft zwischen den reformierten und lutherischen Christen, keine Anerkennung der Ordination. Und an vielen Orten standen zwei evangelische Kirchen nahe beieinander. Walter Klaiber beschreibt die Situation trefflich: „1973 - man bedenke es wohl – war das 2. Vatikanische Konzil schon 8 Jahre zu Ende gegangen und die große Neuorientierung innerhalb der römisch-katholischen Kirche in vollem Gange, während die reformatorischen Kirchen mit viel Bedenken und Zaudern endlich bereit wurden, einander Kirchengemeinschaft zu gewähren. Natürlich gab es viele Anläufe, das schon früher zu erreichen. Aber selbst unter der bedrängten Situation des Kirchenkampfes konnte sich die Bekenntnissynode der Evangelischen Kirche der Altpreußischen Union nach eingehenden Beratungen 1938 nur zu einer Empfehlung gegenseitiger Gastfreundschaft am Tisch des Herrn, aber nicht der vollständigen Abendmahlsgemeinschaft durchringen. 1973 – das war 25 Jahre nachdem 1948 die Grundordnung der Evangelischen Kirche in Deutschland beschlossen worden war, die sich damit nach ihrer vorläufigen Gründung von 1945 als „Bund lutherischer, reformierter und unierter Kirchen“ verstand, zwischen dessen „Gliedkirchen“ (sic!) es noch keine Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft gab. Zwar hatten die Arnoldshainer Abendmahlsthesen 1957 als Ergebnis zehnjähriger Lehrgespräche versucht, eine Grundlage dafür zu schaffen, aber sie stießen auf breite Ablehnung. Warum es dann endlich 1973 möglich war, nicht nur für die Kirchen in Deutschland, sondern für viele lutherische, reformierte und unierte Kirchen in Europa durch die Leuenberger Konkordie die Grundlage für die Gewährung von gegenseitiger Kirchengemeinschaft zu schaffen, bedürfte einer eingehenden Untersuchung“. 4 Der Erfolg hat seinen wesentlichen Grund darin, weil es zur Übereinstimmung im Evangeliumsverständnis gekommen ist, die es wiederum den die Konkordie Unterzeichneten ermöglichte, Kirchengemeinschaft zu erklären und zu verwirklichen. Indem die Signatarkirchen der Leuenberger Konkordie (LK) 1973 zu Feststellungen zu Abendmahl, Christologie und Prädestination kommen, schließt deren Anerkennung ein, dass die bislang geltenden und beschriebenen Gegensätze den 4 Walter Klaiber, Festrede zum 50jährigen Jubiläum der Leuenberger Kirchengemeinschaft, in: epd-Dokumentation Nr. 50/51-2010, 102 5 gegenwärtigen Stand der Lehre nicht mehr betreffen und kein Hindernis mehr für die Kirchengemeinschaft sind. Das Neue ist, dass die Konkordie die verpflichtende Geltung der Bekenntnisse in den beteiligten Kirchen festhält und sich nicht als ein neues Bekenntnis versteht. Sie will vielmehr die Ausdrucksgestalt einer in zentralen Glaubens- und Bekenntnisaussagen gewonnenen Übereinstimmung, die diese Kirchengemeinschaft ermöglicht, sein. Das Konzept der Leuenberger Konkordie wird im Unterschied zu einer trennenden Verschiedenheit als das einer versöhnten Verschiedenheit (Vielfalt) beschrieben. Der sozialethische Auftrag der GEKE Zu den Herausforderungen der Kirchengemeinschaft gehört ihr sozial-ethischer Auftrag. Die Signatarkirchen haben sich in der Konkordie verpflichtet, zu einer „möglichst großen Gemeinschaft in Zeugnis und Dienst an der Welt“ (Artikel 29) zu kommen und natürlich müssen sich evangelische Kirchen in Europa zu gesellschaftlichen und ethischen Fragen äußern. „Die Leuenberger Kirchengemeinschaft soll in die Lage versetzt werden, profilierter und zeitnaher als bisher in aktuellen wichtigen Fragen der Politik, der Gesellschaft und der Ökumene ein deutliches evangelisches Zeugnis abzulegen und insbesondere die Präsenz der evangelischen Kirchen auf europäischer Ebene auszubauen. Hierbei sind auch die bereits vorhandenen Strukturen und Kooperationen, insbesondere mit der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) zu nutzen und zu vertiefen.“5 Reaktionen auf politische Vorgänge sind aber nur möglich, wenn Kommunikation zwischen den Kirchen und zu den Leitungsgremien der GEKE existiert. Wie werden Themen für Voten eruiert? Wie ist es möglich bei aller Verschiedenheit der äußeren Situation der Mitgliedskirchen und bei differenter theologischer Einschätzung der Frage ethischer Urteilsbildung und entsprechender öffentlicher Positionierung zu einem gemeinsamen Wort zu finden? Das Problem und die Notwendigkeit der Positionierung der evangelischen Kirchen in Europa sind natürlich nicht erst heute erkannt. Ungeachtet dessen ist es nötig, die Beteiligungsprozesse innerhalb der GEKE weiter zu stärken. Ein seit 2005 bestehender Fachkreis Ethik hat mittlerweile ein Konzept für ein „Evangelisches Profil in Zeugnis und Dienst an der Welt“ entwickelt. Es lassen sich drei wesentliche Kennzeichen der Beiträge der GEKE zu politischen und gesellschaftlichen Fragen ableiten: - „Einheit in versöhnter Verschiedenheit“ als Vorbild für den europäischen Einigungsprozess. Das Konzept einer Einheit in versöhnter Verschiedenheit unterscheidet sich erheblich vom Konzept der EU einer Einheit in Vielfalt, da es für die Vielfalt der Gemeinschaft einen notwendigen gemeinsamen Grundkonsens voraussetzt. Es zielt aber auch nicht ab auf die zentralistischen Einigungskonzeptionen, die die Europakonzeption der römisch-katholischen Kirche prägen. Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind die 5 Abschlussbericht der 5. Vollversammlung, Frankfurt 2007,386 6 - - Voraussetzungen, die auch den Äußerungen der GEKE zu ethischen Fragen zugrunde liegen. Unaufgebbar ist eine spezifisch evangelische Zuordnung von Freiheit und Verantwortung. In Belfast 2001 hat man festgestellt: „Grundlegend sind der Begriff evangelischer Freiheit, die Zuordnung von Freiheit und Liebe im Sinne der Rechtfertigungslehre, der Begriff des Gewissens und die evangelische Gewissensbildung sowie ein evangelisches Verständnis für Verantwortung.“ Freiheit ist „nach evangelischem Verständnis niemals bindungslos, sondern mit Verantwortung und Liebe verbunden … Dieselbe Zuordnung von Freiheit und Verantwortung findet sich im Neuen Testament. „Alles ist erlaubt aber nicht alles nützt“, schreibt der Apostel Paulus. Entscheidungskriterium ist die Frage, was dem Mitmenschen, dem Guten und dem Frieden dient (1. Korinther 10,23ff).“6 Und zuletzt ist festzuhalten, dass auch die GEKE sich auf die Charta Oecumenica konfessionsübergreifend bezieht, die sich verpflichtet, die Einigung des europäischen Kontinents zu fördern. Schluss Mit Barmen ist das aufgenommen, was sich in den ökumenischen Freundschaftsarbeit schon vor und unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg bewährt hatte: Die verschiedenen Bekenntnisse – in diesem Fall sogar in ökumenischer Weite – nicht mehr als sich ausschließende Gegensätze zu verstehen. Wesentlich war die Feststellung, dass sie als Unterschiede zwar aber auf einer gemeinsam verbindlichen Grundlage zu sehen seien. Dies ist mit Leuenberg erreicht, muss aber immer neu bewährt werden. 6 Stellungnahme des Exekutivausschusses der GEKE zum Thema Religion und Meinungsfreiheit vom 08.04.2006 „Nicht mit Gewalt, sondern allein mit dem Wort ist für die Wahrheit zu streiten.“ 7