Interview mit Sabrina Mockenhaupt

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Interview mit Sabrina Mockenhaupt
Interview mit Sabrina Mockenhaupt am 30. März 2010
Vielen Dank für die Möglichkeit zum Interview. Wir haben das Interview in vier Bereiche
eingeteilt: Sport, CVJM und Prägung, Ausbildung und zum Schluss das Thema Öffentliche
Person.
A. Sport
Leichtathletik – Erfolge - Training
1. Liebe Sabrina, kannst Du uns etwas dazu erzählen wann und wie Du zur
Leichtathletik gekommen bist?
Wir hatten einen sehr engagierten Lehrer in der Grundschule, der uns ein bisschen
zum Laufen gebracht hat. Das hat mir aber nie so viel Spaß gemacht und wurde
dann wieder beiseite geschoben. In der Zwischenzeit waren meine Eltern auch
schon sportlich aktiv. Sie haben mit 30 angefangen zu laufen. Das hat man so aus
der Ferne mitbekommen und man hat immer gesagt: „Warum gehen die bei Wind
und Wetter laufen? Das ist ja bescheuert.“ So denkt man einfach als Kind.
Der Knackpunkt war dann so: Im fünften Schuljahr hat mich mein Klassenlehrer von
der Realschule, - der hat damals schon gesehen, dass ich Talent habe zum Laufen gegen eine zehnte Klasse 800 m laufen lassen. Das hat mich echt motiviert und ich
habe gedacht: „Die zieh ich ab die Mädels.“ Das habe ich auch gemacht! Er hat
dann einen Spruch gebracht, der mir nie mehr aus dem Kopf gegangen ist: „Wenn
man irgendwann mal 30 ist - was ich ja jetzt bald werde – und man hat ein Talent
gehabt und das nie genutzt, dann ärgert man sich vielleicht in seinem Leben.“ Das
sind so Sätze, die nimmt man als Jugendlicher eigentlich nicht so auf. Aber ich habe
diesen Satz nie vergessen.
Man entwickelt sich auch extrem von der fünften bis zur zehnten Klasse und in der
siebten oder achten Klasse kommt immer mehr der Gedanke: „Was möchtest Du
mal aus deinem Leben machen?“ Ich hatte jetzt nie den Drang zu studieren und bin
auch nicht so erzogen worden, dass mich da irgendwas interessiert. Meine Eltern
haben immer gesagt: „Du sollst eine Ausbildung machen.“
Also wurde der Weg dann schon vorgegeben, dass man im neunten Schuljahr auch
ein Praktikum gemacht hat. Parallel dazu habe ich dann ebenfalls so langsam
angefangen mit einer Freundin zu laufen.
Wie alt bist Du da gewesen? Da war ich 16.
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Anfang 16 – und wir wollten etwas für die Figur tun. Die natürlich nicht schlecht
war. Meine Freundin war ein sehr ehrgeiziges Mädchen und ist inzwischen Ärztin.
Die hat damals schon den Medicus gelesen und da hab ich mir gedacht: „Wie kann
man nur so was lesen? So was Anstrengendes.“ Ich habe mich dann lieber mit dem
Laufen befasst, weil ich dachte, das ist etwas, das ich gut kann.
Ja gut, ich war immer sehr klein, aber die Klappe war schon immer sehr groß. Im
Nachhinein ist mir bewusst geworden, dass ich immer Klassensprecherin war – bis
auf ein Jahr. Also irgendetwas hatte ich schon versucht um aufzufallen. Ich bin auch
mal zum Jazztanz gegangen. Da waren diese Mädels, denen es dann nur um
Schönheit ging und wer hat die schönsten Sachen an. Das war nichts für mich. Wir
waren jetzt finanziell nicht so gestellt, dass mir meine Eltern große Luxusgüter oder
sonst etwas kaufen konnten. Ich bin auch oft am Wochenende zu meiner Tante
gegangen und habe dort geputzt. So habe ich mir Taschengeld dazu verdient. Ich
hab mir schon immer überlegt, wie ich aus meiner Situation das Beste machen
kann.
Ich habe mich dann ganz normal zur Ausbildung beworben, die ich auch gemacht
habe. Zudem habe ich angefangen an den Satz von meinem Lehrer zu denken und
habe dann ab der neunten oder zehnten Klasse wieder angefangen mit dem Sport.
Am Anfang 3-4 Mal Training die Woche und dann wurde es immer mehr.
2. Welche ist Deine Lieblingsdisziplin?
Also eine Lieblingsdisziplin kann ich gar nicht so genau definieren, weil mir Laufen
einfach Spaß macht. Ich wurde das auch am Wochenende gefragt. Mir macht alles
Spaß. Deshalb laufe ich auch 3000 m, 5000m, 10000m oder Cross oder
Halbmarathon und Marathon.
3. Was sind Deine bisher größten sportlichen Erfolge?
Mein größter sportlicher Erfolg war bestimmt der Sieg beim Frankfurt-Marathon in
2:26:22, weil das schon ne schnelle Zeit ist. Dann bin ich 2005 überraschenderweise
Vize-Cross-Europameisterin geworden und 3. bei der Hallen-EM. Und natürlich
meine 25 deutschen Meistertitel.
4. Wie oft trainierst Du pro Woche?
Jeden Tag zwei Mal. Sonntags einen langen Lauf zwischen 20 und 30 Kilometer.
Wie viel Kilometer sind das in der Woche? Zurzeit sind es so zwischen 130 und 150
Kilometer und in Spitzenzeiten sind es zwischen 170 und 190 Kilometer.
5. Macht Dir das Training Spaß?
Ja, es gibt Phasen wo es tierischen Spaß macht, aber es gibt auch wirklich
Durststrecken. Ich sag mal nach jedem Tief kommt auch wieder ein Hoch. Ich denke
das hat jeder - auch im Beruf. Da hat man ebenfalls nicht immer Lust zu arbeiten.
Ich muss das Laufen als meinen Beruf ansehen. Aber der Spaß überwiegt schon.
Ich glaube es hat nicht jeder Lust bei Regen rauszugehen. Andere müssen nicht, ich
muss aber. Dafür müssen sie dann zur Arbeit. Grundsätzlich macht mir das immer
noch Spaß und ich denk mal das strahl ich auch aus und das merkt man mir auch an.
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6. Welches war ein besonderes Erlebnis im Zusammenhang mit dem Sport (im Training
oder beim Wettkampf)?
Sehr schön waren die olympischen Spiele in Peking, wo ich meine Bestzeit über
10.000 m gelaufen bin. Was ich nie erwartet hätte. Wenn das Stadion am Kochen ist
- das ist schon toll. Ein Erlebnis!
Gewinnen/Ziele nicht erreichen – Anspannung/Druck - Einzelkämpferin
7. Kannst Du das Gefühl beschreiben, wenn Du über die Ziellinie läufst?
Ja, das ist immer eine Erlösung. Weil die letzten Meter – egal welche Strecke es ist –
immer schwer werden. Natürlich ist die Erlösung am Schönsten, wenn Du auch
weißt, dass Du eine gute Zeit gelaufen bist. Aber auf der anderen Seite ist es auch
eine Erlösung, wenn man zwischendrin mal den Gedanken hatte aufzuhören und
man ist trotzdem ins Ziel gekommen. Da ist man doch froh, dass man es geschafft
und sich durchgekämpft hat. Das ist immer ein Wahnsinnsmoment!
8. Wie gehst Du mit der Anspannung vor dem Wettkampf um?
Eine Stunde vor dem Wettkampf fange ich erst mal langsam an loszulaufen und
mich aufzuwärmen. Ich bin dann eigentlich aufgedreht und frohen Mutes. Ich bin
selten so angespannt, dass ich mit niemand mehr rede. Ich muss so oft mit diesem
Druck umgehen. Ich arbeite auch mit Psychologen zusammen, um da besser mit klar
zu kommen. Ich mach mir nicht nur den Druck selbst, sondern ich krieg den auch
noch von Außen zu spüren und das ist dann schon schwierig damit umzugehen. Aber
ich versuch es immer noch auf die lockere Art. So dass man wirklich den Spaß nicht
verliert.
9. Wie groß empfindest Du den Druck von Außen?
s. oben
10. Wie gehst Du damit um, wenn Du ein definiertes Ziel nicht erreicht hast?
Ich bin dann schon nicht so erfreut. Ich analysiere auch und versuche den Grund zu
suchen und meistens finde ich den auch. Ja und dann geht es weiter. Ich muss
schon versuchen den Misserfolg schnell wieder abzuhaken und weiter zu arbeiten
und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen.
11. Du bist in einer Individualsportart aktiv und bist in Deinem Sport somit eine
Einzelkämpferin. Wie ist das für Dich? Überträgt sich diese Erfahrung in Dein Leben
außerhalb des Sports?
Ja, schon. Das wünsche ich mir manchmal. Ich bin auch privat mehr ein
Einzelkämpfer. Man könnte auch meinen, dass ich sehr gesellig bin , aber ich suche
auch meine Ruhephasen für mich. Das ist schon schwierig und ich versuche da auch
immer noch den Spagat zu finden.
12. Was bedeutet Laufen für Dich?
Laufen hat mir wirklich viel gebracht. Es hat mich weiterentwickelt. Es hat mich
kämpferischer gemacht. Es ist ein großer Stressabbau.
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Wenn man wirklich mal nicht gut drauf ist, dann geht man am Besten Laufen. Dann
haben sich nachher einige Probleme wieder in Luft aufgelöst. Ein guter Ausgleich
neben dem stressigen und sinnesüberfüllten Leben, was es mittlerweile überall gibt
- mit Internet, Fernsehen und allem. Also das sind echt Ruhemomente, die gönn ich
mir dann. Das ist wirklich toll!
B. CVJM (Christlicher Verein Junger Menschen) und Prägung
CVJM – Prägung/Orientierung im Leben – persönlicher Glaube
1. Was verbindest Du mit dem CVJM?
Ich fühl mich hier heimisch im CVJM-Heim. Da kommen Kindheitserinnerungen hoch.
Einmal habe ich auch ein Wochenende mitmachen dürfen. Es war ein schönes
Wochenende – mit Sport, Spiel und Spaß. Zusammen mit Jugendlichen etwas machen.
Meine Erinnerungen sind, dass das toll ist was der CVJM anbietet. Auch wenn ich die
Arbeit von Armin Kring in Wilnsdorf sehe, der immer noch ehrenamtlich die Schüler
unterstützt Sport zu machen. Und das ist mittlerweile auch nicht einfacher geworden.
Die Kinder haben sich noch dazu verändert.
2. Hattest Du schon einmal persönlich Kontakt zum CVJM? Wenn ja, in welcher Form?
s.oben
3. Was würdest Du sagen hat Dich in Deiner Jugend geprägt?
Meine Eltern, Freunde und klar das Umfeld auf dem Lande. Aber auch der ev.
Jugendkreis. Die Angebote, welche von der Kirche angeboten wurden, habe ich
ebenfalls wahrgenommen.
4. Glaubst Du an Gott?
Ja!
C. Ausbildung
Ausbildung/Stellensuche – Initiative pack’s
1. Hast Du eine Ausbildung?
Ja, Industriekauffrau.
2. Wie bist Du bei der Auswahl der Fachrichtung unter all den vielen Möglichkeiten
vorgegangen?
Ich wollte immer etwas machen, das mit Rechnen und Zahlen zu tun hat - eine
Bürotätigkeit. Ich wäre auch gerne zur Bank gegangen, habe aber durch meine Art
nicht ganz so zu einer konservativen Bank gepasst.
Nach meiner Ausbildung habe ich dann doch noch bei der Sparkasse gearbeitet - im
Zahlungsverkehr. Die Ausbildung waren für mich schon lehrreiche Jahre.
3. Haben Dich Deine Eltern oder Lehrer bei der Suche nach einer Ausbildungsstelle
unterstützt?
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Ja, schon. Also wir sind im BBZ ran geführt worden. Dann habe ich viele
Bewerbungen geschrieben. Die Eltern haben mich natürlich unterstützt. Auch die
Familie – mein großer Bruder.
4. Die Initiative pack’s will Jugendliche mit Hilfe von ehrenamtlichen Coaches in und
durch die Ausbildung begleiten. Was gefällt Dir besonders an dieser Initiative?
Es ist wirklich ein wichtiger Aspekt Jugendlichen Werte zu vermitteln und vielleicht
auch ein bisschen Verhaltenstraining zu geben. Was ich jetzt z.B. nicht so genossen
habe. Ich weiß, dass man ins kalte Wasser geschmissen wird. Das Schulleben ist
nicht so wie ein Arbeitsleben.
An pack’s gefällt mir, dass auch schlecht gestellten Schülern da wirklich ein Weg
geebnet wird. Das finde ich super! Sonst würden wirklich viele durch ein Raster
fallen und dann fallen manchmal auch Talente durch, die nie gefördert worden sind
oder nie entdeckt wurden.
In der Schule ist es ebenfalls schwierig, dass die Lehrer alle Talente rauspicken, die
ein Kind hat. Man kann den Lehrern auch keinen Vorwurf machen, wenn sie sich
nicht um jeden Schüler kümmern und da alles rauskitzeln können. Ist ganz
schwierig. Es gibt von der Art oder von der Erziehung her Leute, die melden sich
immer und Andere, die sind schüchtern und kommen dann gar nicht so zum
Vorschein. Ich glaube, wenn ihr da die Talente rausfischt, dann ist das wirklich eine
super Sache. Sonst säße ich jetzt auch nicht hier.
5. Warum möchtest Du gerne pack’s-Botschafterin sein?
s. oben
6. Was soll sich in der Region durch die Initiative pack’s verändern?
Ich denke schon, dass dadurch mehr Jugendliche Chancen bekommen und dass es
hier nicht so wird, wie in großen Städten, z.B. in Berlin. Dort gibt es viel mehr
Arbeitslosigkeit oder auch Hoffnungslosigkeit bei Jugendlichen. Ich bin der
Meinung, dass sich durch pack’s in der Region Einiges verändern wird. Betriebe
werden aufmerksam. Man muss als Betrieb auch erst mal darauf aufmerksam
werden und davon wissen, um dann unterstützen zu können.
D. Bekannt sein und Sonstiges
Öffentliche Person
1. Wie fühlt es sich an, wenn man im Rampenlicht steht?
Das ist zum Glück noch nicht das Rampenlicht, welches manch andere haben, die
jede Woche in der Bunten stehen. Es ist manchmal schon ein bisschen schwierig,
wenn einen so viele kennen. Die kennen eine so, wie sie einen aus der Zeitung
kennen und man gibt dort ein Bild ab, wie man gar nicht ist.
Ich bin ein ganz normaler Mensch. Manchmal muss ich schon schauspielern oder
switchen. Das fällt mir dann ein bisschen schwer. Wenn man z.B. schlecht gelaunt
ist und man hat ein Event und wird aufgefordert: „Na, erzähl mal“ und du hast
vielleicht gar keine Lust zu erzählen oder bist müde und versuchst das dann
irgendwie. Manchmal ist es schön im Rampenlicht zu stehen und manchmal ein
bisschen nervig.
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2. Du wirst zu Feierlichkeiten mit bekannten Schauspielern und anderen berühmten
Menschen eingeladen. Wie ist das für Dich? Beneiden Dich Deine Freunde darum?
Wenn ich bei einer Feierlichkeit bin und mir irgendwelche Promis anschaue, dann
sieht man eigentlich auch, dass das ganz normale Menschen sind. Dann schaue ich
aber auch, wie jetzt andere mich vielleicht anschauen. Ich bewundere die dann und
geh aber nicht so auf sie zu. Ich erzähle bei meinen Freunden nicht sehr viel
darüber – nicht vom Laufen oder von dem was ich erlebe. Ich möchte sie nicht
nerven oder auch nicht ausdrücken, dass ich etwas Besonderes bin. Ich möchte
keinen neidisch machen.
Sonstiges
3. Was darf in Deiner Tasche auf dem Weg ins Trainingslager niemals fehlen?
Ein schnulziges Buch, Oropaxs, Schminke – natürlich meine Laufschuhe. Pulsuhr,
GPS-Teil (km-Überwachung) und deutsche Klatschzeitungen, wenn ich im Ausland
bin.
4. Hast Du einen Tipp für Jugendliche? (ganz Allgemein oder auch zum Thema
Ausbildung)
- Nie aufgeben!
- Lehrjahre sind keine Herrenjahre! Auch wenn der Spruch echt alt ist und nervt.
Aber es ist ja doch was dran.
- Der Weg ist das Ziel! Und wenn man das dann schafft, dann kann man stolz sein. - Sich treu bleiben und den eigenen Weg gehen!
E. Vervollständige bitte folgende Sätze:
1. Olympia bedeutet für mich …
das Größte für einen Sportler!
2. Höher, schneller , weiter …
und ab und zu Erholung!
3. Pack’s im CVJM-Kreisverband Siegerland ermöglicht …
ganz Großes!
4. An Pack´s fasziniert mich …
.. dass es Menschen gibt, die so helfen wollen. Die Idee finde ich toll!
Was willst Du bei pack’s an alle die anpacken wollen weitergeben?
Jede kleine Unterstützung kann schon ganz viel bewirken!
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