MEISTErPrüFUNG IN INNSBrUck
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MEISTErPrüFUNG IN INNSBrUck
Aus- und Weiterbildung Laufsteg-Floristik Meisterprüfung in Innsbruck In der Meisterausbildung von Nicole von Boletzky können Floristen konkret lernen, wie Gestaltung funktioniert. Sie sollen für die Prüfung etwas Neues entwickeln – der Gestaltungsprozess steht stellvertretend für Ideenfindung, Machbarkeit und Umsetzung. Das Ergebnis ist „Laufsteg-Floristik“, die nicht in erster Linie praxisnah sein will, deren Ideen und Techniken aber durchaus – in abgemilderter Form – Eingang in die Praxis finden. Mitte März war in Innsbruck Gelegenheit, die Werkstücke der jüngsten Prüfung zu betrachten. Text: Edith Strupf Fotos: Meisterschule Innsbruck/Michael Gassner 60 5-2012 florieren! Blick in den Ausstellungsraum Bei unseren Berichten über Meisterprüfungen können wir nur eine Auswahl an Werkstücken zeigen. Dadurch sind die Dimensionen der Arbeiten oft gar nicht mehr richtig zu erkennen. Es ist aber ein ganz besonderes Erlebnis, die Werkstücke in Originalgröße und aus der Nähe zu betrachten. Mit diesem Blick in den Ausstellungsraum wollen wir einen Gesamteindruck vermitteln. Im Vordergrund ist die Arbeit „Mit Mensch – ohne Mensch“ von Lisa Thalmayr zu sehen. Sie gestaltete neun hohe Säulen, ein Teil davon war mit Beton verschlossen: Dort, wo Menschen sind, ist die Natur allzu oft versiegelt. Auf den restlichen Säulen gedeiht eine Vielfalt von Frühlingsblühern. Im Hintergrund sind zu erkennen: – Florale Bögen mit Blütenfüllungen von Weiß bis Rot von Romy Junge. – Der Tischschmuck von Julia Rachbauer: Sie erzeugte mit Zahnstochern ein Schachbrettmuster und setzte Amaryllis dazu. – Hängende Kugeln mit einer Oberfläche aus Kokosschoten, bepflanzt mit Rhipsalis, von Bettina Hirscher. – Die hängende Installation aus Schilf und Hyazinthen auf einem quadratischen Lehmring von Maria Steinmair. – Ein weißer Tisch und ein weißes Tor von Gabriele Erath – neben floralen Werkstoffen arbeitete sie bei beiden Werkstücken mit Papier und Licht. Brautschmuck oben: „Ja, ich will“, signalisiert die Manschette von Maria Steinmairs Brautstrauß. Mitte: Gabriele Erath setzte MilchsternBlüten auf eine Kugel aus Wollstoff. Die Kugel wird an einem dünnen schwarzen Reif gehalten. unten: Bei Heidi Ciglers Brautschmuck ist eine Kalanchoe-Kugel von einer Kronenform umschlossen. Information Der nächste Meisterkurs in Innsbruck beginnt Mitte September 2012. Nähere Informationen: WIFI Innsbruck, Tel. 0043590905-7266, www.wifi.at/tirol, oder bei Nicole von Boletzky, Know How Bildungszentrum für Gestaltung, Wangen/CH, Tel. 0041-44-2422182, www.knowhow.ch V on Floristen wird erwartet, dass sie immer wieder neue Ideen entwickeln, heute mehr denn je. Nicole von Boletzky will ihren Schülern das Handwerkszeug dazu geben. „Es stimmt ja nicht, dass einem ständig Ideen zufliegen, die man dann ganz einfach umsetzen kann. Das Ganze ist ein Prozess, eine systematische Vorgehensweise, bei der Vorstufen durchlaufen werden. Da ist vielleicht eine erste vage Idee, aber der Rest ist Arbeit.“ Dabei geht es um die Machbarkeit, um Variationen und Vorstellungskraft. „Es wäre zu teuer, alles auszuprobieren. Man legt erst los, wenn man sicher ist, dass die Umsetzung funktioniert.“ Zur Veranschaulichung erinnert Nicole von Boletzky an den Film „Amadeus“: „Man sieht und hört, wie Mozart eine Tonfolge am Klavier spielt, wie er daran anknüpft und weitermacht, wie er Versuche verwirft und von vorne anfängt. So geht das stundenlang, bis er irgendwann mit der Melodie zufrieden ist. Das lässt sich auf die Floristik übertragen: Wenn man etwas Neues entwickelt, muss man sich an die beste Lösung herantasten. Das ist mühsam, aber unerlässlich, wenn man zu einem guten Ergebnis kommen will. Im Meisterkurs diskutieren wir Gestaltungsfragen und Lösungsmöglichkeiten, sodass die Schüler in kurzer Zeit viel lernen und von den Erfahrungen ihrer Kollegen profitieren.“ Da die Perfektion der Werkstücke nur noch bedingt steigerbar ist, wird die Präsentation immer wichtiger. „Mit einer wertvollen Präsentation sind in der Praxis auch höhere Preise durchsetzbar“, sagt Nicole von Boletzky. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass zurzeit die Lehrinhalte des Meisterkurses aktualisiert werden. Speziell für Entwurfslehre, Ladenund Schaufenstergestaltung soll in Zukunft mehr Zeit zur Verfügung stehen. Dass Präsentation schon jetzt ein wichtiger Teil der Ausbildung ist, ist an der Ausstellung der Prüfungsarbeiten abzulesen: Die Floristen übernehmen die Räume im Veranstaltungsgelände „Hafen“ komplett leer, bis zu Eröffnung müssen in kurzer Zeit tausend Dinge von der Beleuchtung bis zur Besucherführung organisiert werden, denn die vielfältigen Werkstücke sind keinesfalls zufällig platziert, sondern folgen einem Ausstellungskonzept. n florieren! 5-2012 61 Aus- und Weiterbildung 3 1 2 4 5 62 5-2012 florieren! Straußform 1 Tina Bukovec fertigte Grundformen aus Zweigen (in „Floßtechnik“) und ergänzte sie mit Blüten und Blättern zum Strauß. Ein Teil der Zweige ragt über die runde Glasvase hinaus. 2 Heidi Cigler gestaltete eine Zipfelform aus Lärchenzweigen und fügte unter anderem kleine Zwiebelblüher hinzu. Gefäßfüllung 3 Tina Bucovec setzte viele Eichel-Fruchtbecher zu überdimensionalen Fruchtbechern zusammen und füllte sie mit Moos. Ihr Text auf den Präsentationssäulen war eine Einladung, Moos aus der Nähe zu betrachten und sich in Erinnerung zu rufen, dass Eichen ihren Ursprung in kleinen Samen haben: In einem Fruchtbecher war eine Eichel auf das Moos gebettet – der Waldboden ist Nähr boden für neues Leben. 6 Tischschmuck 4 Susanne Pirker ergänzte ihre Tischplatte mit Löffeln und platzierte Traubenhyazinthen. 5 Eva Baumann verwendete Wellkarton für ihren Tisch – die Oberfläche war nach ihren Vorstellungen bedruckt. Die Gläser stehen so, als würden sie von Händen gehalten. Für die Blüten verwendete sie Olivenöldosen. Sie ließ ein paar Lücken – statt echter Behälter sind die Dosen hier nur auf die Oberfläche gedruckt. Eva Baumann ist die erste MeisterAbsolventin in Innsbruck, die für alle Werkstücke die volle Punktzahl bekam: Strauß, Kranz, Brautschmuck mit Corsage, Gefäßfüllungen mit geschnittenen Werkstoffen, Gestaltung mit Pflanzen und Tischschmuck (Wahlarbeit). Sie gestaltete durchweg Werkstücke mit sehr moderner Ausstrahlung. Ihre Gefäßfüllung mit Pflanzen hatte zum Beispiel die Form eines iPhones: Bei ihrem „iBeet“ waren die Tasten bepflanzt. 7 8 Kränze 6 Gabriele Blümel entnadelte 280 Fichten ästchen bis zu den Spitzen und setzte sie in einen Plexiglaskubus mit Löchern. Ihre Idee: Mit Werkstoffen, die vor der Haustür wachsen, etwas Neues, Modernes schaffen. 7 Eva Baumann gestaltete einen Kranz aus weißen Blüten mit einem Hauch von Farbe. Der Aufbau ist einem Plattenspieler nachempfunden – über einen Kopfhörer war das Lied „Komm großer schwarzer Vogel“ von Ludwig Hirsch zu hören. 8 Waltraud Zöhrer erweckte einen „Betonkranz“ mit vielen Blüten in zarten Rosa- und Violetttönen zum Leben. florieren! 5-2012 63