WIRTSCHAFT UND RECHT Auftraggeber erstellt Schlussrechnung

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WIRTSCHAFT UND RECHT Auftraggeber erstellt Schlussrechnung
WIRTSCHAFT UND RECHT
W 087/2013 vom 29.08.2013
Auftraggeber erstellt Schlussrechnung
Verjährungsfalle für Auftragnehmer
Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat mit Urteil vom 26.03.2013,
Az.: 10 U 146/12, wie folgt entschieden:
1. Ist die Leistung abgenommen und erstellt der Auftraggeber
eine prüfbare Schlussrechnung an Stelle des Auftragnehmers, setzt deren Übersendung an den Auftragnehmer die
Verjährung der Werklohnforderung in Gang.
2. Für die Prüfbarkeit genügt es, wenn dem Auftragnehmer anhand der Schlussrechnung eine abschließende und sachgerechte Klärung des Werklohnanspruchs möglich ist.
3. Ein Aufmaß muss der Auftraggeber auch bei einem Einheitspreisvertrag nicht beifügen, wenn er in seine Schlussrechnung die vom Auftragnehmer in dessen letzter Abschlagsrechnung zu Grunde gelegten Massen übernimmt
und zwischenzeitlich keine Leistungen des Auftragnehmers
mehr erbracht wurden.
Nach Abnahme setzt der Auftraggeber (AG) dem Auftragnehmer (AN)
eine Frist zur Einreichung der prüfbaren Schlussrechnung. Nach fruchtlosem Fristablauf erstellt der Auftraggeber die Schlussrechnung selbst.
Hierfür legt er die letzte Abschlagsrechnung des Auftragnehmers zu
Grunde und vermerkt, dass er davon ausgeht, dass seit dieser Rechnung keine Leistungen hinzugekommen sind. Aufmaße fügt er nicht bei.
Auch hält er sich nicht an alle Anforderungen, die in seinen Vertragsbedingungen an eine Schlussrechnung gestellt werden. Der Auftragnehmer reagiert nicht. Erst fünf Jahre nach Erhalt der auftraggeberseitigen
Schlussrechnung erstellt der Auftragnehmer eine eigene Schlussrechnung und klagt die hiernach offene Restforderung in Höhe von 105.000
Euro schließlich ein. Das Landgericht weist die Klage wegen Verjährung ab. Hiergegen richtet sich die Berufung des Auftragnehmers.
Ohne Erfolg. Auch das OLG Stuttgart hält die Werklohnforderung für
verjährt. § 14 Abs. 4 VOB/B ermögliche es dem Auftraggeber nach Ablauf einer angemessenen Frist, die Schlussrechnung selbst aufzustellen. Sei diese prüfbar, sei im Fall erklärter Abnahme die Verjährung der
Werklohnforderung des Auftragnehmers in Gang gesetzt. Die Prüfbar-
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keit erfordere, dass der Auftraggeber alle ihm zugänglichen Leistungen
in die Schlussrechnung einstelle. Im Falle eines Einheitspreisvertrags
gehöre zur Ermittlung der Positionspreise einer prüfbaren Schlussrechnung normalerweise auch ein Aufmaß und gegebenenfalls Abrechnungszeichnungen. Liegen solche Unterlagen noch nicht vor, müsse
der Auftraggeber sie erstellen. Allerdings sei die Prüfbarkeit kein
Selbstzweck. Es reiche daher aus, dass der Auftragnehmer im konkreten Einzelfall in der Lage sei, die Schlussrechnung inhaltlich nachzuvollziehen. Dies sei dem Auftragnehmer im vorliegenden Fall ohne Aufmaßunterlagen möglich. Denn der Auftraggeber habe die Mengen der
letzten Abschlagsrechnung des Auftragnehmers in die Schlussrechnung übernommen. Der Auftragnehmer könne daher auf seine eigenen
Unterlagen zurückgreifen, nach denen er die in diese Abschlagsrechnung eingestellten Mengen ermittelt habe. Die Prüfbarkeit entfalle auch
nicht dadurch, dass der Auftraggeber die Anforderungen des Vertrags
an die Gestaltung und Bezeichnung der Schlussrechnung nicht eingehalten habe. Ohne andere Anhaltspunkte aus dem konkreten Vertragsverhältnis seien das nur Ordnungsvorschriften. Diese könnten zwar die
Prüfung erleichtern, sie erhöhten aber nicht die Anforderungen an die
Prüfbarkeit.
Praxishinweis
Das OLG überträgt die Anforderungen, die der Bundesgerichtshof an
die Prüfbarkeit von Schlussrechnungen des Auftragnehmers stellt, auch
auf auftraggeberseitig für den Auftragnehmer erstellte Schlussrechnungen. Der Fall zeigt, dass die Anforderungen an die Prüfbarkeit je nach
Einzelfall gering sein können. Auftragnehmer sollten daher die Verjährung im Blick behalten.