Axel W. Bauer - Medizinische Fakultät Mannheim

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Axel W. Bauer - Medizinische Fakultät Mannheim
Axel W. Bauer:
Anatomie und Öffentlichkeit. Medizinhistorische,
wissenschaftstheoretische und bioethische Aspekte.
In: Körperwelten: Einblicke in den menschlichen Körper. 30. Oktober 1997 bis 1. Februar
1998. Verlängert bis 1. März 1998. Ausstellungskatalog. Hrsg. vom Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim und vom Institut für Plastination, Heidelberg. 6., erweiterte Auflage. Mannheim 1998, S. 201-215.
1. Die Ausstellung "Körperwelten" als Medienereignis
Nachdem bis Mitte Januar 1998 innerhalb von nur 11 Wochen mehr als 300.000 Besucherinnen und Besucher die Mannheimer Ausstellung Körperwelten besichtigt haben, kann es gar
keinen Zweifel daran geben, dass die Darbietung der plastinierten anatomischen Exponate
im Museum ein singuläres Unternehmen ist, welches eine überwältigende öffentliche - und
veröffentlichte - Resonanz weit über den Rhein-Neckar-Raum hinaus gefunden hat. Nicht
zuletzt die Medien haben dazu einen ganz erheblichen Beitrag geleistet. Sei es die in den
Badischen Neuesten Nachrichten lesende Blumenfrau auf dem Karlsruher Wochenmarkt, sei
es der "lifegestylte" Hamburger Fernsehzuschauer von Willemsens Woche im ZDF, sei es die
Crailsheimer Lehrerin, die sich den Lokaltermin im baden-württembergischen Regionalprogramm von Südwest 3 ansah, seien es katholische und evangelische Geistliche in Mannheim,
seien es Medizinstudenten und Professoren der Heidelberger Universität - sie alle sprachen
plötzlich über Anatomie und über Plastination!
Überwogen "draußen im Lande" vor allem die eher neutralen bis aufgeschlossenen, wissbegierigen und an der Sache interessierten Stimmen, so war es merkwürdig zu beobachten,
wie das Echo auf die Ausstellung um so kontroverser und emotionaler, ja bisweilen sogar
polemischer und schriller wurde, je näher man dem geographischen Raum Heidelberg/Mannheim kam. Fast schien es, als gerate man in das Epizentrum eines moralischen
Erdbebens. So unerwartet groß das Interesse an den Plastinaten ist, so unerwartet dramatisch gestaltete sich eine Debatte, die sich vor allem um die ethische Vertretbarkeit der Ausstellung oder einzelner Teile davon dreht. Für einen an diesem Diskurs beteiligten Hochschullehrer für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin liegt es daher nahe, dass er sich
einmal genauer mit den medizinhistorischen, den wissenschaftstheoretischen und den bioethischen Aspekten der Anatomie in der Öffentlichkeit beschäftigen möchte.
Dabei muss ich eines vorausschicken, um nicht falsch verstanden zu werden: Es geht nicht
darum, einen ganz bestimmten ethischen Standpunkt als den einzig legitimen und korrekten
zu begründen. Gerade das ist nicht die Aufgabe der Medizinischen Ethik; das Fach wäre damit auch heillos überfordert. Jede konkrete ethische Stellungnahme ist vielmehr zeit- und
personengebunden und damit in gewissem Sinne subjektiv und angreifbar.
2. Anatomie, Öffentlichkeit und Kunst vom 16. bis zum 18. Jahrhundert
Als im Jahre 1543 der erst 28jährige Andreas Vesal (1514-1564), Professor der Anatomie zu
Padua, seine berühmten sieben Bücher über die Anatomie De humani corporis fabrica libri
septem herausgab, da führte er in der an Kaiser Karl V. (1500-1558) gerichteten Widmung
recht selbstbewusst aus: "[An der Universität] Löwen ... habe ich ... seziert und über den Bau
des ganzen menschlichen Körpers gelehrt. Infolgedessen scheinen die jüngeren Professoren
... nun ernsthaft bestrebt zu sein, Kenntnisse der Teile des menschlichen Körpers zu gewin-
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nen, denn sie wissen, welch wertvolles philosophisches Material aus solcher Kenntnis gewonnen werden kann".
Das war zunächst eine kühne Behauptung. Einige der Schlagwörter, die man im allgemeinen
mit der Renaissance verbindet, sind uns allen geläufig: Rückbesinnung auf die philologischen
Formen und ästhetischen Werte der griechisch-römischen Antike in Literatur und Bildender
Kunst, Philosophie und Wissenschaft; allmählicher Übergang von "mittelalterlichen" zu
"neuzeitlichen" Vorstellungs-, Denk- und Darstellungsformen in Auseinandersetzung mit der
Antike, ausgerichtet auf eine stärkere Individualisierung insbesondere von Künstlern und
Wissenschaftlern; Auflösung der dogmatischen Einheit von christlichem Glauben und wissenschaftlichem Wissen; Beginn einer "unbefangenen" Naturbeobachtung sowie Aufgabe
traditioneller Autoritätsgläubigkeit zugunsten einer Neuorientierung an Vernunft und Erfahrung; Abwendung vom scholastischen Aristotelismus und Hinwendung zu einer skeptischen
neuplatonischen Naturphilosophie.
Es ist jedenfalls keine Übertreibung, wenn wir in historischer Perspektive die Renaissance
des 16. Jahrhunderts auch als die Geburtsstunde der neuzeitlichen Anatomie begreifen. Vor
allem die konsequente Verbindung von Anatomie und Bildender Kunst hat zum Aufstieg dieser jungen medizinischen Disziplin beigetragen, denn sowohl in der Kunst als auch in der
Anatomie spielt ja das wahrnehmende Auge des Beobachters eine entscheidende Rolle. Dass
die Verlässlichkeit persönlicher Erfahrung, der Autopsia, durch keine noch so gute Überlieferung ersetzbar sei, war eine Erkenntnis, die im Bereich der Bildenden Künste früher gewonnen wurde als auf dem Feld der humanistischen Wissenschaft und Poesie. Der Architekt Filippo Brunelleschi (1376-1446) hatte bereits zu Beginn des 15. Jahrhunderts die zentralperspektivische Konstruktion entwickelt und damit eine ikonographische Strategie, um die darzustellenden Räume und Gegenstände vom Standpunkt eines individuellen Beobachters aus
wirklichkeitsgetreu zu fixieren.
Für Leonardo da Vinci (1452-1519), einen Schüler des Florentiner Malers und Bildhauers
Andrea del Verrocchio (1435-1488), war diese Innovation bereits ein geläufiges Verfahren. Er
setzte die möglichst naturgetreue, transparente Darstellung des menschlichen Körpers auch
in seinen anatomischen Studien um, die zwischen 1472 und 1513 entstanden und in den
unvollendeten Blättern der Fogli und Quaderni enthalten sind. Dass die enge Verbindung
zwischen Bildender Kunst und Anatomie auf die Entwicklung dieser medizinischen Disziplin
einen erheblichen Einfluss bekam, hat einen einleuchtenden Grund: Das kognitive System
des Menschen ist - bedingt durch die evolutionäre Anpassung seines Erkenntnisapparates praktisch nur in der Lage, komplexe dreidimensionale Phänomene entweder in direkter Verbindung mit dem Objekt oder wenigstens mit Hilfe möglichst guter Abbildungen zu erfassen.
Die alleinige Lektüre selbst philologisch einwandfreier Texte, wie sie den humanistischen
Ärzten bald zur Verfügung standen, reicht dazu nicht aus. Männer wie Verrocchio, Michelangelo (1475-1564), Tizian (1477-1576) und Raffael (1483-1520) untersuchten um die Wende
vom 15. zum 16. Jahrhundert Skelette, und sie sezierten Körper. Ihr künstlerisches Interesse
galt jedoch primär dem Studium von äußerer Form und natürlicher Bewegung, das heißt sie
beschränkten sich auf die Darstellung von Knochen und jenen oberflächlich gelegenen Muskeln, die für die Konturen des Körpers und seine Motilität verantwortlich zeichneten. Durch
die Vervollkommnung der Perspektive wurde es gegen Ende des 15. Jahrhunderts möglich,
das Verhältnis von Organen und Gefäßen zueinander dreidimensional darzustellen.
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Mindestens ebenso wichtig wurde aber auch die technische Perfektion der Holzschnittillustration bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts. Dadurch wurde es nun viel leichter, eine Sektion
wirkungsvoll im Druck zu präsentieren. Leonardo da Vinci beschränkte sich nicht nur - wie
viele seiner Kollegen - auf das Studium geometrischer Proportionen, er beschäftigte sich
auch mit den tiefer gelegenen Teilen des menschlichen Körpers und beschrieb die Lage sowie die Gestalt innerer Organe. Er hat unter anderem das Auge mit den Sehnerven, das Gehirn und sein Ventrikelsystem, den Kehlkopf und den Bronchialbaum, das Herz und die großen Gefäße, die Baucheingeweide, die männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane sowie
den Foetus in utero abgebildet.
Natürlich gab es zu Beginn des 16. Jahrhunderts schon längst auch einen Präparierleitfaden
für Medizinstudenten, der zumindest in Norditalien sehr verbreitet war, nämlich die 1316 in
Bologna verfasste Anatomia Mundini von Mondino de Luzzi (1275-1326). Sein Ziel lag jedoch
mehr in der scholastischen Demonstration und Bestätigung der antiken Autoritäten als in der
eigenständigen Entdeckung. Diesen Schritt vollzog erst mehr als 200 Jahre später der Anatom Andreas Vesal. Zu Silvester 1514 als Spross einer deutschen Familie in Brüssel geboren,
verlebte er seine Jugend dort als Sohn des Leibapothekers von Karl V. (1500-1558), dem damaligen Spanischen und Römischen König und späteren Kaiser des Reiches (seit 1530). Mit
14 Jahren (1528) begann Vesal ein philologisches Studium in Löwen, 1531 wechselte er als
Medizinstudent nach Paris. Bei seinen akademischen Lehrern, Johann Guenther aus Andernach (1505-1574) und Jacques Dubois (1478-1555), lernte Vesal vor allem galenische Medizin und Anatomie. Jacques Dubois sezierte als einer der ersten Anatomen Menschencorpora
anstelle von Schweinen, benannte Muskeln mit Namen statt mit Zahlen, erfand die Injektion
von Farblösungen in Blutgefäße, entdeckte einige Venenklappen und beschrieb das Peritoneum anatomisch korrekt. Dubois war also sowohl ein kreativer Anatom als auch ein gebildeter Humanist. In dieser letzteren Eigenschaft blieb er zeitlebens ein orthodoxer Galenist,
der seine eigenen, von den klassischen Lehrtexten abweichenden Entdeckungen zu anatomischen Anomalien erklärte, um nicht in einen für ihn unerträglichen Widerspruch mit der Überlieferung zu geraten.
Sein Schüler Vesal ging eben diesen einen Schritt weiter: Auf Friedhöfen und Hinrichtungsstätten organisierte er sich Material zur eigenen Präparation, deren Resultate oft gar nicht
mit den Texten der Bücher in Übereinstimmung zu bringen waren. So geriet der junge Arzt
immer deutlicher in dasselbe Dilemma wie seine Lehrer: Der Versuch, die antiken Autoritäten zu restaurieren, mündete wider Erwarten in deren allmähliche Demontage. Nach Löwen
zurückgekehrt, führte er dort bereits im Jahre 1536 eine öffentliche Sektion durch. Im Dezember 1537 promovierte Vesal an der Universität Padua, worauf er in Padua vom venezianischen Senat einen fünfjährigen Zeitvertrag als Professor für Chirurgie mit Lehrverpflichtung
zur Anatomie erhielt. In diesen fünf Jahren, also zwischen seinem 23. und 28. Lebensjahr,
schuf Andreas Vesal sein anatomisches Lebenswerk. Bereits 1538 veröffentlichte er in Venedig die Tabulae anatomicae sex mit drei von ihm selbst entworfenen Arterien- und Eingeweidedarstellungen sowie drei wirkungsvollen Skelettfiguren des Tizian-Schülers Johann Stephan von Kalkar (1500-1546).
Professor und Prosektor in einer Person vereinigend, sezierte Vesal 1539 die Leichen aller in
Padua zum Tode verurteilten Delinquenten. 1540 folgten anatomische Demonstrationen in
Bologna. Dabei wurde Vesal von Tag zu Tag deutlicher, dass Galen offenbar keine Menschen,
sondern überwiegend Rhesusaffen präpariert hatte. Nach dreijähriger Forschungsarbeit er-
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schien 1543 Vesals De humani corporis fabrica libri septem, jener 663 Seiten starke Foliant,
mit dem der Autor berühmt und zum oft apostrophierten Begründer der wissenschaftlichen
Anatomie der Neuzeit wurde. Mehr als 250 Illustrationen, 14 ganzseitige "Muskelmänner"
und 3 Skelette (2. Buch), gezeichnet von Tizian bzw. einem seiner Schüler, vor Landschaftsmotiven des von Tizian beeinflussten Paduaner Malers Domenico Campagnola (1500-1564),
mit einem Bildnis Vesals von Johann Stephan von Kalkar vor dem eigentlichen Text, machten
das in einem strengen ciceronianischen Neulatein gehaltene Werk nicht nur in morphologisch-topographischer und philologisch-stilistischer, sondern auch in künstlerischästhetischer Hinsicht zu einem einzigartigen bibliophilen Ereignis.
Die Fabrica als Dokument von Vesals Streben nach einer Wiedergeburt der Zergliederungskunst bestimmte während der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts den wissenschaftlichen
Diskurs in Anatomie und Chirurgie, während die professionellen Holzschnitte aus dem Umfeld Tizians ebenso auf die Darstellung des Menschen in der Bildenden Kunst zurückwirkten.
Noch Rembrandts (1606-1669) Anatomievorlesung des Dr. Tulp aus dem Jahre 1632 ist dafür
ein oft reproduziertes Beispiel. Der dort porträtierte Anatom Dr. Nicolaas Tulp (1593-1674)
war übrigens zugleich Bürgermeister von Amsterdam, was als ein Zeichen für das durchaus
hohe Sozialprestige und für die Repräsentanz seines Berufes im öffentlichen Raum gelten
darf. Tulps anatomische Vorlesungen und seine öffentlichen Sektionen im Theatrum anatomicum waren in seiner Heimatstadt bei den gebildeten Bürgerinnen und Bürgern sehr beliebt, verbanden sie doch selbstbewusste wissenschaftliche Belehrung mit demütiger Ehrfurcht vor der göttlichen Schöpfung, gelehrten Zeitvertreib mit wohlig schauderndem Nervenkitzel.
Das war in den deutschen Universitätsstädten um diese Zeit nicht sehr viel anders. In Jena
zum Beispiel wirkte seit 1629 der Anatom Werner Rolfinck (1599-1673). Als erstes sorgte der
in Leiden und Padua ausgebildete Forscher für die Einrichtung eines Anatomischen Theaters
an der kleinen thüringischen Hochschule. In den folgenden vier Jahrzehnten führte der energische Mann zahllose öffentliche Sektionen in diesem Theater durch, für die er bald nicht nur
berühmt, sondern mehr noch berüchtigt war: Sprichwörtlich wurde das Verbum rolfincken,
womit die Jenenser die nicht selten illegale Beschaffung von Leichen durch ihren Anatomen
umschrieben, der seine Mitarbeiter bei Nacht und Nebel die Friedhöfe der Gegend regelrecht ausplündern ließ, um an Frischverstorbene heranzukommen. Doch Rolfinck war ein
begabter Wissenschaftler und ein produktiver akademischer Lehrer; weder die kirchlichen
noch die weltlichen Autoritäten konnten ihm etwas anhaben.
Auch in Heidelberg fanden im 17. Jahrhundert anatomische Sektionen in der Öffentlichkeit
statt. In der Regel verwendete man zu diesem Zweck Selbstmörder oder hingerichtete Verbrecher, denen nach kirchlichem Verständnis kein ehrenvolles Begräbnis auf dem Friedhof
zustand. So lud beispielsweise der Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg, Professor Georg Franck (1644-1704), durch Handzettel für den 27. Februar 1680 alle
lauter gesinnten Bürgerinnen und Bürger zur feierlich durchzuführenden Anatomie eines
Gehenkten ein. Natürlich waren solche Veranstaltungen eine bunte Mischung aus Belehrung,
gebührender Selbstdarstellung des Anatomen und Neugier bzw. Sensationslust des städtischen Publikums. So wie man heute in die Oper oder ins Schauspielhaus geht, so begab man
sich damals ins Theatrum anatomicum.
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Die Anatomen des 17. und 18. Jahrhunderts arbeiteten also nicht selten notgedrungen am
Rande der Legalität, und bisweilen ließen sie diese auch durchaus skrupellos durch Handlanger übertreten. So entfaltete ausgerechnet im Zeitalter der Aufklärung ein zwielichtiger "Berufsstand" sein verbrecherisches Gewerbe, dessen Mitglieder als Resurrektionisten bezeichnet wurden. Diese Leute besorgten für die Anatomen Leichen, indem sie Angehörige der
Unterschichten oder Waisenkinder einfach auf der Straße einfingen und kaltblütig ermordeten. Vor allem von ihren Eltern verlassene Kinder, die sich mit Betteln und kleinen Diebstählen über Wasser hielten, fielen den Resurrektionisten in die Hände. Johann Wolfgang von
Goethe (1749-1832) schilderte einen drastischen Fall aus England: "Sie bedienten sich narkotischer Mittel, die sie in den Wein mischten, um sich so des Individuums zu bemächtigen,
nach dessen Leichnam sie trachteten, und trugen ihn dann in einen Brunnen des Gartens, wo
sie ihn an den Füßen über dem Wasser aufhingen, bis ihn das in den Kopf steigende Blut erstickte".
Ähnliche Geschichten werden auch dem Großherzog Peter Leopold von Lothringen-Toskana
bekannt geworden sein, und so hatte im Jahre 1771 der Florentiner Anatom Felice Fontana
(1730-1805) ein starkes Argument zur Hand, um seinen Fürsten von der Notwendigkeit einer
Wachsfiguren-Anatomie zu überzeugen: Der menschliche Körper könne derart perfekt in
Wachs dargestellt werden, dass zum Zweck der Wissenschaft und der Lehre die Sektion von
Leichen für alle Zukunft überflüssig würde, so lautete Fontanas allzu optimistische Prognose.
Doch er durfte sein ehrgeiziges Projekt realisieren.
Fontana richtete zwischen 1771 und 1775 in der Nachbarschaft des Florentiner Palazzo Pitti
eine Werkstätte für die Herstellung von anatomischen Wachsfiguren ein. Die Technik
stammte aus den Werkstätten der Devotionalienhändler rings um den Florentiner Dom. Jedem, der das Geld dazu hatte, bildeten sie Heiligenstatuen aus Wachs, die dann an den Seiten des Duomo aufgestellt wurden. Den Figuren die rechte Stabilität und Ausdruckskraft zu
geben dauerte Monate. Zunächst mussten die in ihre Einzelteile zerlegten Leichen aus Ton
modelliert werden. Dann stellte man von diesen Tonformen Gipsabdrücke her. Anschließend
wurde der Gips gefettet. Die Modellierer füllten aus einem Kupfer-Zinn-Topf das Wachs ein,
das von Lage zu Lage weniger warm sein musste. Mit erhitztem Draht wurden die einzelnen
Muskelfasern nachgezogen. Die Blut- und Lymphgefäße stellte man aus Draht her oder benutzte dafür mit Wachs getränkte Baumwollfäden.
Bald war die Meisterschaft der anatomischen Wachsmodell-Schule von Florenz über Italien
hinaus bekannt. 1780 schloss der österreichische Kaiser Joseph II. (1741-1790) einen Vertrag
mit Felice Fontana. Binnen sechs Jahren entstand nun eine eigene, 1.200 Stücke umfassende
Kollektion für das Wiener Josephinum. Die Wachsmodelle wurden auf Maultiere geladen
und über die Alpen geschickt. Obwohl etliche Statuen den Transport nicht heil überstanden,
sind im Wiener Institut für Geschichte der Medizin heute noch etwa 800 dieser Figuren erhalten. Sie werden alljährlich von vielen Tausenden Besuchern als Touristenattraktion bestaunt. Allerdings: Es handelt sich um Wachsmodelle, nicht um "Originale" wie bei der
Plastination. Wer die Mannheimer Ausstellung Körperwelten gesehen hat, der wird die Wiener Sammlung zwar immer noch mit größtem Respekt vor der künstlerischen Leistung Fontanas und seiner Mitarbeiter betrachten; zu faszinieren vermögen die leicht angestaubten
Wachsfiguren ihn künftig jedoch nicht mehr.
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3. Der Rückzug der Anatomen in ihre Hochschulinstitute im 19. und 20. Jahrhundert
Mit dem Beginn des bürgerlichen 19. Jahrhunderts endete vorerst die Beziehung zwischen
Anatomie und Öffentlichkeit. In diesem sowie im 20. Jahrhundert wurde die Anatomie eine
rein naturwissenschaftliche Disziplin im Rahmen der Humboldtschen Universität, der universitas litterarum. Morphologische Detailforschung im Bereich der feingeweblichen Mikroskopischen Anatomie, in den letzten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts vor allem im Bereich der eher molekularbiologisch und biochemisch orientierten Zellbiologie, trat allmählich
an die Stelle der zunehmend "ausgeforschten" Makroskopischen Anatomie. Die letztere war
und ist zwar noch ein wesentlicher Teil der vorklinischen Ärztlichen Ausbildung, doch spielt
sich der Kontakt der Medizinstudenten mit dem menschlichen Leichnam seit annähernd 200
Jahren exklusiv in den Präpariersälen der Anatomischen Universitätsinstitute ab, nahezu
hermetisch abgeriegelt von der außermedizinischen Öffentlichkeit. Anatomie wurde zu einer
Angelegenheit von Experten für Experten, und nur gelegentlich drangen Berichte über das
Wirken der Anatomen nach draußen, meist umrankt von einer Aura des Geheimnisvollen
und Unheimlichen.
Dieses schillernde Image des Faches wurde noch im späten 19. Jahrhundert durch so pathetische Zuschreibungen gefördert, wie sie zum Beispiel 1870 der berühmte Wiener Anatomieprofessor und bekennende Katholik Joseph Hyrtl (1810-1894) in seinem Lehrbuch vornahm. Hyrtl führte darin aus: "[Die Anatomie] zerstört mit den Händen einen vollendeten
Bau, um ihn im Geiste wieder aufzuführen, und den Menschen gleichsam nachzuerschaffen.
Eine herrlichere Aufgabe kann sich der menschliche Geist nicht stellen. Die Anatomie ist eine
der anziehendsten, und zugleich gründlichsten und vollkommensten Naturwissenschaften,
und ist dieses in kurzer Zeit geworden, da ihre Aera erst ein Paar Jahrhunderte umfasst.
Wenn man mit dem Römischen Redner die Wissenschaft überhaupt als eine cognitio certa ex
principiis certis definiert, so steht die Anatomie unter allen Naturwissenschaften am ersten
Platz".
Eine so verstandene Wissenschaft mochte wohl als säkularer Gottesdienst betrieben werden, ein Fach, das sich dem öffentlichen Diskurs stellte, war sie nicht mehr. Am Ende des 20.
Jahrhunderts würde wohl kaum einer der heutigen, naturwissenschaftlich ausgerichteten
Anatomen noch so sprechen wie Hyrtl; die Distanz der modernen akademischen Spezialisten
für Zellbiologie zur Öffentlichkeit ist jedoch unübersehbar erhalten geblieben. Die Mannheimer Ausstellung Körperwelten hat diesen bislang unreflektierten korporativen Konsens
der Scientific Community nun erstmals auf breiter Front in Frage gestellt.
4. Anatomie und Öffentlichkeit: Die wissenschaftstheoretische und die bioethische Perspektive
Damit möchte ich den Bereich der Medizingeschichte verlassen, der als empirischer Hintergrund für die nun folgenden wissenschaftstheoretischen und bioethischen Überlegungen
dienen mag. Tatsächlich sind im Zusammenhang mit der Mannheimer Ausstellung Körperwelten eine ganze Reihe solcher Fragen aufgeworfen und zum Teil recht kontrovers diskutiert worden, die von der Ästhetik über die Philosophie des Geistes bis hin zu Problemen der
Rechtsethik reichen. Nicht zuletzt eine harsche, in ihrer Argumentation jedoch nicht konsistente theologische Kritik hat diesen Themenkreis schon im Vorfeld der Ausstellung eröffnet.
So schrieben die Mannheimer Stadtdekane der beiden großen christlichen Kirchen im Oktober 1997 zunächst einen Brief an den Oberbürgermeister der Stadt Mannheim sowie an den
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baden-württembergischen Ministerpräsidenten, in dem davon die Rede war, dass die geplante Ausstellung nicht nur eine "grobe Geschmacklosigkeit" darstelle; vielmehr verletze
der hier praktizierte Umgang mit Toten die Würde des Menschen. Tote Menschen dürften
nicht zu Ausstellungsstücken degradiert und das neugierige Betrachten präparierter toter
Menschen zu einem Kulturereignis stilisiert werden. Das Unternehmen leiste einen "nicht
geringen Beitrag zum Verfall sittlicher Werte in unserer Gesellschaft", und es sei daher unverantwortlich, hierfür Steuermittel aufzuwenden.
Das waren harte Vorwürfe, deren Tenor sich jedoch in den folgenden Wochen einerseits
partiell abmilderte und andererseits eine neue argumentative Richtung einschlug. Doch davon wird später noch die Rede sein. Zunächst soll das Stichwort vom "Verfall sittlicher Werte" Anlass zu einem wissenschaftstheoretischen Exkurs geben, der zur Begriffsklärung wichtig genug erscheint.
5. Woher kommen ethischen Werte und Normen?
Braucht die Medizin Werte? So könnte man die zentrale Frage einer auf die Heilkunde bezogenen Bioethik formulieren. Nun mag eine spontane Antwort darauf wohl rasch gegeben
werden: Natürlich braucht die Medizin Werte, lautet sie. Wer so reagiert, der hat in der Regel eine feste Vorstellung davon, welches die seiner Meinung nach zeitlos gültigen Werte
sind, und er weiß präzise, wie die konkreten Haltungs- und Handlungsnormen in der Medizin
beschaffen sein müssen.
Doch woher kommen eigentlich unsere ethischen Werte und Normen? Waren sie schon immer da, sind sie unveränderlich, und wie kann man sie sicher erkennen? Wer so fragt, der
bewegt sich auf dem Gebiet der Metaethik. Und hier gibt es, bei aller Verschiedenheit der
einzelnen Ansätze im Detail, drei große Gruppen von Vorstellungen darüber, wie moralische
Werte beschaffen sein könnten und wie sie entstehen: Den Kognitivismus, den Emotivismus
sowie den Institutionalismus. Diese drei Theorien möchte ich jetzt erläutern.
5.1 Kognitivismus
Nach kognitivistischer Auffassung haben ethische Aussagen denselben Rang wie solche Sätze, mit denen wir eine empirische Erkenntnis oder einen logischen Schluss ausdrücken: Das
Verfassungspostulat in Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes ("Die Würde des Menschen ist
unantastbar") wäre nach dieser Theorie prinzipiell genauso zu beurteilen wie die Feststellung "Die Augen der Katze sind grün" oder der mathematische Satz "Die Winkelsumme im
Dreieck beträgt 180 Grad". Die kognitivistische Theorie hat zum einen den Vorteil, dass sie
mit den syntaktischen Regeln unserer Sprache ("Die Eigenschaft A des Objekts B hat die Ausprägung C") übereinstimmt. Zum anderen korrespondiert der ethische Kognitivismus mit
unserer Alltagserfahrung, die wir gerne als den "gesunden Menschenverstand" bezeichnen.
Vor allem die Theologen, aber auch die Mehrheit der Philosophen von Platon (427-347
v.Chr.) bis Aristoteles (384-322 v.Chr.), von Immanuel Kant (1724-1804) bis zu dem englischen Neurealisten George E. Moore (1873-1958) können zu den Vertretern kognitivistischer
Positionen gerechnet werden, die in ihrer Konsequenz zu einem ethischen Objektivismus
führen. Der Inhalt moralischer Aussagen ist danach entweder eindeutig wahr oder eindeutig
falsch, weil er mit moralischen Tatsachen übereinstimmt, die ihrerseits in der äußeren Realität objektiv existieren.
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Vor allem zwei Schwierigkeiten haben den Kognitivismus jedoch in Misskredit gebracht. Die
erste betrifft das Problem der Wahrnehmung moralischer Tatsachen. Die physiologisch bekannten Sinnesorgane des Menschen sind hierfür offenbar ungeeignet; der Kognitivist muss
sich deshalb hilfsweise zur Existenz einer "höheren", metaphysischen Art der Wahrnehmung
bekennen, zur Intuition. Gerade die wichtige Rolle der Intuition aber widerspricht ihrerseits
dem Objektivitätsanspruch, der dem Kognitivismus zugrunde liegt. Die zweite Schwierigkeit
besteht in der Ableitung normativer Regeln aus Tatsachenbehauptungen. Nach dem Gesetz
von der Unableitbarkeit eines Sollens aus einem Sein, das der schottische Philosoph David
Hume (1711-1776) in seinem Traktat über die menschliche Natur aufgestellt hat, ist der sichere, deduktive Schluss von einer feststellenden auf eine wertende Aussage unzulässig,
weil hierbei die Schlussfolgerung über den Inhalt der Prämissen hinausgehen würde. Die
Vertreter eines ethischen Kognitivismus sind aber ganz im Sinne dieses naturalistischen Fehlschlusses darauf angewiesen, aus moralischen "Tatsachen" verbindliche moralische Gebote
bzw. Verbote zu entwickeln. Dass der naturalistische Fehlschluss übrigens auch in der Variante eines historistischen Fehlschlusses auftreten kann, sei ausdrücklich bemerkt: Aus der
Geschichte lassen sich ebensowenig zwingend moralische Normen für Gegenwart und Zukunft ableiten wie aus der Biologie. In der Regel wird jedoch genau dies immer wieder irrtümlich versucht.
5.2 Emotivismus
Eine radikale Konsequenz aus solchen Ungereimtheiten ziehen die Anhänger des Emotivismus, unter denen wir wiederum den britischen Empiristen David Hume finden. Für den Emotivisten gibt es keine objektiven moralischen Aussagen; nach seiner Meinung beschreibt
deshalb etwa der Satz "Die Würde des Menschen ist unantastbar" keine mit dem Verstand
erfassbare äußere Realität, er ist vielmehr das literarische Resümee eines subjektiven Gefühls, einer Emotion. Der englische Philosoph Alfred J. Ayer (geb. 1910), einer der führenden
Repräsentanten der Analytischen Philosophie des 20. Jahrhunderts, geht noch einen Schritt
weiter, indem er bemerkt: "Es verdient erwähnt zu werden, dass ethische Terme nicht nur
dazu dienen, um Gefühle auszudrücken. Sie werden auch verwendet, um Gefühle zu erwecken, und so zum Handeln anzuregen". Sowohl der beschreibende Emotivismus bei Hume als
auch dessen moderne Variante bei Ayer lassen nun allerdings einen verbindlichen ethischen
Diskurs beinahe aussichtslos erscheinen, denn wenn moralische Aussagen stets nur subjektive und individuelle Gefühle widerspiegeln, dann lässt sich über diese weder vernünftig streiten noch aus ihnen gar eine allgemeingültige Bewertungs- oder Handlungsnorm ableiten.
5.3 Institutionalismus
Einen Ausweg aus den Sackgassen sowohl des Kognitivismus als auch des Emotivismus verspricht der Institutionalismus, wie ihn 1969 der amerikanische Sprachphilosoph John R. Searle (geb. 1932) in seinem Buch Sprechakte durch den Begriff der institutionellen Tatsache eingeführt und der Schweizer Philosoph Rafael Ferber in seinem Buch Philosophische Grundbegriffe auf den Bereich der moralischen Tatsachen ausgedehnt hat. Moralische Tatsachen sind
demnach keine objektiven physischen oder metaphysischen Realitäten, wie es der Kognitivismus behauptet. Sie sind aber auch nicht bloß subjektive psychische Phänomene, die andere Personen allenfalls zur Nachempfindung oder zur Nachahmung anregen können, wie
der Emotivismus lehrt. Moralische Tatsachen müssen vielmehr als von Menschen historisch
geschaffene soziale Institutionen angesehen werden, die innerhalb einer Kultur- und Sprachgemeinschaft nach bestimmten Regeln intersubjektiv konstituiert, stabilisiert, tradiert und
modifiziert werden. Diese Regeln folgen der Struktur "Y gilt als X im Kontext der Gemein-
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schaft Z". Daraus folgt, dass die Regeln, nach denen sich moralische Werte entwickeln, stets
zugleich auch sprachlich-semantische Regeln sind: Dem Wort Y wird durch sie die Bedeutung
X im Kontext der Sprachgemeinschaft Z zugeordnet. Da die zur Kommunikation benutzten
Wörter einer Sprache Symbole sind, lässt sich deren Assoziation mit konkreten Bedeutungen
als eine relativ flexible und im Lauf der Zeit veränderbare Beziehung charakterisieren. Institutionelle Tatsachen sind demnach auf eine bestimmte Art und Weise interpretierte natürliche Tatsachen, in ihnen gehen Lebenswelt und Sprachwelt eine bestimmte normative Verbindung ein, die indessen weder starr noch unauflöslich ist.
6. Wertewandel und gesellschaftlicher Konsens am Beispiel der Anatomie im Museum
Werte in der Medizin wie auch in anderen Bereichen unseres Lebens sind also institutionelle
und keine natürlichen Tatsachen. Werte werden von Menschen zu bestimmten Zeiten für
bestimmte Zwecke geschaffen, und sie werden von Menschen in konkreten Situationen interpretiert. Werte sind labil und veränderbar, sie bedürfen zu ihrer Gültigkeit eines gesellschaftlichen Konsenses. Ein Konsens aber entsteht im Laufe eines historischen Prozesses,
und das heißt im Rahmen eines öffentlichen Diskurses, der - jedenfalls am Ende des 20.
Jahrhunderts - nicht mehr allein von kirchlichen Duopolen oder von staatlichen Instanzen
nach deren Kalkülen gelenkt werden kann. Jeder einzelne Bürger hat durch sein Tun oder
Lassen einen gewissen Einfluss auf die Gestaltung künftiger Werte und Normen in seiner
Gesellschaft. Dass dieses Faktum nicht allen am Thema Ethik Interessierten gefällt, sollte uns
nicht davon abhalten, es zur Kenntnis zu nehmen.
Weshalb nun dieser relativ ausführliche Exkurs in die metaethische Theorie, wo es doch konkret um eine Ausstellung anatomischer Humanplastinate in einem öffentlichen Museum
geht? Der Zusammenhang zwischen Theorie und Praxis ist rasch hergestellt: Indem mehr als
300.000 Besucherinnen und Besucher in den ersten zweieinhalb Monaten die Mannheimer
Körperwelten betrachtet und bestaunt haben, ist eben ein solcher öffentlicher Diskurs über
bioethische Fragen entstanden, wie ihn die institutionalistische Theorie beschreibt und geradezu erwarten lässt. In diesen Diskurs werden gewohnte und lange Zeit tradierte Werte,
aber auch der Wunsch nach Tabubrüchen sowie eine breite Palette der unterschiedlichsten
Gefühle eingebracht, und dieses sehr heterogene Orchester artikuliert sich vorerst noch in
wenig harmonischen Dissonanzen. Das ist jedoch genau jene Situation, die logischerweise
eintreten muss, wenn uns etwas Ungewohntes begegnet, über dessen ethische und ästhetische Bewertung wir mangels einschlägiger Erfahrung keine sicheren Urteile abgeben können.
Dennoch lassen sich erste Aussagen über den Verlauf dieses öffentlichen Diskurses treffen.
Da wäre an erster Stelle die unerwartet hohe Zahl der Ausstellungsbesucher selbst zu nennen. Sie dokumentiert eine "Abstimmung mit den Füßen". Die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, Schüler, Studierende, Berufstätige und Rentner, Gesunde, Kranke und wieder
Genesene, sie alle wollen sich aus eigener Anschauung mit dem Bau des menschlichen Körpers vertraut machen. Diese Besucher sind offenbar der Meinung, dass der Blick in das Innere der natürlichen Tatsachen des Menschen nicht länger nur ein Privileg von Medizinern sein
sollte.
Die Motive für einen Ausstellungsbesuch mögen vielfältig sein; ein wichtiges unter ihnen ist
zweifellos die Neugier, eine Eigenschaft, ohne die es übrigens auch keine wissenschaftliche
Naturforschung gäbe. Es scheint mir nicht gerechtfertigt, dieses Staunen über und die Faszi-
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nation durch den präparierten und plastinierten menschlichen Körper pauschal mit negativ
wertenden Begriffen wie "Voyeurismus" bzw. "Sensationshascherei" abzutun, oder die Motive der Besucher gar in einen unsachgemäßen Zusammenhang mit "Zuschauertrauben um
Schwerstverletzte oder Tote" bei Verkehrsunfällen zu bringen, wie dies in einem Zeitungsinterview leider geschehen ist. Ein Blick in das Gästebuch der Ausstellung sowie in die Lokalpresse zeigt, dass auch medizinische Laien zu einer differenzierten Beurteilung des Gesehenen in der Lage sind. So meint ein 52jähriger Abteilungsleiter: "Manchmal schießt es einem
spontan durch den Kopf, dass das Menschen waren. Aber die Würde ist nicht beschädigt,
meine ich". Ein 35jähriger Physiotherapeut urteilt: "Der Einblick in die Anatomie ist wahnsinnig interessant, man kann praktisch detailliert jeden Muskelansatz sehen. Es ist toll, das einmal in all diesen Schichten zu sehen. Die Kritik der Kirchen finde ich überzogen". Eine
16jährige Schülerin bekennt schließlich unbefangen: "Es gefällt mir sogar sehr gut. Gerade
die Kritik der Kirchen ist für mich besonders fragwürdig. Die stellen ja auch ihre Heiligen und
Reliquien aus".
In der Tat ist es nicht ganz zutreffend, wenn der Dekan der evangelischen Kirche in Mannheim hier einwandte, in der katholischen Kirche würden ausschließlich Heilige aufbewahrt
"so wie sie waren, um an ihr Leben zu erinnern, nicht um sie künstlerisch zu verarbeiten".
Wer zum Beispiel in Rom einmal das Museo dei Padri Cappuccini in der Kirche Santa Maria
della Concezione an der Via Veneto besucht hat, in dem - aus den Knochen von rund 4.000
vorwiegend in der Zeit des Barock verstorbenen Ordensbrüdern hergestellte - Kunstwerke
wie Kandelaber, Wand- und Deckenschmuck zu bestaunen sind, der weiß, dass hier Religion
und Kunst eine ganz innige Verbindung einerseits zum Ruhme Gottes, andererseits zum Nutzen der Lebenden eingegangen sind. Zwar erheben die Kapuziner für den Besuch ihres Knochenmuseums keinen Eintritt, doch kann sich kaum ein Tourist jenem unüberhörbaren Rasseln entziehen, mit dem ihm am Ausgang einer der Patres die stets gut gefüllte Sammelbüchse entgegenhält.
7. Die Kunst als Gefahr für die Menschenwürde?
Nun möchte ich zu einem zentralen Einwand gegen die Ausstellung Körperwelten kommen,
wie er im Dezember 1997 vom Dekan der evangelischen Kirche in Mannheim schließlich definitiv formuliert wurde. In einem Interview mit den Badischen Neuesten Nachrichten in
Karlsruhe führte Dr. Ulrich Fischer Folgendes aus: "Nach dem Besuch der Ausstellung und
nach etlichen Diskussionen mit dem Initiator derselben kann ich meine Ablehnung deutlich
pointierter formulieren. ... Der zentrale Punkt meiner Kritik ist der, dass bei vielen Ausstellungsstücken das wissenschaftliche Aufklärungsinteresse eindeutig hinter der künstlerischen
Selbstverwirklichung des Plastinators zurücktritt. Hier sind Menschen zu ästhetisch beachtlichen Kunstwerken umgestaltet worden. Eine solche Verarbeitung von Menschen lehne ich
ab". Bereits in der vom Fernsehprogramm Südwest 3 übertragenen Podiumsdiskussion am
27. November 1997 hatte sich der Dekan gegen eine "Verdinglichung des Menschen" gewandt und dabei ein ethisches "Slippery Slope"-Argument eingeführt: Wenn sich schon ein
Plastinator zum Herrn darüber aufschwingen wollte, was man mit Menschen tun dürfe, so
müsse man sich doch fragen, was man dann noch alles mit Menschen machen und wie man
sie verwerten könne. Wenn Menschen als Gegenstände in der Hand eines "menschlichen
Schöpfers" objektiviert würden, dann sei die Würde des Menschen in Gefahr.
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Da nun sowohl der Vertreter der evangelischen Kirche als auch andere ernstzunehmende
Kritiker aus dem Bereich der Medizin in diesem Zusammenhang den Begriff der Menschenwürde angesprochen haben, erscheint es notwendig, einige klärende Worte über die verschiedenen Bedeutungen dieses philosophischen wie auch rechtsethischen Terminus einzuflechten. Bereits die Stoiker und im Anschluss an sie Cicero (106-43 v.Chr.) unterschieden
eine egalisierende von einer differenzierenden Form der Menschenwürde. Die erste bezieht
sich auf die Gattung Homo sapiens gegenüber anderen Lebewesen, die zweite meint das
Individuum als Person gegenüber anderen Personen. Der zur egalisierenden Form in Beziehung stehende jüdisch-christliche Gedanke der Gott-Ebenbildlichkeit des Menschen wurde
an der Wende vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit insbesondere von den Gelehrten des italienischen Renaissance-Humanismus und der spanischen Spätscholastik sowie von den Theologen der deutschen Reformation aufgegriffen und weiterentwickelt. Mit der anthropologischen Wende des 18. Jahrhunderts kam es schließlich zu einer Säkularisierung des Begriffs;
die Menschenwürde fand nun ihre Begründung in der einzigartigen Eigenschaft der Vernunft,
die als speziestypisches Kriterium galt.
Immanuel Kant interpretierte Würde als ein Kennzeichen desjenigen, das "über allen Preis
erhaben ist, mithin kein Äquivalent verstattet". Aufgrund seiner Vernunft, die als Vorbedingung für eine freiheitliche Selbstbestimmung galt, war für Kant und seine Nachfolger einzig
der Mensch nicht instrumentalisierbar und somit alleiniger Inhaber von Würde. Damit begründete und rechtfertigte man während der vergangenen 200 Jahre die unumschränkte
Herrschaft des Menschen über die belebte und unbelebte, im kantischen Sinne also "würdelose" Natur. Tier- bzw. Artenschutz oder ökologisches Denken lagen hingegen nicht im Blickfeld einer egalisierenden Interpretation von Menschenwürde.
Die zweite, differenzierende Form der Menschenwürde folgt einer politischen Tradition. In
bedeutenden juristischen Dokumenten treten historisch zunächst konkrete Bürgerrechte in
Erscheinung, die einzelne Bürger gegenüber anderen Bürgern bzw. gegenüber dem Staat
und seinen Organen geltend machen können. Insbesondere grundlegende Texte von Verfassungsrang aus der westeuropäischen und amerikanischen Geschichte betonen gruppenspezifische Freiheitsrechte, von der englischen Magna Charta (1215) über die Habeas-CorpusAkte (1679), die britische Bill of Rights (1689), die amerikanische Virginia Bill of Rights (1776)
und die französische Déclaration des droits de l'homme et du citoyen (1789) bis zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (1949), in dessen ersten 19 Artikeln - den Grundrechten - Menschenrechte und Bürgerrechte eng miteinander verzahnt sind: Laut Artikel 1
Absatz 1 GG ist schließlich auch explizit die Würde des Menschen unantastbar, sie zu achten
und zu schützen Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Dieser höchste Wert in der freiheitlichen Demokratie der Bundesrepublik findet seine historische Erklärung natürlich nicht zuletzt in jenen schrecklichen Erfahrungen, die während des Nationalsozialismus unter einer
Diktatur gemacht worden sind, deren Machthaber jede nur denkbare Form von Menschenwürde mit Füßen getreten haben. Die differenzierende Form der Menschenwürde gilt in der
Menschenrechtskonvention der Vereinten Nationen von 1948 sowie in den Verfassungen
derjenigen Staaten, die den Begriff verwenden, als "angeboren", das heißt von Natur aus
jedem Menschen mitgegeben, unabhängig von Herkunft, Charakter und Lebensentwicklung.
Sie ist ein weithin anerkannter anthropologischer Grundwert, eine "Fundamentalnorm" moderner rechtsstaatlicher Ordnungen, auch wenn sie tatsächlich oft verletzt wird.
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Wenn sich nun die Repräsentanten der christlichen Kirchen im Zusammenhang mit der
Mannheimer Ausstellung Gedanken über eine Gefährdung der Menschenwürde machen, so
muss man sich darüber im klaren sein, dass sie hierbei vor allem - wenngleich bislang unausgesprochen - deren traditionelle, egalisierende Form im Sinne der Gott-Ebenbildlichkeit des
Menschen im Auge haben. Mit der Menschenwürde aus Artikel 1 Absatz 1 unseres Grundgesetzes, die von der Autonomie des einzelnen Staatsbürgers ausgeht, ist diese christliche
Menschenwürde aber keineswegs identisch. In einem Land, in dem nach Artikel 4 Absatz 1
desselben Grundgesetzes die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses ebenfalls unverletzlich sind, kann also die
kirchliche Version dieses Argumentes rechtsethisch nicht verbindlich sein.
8. Die rechtsethische Kritik an der Ausstellung
Nun ist unterdessen jedoch mit ausdrücklichem Bezug auf die Verletzung der Menschenwürde eine weitere, gewichtige Kritik an der Mannheimer Ausstellung artikuliert worden, die auf
eben jenem im Grundgesetz verankerten bürgerrechtlichen Begriff der Menschenwürde
aufbaut. Die Argumentation des Mannheimer Pathologen Uwe Bleyl ist äußerst sorgfältig
durchdacht, brillant formuliert und inhaltlich so bedeutsam, dass ich mich ausführlicher mit
ihr beschäftigen möchte. Hier geht es wirklich um den rechtsethischen Kern des Problems.
Uwe Bleyl analysiert die Situation folgendermaßen:
Die Menschenwürde sei in der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland ein personaler Rechtswert, dem die Vorstellung des Menschen als eines gemeinschaftsbezogenen und gemeinschaftsgebundenen Individuums zugrundeliege, das darauf angelegt
sei, sich in Freiheit selbst zu bestimmen. Der Mensch müsse immer Zweck an sich selbst bleiben. Träger der Menschenwürde sei der Mensch als Person, das heißt ein mit geistiger Natur
ausgestattetes Wesen, das Ausgangspunkt der Befähigung zu geistigem Selbstbewusstsein,
zu geistiger Selbstbestimmung, zu freier Selbstverfügung und zur Entscheidungsfreiheit sei.
Nun habe das Bundesverfassungsgericht auch die Toten unter den Schutz der Menschenwürde gestellt, die es als ein "über den Tod hinaus fortwirkendes Persönlichkeitsrecht der
Lebenden" definiert habe. Daraus resultiere aber zwingend, dass der Umgang mit den Toten
unter den gleichen ethischen Normen stehe wie der Umgang mit den Lebenden. Dies bedeute weiterhin, dass Verletzungen der Würde der Lebenden und Toten selbst dann als solche
zu betrachten seien, wenn sie im Einverständnis mit den Lebenden oder Toten geschähen. In
den Auftrag zur ärztlichen Aus-, Fort- und Weiterbildung sei im Grundsatz auch der Anatom
als Plastinator einbezogen, so dass gegen die Methode der Plastination und ihre Durchführung an freiwilligen Spendern zunächst keine ethischen Bedenklichkeiten geltend gemacht
werden könnten, solange ausschließlich solche Aus-, Fort- und Weiterbildungsintentionen
verfolgt würden. Ethische Vorbehalte entstünden aber dort, wo ästhetische oder ästhetisierende Manipulationen in den Vordergrund träten und das menschliche Handeln am Leichnam durch ästhetisierende Fremdbestimmung und kreative Selbstverwirklichung anderer
motiviert werde.
Soweit diese in sich schlüssige, kritische Argumentation. Als eine objektive Verletzung der
Menschenwürde wird hier die Fremdbestimmung des zu plastinierenden Körpers durch den
künstlerischen Gestaltungsdrang des Plastinators angesehen, eine Fremdbestimmung, die
auch nicht durch die vorherige schriftliche Willenserklärung des Körperspenders als zulässig
erachtet werden dürfe. Juristisch gesehen könnte dann, so wäre zu vermuten, unter Um-
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ständen eine partielle Sittenwidrigkeit der Körperspendeverfügung nach § 138 Absatz 1 BGB
postuliert werden. Bevor ich mich nun der Frage zuwende, ob in der künstlerischen Ausgestaltung des Plastinats wirklich zwingend eine Verletzung der Menschenwürde vorliegt und an
welchen Zeichen man diese künstlerische Ausgestaltung objektiv feststellen kann, möchte
ich zeigen, wie interpretationsbedürftig gerade auch jener juristische Begriff der guten Sitten
ist, auf den ich soeben mittelbar Bezug genommen habe. In seinem Urteil über die Sittenwidrigkeit der sogenannten "Peep-Shows" hat sich das Bundesverwaltungsgericht in Berlin im
Jahre 1990 mit diesem Begriff beschäftigt. Damals erachtete das Gericht die Peep-Shows als
sittenwidrig, weil die Menschenwürde der dort zur Schau gestellten Frauen beschädigt werde, indem sie als "Objekte" präsentiert würden. Daran ändere auch das Einverständnis der
betroffenen Frauen nichts. Das Bundesverwaltungsgericht führte damals aus:
"Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Begriff der guten Sitten ein unbestimmter, ausfüllungsbedürftiger Rechtsbegriff, dessen Anwendung in vollem Umfang gerichtlicher Nachprüfung unterliegt. Mit ihm verweist das Gesetz auf die dem geschichtlichen Wandel unterworfenen sozialethischen Wertvorstellungen, die in der Rechtsgemeinschaft als Ordnungsvoraussetzungen anerkannt sind. Abzuheben ist also nicht auf das Empfinden von kleinen
Minderheiten. Andererseits ist nicht erforderlich - und praktisch auch so gut wie ausgeschlossen -, dass die Wertvorstellung von sämtlichen Mitgliedern der Rechtsgemeinschaft
getragen wird. Maßgeblich ist vielmehr die vorherrschende sozialethische Überzeugung.
Diese muss sich weder - etwa in öffentlichen Protesten - lautstark äußern, noch muss sie mit
der Forderung einhergehen, die dem sozialethischen Unwerturteil unterliegenden Erscheinungen niemals und nirgends zu dulden. Auch wenn die Rechtsgemeinschaft ein bestimmtes
Geschehen sozialethisch missbilligt und somit als Verstoß gegen die guten Sitten ansieht,
kann sie Gründe haben, das Geschehen in gewissen Grenzen hinzunehmen" (Urteil vom
30.1.1990, 1 C 26/87, NVwZ 1990, 668-670).
Man sieht, dass auch das Bundesverwaltungsgericht hier implizit einer institutionalistischen
Metaethik folgt, indem es auf den historischen Wandel dessen abhebt, was in einer bestimmten Gesellschaft zu einer bestimmten Zeit als moralisch akzeptabel gilt und was den
sozialen Konsens allzusehr stört. Dieser soziale Konsens aber ruht in unserer Gesellschaft
und in unserer Zeit auf sehr dünnem Eis, wie eine Umfrage des SPIEGEL im Dezember 1997
zutage förderte. Es handelt sich um einen minimalistischen Konsens! Auf die Frage "Wen
halten Sie bei der Vermittlung von Werten für wichtig?" antworteten 37% der Bundesbürger
mit die Kirchen, 38% mit Greenpeace, immerhin 43% trauten den politischen Parteien eine
wichtige Rolle zu, doch mit 51% lag die Polizei unschlagbar an der Spitze der Skala möglicher
Wertevermittler! Ethische Werte werden demnach, so muss man folgern, von einer Mehrheit der deutschen Bevölkerung mit der Überwachung der Einhaltung bzw. mit der Bestrafung von Übertretungen staatlicher Gesetze und Verordnungen identifiziert. Dies ist ein für
unsere Polizei zwar sehr ehrenvolles und vermutlich hochverdientes Ergebnis, es ist jedoch
zugleich für unsere Gesellschaft als Ganzes ein eher bedenkliches Indiz.
In einem nahezu 20 Jahre zurückliegenden Verfahren zwischen dem damaligen badenwürttembergischen Landesvorsitzenden der SPD, Erhard Eppler, und dem CDULandesvorstand nahm das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf das durch Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 GG geschützte Persönlichkeitsrecht eine ganz
andere, nämlich stärker bürgerrechtlich orientierte Haltung ein als 1990 das Bundesverwaltungsgericht im Zusammenhang mit den Peep-Shows. Dem Schutz des Persönlichkeitsrechts,
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so das BVG damals, liege der Gedanke der Selbstbestimmung zugrunde. Deshalb könne es
nur Sache der einzelnen Person selbst sein, über das zu bestimmen, was ihren sozialen Geltungsanspruch ausmachen solle; insoweit werde "der Inhalt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts maßgeblich durch das Selbstverständnis seines Trägers geprägt" (BVG, NJW 1980,
2070 (2071); ähnlich BVG, NJW 1982, 1276).
Nun möchte ich die konkreten Fragen zur Sache formulieren, die sich aus den oben erläuterten Einwänden gegen die Ausstellung Körperwelten ergeben; diese lauten offenbar folgendermaßen:
1. Liegt in der künstlerischen Ausgestaltung von Plastinaten zwingend eine Verletzung der
Menschenwürde begründet?
2. An welchen Zeichen kann man die künstlerische Ausgestaltung eines Plastinats objektiv
feststellen?
Und hier, so scheint mir, liegen die Probleme im Detail. Eine gewisse ästhetisierende Fremdbestimmung und kreative Selbstverwirklichung des Bearbeiters ist ohne Zweifel mit der
Plastination verbunden; doch nicht nur mit ihr. Denken wir etwa an die Tätigkeit eines anerkannten Spezialisten für Ästhetische, Plastische und Wiederherstellungschirurgie, so leuchtet
es uns unmittelbar ein, dass auch dort keine volle Autonomie des auftraggebenden Patienten über das fertige Resultat gegeben sein kann. So bekannte der Plastische Chirurg Michel
Pfulg aus Montreux unlängst in einem SPIEGEL-Artikel, dass er mit allen Körperteilen, deren
Erscheinung den Patienten Kummer bereite, "künstlerisch" umgehe. Dem Gesicht zum Beispiel, das verjüngt und verschönt werden solle, müsse "der eigene Ausdruck erhalten bleiben". Doch was dieser "eigene Ausdruck" wirklich ist, bestimmen letztlich Kunstfertigkeit
und Kreativität des Chirurgen.
Nun ließe sich argumentieren, dass im Falle einer ästhetischen Operation der partielle Autonomieverlust des Patienten über seine körperliche Gestaltung nach erfolgreichem Abschluss
des Eingriffs durch eine womöglich verbesserte subjektive Lebensqualität, durch eine größere Lebensfreude angesichts des verschönerten eigenen Körpers etwa, zumindest ausgeglichen werde, und in der Tat bildet dieser Umstand ja eine Rechtfertigung für die derzeit
boomende Tätigkeit der Plastischen Chirurgen. Ich bin geneigt, hier eine vielleicht überraschende Parallele zur Plastination zu skizzieren: Auch die subjektive Lebensqualität und Lebensfreude eines - z.B. religiös nicht gebundenen - Menschen in unserer Gesellschaft könnte
sich sehr wohl verbessern, wenn er schon zu Lebzeiten weiß, dass ein Teil seines Körpers
nach dem Tode nicht nur in einer für die medizinische Ausbildung nützlichen, sondern sogar
ästhetisch ansprechenden Weise erhalten bleiben wird. Nicht wenige Menschen finden heute viel eher die Vorstellung mehr und mehr bedrückend, dass ihr Körper eines Tages in einem qualitativ hochwertigen Eichenholzsarg ganz allmählich, und neuerdings eben zu allmählich, der mikrobiologischen Verwesung anheimgegeben sein wird. Das hat nichts mit
"Ewigkeitswahn" zu tun, wie die Kirchen argwöhnen, sehr wohl aber mit Ästhetik. Die Idee,
dass mein ehemaliger Körper als anatomisches Präparat der Gestaltungsfreiheit eines Plastinators unterliegen könnte, erschreckt jedenfalls mich weit weniger als der Gedanke an die
im wörtlichen Sinn zersetzende Tätigkeit der "natürlichen" Mikroorganismen unter der Erde.
Ähnlich sieht dies ein 27jähriger Heidelberger Medizinstudent, der in einem Interview der
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Süddeutschen Zeitung vom 17. Januar 1998 mitteilte, dass er bereits jetzt eine Körperspendeverfügung unterzeichnet habe.
Die Frage, ob in der künstlerischen Ausgestaltung von Plastinaten zwingend eine Verletzung
der Menschenwürde begründet liege, kann ich also nicht bejahen. Dass dies möglicherweise
im Einzelfall zutreffen könnte, ist jedoch nicht auszuschließen. Dies würde man indessen
wohl in erster Linie von der Art der Ausführung abhängig machen, und hier müssten wir uns
dann gegebenenfalls an die Aussage des Bundesverwaltungsgerichts über die zeit- und kontextabhängigen guten Sitten erinnern. Doch betreten wir an dieser Stelle ein hochsensibles
und äußerst gefährliches Gebiet.
Damit leite ich zur zweiten, noch wesentlich schwieriger zu beantwortenden Frage über: An
welchen Zeichen kann man die künstlerische Ausgestaltung eines Plastinats objektiv feststellen? Anders gefragt: Was ist Kunst, und wer ist Künstler? Viel einfacher als wir heutigen
Menschen in der angeblichen "Postmoderne" taten sich die alten Griechen mit dem "Kunst"Begriff; sie nannten ihn Téchne, und den Fachmann, der eine Téchne ausübte, bezeichneten
sie als Technítes. Die Plastination hätte zweifellos die Kriterien einer Téchne erfüllt, genauso
wie Medizin, Rhetorik ("Redekunst") oder Architektur. Man muss diesen Ausdruck Téchne
allerdings im vormodernen Sinne des Wortes begreifen. Man versteht darunter am besten
einen in Regeln gefassten und in dieser Form gut lehrbaren Wissensbestand von einer gewissen Komplexität, der zu seinem Erlernen beträchtliche Anstrengung und Geduld verlangt.
Alle romantischen und postromantischen Assoziationen an Spontaneität, Kreativität und
Genialität sind also bei diesem alten Kunstbegriff auszublenden. Ebensowenig ist hier schon
an Wissenschaft zu denken.
Es scheint mir, als knüpfe der Plastinator Gunther von Hagens an eben jenen antiken TéchneBegriff an, als handele es sich bei ihm tatsächlich um einen Technítes im klassischen Sinne.
So zumindest interpretierte ich seine Selbsteinschätzung, Präparation und Plastination sei
Kunsthandwerk, die er uns im Ausstellungskatalog mitteilt. Ebenfalls zugestimmt werden
kann seiner Aussage, die Kunst liege im Auge des Betrachters. Unser moderner Kunstbegriff
ist offen, er ist nicht mehr allein intentional, also auf die Absichten des Künstlers bezogen, er
ist auch nicht mehr wie noch im Mittelalter streng an bestimmte "kunstfähige" - z.B. religiöse - Themen gebunden, sondern er ist in erster Linie rezeptionsorientiert, das heißt betrachterbezogen. Auch unser Kunstbegriff ist institutionalistisch aufzufassen: Ein bestimmter Gegenstand gilt als Kunst im Kontext einer bestimmten Kultur- und Sprachgemeinschaft, ohne
dass dabei jedoch eine völlig unumstrittene, abschließende Zuordnung jemals möglich oder
auch nur notwendig wäre. Hier tauchen Beurteilungsprobleme und Ermessensfragen auf.
Wenn der Plastinator uns versichert, seine Arbeiten sollten "weder Kunst sein, noch Wissenschaft vermitteln, sondern aufklären", so müssen wir ihm diese Absicht glauben. Jede weitere Gewissenserforschung würde sich nämlich ebenfalls mit Rücksicht auf die Menschenwürde - in diesem Falle die des Plastinators - verbieten. Der intentionale Kunstbegriff führt uns
also am Ende gar nicht weiter. Doch sollen andererseits künftig wirklich die Gerichte darüber
befinden müssen, was Kunst - und daher im vorliegenden Falle unzulässig - sei? Soll wirklich
etwa ein dem Plastinat eingesetztes Glasauge den Ausschlag in diesem so komplexen und
subtilen Zusammenhang geben? Davor möchte ich jedenfalls warnen. Gerade wenn wir eine
der Menschenwürde gemäße Präsentation der Plastinate befürworten, dürfen wir nach meiner Auffassung anatomische Präparationstechnik und kreative Kunstfertigkeit nicht in einen
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inhaltlichen Gegensatz zueinander bringen. Ästhetisch wenig ansprechende Präparate, getränkt in Formalin und lieblos eingesperrt in Gläsern, Präparate, die der Würde der Toten
sicher nicht gerecht werden, besitzen die Anatomischen Sammlungen in aller Welt mehr als
genug.
9. Das Plastinat: Modell oder Original?
Eine wesentliche Rolle beim Streit um die Plastination spielt immer wieder auch die Frage:
Was ist eigentlich ein Plastinat, zumal ein Ganzkörper-Plastinat? Ist es ein Mensch, ist es eine
Leiche, oder ist es ein Gegenstand besonderer Art? Und wo bleibt die "Seele" des Körperspenders? Der hier angesprochene Themenkomplex ist viel zu schwierig, als dass ich ihn erschöpfend abhandeln könnte. Deshalb möchte ich eher skizzenhaft meine derzeitige, durchaus angreifbare Meinung dazu formulieren. Ich glaube, dass in einem toten menschlichen
Körper weder im theologischen Sinn die "Seele", noch im biophilosophischen Sinn der vermutlich emergent auf der Gehirnfunktion aufbauende Geist, das Bewusstsein oder gar die
historisch-biographische Persönlichkeit des Verstorbenen enthalten sind. Die Leiche hat mit
dem lebenden Menschen jedoch Materie und Gestalt - im aristotelischen Verständnis also
causa materialis und causa formalis - gemeinsam. Sie kann daher, zumindest bezogen auf
die wissenschaftlichen Erkenntnisziele des Anatomen, als ein natürliches Materie- und Strukturmodell des Menschen interpretiert werden.
Wird die Leiche zum Gegenstand anatomischer Präparation, so tritt in diesem Zusammenhang eine weitere Besonderheit auf: Durch die grundsätzliche Anonymität der anatomisch
präparierten Körper, die insoweit einen Unterschied gegenüber dem Verfahren bei pathologisch-anatomischen Sektionen oder bei rechtsmedizinischen Obduktionen begründet, bleibt
die historisch-biographische Persönlichkeit des Verstorbenen auf wirksame Weise gegen
unbefugten Zugriff geschützt; sie wird nicht angetastet. Es ist ja nicht der leblose Körper oder gar das mit Kunststoffen durchtränkte Plastinat, dem unsere Trauer oder unser mitfühlendes Gedenken gilt, sondern es ist stets die Person des Toten, an deren Schicksal wir uns
erinnern; ihr allein ist auch der juristische Schutz des Persönlichkeitsrechts zuzuordnen.
Der personale Aspekt spielt bei der anatomischen Präparation aus guten Gründen keine Rolle: Das Forschungs- und Lehrziel der Anatomie besteht nicht in der Aufklärung der Krankheitsgeschichte eines bestimmten Patienten oder in der Feststellung seiner Todesursache,
wie es bei den beiden genannten klinischen Fächern Pathologie und Rechtsmedizin der Fall
ist. Der Anatom fragt vielmehr nach dem Aufbau und der daraus resultierenden Funktion des
gesunden menschlichen Körpers. Dabei handelt es sich im Grunde um ein wissenschaftliches
Konstrukt, das nur virtuell und jenseits des einzelnen Präparates in der Vorstellung des Betrachters entsteht. Die toten Körper sind zwar durchaus sehr individuell und einmalig gestaltet, sie sind Unikate, sie treten uns jedoch nicht als biographisch-historische Personen entgegen. Diese Differenz wird emotional auch dadurch spürbar, dass anatomische Präparate
und Plastinate dem Betrachter wohl Respekt gebieten, ihm aber keine Furcht einflößen.
Was aber ist nun das Plastinat? Das Plastinat stimmt mit der Leiche zwar sehr genau in der
Gestalt, nicht jedoch in der chemischen Zusammensetzung der Materie überein. Annähernd
70% der Körpermaterie - nämlich das Gewebswasser - wurden ja in einem technischen Prozess gegen Kunststoff ausgetauscht. Das Plastinat ist somit ein natürliches Strukturmodell der
Leiche, seine Beziehung zum Menschen - dem Körperspender - ist also diejenige einer zweistufigen Modellierung. Ich weiß, dass nicht nur die Kritiker der Ausstellung, sondern auch
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diejenigen, die von ihr begeistert sind, diesen Punkt anders beurteilen. Für sie sind Plastinate
schlicht Originale. Das finden die Befürworter der Ausstellung faszinierend, die Gegner finden es schauerlich. Ich finde es sachlich nicht ganz zutreffend.
Der schrittweisen Transformation eines lebenden Menschen über die Leiche zum Plastinat
entspricht nun durchaus eine abgestufte Praktik des ethischen Umgangs: So war es für die
meisten Zuschauer wohl unproblematisch, dass Gunther von Hagens in der ZDF-Sendung
Willemsens Woche am 5. Dezember 1997 ein mitgebrachtes Scheibenplastinat nach der Präsentation neben sein Wasserglas auf den Tisch legte. Es wäre aber ethisch nicht mehr konsensfähig gewesen, wenn er das Scheibenplastinat zum Beispiel als Glas-Untersetzer verwendet hätte. Es ist interessant zu beobachten, wie sich solche Praktiken einspielen, ohne
dass man stets explizit darüber debattieren müsste. Das Plastinat ist keine beliebige Materie,
es ist ein natürliches Strukturmodell des menschlichen Körpers, in das Teile der Materie des
Originals eingegangen sind. So lautet die korrekte Beschreibung der natürlichen Tatsachen,
und hieran scheint sich unser ethischer Umgang mit den Plastinaten tatsächlich zu orientieren.
10. Resümee: Das Plastinat und die Körperlichkeit des Betrachters
Gibt es nun noch weitere Gründe, die selbst bei ästhetisch untadeliger Präsentation befürchten ließen, dass hier eine Verletzung der Menschenwürde des Betrachters erfolgen könnte?
Gibt es irgendwelche natürlichen Tatsachen am menschlichen Körper, die das Licht der Öffentlichkeit zu scheuen hätten? Birgt die "Geschichte unter der Haut" ein gefährliches oder
subversives Geheimnis, das nur von Ärzten und für Ärzte gelüftet werden dürfte? Besteht
Anlass zu der Sorge, dass auf diese Weise ein Beitrag zum "Verfall sittlicher Werte in unserer
Gesellschaft" geleistet würde? All dies scheint mir nicht der Fall zu sein. Der wahre Sachverhalt ist eher tragisch: Viele Zeitgenossen kennen sich unter der Motorhaube ihres Automobils oder mit den Softwareprogrammen ihres Computers erstaunlich gut aus; vom komplizierten inneren Gefüge ihres eigenen Körpers wissen sie hingegen so gut wie nichts. Auf der
anderen Seite hegen rund 70 Prozent unserer Mitbürger eine mehr oder minder offenkundige Sympathie für "alternative" Heilverfahren, das heißt für Therapieformen, deren Wirksamkeit in keinem Falle nachgewiesen ist oder deren Unwirksamkeit sogar feststeht. Mehr als
nur ein Hauch von paradoxem Neomystizismus muss in unserer nur scheinbar aufgeklärten
Zeit also im Bereich der Heilkunde registriert werden.
Was könnte in einer solchen Situation hilfreicher sein als ein unbefangener und vorurteilsloser Blick auf die natürlichen Tatsachen unseres Körpers, auf seinen komplizierten biologischen Bau, der es jedem Betrachter auf eindringliche Weise augenfällig werden lässt, dass
Gesundheit, Krankheit und Heilung nicht mit ein paar beruhigend einfach klingenden
Schlagworten und mit leicht verständlichen Patentrezepten erklärt oder gar manipuliert
werden können? Das überwältigende Interesse der Bevölkerung an solchen natürlichen Tatsachen, das sich in der großen Zahl der Besucher manifestiert, die an jedem Tag in die Ausstellung strömen, spricht sehr dafür, dass hier ein Bedarf an solider Information besteht, der
unter dem Aspekt der Verantwortung für die eigene Gesundheit eine genuine ethische
Rechtfertigung dieses Unternehmens begründen kann. Die sinnliche Wahrnehmung der Körperwelten durch den unmittelbaren Blickkontakt und die begreifend tastende Hand bietet
eine einzigartige Qualität des Erfahrungsgewinns, die wir in erster Linie als Chance nutzen
und nicht als Risiko abwehren sollten. Dass solche Risiken gleichwohl bestehen, soll damit
nicht geleugnet werden, und insofern möge mein Beitrag keinesfalls als ein Freibrief für jeg-
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liche künftige Verwendungsweise der Plastination aufgefasst werden. Noch jede menschliche Entdeckung und zumal jede technische Erfindung ist früher oder später zu menschenverachtenden Zwecken missbraucht worden. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass dies
bei der Plastination prinzipiell anders sein wird. Deshalb sollen auch die mahnenden Stimmen der seriösen Kritiker nicht ungehört verhallen. Falls sich aus der beschriebenen Kontroverse ein echter Dialog entwickeln könnte, wäre das ein Gewinn für uns alle.
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Wunder aus Wachs. Die bedeutendste Sammlung alter anatomischer Modelle steht im Museo La Specola in Florenz. In: Stern 42 (1989), H.4, 128-139.
Zwischenfrage: Warum verschenken Sie Ihren Körper, Herr Alsfasser? In: Süddeutsche Zeitung Nr. 13 vom 17./18.1.1998, 33.