Barrierefreiheit - Universelles Design

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Barrierefreiheit - Universelles Design
Barrierefreiheit
Universelles Design
Gut für alle.
Machen Sie mit.
GERMAN UPA
Usability Professionals' Association
German UPA
Die German UPA ist der Berufsverband der deutschen
Usability Professionals. Der Verband ist ein Netzwerk
von und für Usability-Experten, die sich der Wissensvermittlung und Meinungsbildung rund um das Thema
Usability und User Experience verpflichtet fühlen.
Innerhalb der German UPA engagieren sich Mitglieder
in thematisch unterschiedlichen Arbeitskreisen, in denen
sie sich fachlich austauschen und überregional zusammenarbeiten.
Ein Arbeitskreis widmet sich dem Thema Barrierefreiheit. Die Mitglieder des Arbeitskreises sind Experten für
Barrierefreiheit und vertreten innerhalb der UPA die
Schnittstelle zwischen Usability und Barrierefreiheit.
Neben der Öffentlichkeitsarbeit findet ein reger Wissensund Erfahrungsaustausch statt. Neue Mitglieder sind
jeder­zeit willkommen. Nähere Informationen finden Sie
auf der Webseite der German UPA unter Arbeitskreise.
www.germanupa.de
Inhalt
Universelles Design für eine Welt ohne Barrieren .................................... 4
Menschen mit Behinderungen nutzen das Internet . ............................ 4
Behinderte inklusive – Die UN–Konvention .......................................... 6
Barrierefreiheit – Zugang für Menschen mit Behinderungen . .............. 6
Universelles Design – Usability for All.................................................... 7
Die Nutzer sind wir alle ............................................................................. 8
Behinderte ….......................................................................................... 8
… und andere Menschen....................................................................... 8
Gestaltungsprinzipien für Universelles Design ....................................... 11
Wahrnehmbarkeit................................................................................. 11
Bedienbarkeit . ..................................................................................... 13
Verständlichkeit . .................................................................................. 14
Technische Robustheit ......................................................................... 15
Richtlinien zur Barrierefreiheit ................................................................. 17
International ......................................................................................... 17
USA ...................................................................................................... 18
Europa . ................................................................................................ 18
Deutschland ......................................................................................... 19
Barrierefreiheit praktisch umsetzen ........................................................ 20
Barrierefreiheit im Human Centered Design . ..................................... 20
Methoden und Tools ........................................................................... 22
Universelles Design ist wirtschaftlich ...................................................... 26
Weiter lesen ............................................................................................ 28
Die Autoren . ........................................................................................... 29
Universelles Design für eine
Welt ohne Barrieren
Als Usability Professionals betonen wir die Wichtigkeit
des Human Centered Design (HCD) und stellen bei der
Entwicklung von Produkten und Informationssystemen
die Benutzer in den Mittelpunkt. Wir führen User
­Research durch, erarbeiten Benutzerprofile, erstellen
Aufgabenanalysen und berücksichtigen Nutzungs­
kontexte. Schließlich versuchen wir, das Produktdesign
bestmöglich auf die individuellen Bedürfnisse anzu­
passen. Agile Entwicklungsprozesse unterstützen uns
dabei, indem sie iteratives Design ermöglichen.
Eine Gruppe von Benutzern, Menschen mit Behin­
derungen, steht jedoch selten im Mittelpunkt unserer
Recherchen, ja oft vergessen wir sie schlichtweg. Sei
es, weil sie in den Businessanforderungen der Auftrag­
geber zumeist fehlen, sei es weil auch viele von uns
­Usability Professionals sich des Stellenwerts dieser
Nutzergruppe noch nicht bewusst sind. Dabei sollten
wir nicht nur aus sozialem Engagement dafür werben,
dass in allen Projekten der Zugang für Menschen mit
Behinderungen mit bedacht wird. Denn Behinderte
sind auch Kunden und Kollegen, und also ein Wirtschaftsfaktor. Nicht zuletzt fügen sie unserem profes­
sionellen Bemühen um das bestmögliche Produkt eine
wesentliche ­Dimension hinzu. Benutzerorientiertes
4
­ esign, das auf die größtmögliche Nutzergruppe anD
gewendet wird, schließt Barrierefreiheit mit ein und ist
im besten Sinne universelles Design.
Barrierefreiheit und Universelles Design sind in vielen
Lebensbereichen bekannt, z.B. auch im Wohnungsbau
und im Straßenverkehr. In dieser Broschüre geht es
jedoch hauptsächlich um Barrierefreiheit in der Informationstechnik, der Schlüsseltechnologie der modernen
Informationsgesellschaft.
Menschen mit Behinderungen
­
nutzen das Internet
Menschen mit Behinderungen gibt es überall, in allen
Altersklassen, Berufsgruppen und Lebensbereichen.
Nicht jedem sieht man die Behinderung an, manch
­einer würde sich selbst nicht als behindert bezeichnen.
• Ein 33-jähriger Einkäufer für Büroausstattung nutzt
für seine Aufgabe verschiedene Online–Shops. Er ist
­farbenblind und hat oftmals Mühe, Einzelheiten auf
den Produktfotos zu erkennen. Am liebsten kauft er
dort ein, wo es aussagekräftige Texte zur Beschreibung der Produkte gibt. Ebenso hat er Probleme,
Sonderpreise zu entdecken, wenn sie nur mit roter
Farbe gekennzeichnet sind. 8 % der Männer sind
farbfehlsichtig, viele von ihnen wissen gar nicht um
ihre Behinderung.
• Eine 48-jährige Journalistin hat sich durch exzessive
Computerarbeit eine langwierige Sehnenscheidenentzündung zugezogen. Sie muss lernen, den Computer mit der Tastatur zu bedienen, und bekommt
eine Spracheingabe für das Diktieren von Texten. Sie
ist froh über jede Webseite und jedes Computer­
programm, die nicht mit der Maus bedient werden
müssen.
• Ein junger Mann mit Down-Syndrom findet sich im
Supermarkt nur schwer zurecht, vor allem wenn dort
häufig umgeräumt wird. Ein Freund zeigt ihm einen
besonders gut gemachten Bestellservice im Internet.
Hier gibt es eine Suchfunktion mit Wortvorhersage,
so dass er nur die ersten Buchstaben eintippen muss,
um das richtige Produkt zu finden. Außerdem kann
er seine alten Bestellungen als Vorlage nutzen. Trotz
seiner Lernbehinderung kauft der junge Mann jetzt
seine Lebensmittel im Internet.
Diese Szenarien erläutern den Nutzen von Universellem Design im Internet. Sie stammen vom WAI, der
Web Accessibility Initiative des World Wide Web Consortiums (W3C). In ähnlicher Weise wenden Usability
Professionals die Methode der Personas an, um realistische Anforderungen verschiedener Nutzergruppen
zu beschreiben. Vor allem wenn allgemein nutzbare
5
Produkte entwickelt werden sollen, ist es wichtig, die
Möglichkeit von Funktionseinschränkungen von ­Anfang
an mitzudenken.
Behinderte inklusive –
die UN–Konvention
Die „UN Convention on the Rights of Persons with
Disabilities” trat im Mai 2008 in Kraft und wurde seitdem in zahlreichen Ländern ratifiziert, so auch in
Deutschland und Österreich. Nach diesem Übereinkommen soll es Menschen mit Behinderungen ermöglicht werden, ihr Grundrecht auf gleichberechtigte
­Teilhabe an der Gesell­schaft uneingeschränkt wahr­
zunehmen. Die Gesellschaft hat die Pflicht, Barrieren in
allen Lebensbereichen abzubauen, im Beruf und in der
Bildung ebenso wie in der Politik und im kulturellen
Leben. Dahinter steht das Ziel einer inklusiven Gesellschaft, in der ­Menschen mit Behinderungen von vornherein mit ­bedacht und nicht ausgegrenzt werden.
Für Deutschland bedeutet die UN–Konvention, dass die
bisherige Einzelfallhilfe für behinderte Menschen, wie
sie im deutschen Sozial- und Arbeitsrecht seit langem
etabliert ist, nicht mehr ausreicht. In allen Lebens­be­reichen muss eine barrierefreie Umgebung geschaffen
werden.
6
Barrierefreiheit – Zugang für
Menschen mit ­Behinderungen
­
Im deutschen Behindertengleichstellungsgesetz (BGG)
wird Barrierefreiheit so definiert:
„Barrierefrei sind bauliche und sonstige
Anlagen, Verkehrsmittel, technische
Gebrauchsgegenstände, Systeme der
Informationsverarbeitung, akustische und
visuelle Informationsquellen und Kommu­ni­­
kationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen
Weise, ohne besondere Erschwernis und
grundsätzlich ohne fremde Hilfe zu­gänglich
und nutzbar sind.“
(BGG §4)
Behinderte Menschen sollen alle Einrichtungen in der
allgemein üblichen Weise benutzen können, es sollen
also keine Spezialzugänge oder Insellösungen für
­Behinderte geschaffen werden. Dabei wird kein Unterschied zwischen den Behinderungen gemacht. Die
­gesetzliche Regelung betrifft körperlich behinderte
Menschen, wie zum Beispiel Menschen mit Seh­stör­
ungen oder spastischen Lähmungen, ebenso wie
­Menschen mit Lernschwierigkeiten oder geistiger Behinderung. Gefordert ist ein universelles Design, das
für alle Menschen gleichermaßen gut nutzbar ist.
Universelles Design –
Usability for All
Universelles Design oder Design for All ist Barrierefreiheit aus der Sicht von Produktentwicklern. Der Begriff
umfasst die Erkenntnisse und Verfahrensweisen, nach
denen Produkte, Umgebungen und Informationen
barrierefrei gestaltet werden können.
3. Schnittstellen für technische Hilfen. Es gibt
Zielgruppen, die ein Produkt nur mit einer technischen
Hilfe nutzen können. Beispiele hierfür sind eine Braillezeile bei Blindheit oder eine Spezialtastatur bei spas­
tischer Lähmung der Hand. Ein barrierefreies Produkt
hält Schnittstellen für den Anschluss solcher assistierenden Geräte bereit und stellt sicher, dass die Nutzbarkeit
nicht darunter leidet.
Universelles Design hat drei Stufen:
1. Universelle Usability. Die Regeln für barrierefreie Gestaltung werden kombiniert mit den Regeln für
gute Gebrauchstauglichkeit. Hieraus entstehen Produkte, die für alle Nutzer geeignet sind, ohne jegliche
Einschränkung der Zielgruppe. Dieses Ziel ist idealtypisch formuliert, in der Praxis wird man auch bei
­bestem Bemühen immer eine Grenze ziehen müssen.
Denn es gibt immer Grenzen der technischen oder
­finanziellen Machbarkeit. In solchen Fällen kommen
die nachfolgenden beiden Optionen in Frage.
Wenn ein Produkt auch mit technischen Hilfen nicht zugänglich gemacht werden kann, können Menschen mit
Behinderungen es nicht nutzen, oder sie sind zur Nutzung auf die Hilfe einer persönlichen Assistenzkraft angewiesen.
Universelles Design ist der Prozess,
Produkte für die größtmögliche Zielgruppe zu entwickeln, wobei der Bedarf
an Hilfestellungen aller Art möglichst
reduziert wird.
2. Anpassungsfähigkeit. Wenn ein Produkt in der
Basisversion nicht für alle Zielgruppen zugänglich gemacht werden kann, wird eine Möglichkeit zur indi­vi­
duellen Anpassung angeboten. Typisches Beispiel ist
die Einstellbarkeit von Schriftgrößen und Farbkon­
trasten für den Ausgleich einer Sehbehinderung.
7
Die Nutzer sind wir alle
Die Gesetzgebung zur Barrierefreiheit schützt Menschen mit Behinderungen, aber der gesellschaftliche
Nutzen von Universellem Design geht weit darüber
hinaus.
Behinderte …
Im Jahr 2007 waren knapp 7 Millionen deutsche Bürgerinnen und Bürger als Schwerbehinderte anerkannt,
also rund 8,4 % der Bevölkerung. Nicht alle Behinderungen sind auch ein Handikap bei der Nutzung von
Informationstechnik. Unmittelbar betroffen sind diejenigen Schwerbehinderten, deren primäre Behinderung eine der folgenden ist.
77.700 blinde Menschen
270.700 Menschen mit einer Sehbehinderung
47.900 gehörlose Menschen
218.600 Menschen mit einer Hörbehinderung
16.900 Menschen mit einer Querschnittslähmung
1,03 Millionen Menschen mit einem Verlust, Teilverlust
oder einer Funktionseinschränkung der Gliedmaßen
• 271.400 Menschen mit einer Störung der geistigen
Entwicklung, z. B. einer Lernbehinderung
•
•
•
•
•
•
8
Ähnliche Zahlen gibt es auch in anderen Ländern.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass
ca. 10 % der Weltbevölkerung irgendeine Form von Behinderung haben. In den USA gaben 8,1 % der 18- bis
64-Jährigen an, eine Behinderung zu haben, die sie an
der Aufnahme einer Arbeit hindert oder bei der Durchführung ihrer Arbeit einschränkt.
Die Wahrscheinlichkeit einer Behinderung steigt mit
dem Alter. Altersbedingte Einschränkungen gibt es
hauptsächlich in den Bereichen Hören und Sehen, in
der Kraft und Genauigkeit von Bewegungen, im Kurzzeitgedächtnis und in anderen kognitiven Funktionen.
In der Altersgruppe der über 65-Jährigen haben 22 %
eine anerkannte Schwerbehinderung. Und wir werden
immer älter. Im Jahr 2008 waren 20 % der Deutschen
älter als 65 Jahre, im Jahr 2060 werden es 34 % sein
(siehe Abbildung auf Seite 10).
… und andere Menschen
Im deutschen Recht wird Behinderung als individuelle
Beeinträchtigung eines Menschen gesehen. Die UN–
Konvention setzt dagegen, dass Behinderung aus der
Beziehung von Mensch und Umwelt entsteht. In einer
barrierefreien Umgebung werden auch Menschen
mit einer funktionellen Beeinträchtigung nicht an­
der gesellschaftlichen Teilhabe gehindert. Andererseits kommt es nicht selten vor, dass die Umgebung
Menschen in ihrem Tun behindert, die körperlich und
geistig auf der Höhe sind.
• Umgebungsbedingungen können die Wahrnehmung
von Informationen beeinträchtigen. Häufig erschweren
Lichtreflexionen das Erkennen von Bildschirminhalten
bei öffentlichen Terminals, z.B. bei Geldautomaten.
Bei Verkehrslärm ist die Ansage der Haltestellen in
­einem Bus nicht mehr zu hören.
• Schutzkleidung schränkt die Handhabung von Geräten ein. Ärzte in Operationssälen tragen Handschuhe
und können damit Eingabegeräte nur eingeschränkt
be­dienen, oder sie dürfen in manchen Situationen aus
hygienischen Gründen die Hände nicht zur Bedienung von Informationstechnik benutzen.
• Ablenkung durch eine andere, vorrangige Tätigkeit ist
z.B. beim Autofahren gegeben. Die Benutzung von
Telefonen und Navigationsgeräten während der Fahrt
ist ein Sicherheitsrisiko und unter strenge Regeln
­gestellt.
• Bei Müdigkeit oder Eile verstehen auch gebildete
Menschen komplizierte Satzkonstruktionen nicht.
9
Alle diese Anwendungsgebiete profitieren von den
­Erkenntnissen und Lösungen des Universellen Designs.
Produkte, die von Menschen mit Behinderungen genutzt werden können, sind für andere zumeist weniger
anstrengend, weniger fehleranfällig und effizienter.
nur unzureichend angepasst ist, stellt also die Barriere
dar und muss als Ausgangspunkt für Veränderungsmaßnahmen dienen.
In einer weiteren Begriffsbestimmung kann man
­Behinderung so definieren: „Behinderung ist die Un­
fähigkeit, mit schlechtem Design zurecht zu kommen.“
Schlechtes Design, das an die Anforderungen der
­Person, der Situation und der zu erledigenden ­Auf­gabe
„Disability is the inability to accom­mo­
date poor design.”
Prof. Gregg Vanderheiden,
University of Wisconsin
70 %
61 %
60 %
2008
50 %
50 %
2060
40 %
30 %
20 %
20 %
19 % 16 %
15 %
10 %
14 %
5 %
0 %
0 bis 20
20 bis 65
65 bis 80
80 und älter
Jahre
Bevölkerung 2008 und 2060 nach Altersgruppen Quelle: Statistisches Bundesamt
10
Gestaltungsprinzipien für
Universelles Design
Was macht Universelles Design aus, welche Regeln
und Verfahrensweisen gilt es zu berücksichtigen? Die
Gestaltungsprinzipien wurden besonders griffig für die
Gestaltung von Inhalten im Internet formuliert:
Internet­seiten sollen unter allen Umständen wahr­
nehmbar, bedienbar und verständlich sein, und
sie sollen technisch so robust sein, dass sie auch mit
r
b
robust
bar
wahrn
ie n
eh
ba
ed
m
älteren Geräten oder mit technischen Hilfen für Behinderte benutzbar sind.
Im Folgenden werden einige Anforderungen exem­
plarisch dargestellt. Die vollständigen Richtlinien
­finden sich unter dem Titel Web Content Accessibility
Guidelines (WCAG) 2.0.
Wahrnehmbarkeit
Im Internet zu surfen oder Informationstechnik zu bedienen bedeutet vor allem, grafisch aufbereitete visuelle
Informationen auf einem Ausgabegerät zu betrachten.
Menschen mit verminderter Sehfähigkeit können dies
­jedoch nur eingeschränkt oder gar nicht. Je breitband­
iger Datenzugänge werden, desto mehr Informationen
werden multimedial, also auch akustisch zur Verfügung
gestellt. Daraus entstehen Schwierigkeiten für Menschen mit Hörbeeinträchtigungen. Einige Gestaltungsregeln helfen, die Wahrnehmbarkeit von Informationen
auch bei eingeschränktem Sehen und Hören sicher­
zustellen.
ver
ständlich
Die vier Gestaltungsprinzipien: wahrnehmbar, bedienbar,
verständlich, robust.
Ausreichender Kontrast. Für das Erkennen von
Informationen ist ein ausreichender Kontrast erforderlich. Daher gibt es Richtwerte für die Helligkeit von
Schrift im Kontrast zu ihrer Hintergrundfläche, ebenso
wie für die Lautstärke von Sprache im Kontrast zu
11
­ intergrundgeräuschen. Problematisch ist auch die
H
Verwendung bestimmter Farben zur Hervorhebung
von Informationen. Bei Rot–Grün–Kontrasten oder
grellen Farben ist die Information nicht mehr für alle
wahrnehmbar. Sehbehinderte Computernutzer stellen
sich häufig die Farben individuell ein. Hierfür ist es
wichtig, dass Hervorhebungen nicht allein als Farbe
codiert sind, sondern dass zusätzliche Merkmale wie
grafische Symbole oder semantische Auszeichnungen
vorhanden sind.
Skalierbarkeit. Gute Lesbarkeit von Text bedeutet
vor allem eine ausreichende Schriftgröße. Es gibt aber
keinen allgemein verbindlichen Richtwert für die
Schriftgröße, denn viele weitere Faktoren wie Schriftschnitt und Kontrast beeinflussen die Lesbarkeit. Die
Sehschärfe der Nutzer ist so verschieden, dass alle
Schriftgrößen von winzig klein bis zu einem Wort je
Bildschirm verlangt werden. Deshalb ist es am besten,
wenn die Nutzer sich die Schriftgröße individuell ein-
Nicht gut lesbar: Texte überlagern sich bei Schrift­
vergrößerung. Solche Fehler treten bei einem fluiden
Layout nicht auf.
12
stellen können. Noch komplizierter wird die Situation
durch die große Vielfalt an Browsern, Bildschirmen
und technischen Hilfen, mit denen Nutzer Webseiten
anschauen. Um die Skalierbarkeit von Internetseiten
sicherzustellen, gibt es im Webdesign die Technik des
fluiden Layouts, das sich an alle Schriftgrößen und
Bildschirmbreiten flexibel anpasst.
Alternativtexte. Text ist das Medium, das Informationen für alle Nutzer verfügbar macht. Wenn Bilder
beschriftet sind, erkennen auch blinde Menschen,
­worum es darin geht. Wenn Videos mit Text untertitelt
sind, können auch gehörlose Menschen die Informa­
tion aufnehmen. Alternativtexte sind die Fall–Back–­
Lösung für Informationen aller Art, um Probleme mit
der Wahrnehmbarkeit aufzufangen. Zugleich sind sie
ein wichtiges Verfahren, um Bild- und Filmmedien­
für Suchmaschinen aufzubereiten.
Untertitel in Filmen sind gut für Gehörlose, helfen aber
auch beim Erlernen einer Fremdsprache.
Zweikanalprinzip. Eine Faustregel im Universellen
Design ist das Zweikanalprinzip oder die Multimo­
dalität: Eine Information muss immer auf mehreren
Wegen zugänglich sein, eine Handlung muss auf mehreren Wegen ausführbar sein, damit das System auch
unter schwierigen Nutzungsbedingungen funktioniert.
Ein Beispiel ist die Ankündigung der Haltestellen in
modernen Bussen, die zugleich sprachlich angesagt
und in Leuchtschrift angezeigt wird. Ebenso sollten
Warnmeldungen niemals nur akustisch durch einen
Signalton, sondern immer auch visuell, z. B. durch ein
blinkendes Symbol, auf sich aufmerksam machen.
das iPad® ergänzt wird. Die Handhabung dieser
Eingabe­geräte erfordert funktionierende Gliedmaßen
mit grob- sowie feinmotorischen Fähigkeiten wie
Stetig­keit, Zielgenauigkeit, Schnelligkeit, Kraft und
­einen gewissen Aktionsradius. Für Benutzer mit verminderten Fähigkeiten existieren vielfältige alternative
Geräte zur Maus, wie z.B. Trackball, Großtastentas­ta­
turen, Kopf-, Augen- oder Sprachsteuerung.
Das Navigationsgerät ist gut handhabbar durch
große Symbole. Wichtig ist eine übersichtliche
­Gliederung der Menüebenen.
Gut sichtbare Haltestellenanzeige in einer Straßenbahn.
Bedienbarkeit
Informationstechnik ist eine interaktive Angelegenheit.
In der Regel ist es erforderlich, Informationen aus
­Menüs abzurufen oder per Tastatur einzutippen. Das
klassische Zeigegerät ist die Maus, die seit neue­
stem durch Touchscreens und Multitouchgeräte wie
Tastaturbedienbarkeit. Internetseiten und andere
Software sollen so eingerichtet sein, dass eine vollständige Bedienung mit der Tastatur möglich ist. Diesen
Bedienweg verwenden Blinde ebenso wie motorisch
behinderte Menschen, und auch die Schnittstelle
für die Spracheingabe basiert auf der Tastatursteuerung. Im Internetbrowser sind die Mittel für die Fein­
13
steuerung der Tastatur allerdings begrenzt, hauptsächlich springt man mit der Tab–Taste von Link zu Link. Ein
Problem damit tritt vor allem in großen Themenpor­
talen auf, wenn eine Seite Hunderte von Links enthält.
Solche Ungetüme werden übersichtlicher gemacht,
indem man die Links gruppiert und sie mit Sprung­
marken für den direkten Zugriff per Tastatur ausstattet.
Fehlertoleranz. Menschen mit Behinderungen
benöti­gen oftmals mehr Zeit für die Bedienung inter­
aktiver Systeme. Daher ist es wichtig, dass bei
Online-­Formularen die Bearbeitungszeit großzügig
bemessen ist, und dass bei einem systembedingten
Abbruch nicht die bereits eingegebenen Daten ver­
loren gehen. Auch sollten ausreichende Bedienungsanleitungen mitgegeben werden, so dass umständ­
liche Fehler­korrekturen vermieden werden können.
Verständlichkeit
Laut einer Studie der Aktion Mensch ist die größte
­Barriere im Internet die mangelhafte Verständlichkeit
der Inhalte und der Navigationsstrukturen. Verständlichkeit ist eine Qualität, die sehr stark vom Erfahrungskontext der Nutzer abhängt. Eine wichtige Grundlage
für die Schaffung verständlicher Angebote sind die allgemeinen software-ergonomischen Gestaltungsprinzipien, wie Aufgabenangemessenheit und Erwartungskonformität. Darüber hinaus gibt es die Vorstellung
von einer klaren, allgemeinverständlichen Sprache, die
allen Menschen die Erschließung der Inhalte erlaubt.
Ein Bemühen um Verständlichkeit ist nicht nur für
14
­ enschen mit Lernschwierigkeiten wichtig, sondern für
M
alle Zielgruppen, die die deutsche Sprache nicht voll
beherrschen, und am Ende für jeden, der für die jeweiligen Inhalte nicht fachkundig ist.
„Für jegliche Inhalte ist die klarste und
einfachste Sprache zu verwenden, die
angemessen ist.“
BITV: Einfache Sprache
Einfache Sprache. Die Verständlichkeit von Inhalten wird durch eine einfache Sprache gefördert. Auch
in fachspezifischen Informationsangeboten ist es rat­
sam, eine Einstiegsebene auf niedrigerem Sprach­
niveau für die allgemeine Öffentlichkeit bereit zu
halten. Wichtige Regeln für einfache Sprache sind einfache Sätze und die Vermeidung von Fremdwörtern.
Notwendige Fachbegriffe müssen erläutert werden,
entweder beim ersten Auftreten oder in Form eines
Glossars. Es gibt aber keine eindeutige, testfähige
Spezifikation für einfache Sprache, da die Angemessenheit für die Inhalte immer gewahrt bleiben muss.
Leichte Sprache, Gebärdensprache. Die Diskussion um das Sprachniveau im barrierefreien Internet
ist in Deutschland noch nicht abgeschlossen. Neben
einer klaren, einfachen Sprache wird für bestimmte
Angebote eine Leichte Sprache gefordert. Leichte
Sprache richtet sich an Menschen mit einer Lernbehinderung, hat eine stark vereinfachte Grammatik und
nimmt auch eine Vereinfachung der Inhalte bewusst in
Kauf. Dagegen sollen Angebote in Gebärden­sprache
ausdrücklich die inhaltliche Komplexität des Sachverhalts wiedergeben. Gebärdensprache nimmt hier
die Funktion einer Fremdsprache ein, sie ist für viele
Gehörlose die Muttersprache. Gehörlose Menschen,
die nicht als Kind die Lautsprache gelernt haben,
verstehen häufig die Schriftsprache nur unzureichend
und sind für ein genaues Verständnis von Informa­
tionen auf die Gebärdensprache angewiesen. Die
deutsche Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV) wird in der kommenden zweiten Version
die Anforderung enthalten, dass für bestimmte Angebote eine Version in Leichter Sprache und in Gebärdensprache bereitgestellt werden muss.
Alternative Sprachversionen sind ein
Grenzfall für Universelles Design. Ihr Einsatz muss sorgfältig abgewogen werden.
Technische Robustheit
In Bezug auf Internetseiten bedeutet technische
Robust­heit, dass sie mit allen von den Nutzern verwendeten Browsern und Anzeigegeräten genutzt werden
können. Auch ältere Browser, auch Braillezeilen und
Sprachausgaben sollen eine brauchbare Wiedergabe
der Inhalte erzeugen können, selbst wenn ein genaues grafisches Abbild aus technischen Gründen nicht
­möglich ist.
Standardkonforme Programmierung. Die Stan­
dards für Internetseiten sind HTML für die Strukturierung von Inhalten und CSS für die Programmierung
von Stilvorlagen. Die korrekte Verwendung dieser
Standards ist eine wesentliche Grundlage für die geräteunabhängige Nutzbarkeit der Inhalte. Ebenso hat sie
Vorteile für die Effizienz und Wirtschaftlichkeit der
­Webentwicklung, und hat sich daher im Internet ­bereits
weitgehend durchgesetzt.
Semantische Auszeichnung. Es gibt HTML–­
Elemente für die Auszeichnung der strukturellen Bedeu­
tung von Inhaltselementen: Überschriften, Absätze,
Hervorhebungen, Listen, Tabellen, Formularfelder.
Werden diese semantischen Tags sinngemäß richtig
eingesetzt, so sind die Inhalte auch ohne grafische
Aufbereitung verständlich. Sprachausgaben können­
z. B. einen Hinweiston ausgeben, wenn ein neues
­Kapitel anfängt. Auch die Funktionsbereiche einer
­Seite wie Navigation, Hauptinhalt, Randspalten etc.,
die in der aktuellen Version von HTML noch nicht berücksichtigt sind, müssen zugänglich gemacht werden.
Unterstützung von assistierenden Techno­
logien. Internetseiten in semantisch korrektem HTML
können ohne weiteres mit technischen Hilfen wie
Sprachausgabe und Sprachsteuerung genutzt werden.
Dies wird auch von den neuen Technologien im Internet verlangt, die nicht vom W3C standardisiert wurden: PDF, Javascript und Flash®. Um PDFs barrierefrei
zu machen, werden semantische Tags ähnlich wie in
HTML eingesetzt. Ein verbindlicher Maßstab hierfür
15
Die Braillezeile ist eine technische Hilfe zur Computer­
bedienung für Blinde.
wird ab 2012 in dem ISO-Standard PDF/UA (Universal
Accessibility) zur Verfügung stehen.
Wie bei den Programmiertechniken gibt es auch
bei den Anzeigegeräten eine rasche technische
Entwicklung, erfreulicherweise auch viele innovative
Ansätze zur Implementierung von Barrierefreiheit.
Daneben besteht ein mittelständischer Hilfsmittelmarkt, der auf Innovationen erst dann reagiert, wenn
sie sich als Marktstandard durchgesetzt haben. Wie
diese Lücke geschlossen werden kann, zeigt das
iPhone®, das über eine systemeigene Sprachausgabe
verfügt und von Blinden ohne eine externe technische
Hilfe genutzt werden kann.
16
Viele Anbieter gehen neue Wege in der Barrierefreiheit.
Das iPhone® als Multitouchgerät hat eine eingebaute
Sprachaus­gabe und kann auch von Blinden gut bedient
werden.
Richtlinien zur Barrierefreiheit
In den meisten Staaten gibt es seit Jahren Regulierungen zur Gleichstellung behinderter Menschen
und ihrer Teilhabe an der Gesellschaft. Von zentraler
­Bedeutung hierbei ist das Konzept der Barrierefreiheit
(Accessibility).
Im Folgenden werden die wichtigsten internationalen, US-amerikanischen, europäischen und deutschen
­Regulierungen vorgestellt, beschränkt auf den all­
gemeinen Bereich sowie auf Informationstechnik und
­Telekommunikation.
International
Am 03.05.2008 trat die „UN Convention on the Rights
of Persons with Disabilities“ international in Kraft. Nun
wird sie von den Unterzeichnern, zu denen die mei­
sten EU-Staaten sowie Europarat und EU-Kommission
gehören, systematisch umgesetzt. In diesem Übereinkommen sind die Rechte von Menschen mit Behin­
derungen und die staatliche Verpflichtung zu ihrer
Gewährleistung für die verschiedenen Lebensbereiche
detailliert dargelegt.
Ein weiteres international anerkanntes Dokument ist
die im Mai 2001 veröffentlichte „International Classification of Functioning, Disability and Health“ (ICF),
die im Oktober 2005 unter dem Titel „Internationale
Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und
Gesundheit“ auch in deutscher Sprache erschienen ist.
Zu den internationalen Standards und Leitlinien
­gehören u.a.
• „Principles of Universal Design“ (2.0), Center for
­Universal Design, North Carolina State University,
USA, 1997
Deutsche Übersetzung im DIN-Fachbericht 124
­„Gestaltung barrierefreier Produkte“
• „Web Content Accessibility Guidelines“ (WCAG)
2.0, World Wide Web Consortium (W3C), 2008
Deutsche Übersetzung: „Richtlinien für barrierefreie
Webinhalte“
• (DIN EN) ISO 9241-171:2008 „Ergonomics of human–
system interaction; Part 171: Guidance on software
accessibility“
17
Deutsche Übersetzung: „Ergonomie der MenschSystem-Interaktion – Leitlinien für die Zugänglichkeit von Software
• (DIN EN) ISO 9241-20:2008 „Ergonomics of human–
system interaction; Part 20: Accessibility guidelines
for information/communication technology (ICT)
equipment and services“
Deutsche Übersetzung: „Ergonomie der Mensch–
System–Interaktion - Leitlinien für die Zugänglichkeit
der Geräte und Dienste in der Informations- und
Kommunikationstechnologie“
• ISO/IEC Guide 71:2001 „Guidelines for standards
developers to address the needs of older persons
and persons with disabilities“
CEN/CENELEC Guide 6 ist das europäische Äquivalent zum Guide 71, die deutsche Fassung „Leitlinien
für Normungsgremien zur Berücksichtigung der Bedürfnisse von älteren Menschen und von Menschen
mit Behinderungen“ ist als DIN Fachbericht 131
­veröffentlicht.
• ISO TR 22411:2008 „Ergonomics data and guide­
lines for the application of ISO/IEC Guide 71 to
­products and services to address the needs of older
persons and persons with disabilities“
Trotz ihres Titels sind Guide 71 und TR 22411 nicht nur
für Standardisierer, sondern auch für Designer wichtig.
Beide Dokumente werden zurzeit überarbeitet.
18
USA
In den USA gibt es Gesetze, die das Thema Accessibility regeln. Die Regierungsbehörde Access Board
entwickelt dazu entsprechende Standards und ist verantwortlich für deren Verbreitung und Anwendung. Zu
den wichtigsten Accessibility-Standards gehören die
Section 255 Guidelines zur Regelung der Barrierefreiheit von Telekommunikationsprodukten und -diensten
sowie die Section-508-Standards zur Regelung der
Barrierefreiheit von Produkten und Technologien, die
von Regierungsbehörden beschafft werden, unter anderem Computerhard- und -software, Internetseiten,
Telefonanlagen, Fax- und Kopiergeräte.
Im Internet steht als zusätzlicher Mechanismus zur
Überprüfung der Einhaltung der Section-508-Standards ein „Buy Accessible Wizard“ zur Verfügung; Unternehmen nutzen ein Voluntary Product Accessibility
Template (VPAT) zur Selbsterklärung der AccessibilityEigenschaften ihrer Produkte.
Zurzeit befinden sich die Section 508 bzw. die Section255-Accessibility-Standards in Überarbeitung, sie sollen zusammengefasst werden.
Europa
Die Europäische Kommission und der Europarat nutzen
Direktiven, Mandate und andere Instrumente wie Fördermittel und -programme zur Förderung von behindertengerechten Lösungen, wobei die Begriffe „Design for
All“ bzw. „Universal Design“ und in den letzten Jahren
zunehmend „e–Inclusion“ verwendet werden.
Aktuell existiert als wichtigstes Mandat im Bereich Acces­
sibility das Mandat 376: „Standardisation mandate to
CEN, CENELEC and ETSI in support of European
accessibility requirements for public procurement of
products and services in the ICT domain“. Das Mandat
ist ein finanzierter Arbeitsauftrag an die europäischen
Standardisierungsgremien. Ziel ist es, nach US–Vorbild
einen europaweit harmonisierten Mechanismus zu entwickeln, der bei öffentlichen Ausschreibungen Barriere­
freiheit als Vergabekriterium berücksichtigt.
staatlichen Verpflichtungen bereits erfüllt sind oder
noch erfüllt werden müssen. Die barrierefreie Gestaltung (§ 9) ist dabei nur ein Pfeiler des Gesamtkonzepts.
Regulierung. Das deutsche Behindertengleich­
stellungsgesetz (BGG) vom Mai 2002 verpflichtet nach
§7 die Behörden des Bundes, und somit auch ihre
Auftragnehmer und Lieferanten, zur Barrierefreiheit.
Zusätzlich wird die Wirtschaft direkt über das Instrument der Zielvereinbarung nach §5 des BGG zur Herstellung von Barrierefreiheit verpflichtet.
Die Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV)
Neben Mandaten gibt es einige Richtlinien, die Accessibility-Aspekte enthalten oder direkten oder indirekten
Bezug zur Barrierefreiheit haben und teilweise in den
EU-Staaten, also auch in Deutschland, in nationales
Recht umgesetzt werden.
Deutschland
UN–Konvention über die Rechte von Men­
schen mit Behinderungen. In Deutschland ist
ein „Nationaler Aktionsplan der Bundesregierung zur
Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention“ erarbeitet und am 15.06.2011 im Bundeskabinett beschlossen worden. Bund, Länder und Gemeinden sind
dazu verpflichtet, für ihren Bereich zu über­prüfen, ob
und in welchem Umfang die Rechte von Menschen
mit Behinderungen gewährleistet sind und in­
wieweit die in der UN-Konvention festgelegten
ist die wichtigste Verordnung zum BGG. In ihr werden
die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) mit
geringen Abweichungen in deutsches Recht umgesetzt. Die Novelle BITV 2.0, in der die seit Dezember
2008 gültigen WCAG 2.0 zur Anwendung kommen,
soll im Sommer 2011 erlassen werden. Neu hinzu kommen Regelungen für Leichte Sprache (Zielgruppe
Menschen mit Leseschwäche oder kognitiven Einschränkungen) und für Videos in deutscher Gebärdensprache (Zielgruppe gehörlose Menschen).
Die einzelnen Bundesländer verfügen über eigene
Gesetze, die die Landesbehörden und teilweise die
Kommunen zur Barrierefreiheit verpflichten.
19
Barrierefreiheit praktisch umsetzen
Accessibility–Experten werden häufig zu spät gerufen,
wenn es darum geht, ein barrierefreies Produkt zu ent­
wickeln. Systementscheidungen stehen oft schon im
Vorhinein fest, doch nicht auf jeder Plattform kann
­Universelles Design erfolgreich umgesetzt werden.
Eine Faustregel besagt, dass Barrierefreiheit teuer und
unzureichend wird, wenn sie im Nachhinein in ein
­Produkt „hineingetestet“ werden soll. Werden dagegen von Anfang an die An­forderungen von Menschen
mit Behinderungen berücksichtigt, so bleibt die Barriere­
freiheit kostenneutral.
Barrierefreiheit im Human
Centered Design
Das Ziel eines Human Centered Design (HCD) ist es,
gebrauchstaugliche Produkte zu entwickeln. Dabei
werden die potentiellen Benutzer eng in den Prozess
eingebunden. In einem iterativen Prozess werden die
Benutzeranforderungen ermittelt, in Produktentwürfe
umgesetzt und nach einem Nutzertest verfeinert, bis
die Lösung alle Anforderungen erfüllt. Der Prozess ist
in der ISO–Norm 9241-210 beschrieben.
20
Barrierefreiheit ist ein Teil der Nutzeranforderungen.
Barrierefreiheit in einen HCD–Prozess zu integrieren
bedeutet, den größtmöglichen Nutzerkreis und einen
erweiterten Nutzungskontext zu berücksichtigen. Inwieweit behinderte Nutzer in den Entwicklungsprozess
mit einzubeziehen sind, ist abzuwägen.
Anforderungen verstehen. Zu Beginn des HCD–
Prozesses werden die Anforderungen der Benutzer
vorwiegend im Hinblick auf das Fachkonzept erhoben.
Die Thematisierung von Behinderungen stellt eine
­Erweiterung des Nutzungskontextes dar. Es ist festzustellen, welche Funktionseinschränkungen für die Nutzung der Anwendung relevant sind. Für ein öffent­
liches Informationssystem sind alle Nutzergruppen zu
berücksichtigen, dagegen wird eine Grafiksoftware
kaum von Menschen mit hochgradiger Sehbehinderung oder Blindheit genutzt werden können. Eine
­probate Methode zur Abwägung dieser Fragen ist die
Einbeziehung eines Accessibility-Experten.
Eine genauere Spezifikation der Anforderungen zur
Barrierefreiheit erübrigt sich zumeist bzw. ist durch Verweis auf die Richtlinien abgedeckt. Dennoch kann es
sinnvoll sein, bereits in dieser Phase behinderte Nutzer
in den Entwicklungsprozess einzubeziehen. Vor allem
eine im Universellen Design unerfahrene Projekt­
gruppe ist auf die persönliche Anschauung angewiesen, um besser zu verstehen, wie Menschen mit Behinderungen mit einem Produkt arbeiten. Eine Ausnahme
machen Pilotanwendungen, aktuell sind dies die dynamischen Webanwendungen, bei denen die Tech­niken
einer barrierefreien Gestaltung noch nicht ausge­lotet
sind. Hier ist die Teilnahme von behinderten Nutzern
wichtig für die Gewinnung von Best Practices.
Designlösung barrierefrei gestalten. Web­
designer und Softwareentwickler benötigen eine Expertise in den Praktiken der barrierefreien Gestaltung,
die sie vorwiegend aus veröffentlichten Tutorien und
Musterlösungen lernen können.
Im iterativen Entwicklungsprozess werden oftmals
­bereits Zwischenlösungen in Nutzertests verifiziert.
Die Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen
ist in dieser Phase nur dann sinnvoll, wenn auch die
Zwischenlösungen barrierefrei sind. Bei ersten Entwürfen wie Diagrammen und Prototypen ist dies zumeist
nicht der Fall.
Zielerreichung überprüfen. Zur Evaluation der
Designlösung kann man auf Methoden aus zwei
Evaluationsklassen zurückgreifen: expertenbasierte
Verfahren und Verfahren unter Nutzerbeteiligung.
Auch die Barrierefreiheit wird mit vergleichbaren
Methoden überprüft. Bei Internetseiten lässt sich
ein großer Teil der Anforderungen durch den BITVTest abdecken, einer detaillierten Anleitung für den
21
Expertentest. Werden Menschen mit Behinderungen
in Usability-Tests als Testpersonen eingesetzt, so sind
spezielle Vorkehrungen zu treffen. Es ist dafür Sorge zu
tragen, dass an den Testarbeitsplätzen assistierende
Technologien installiert sind, und dass die Testpersonen
mit dem jeweiligen Hilfsmittel vertraut sind.
Erfahrungsgemäß kommen Evaluationsansätze, die
nur expertenbasiert sind oder auf der Simulation von
Behinderungen beruhen, zu schlechteren Ergebnissen
als Ansätze, die Menschen mit Behinderungen im gesamten HCD-Prozess mit einbinden.
So kann Barrierefreiheit im Human
Centered Design integriert werden
• Die bestehenden Usability-Richtlinien
werden um die Anforderungen der
Barrierefreiheit erweitert.
• User Research berücksichtigt alle Gruppen von Benutzern, auch Benutzer mit
Einschränkungen.
• Arbeitsabläufe berücksichtigen auch
den Gebrauch von assistierenden Technologien, z.B. Vergrößerungssoftware.
• Verschiedene Nutzungsstrategien werden berücksichtigt, z.B. ausschließliche
Tastaturbedienung.
• Usability-–Tests werden auch mit Menschen mit Behinderungen durchgeführt.
22
Methoden und Tools
Methoden und Tools für die barrierefreie Gestaltung
von Informationstechnik sind verschieden weit entwickelt. Während es für die Gestaltung barrierefreier
Internetseiten eine Vielzahl an Ressourcen gibt, sind
dynamische Webanwendungen eine Pionieraufgabe.
Auch bei klassischen Computerprogrammen ist die
Barrierefreiheit wenig beleuchtet.
Barrierefreies Internet
Das World Wide Web Consortium (W3C) erarbeitet
Standards und Richtlinien für das Internet. Die für die
Barrierefreiheit zuständige Gruppe des W3C ist die
Web Accessibility Initiative (WAI), die noch weitere
Untergruppen einschließt. Die WAI erarbeitet u.a. die
Web Content Accessibility Guidelines (WCAG), die die
Inhalte einer Webseite behandeln, und die Accessible
Rich Internet Applications Suite (WAI-ARIA), die dynamische Webinhalte adressiert.
Eine Vielzahl von Initiativen auf nationaler Ebene bemüht
sich darum, Unterstützung zur Anwendung der Standards zu geben, und auch kommerzielle Dienstleistungs­
angebote sind reichlich vorhanden. Im Folgenden werden die wichtigsten Initiativen in Deutschland genannt.
BITV–Test. Der allgemein anerkannte BITV–Test
­wurde im Auftrag der deutschen Bundesregierung vom
BIK–Projekt erstellt, einem Konsortium der deutschen
Blinden- und Sehbehindertenverbände mit ­einem
­privaten Testinstitut. Basis ist die Barrierefreie Informa-
tionstechnik–Verordnung (BITV). Das Testverfahren ist im
Detail offengelegt und erläutert. Die Bewertung erfolgt
nach einem Punktesystem, insgesamt können ­maximal
100 Punkte erreicht werden. Ab 90 Punkten wird ein
Web­auftritt als „gut zugänglich“ bewertet, ab 95 Punkten als „sehr gut zugänglich“. Der BITV–Test ist Basis
eines Prüfsiegels, aber ebenso zum Selbsttest geeignet.
BIENE–Wettbewerb. Seit 2003 prämieren die
­ ktion Mensch und die Stiftung Digitale Chancen die
A
besten deutschsprachigen barrierefreien Angebote im
Internet mit einer BIENE. BIENE steht für „Barriere­
freies Internet eröffnet neue Einsichten”. Das zugrundeliegende Testverfahren hat höhere Anforderungen
als der BITV–Test, u. a. werden auch Nutzertests zur
Verständlichkeit der Websites durchgeführt. Die Preisträger des BIENE–Wettbewerbs und auch die Nominierungen gelten als Referenzprojekte für Mus­ter­
lösungen des barrierefreien Webdesigns.
Einfach für alle. Die Website der Aktion Mensch
ist das maßgebliche Fachportal für barrierefreies Web
design. Hier werden Fachartikel und Tutorien veröffentlicht. Einfach für alle beobachtet weltweit die
Accessibility–Blogs und gibt Hinweise auf Neuigkeiten
zum Stand der Technik.
Ein reichhaltiges Angebot von Open–Source–Tools
erleichtert es Webdesignern, Barrierefreiheit während
der Produktion umzusetzen. Empfehlenswert sind vor
allem Browser–Erweiterungen, die auf einfache Weise
genutzt werden können.
Empfehlenswerte Prüf-Tools
• Web Accessibility Toolbar http://www.wob11.de/watkomplett.html
• Web Developer Toolbar https://addons.mozilla.org/de/firefox/
addon/toggle-web-developer-toolbar/
• Juicy Studio Accessibility Toolbar https://addons.mozilla.org/en-US/firefox/
addon/juicy-studio-accessibility-too/
• Firebug - https://addons.mozilla.org/
en-US/firefox/addon/firebug/
• W3C–Validator - http://validator.w3.org
• Contrast Analyser http://www.paciellogroup.com/resources/
contrast-analyser.html
• PDF Accessibility Checker (PAC) http://www.access-for-all.ch/ch/pdf-werkstatt/
pdf-accessibility-checker-pac.html
Dynamische Webanwendungen
Während die Verfahren zur barrierefreien Gestaltung
von Informations–Websites schon relativ ausgereift
sind, stellen die dynamischen Webanwendungen im
Moment noch eine Pionieraufgabe dar. Anwendungen
wie Online–Editoren oder Routenplaner im Internet
halten einige Herausforderungen für die Entwicklung
einer barrierefreien Bedienoberfläche bereit.
23
Dynamische Webanwendungen stellen sich der Auf­
gabe, die Komplexität und den Bedienungskomfort
klassischer Computerprogramme auf die allgemein
verfügbare Plattform des Internetbrowsers zu übertragen. Verarbeitungsprozesse, die sonst serverseitig liefen, werden durch Javascript und AJAX direkt
im Browser ausgeführt. Dabei ergeben sich einige
Schwachstellen, die beim Einsatz von technischen
Hilfen kritisch werden können.
Lösungen für diese Aufgaben hält WAI-ARIA bereit,
eine technische Spezifikation im Entwurfsstadium, die
voraussichtlich 2011 ein empfohlener Webstandard
des W3C sein wird. Sie enthält Ergänzungen für HTML/
XML, die auch mit Javascript eingesetzt werden
können. Einige Javascript-Frameworks, insbesondere
jQuery und die Yahoo User Interface Library (YUI),
bemühen sich um die Bereitstellung barrierefreier
Javascript-Routinen.
Neue Bedienelemente. Bedienelemente wie z.B.
Unter der Bezeichnung Rich Internet Applications (RIA)
sind auch Anwendungen in Flash® und Silverlight® auf
dem Markt, die sich als komfortablere Konkurrenz­
zu HTML und Javascript anbieten. Diese Plattformen
­beanspruchen ebenfalls eine Eignung für die barrierefreie Gestaltung, werden aber von der „Accessibility–
Szene“, den engagierten Entwicklern, nicht in dem­
selben Maße angenommen wie die Standards des
W3C. Diese „Webstandards“ entwickeln sich ebenfalls
weiter. Für einige dynamische Funktionen, die zurzeit
nur in Flash® realisiert werden können, wird es in Zukunft Lösungen in HTML5, CSS3 und Javascript geben.
Schieberegler, die im Formularsatz von HTML nicht
enthalten sind, müssen sich assistierenden Geräten in
ihrer Funktion zu erkennen geben.
Komplexität. Eine Vielfalt von Bedienfunktionen
übersichtlich anzuordnen, ist häufig nur durch das Einund Ausblenden von Ebenen möglich. Geräte, die nur
einen kleinen Ausschnitt des Bildschirms anzeigen,
benötigen zusätzliche Orientierungshilfen.
Nachladen von Informationen. Hierbei setzt das
statische Konzept der Internetseite Grenzen, z.B. greift
die Zurück-Navigation des Browsers bei solchen
Änderungen nicht. Screenreader müssen Änderungen
des Bildschirminhalts beobachten und dem Nutzer
sofort oder auf Abfrage melden.
Tastaturbedienung. Der Internetbrowser verfügt
nur über eine eingeschränkte Tastatursteuerung. Komplexe Anwendungen benötigen eine Feinsteuerung,
die mit Javascript realisiert werden muss.
24
Barrierefreie Computerprogramme
Desktopanwendungen barrierefrei zu gestalten ist
kein immenser Zusatzaufwand, wenn diese Anforderung frühzeitig im Entwicklungsprozess mit eingeplant
­wurde. Die wichtigste Vorentscheidung ist die Auswahl
einer Plattform, die für die Nutzung mit technischen
Hilfen geeignet ist. Die Hilfsmittelhersteller haben sich
in der Vergangenheit auf Microsoft Windows® kon-
zentriert und liefern Skripte für alle Anwendungen in
diesem Betriebssystem. Für andere Plattformen ist die
Unterstützung weniger gut entwickelt.
Die Richtlinien für barrierefreie Computerprogramme
sind in der ISO–Norm 9241-171 niedergelegt. Eine
praktische Handreichung liegt in der IBM–Checkliste
für barrierefreie Software vor, die auf der älteren US–
Richtlinie Section 508 basiert. Grundsätzlich gelten
die gleichen Anforderungen, wie sie für Webanwen­
dungen in den WCAG–Richtlinien beschrieben sind.
Für den Test der Barrierefreiheit von Desktop–Software
gibt es kaum Unterstützung durch automatische Tools.
Der Test besteht im Wesentlichen in der Bedienung
der Software mit der Tastatur, mit den Accessibility–
Optionen des Betriebssystems und mit assistierenden
Technolo­gien. Ein effizientes und sicheres Testver­
fahren basiert auf Testszenarien, die an typischen
Aufgaben orientiert sind. Spätestens in der Testphase
sind Experten gefragt. Dies können externe Experten
für Barrierefreiheit sein, unterstützt durch behinderte
Nutzer, vor allem Blinde und Sehbehinderte, die die
Software mit ihren Hilfsmitteln testen.
Für die Umsetzung der Regeln in den verschiedenen
Plattformen und Programmiersprachen gibt es An­
leitungen der jeweiligen Hersteller.
Grundanforderungen für barrierefreie Computer­
programme:
• Einhaltung der Gestaltungsprinzipien für Universelles
Design
• Vollständige Tastaturbedienbarkeit
• Einhaltung der Betriebssystem-Standards für Be­dien­
elemente
• Beachtung der Accessibility–Optionen des Betriebs­
systems (Schriftvergrößerung, Kontrastmodus)
• Barrierefreie Dokumentation
Worauf Sie beim Testen von
Desktop-Anwendungen achten
sollten
• Testen Sie typische Benutzungs–­
Szenarien mit allen Hilfsmitteln kom­
plett durch.
• Ist der Fokus in Dialogen immer
sichtbar?
• Ist die Tab–Reihenfolge bei TastaturNavigation sinnvoll?
• Sind alle Bedienelemente erkenn­
bar?
• Testen Sie, ob die Accessibility-Opti­
onen des Betriebssystems vollständig
benutzbar sind.
25
Universelles Design ist wirtschaftlich
Barrierefreiheit ist ein gesamtgesellschaftliches Anliegen, das häufig als Sache des Staates angesehen wird.
Die Wirtschaft steht dem Thema noch reserviert gegenüber, in Erstgesprächen neigen viele Auftraggeber
dazu, auf die Barrierefreiheit aus Kostengründen zu
verzichten. Dies ist jedoch kurzsichtig gedacht. Auch
die kleinen Softwarehersteller und die Informationsanbieter im Internet profitieren davon, wenn sie ihre
Produktion auf Barrierefreiheit umstellen. Besonders
bei Online–Shops lassen sich die Vorteile der Barrierefreiheit eindrucksvoll nachweisen.
Imageförderung. Unter den großen deutschen
­Unternehmen gibt es inzwischen einige, die sich für eine
barrierefreie Internetpräsenz entschieden haben, so die
Postbank, die Deutsche Bahn oder der Versandhändler
Manufactum. Eine barrierefreie Website gilt als Indikator
für Kundenorientierung und Vertrauenswürdigkeit.
Mehr Besucher. Eine barrierefreie Website kann
neue Kundengruppen erschließen. Dies wurde auf der
Ebene der Zugriffszahlen vielfach nachgewiesen. In
­einer kürzlich veröffentlichten österreichischen Studie
wurden nach dem barrierefreien Relaunch eines OnlineShops 6 % mehr Besucher, 22 % mehr wiederkehrende
26
Besucher und 43 % mehr Seitenzugriffe je Besuch
­verzeichnet. Diese Zahlen sprechen vor allem für eine
intensivere Nutzung des Online–Shops durch die
­Besucher.
Umsatzsteigerung. Der britische Blindenverband
RNIB hat einige Wirtschaftsunternehmen beim barriere­
­freien Relaunch ihrer Websites begleitet und den wirtschaftlichen Erfolg ausgewertet. Neben höheren
­Zugriffszahlen und gesteigerter Suchmaschinenakti­
vität konnte auch eine höhere Konversionsrate nachgewiesen werden, also ein größerer Erfolg der Web­
site. Der Umsatz eines Web–Shops konnte durch eine
vereinfachte Produktsuche und einen optimierten
­Bestellablauf um rund 4 % gesteigert werden.
Kostenreduzierung. Barrierefreie Websites sind
standardkonform programmiert. Dies resultiert in schlanken Seiten, die rasch laden und weniger Speicher- und
Transfervolumen in Anspruch nehmen. Die NetBank verzeichnete durch den barrierefreien Relaunch ihrer Website einen um 25 % verminderten Traffic, ähnliche Werte
meldeten die Stadtportale von Hamburg und Wien. Bei
stark beanspruchten Websites ist die Einsparung in den
laufenden Betriebskosten erheblich.
Höherer Return on Investment (ROI). Mehr
Besucher, höherer Umsatz und verminderte Betriebskosten stehen der höheren Anfangsinvestition einer
barrierefreien Website gegenüber. Die britische Supermarktkette Tesco und der Versicherungsdienstleister
Legal & General haben belegt, dass die Investition in
Barrierefreiheit sich durch einen höheren ROI auszahlt.
Die barrierefreie Gestaltung von Internetseiten und
Webanwendungen hilft Nutzern ebenso wie Anbietern, ihre Ziele zu erreichen. Eine übersichtliche Darstellung von Informationen, eine einfache und verständliche Sprache, gut lesbare Informationen und
wahrnehmbare Hilfen erhöhen die Zugänglichkeit und
Gebrauchstauglichkeit auf Nutzerseite. Auf Anbieterseite bedeutet dies zufriedene Nutzer, ein positives
Image und primär einen vergrößerten Absatzmarkt
für Produkte und Dienstleistungen. Studien und Fallbeispiele machen deutlich, dass sich eine barrierefreie
Gestaltung positiv auf den wirtschaftlichen Erfolg einer
Anwendung auswirkt.
Barrierefreiheit ist gut für alle.
27
Weiter lesen
Empfehlungen für weiterführende Literatur:
• W3C-WAI, Introduction to „How People with Disabilities use the Web”. http://www.w3.org/WAI/intro/people-use-web
• Accessible Information and Communication Technologies: Benefits to Business and Society.
Der Report vom März 2010 enthält zahlreiche Fallstudien und Success Stories aus Großbritannien.
http://www.onevoiceict.org/tools/tools
• IWP 56 (8/2005) Sonderheft „Barrierefreiheit im
Internet“.
Wiesbaden: Dinges & Frick.
ISSN 1434-4653
Gastherausgeber sind Werner Schweibenz, Uni
Saarbrücken, und Brigitte Bornemann-Jeske, BIT
GmbH Hamburg.
http://www.bit-informationsdesign.de/iwp-8-2005/
28
• „Just Ask: Integrating Accessibility Throughout
Design“ von Shawn Henry. Publisher: Lulu.com,
Februar 2007
oder: http://www.uiAccess.com/JustAsk/
Basiswissen zur Integration von Accessibility in die
unterschiedlichen Phasen des Human Centered
Design Prozesses
• Linkliste auf der Internetseite des AK Barrierefreiheit
der German UPA:
http://germanupa.de/arbeitskreise/barrierefreiheit
Die Autoren
Brigitte Bornemann ist ge-
Constanze Weiland arbeitet
schäftsführende Gesellschafterin der
BIT Design für Barrierefreie Infor-
seit 2007 im Accessibility Competence Center der Siemens AG,
mationstechnik GmbH, Hamburg
das bis 2011 vom C-LAB, dem
und München. Sie ist AccessibilityConsultant seit 1988 mit Schwerpunkt auf Web und Software. Sie
leitet die Internetagentur bit.infor­ma­tions­­design und ist
Mitglied im BIK 95plus–Kreis sowie im DIN Normenausschuss für Ergonomie / Accessibility.
gemeinsamen Forschungs- und
Entwicklungslabor der Universität
Paderborn und der Siemens AG,
betrieben wurde. Sie ist Diplom-Informatikerin und
Usability Consultant. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind
Accessibility- und Usability-Evaluierungen in kommerziellen und Forschungsprojekten. Darüber hinaus ist
sie in der internationalen Accessibility-Standardisierung bei ISO/IEC aktiv.
Petra Kowallik arbeitet als Senior
Product Designer bei der Open
Text Corporation, einem Hersteller
von Software für Enterprise Content Management. Ihre Arbeits­
bereiche umfassen Customer Research, User Interface und User
Interaction Design, und die Erstellung von User Experience Guidelines für Software–Oberflächen. Im Dezember 2009 hat sie den Arbeitskreis Barrierefreiheit
gegründet und ist Mitglied im erweiterten Vorstand
der G-UPA.
Harald Weber leitet die Be­reiche
„Inclusive Design“ und „Arbeit und
­
Soziales“ am Institut für Technologie
und Arbeit (ITA) in Kaiserslautern. Er
arbeitet auch als Projektmanager in
der European Agency for Development in Special Needs Education
(Dänemark). Zu seinen Interessen zählen Inclusive Design
bzw. Design for All, Usability und Barrierefreiheit sowie
­
der Einsatz von Informations- und Kommunikations­
technologien insbesondere
­
in den Anwendungsfeldern
Bildung und Arbeit.
29
Jan Entzminger kombiniert seit
Peter Rozek arbeitet seit 2010 für
2001 die Welten Gebrauchstauglichkeit, Design und Barrierefreiheit im Internet. Die von ihm geführte blindwerk – neue medien
KG hat sich auf die Beratung und
Durchführung von Projekten für
Hidden–Champions spezialisiert. 2006 gewann er­
die ecomplexx GmbH im Bereich
Frontend-Entwicklung Schwerpunkt ist die barrierefreie und gebrauchstaugliche Entwicklung von
Websites. Mit think green - neue
Medien wurde er bereits in den
Einkaufsführer Barrierefreies Internet aufgenommen
und ist Unterstützer im Aktionsbündnis für barrierefreie
Informationstechnik.
den BIENE–AWARD für barrierefreie Websites. Er ist
­ itglied im BIK 95plus–Kreis, vertreten auf der Liste90+,
M
aufgenommen im „Barrierefreien Einkaufsführer“ und
zertifiziert nach Section 508.
Arkadiusz M. Frydyada de
Piotrowski ist Diplom–Informa­
tiker und seit mehreren Jahren
selbstständiger IT–Consultant. Seine
Schwer­punkte sind E–Learning, Usa­
bility und Accessibility. Im September 2009 hat er auf der Mensch
und Computer 2009 den Best Paper Award für den
Beitrag „Benutzerprofile von Menschen mit Beeinträchtigungen/Fähigkeiten“ erhalten.
Markus Erle leitet die Agentur
Wertewerk, die sich ganz auf
Barrierefreiheit für Web und PDF
spezialisiert hat und bereits mehr­
­
fach den BIENE-AWARD gewinnen
konnte. Er gehört zum BIK 95plusKreis und ist Unterstützer im
­
Aktionsbündnis für barrierefreie Informationstechnik.
Als Berater, Projektleiter und Trainer teilt er sein ­Wissen
ebenso wie als Autor im axesPDF-Blog oder des
­Kapitels „PDF umsetzen und prüfen“ in dem Standardwerk „Barrierefreiheit verstehen und umsetzen“
(Heidelberg 2011).
30
Impressum
Fachschriften der German UPA
Herausgegeben von German UPA e.V.
Die Fachschrift ist als barrierefreie PDF-Version
gemäß WCAG 2.0 AA und PDF/UA auf der Internet­
seite des AK Barrierefreiheit verfügbar.
Band II - Barrierefreiheit –
Universelles Design
Bericht des Arbeitskreises Barrierefreiheit
Autoren: B. Bornemann, J. Entzminger, M. Erle,
A. Frydyada de Piotrowski, P. Kowallik, P. Rozek,
H. Weber, C. Weiland
Ansprechpartner: Petra Kowallik (AK Leitung)
Veröffentlicht unter:
Copyright © German UPA e.V.
Alle Rechte vorbehalten. Gedruckt in Deutschland.
Grafikdesign:
UCDplus, Magdeburg
Hafenstolz GbR, Hamburg
Kontakt:
German UPA e.V.
Leitzstraße 45
D-70469 Stuttgart
Herausgabedatum:
September 2010
Zweite aktualisierte Auflage September 2011
31
German UPA e.V.
Leitzstraße 45 | 70469 Stuttgart
www.germanupa.de
GERMAN UPA
Usability Professionals' Association

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