NEWSLETTER Nr. 5

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NEWSLETTER Nr. 5
«Leben und Wirken des Samuel B.» – NEWSLETTER Nr. 5
Im März 2016 The Final Countdown
Opus Nr. 7, das soeben in Produktion gegangen ist und ab Ende März im Buchhandel verfügbar sein wird, wurde von jp unlängst als «topografische Vermessung einer Seelenlandschaft mittels <Organi-­‐
schen Schreibens©>» dargestellt. Wir von ©«You ain’t seen nothing, yet!/Yasny», der kleinen, aber feinen Basler PR-­‐Agentur, die wir uns exklusiv der Challenge verpflichtet wissen, die Abgründe des facettenreichen jp-­‐Schaffens auszuloten, wollten mehr dazu wissen und führten ein entsprechendes Gespräch mit dem Meister. Das Interview fand in Kaiseraugst statt, einem geschichtsträchtigen Ort in der Nordwestschweiz, den jp als sein Zuhause bezeichnet; seine Heimat hingegen liege verborgen in den Tiefen des Andromedanebels, wie uns gleich zu Beginn des Gesprächs seine abgründigen nieder-­‐
sächsischen Augen signalisierten, wobei jp jählings eine Aura des Orakelhaften zu umfloren begann. Yasny: Kürzlich feierten wir im «Cabaret Voltaire» in Zürich «100 Jahre Dada»; in Eurem Text Num-­‐
mer 7, in den Ihr uns freundlicherweise bereits vor Drucklegung Einblick gewährt habt, sind wir auf einige unübersehbare Schnittmengen zwischen Euch und Dada gestossen. Seht Ihr das ähnlich, Mei-­‐
ster? jp: Ohne hier auf differenzierende Definitionen und interdisziplinäre Ausdrucksformen von Dada einzugehen, könnte man für unsere Zwecke vielleicht eine Kurzform benutzen, die besagt, dass Da-­‐
daisten den «Zufall als schöpferisches Prinzip» entdeckten; womit wir auch gleich irgendwie bei mei-­‐
nem eigenwilligen «Organischen Schreiben©» gelandet sind. Dada war bekanntlich auch und wahrlich nicht zuletzt die intensive Ablehnung all dessen in der Bourgeoisie, was zum Wahnsinn des 1. Welt-­‐
kriegs geführt hatte. In jüngeren Jahren sah ich einmal völlig zufällig im Fernsehen ein Dada-­‐
Happening – ich weiss längst nicht mehr, von/mit wem – und war wie vom Donner gerührt: offen-­‐
sichtlicher Nonsens, todernst dargeboten, die Sinnhaftigkeit des Lebens vorgeführt als ein einziger Un-­‐Sinn; das kollidierte aufs Heftigste mit den Werten meines preussisch-­‐protestantischen Eltern-­‐
hauses und meiner Sozialisation in einem autoritär-­‐elitären Gymnasium: Dort hatte unaufhörlich alles etwas zu bedeuten; der «Ernst des Lebens» nahm mich in dieser Anstalt täglich in Beugehaft! Dass ich daselbst oft auf Havariekurs lief, wurde mir seitens des mir grimmig entgegentretenden Erziehungs-­‐
personals regelmässig mitgeteilt, indem man mir kundtat, dass ich ein völlig Bedeutungsloser inner-­‐
halb dieser erhabenen Bedeutungsmatrix sei. Und dann Kurt Schwitters nicht weit von meinem Ge-­‐
burtsort mit seiner «Ursonate»! Dada betrachtete ich heimlich und genoss es sehr; eine verborgene Rebellion gegen: «Junge, werd' endlich vernünftig und hör auf, so zu fantasieren!» Um den Höhen-­‐
metern meiner Ausbildung zu entsprechen, sollte man die «Sinnlosigkeit des Lebens» mindestens auf der existenzialistischen Ebene der Champions Camus und Sartre abhandeln, das wäre dann schon deutlich seriöser als Dada. Aber Dada ist viel subversiver! Surrealismus ist auch nicht ohne; wir wer-­‐
den uns erlauben, auf dem Titel von Text Nr. 7 ein entsprechendes Fanal zu setzen. Ich muss wirklich sagen, obwohl sich das in meinem reifen Alter etwas kurios anhört, dass ich mich jetzt, «nach» Text Nummer 7, so richtig befreit fühle: Ich performe textlich verwegen wie ein Dada-­‐Aktionist, und was die Umwelt dazu meint, registriere ich unerschütterlich wie ein Seismograf! Mit meiner politischen Polung, die auf dem Hintergrund von Wirtschaftswunder-­‐Deutschland mit seiner Totalverdrängung der Nazi-­‐Vergangenheit ihren Anfang und ihre frühen Konturen fand, lag ich natürlich auch total ver-­‐
quer zum «Wir-­‐sind-­‐wieder-­‐wer!»-­‐Establishment – übrigens bis heute. In Text Nr. 7 präsentiere ich einige extrem schräge Szenen auf Adolf Hitlers Berghof, die sich in kruder Slapstickmanier der Bear-­‐
beitung eines der schauderhaftesten Kapitel der Weltgeschichte annehmen. Was darf Satire? Nie-­‐
mals die Taten dieser Schwerstverbrecher relativieren!! Aber die NS-­‐Akteure kübelweise mit Hohn, Spott, Schmach und Häme übergiessen? Nur zu – die Fortsetzung von Hannah Arendt mit satirischen Mitteln! Damit betritt man ultimativ vermintes Gelände, und kontroverse Meinungen dazu sind mehr als berechtigt. In Nr. 7 gibt’s Dada-­‐Klamauk in Führers guter Stube in Berchtesgaden, den ich genos-­‐
sen habe – ich gestehe es unumwunden, Euer Ehren! Yasny: Würdet Ihr Euch eher als politischen oder als literarischen Menschen bezeichnen, Meister? ©
«You ain’t seen nothing, yet!/Yasny» – Schweizer Kompetenzzentrum für Qualitätstexte «Leben und Wirken des Samuel B.» – NEWSLETTER Nr. 5
jp: Im Französischen gibt's für diese Gattungen zwei wunderbare Ausdrücke: «bête politique» und «homme de lettres». Et moi, je suis quoi? Les deux – beides. Meine spezifische Synthese trägt den Namen satire à la façon de jp; Punktum! Wobei sich in meinem kommenden Text Nr. 7 die Bereiche untrennbar zu verzahnen beginnen; ich empfinde Segregationen in willkürliche Sektoren des Lebens bzw. separiert abzuhandelnde «Textsorten» ohnehin als weitgehend scholastisch. Der Mensch schafft sich handhabbare Kategorien, da ihn die Fülle der Lebensphänomene überfordert. Bei mei-­‐
nem «Organischen Schreiben©» sehe ich das komplett umgekehrt: Ich mache alles so unlogisch und verwirrend wir nur irgend möglich, dann beginne ich, darin nach Lust und Laune zu flanieren und schreibe frei von konventioneller Logik, Kausalketten, «politisch korrekten» Filterungen und sonsti-­‐
gem «Sozialisations-­‐Tinnef». Opus Nr. 7 ist ein Reisebericht aus der mir eigenen Vorstellungswelt, wobei das Ziel, falls es überhaupt eines gibt, garantiert nicht ist, irgendetwas klarer machen zu wol-­‐
len. Ich strebe weder Klarheit noch Logik noch Ordnung in meinem «literarischen» Leben an. Das ist meine späte Rache an meinem alten Mathepauker: Wie Mephisto schaffe ich wüste Unordnung und betreibe Sinnverweigerung! Yasny: Kommen wir jetzt zu Eurer dauerhaft schwer geprüften Leserschaft, Meister. In unseren mo-­‐
dernen Zeiten müssen wir gleich fragen, ob und wie Ihr mit derselben interaktiv rückgekoppelt seid. jp: Wie Karl Valentin so treffend bemerkte: «Vergessen Sie nicht, ich bin von Ihnen abhängig; nicht Sie von mir.» Ganz so bedrohlich ist's bei mir nicht, da meine ökonomische Überlebensgrundlage eine andere als eine literarische ist. Im Klartext: Ich muss nicht (mehr) zielgruppenorientiert schreiben; was mir zwar keine unüberwindlichen Schwierigkeiten bereitet hat, aber ganz und gar nicht dem entspricht, was ich in unserem ersten Newsletter als «Organisches Schreiben©» bezeichnet habe. Übrigens hat mich ein aufmerksamer Leser des S.-­‐B.-­‐Newsletters Nr. 1 darauf hingewiesen, dass ich wohl kaum der Erfinder dieser Methode sein könne, denn es gebe irgendwo im Yankee-­‐Land Leute, die sich schon mal vor mir im Web über «organic writing» ausgelassen hätten. Honestly folks, I didn't read your stuff before <inventing> mine! Andererseits: Essen und Trinken habe ich auch nicht erfun-­‐
den, mache es aber komplett anders als andere Menschen; nämlich «my way»; also gehört's mir; wenn die Marktradikalen Grundwasser annektieren, dann requiriere ich hiermit leicht & locker «Or-­‐
ganisches Schreiben©»: ENDE DER DURCHSAGE! Wie auch immer die juristische Sachlage sein mag – I don’t really care; das Verfahren des Organischen Schreibens© ist definitiv das, was mich beim und ans Schreiben fesselt. Was mich nicht fesselt – weil ich es so lange ausüben musste –, ist dieses ver-­‐
dammte «hack writing», wie es im Angelsächsischen unübertrefflich lautet; damit verglichen ist die adäquate Übersetzung «Auftragsschreiben» ins Deutsche auch von der Lautung her geradezu zu-­‐
rückhaltend. «Hack writing» – das verheerende Resultat ist eine beklagenswerte Ansammlung scheppernder Worthülsen und erstickender Staubwirbel durch endloses Dreschen leeren Strohs, wie man es bevorzugt in Jahresberichten von «marketing-­‐driven» börsennotierten Aktiengesellschaften findet. Abschreckende Vertreter dieser Gattung sind: «Vision/Mission, das Risiko als Chance, die Her-­‐
ausforderung (aus Überzeugung/gern) annehmen, Nachhaltigkeit, Sozialpartnerschaft, unsere Mitar-­‐
beiter sind unser Kapital, die Konkurrenz schläft nicht, wir ruhen uns nicht auf unseren Lorbeeren aus, wir nehmen gesellschaftliche Gesamtverantwortung wahr, wir kommunizieren proaktiv, zeitnah und auf Augenhöhe,…»; einer kupfert's beim anderen ab, keiner glaubt auch nur ein Wort – die dafür aufzuwendende Energie sowie das Papier und die Druckfarben könnte man besser einsetzen. Warum lassen diese Banditen nicht mal einen ehrlichen «Letter to our Shareholders» schreiben: «Wir krie-­‐
gen, genau wie Sie, den Hals nie voll; den Kostenfaktor <Mitarbeiter> betrachten wir als extrem är-­‐
gerlich, konnten ihn aber bisher leider noch nicht liquidieren. Im Rahmen von <Industrie 4.0> erwar-­‐
ten wir dabei allerdings entscheidende Fortschritte.» Yasny: Dürfen wir dieses trendige Textmodul dem Vorstand der Deutschen Bank AG, Frankfurt am Main, zum Kauf anbieten? In welcher Grössenordnung läge denn Eure Honorarvorstellung, Meister? jp: Da dieses ehrenwerte Institut derzeit unverschuldeterweise etwas klamm ist, würde mich eine kärgliche Spende von EUR 500'000.-­‐ bereits glücklich machen. Danke für Ihre selbstlose Vermittlertä-­‐
tigkeit. * • Jan Peters: «Leben und Wirken des Samuel B.» erscheint Ende März 2016. ©
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