DFR - BGE 20 I a23

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DFR - BGE 20 I a23
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C, Civilretiiisklage,
V erjährung beginnt grundsätzlich m it der Fälligkeit des Anspruches
(A rt. 149 O .-R .), d. h. m it dem M om ent, wo der Gläubiger
die Befriedigung desselben fordern kann und nicht etwa erst mit
dem Annahmeverzug desselben; wenn n un A rt. 331 O .-R . au s­
nahmsweise die V erjährung vom Verzüge an eintreten laßt, so
kann darunter n u r der Verzug des S chuldners verstanden werden,
in der M einung, daß da, wo für die E rfüllung kein bestiminter
V erfalltag besteht, an S telle des Zeitpunktes, an welchem der
Gläubiger die Leistung fordern kann, derjenige tritt, an welchem
er den Schuldner gemahnt hat. D er Schuldner, d. h. der B e­
klagte, ist nun aber erstmals in Verzug geraten mit Ende M ärz
1 8 9 0 . D a s D arlehen sollte nach V ertrag ausbezahlt werden tut
Laufe des M o n a ts M ä r z ; es w ar also ein bestimmter Verfalltag
verabredet in dem S in n e , daß die Leistung spätestens am letzten
Tage dieses M o n a ts erfolgen sollte. S o m it kam Beklagter m it
A blauf desselben in Verzug, ohne daß es einer besondern M a h ­
nung von S eite des G läubigers bedurft hätte.
4 . I s t sonach die Forderung aus Hingabe des D arlehens ver­
jäh rt, so ist das gleiche zu sagen mit Rücksicht aus die eventuell
geltend gemachte Schadenersatzsorderung. D iesfalls ist allerdings
nicht, wie die V orinstanz irrtümlich angenommen hat, A rt. 69
O .-R . anw endbar; dieser Artikel regelt ausschließlich die V er­
jäh run g von Schadenersatzansprüchen au s außerkontraktlichem
Verschulden; um ein solches handelt es sich hier jedoch nicht.
D e r vorliegende Anspruch wird lediglich au s kontraktlichem V e r­
schulden, d. h. au s der Nichterfüllung des Darlehensversprechens,
abgeleitet; als solcher unterliegt er vielmehr der gleichen V er­
jährung, wie der H auptanspruch; denn er bildet nichts anderes,
als das S u rro g a t dieses letztern (A rt. 1 1 0 O .- R .) und ist daher
auch an dieselben Schranken gebunden, wie dieser.
Demnach hat das Bundesgericht
e r k a n n t:
D ie B erufung des K lägers wird als unbegründet erklärt und
daher das U rteil des Obergerichtes des K an to n s Schaffhausen
vom 20. Oktober 1 8 9 4 in allen Teilen bestätigt.
IV. Obligationenrecht. N" 154.
102S
154 , U r t e i l v o m 2 3 . N o v e m b e r 1 8 9 4 in S a c h e n
K i e n e g e g e n B a s l e r L e b e n s v e r s ic h e r u n g s g e s e lls c h a f t.
A . M it U rteil vom 17. Septem ber 1 8 9 4 hat das A ppellations­
gericht des K an ton s Baselstadt erk an n t: E s wird das erstinstanz­
liche U rteil bestätigt.
'
D a s erstinstanzliche U rteil hatte gelautet: D ie Beklagte wird
zur Z ahlung von 71 F r. 7 0 C ts. samt Z in s à 5 % , ab 59 F r.
75 C ts. seit 15. M a i 1 8 9 4 und ob' 11 F r. 95 C ts. seit
1 4. J u n i 1 8 9 4 und zur Leistung einer Jah resren te von 47 F r.
8 0 C ts. vierteljährlich pränum erando (erstm als am 1 4. S e p ­
tember 1 8 9 4 ), zahlbar an den K läger, verurteilt.
B . Gegen das U rteil des Appellationsgerichtes ergriff der
K läger die B erufung an das Bundesgericht und stellte den A n­
trag, es sei.ihm ein K ap ital von 3 0 0 0 F r., eventuell eine ent­
sprechende R ente zuzusprechen, eventuell sei der Prozeß zur E r­
gänzung des B ew eism aterials an die kantonalen Instanzen zurück­
zuweisen.
D ie Beklagte schloß sich der B erufung an , indem sie bean­
trag te , der K läger sei m it seiner K lage gänzlich abzuweisen,
eventuell sei die Sache behufs Einvernahm e des Zeugen Kaden
an die Vorinstanzen zurückzuweisen.
•
D a s Bundesgericht zieht in E r w ä g u n g :
1. D er K läger w ar während etwa zehn Ja h re n bei den vier
Versicherungsgesellschaften in Basel, die beit gemeinsamen Nam en
B âlo ise tragen, und zu denen auch die Beklagte, B asle r Lebens­
versicherungsgesellschaft gehört, als Heizer angestellt. A uf seinen
Nam en errichteten die vier Versicherungsgesellschaften bei der
Beklagten eine Unfallverstcherungspolice, welche indessen nie in
die Hände des K lägers gelangte, sondern von dem Generalsekretär
der vier Gesellschaften, Direktor Kaden, verw ahrt wurde. V on
diesem wurde auch die P räm ie N am ens der vier Gesellschaften
bezahlt; K läger trug an die P räm ie nichts bei ; auch ist ihm der
I n h a lt des Versicherungsvertrages nie mitgeteilt worden. D a s
zur Police gehörige A ntragsform ulat träg t seine Unterschrift.
2. Am 1 4. Dezember 1 8 9 2 erlitt K läger bei der Arbeit einen
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C. Civilreehtspflege.
U nfall, indem er an ein eisernes Geländer anstieß und sich eine
Hodenquetschung zuzog. Am 16. Dezember reichte der G eneral­
sekretär der B asler Versicherungsgesellschaften, D irektor Kaden,
der Beklagten eine Schadensanzeige ein, begleitet vom Attest des
behandelnden A rztes, welcher eine gänzliche Arbeitsunfähigkeit
von acht Tagen a ls Folge des U nfalles annahm . Nachdem
K läger einige Z eit lang das B ett gehütet, nahm er die Arbeit
wieder auf und führte dieselbe mit wenig Unterbrechungen bis zu
seinem A u stritt, der Ende J a n u a r 1 8 9 4 erfolgte, weiter. I m
A p ril 1 8 9 3 w ar Kläger wegen einer Hodengeschwulst und int
J a n u a r 1 8 9 4 wegen eines B lasenkatarrhs ärztlich behandelt w or­
den, und im A p ril 1 8 9 4 ließ er sich durch Professor Courvoisier
in Basel untersuchen. Derselbe erklärte, das Leiden des K lägers
lasse sich sehr wohl als Folge des U nfalles auffassen; dasselbe
bedeute eine Einbuße an Arbeits- und Erwerbsfähigkeit von
1 0 Prozent. Gestützt auf dieses Gutachten verlangte K läger am
2 1 . A pril 1 8 9 4 , unter Hinweis auf die genannte Police, von
der Beklagten die A uszahlung einer Entschädigung für die Folgen
seines U nfalles vom 14, Dezember 1 8 9 2 . E r wurde jedoch von
derselben abgewiesen, mit der B egründung, daß zwischen ihm und
der Beklagten niem als ein Versicherungsvertrag bestanden habe.
K läger sei durch die vier B asler Versicherungsgesellschaften auf
ihre Kosten gegen etwaige B erufsunfälle versichert worden. D ie
Gesellschaften seien demnach die Versicherungsnehmer und auch
allein berechtigt, eventuelle Ansprüche au s dieser Versicherung zu
machen. Nach dem A u stritt des K lägers, nämlich am 3 1 . J a n u a r
1 8 9 4 , w ar die Police auf den Nam en des neuen Heizers ge­
stellt worden.
3.
M it K lage vom 1 6 . M a i 1 8 9 4 beantragte Kläger die
V erurteilung der Beklagten zur Z ah lu ng voit 3 0 0 0 F r. nebst
Z in s zu 5 % seit der K lageanhebung. E r stützte sich dabei auf
die auf seinen Nam en ausgestellte Unfallverstcherungspolice, deren
Edition seitens der B âlo ise er verlangte. D ie Beklagte wendete
e in : sie sei nach A rt. 8 der Policebedingungen stets n u r gegen
Rückgabe der Originalpolice zur Z ahlung verpflichtet; eine F o r­
derung au s der Police könne somit n u r von deren Besitzer ge­
stellt werden. Kläger müsse daher schon au s dem G runde, weil
IV. Obligationenrecht, N° 154.
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er nicht Besitzer der Police sei, abgewiesen werden. S o d an n sei
der Versichernngsvertrag nicht vom K läger, sondern von den vier
Bersicherungsgesellschaften m it der Beklagten abgeschlossen worden
und die Absicht sei keineswegs dahin gegangen, sür den K läger
einen selbständigen Anspruch gegen die Beklagte zu begründen,
sondern lediglich, die Versicherungsnehmer gegen allfällige Schaden­
ersatzansprüche ihres Heizers teilweise zu decken, und eventuell
denselben zu ermöglichen, ihm bei einem Unglücksfall ohne I n a n ­
spruchnahme eines Gesellschaftsfonds eine Zuw endung machen zu
können. D afü r, daß dies die M einung der P arteien beim Versicherungsabschlusse gewesen, werde auf das Z eugnis des D irektors
K aden, sowie auf folgende Umstände abgestellt: D a ß die P r ä ­
mien von der Hauptkasfe der B âlo ise bezahlt worden seien, ohne
irgendwelchen B eitrag des K lä g e rs ; daß die Police stets in H än ­
den des Generalsekretärs der vier Gesellschaften, also im Besitze
des Versicherungsnehmers geblieben sei; daß die Schadensanzeige
vom 16. Dezember 1 8 9 2 von diesen, und nicht vom K läger, er­
stattet worden sei, und daß letzterer in der ganzen Z eit vom
14. Dezember 1 8 9 2 bis A pril 1 8 9 4 nie seine Ansicht dahin ge­
äußert habe, als ob er einen Anspruch gegen die Beklagte zu
stellen befugt wäre. D e r F orm nach stelle sich der V ertrag aller­
dings als Einzelversicherung gegen U nfall zu Gunsten des K lä ­
gers d a r; dieser F orm hätten sich indessen die Versicherungsnehmer
und die Beklagte beim Vertragsschluß deswegen bcknenen müssen,
weil die Beklagte n u r individuelle Einzelversicherungen gegen U n ­
fall in ihrem Geschäftsbetrieb ausgenommen habe. Selbst wenn
m an übrigens dem K läger einen direkten Anspruch gegen die
Beklagte au s der Police zugestehen wollte, w äre die K lage dennoch
a u s dem G runde abzuweisen, weil K läger die in der Police fest­
gesetzte Präklusivfrist zur Geltendmachung etwaiger Ansprüche u n ­
benutzt habe verstreichen lassen. D ie Policebedingungen schreiben
vor, daß die Beschädigten in allen Schadensfällen spätestens vier
Wochen nach beendigter ärztlicher Behandlung ihre Entschädigungs­
ansprüche bei Verwirkung derselben der Gesellschaft schriftlich be­
kannt zu geben und zu begründen haben. F erner müsse der V er­
sicherte, falls die Erwerbsunfähigkeit beziehungsweise die ärztliche
B ehandlung länger als einen M o n at dauere, unaufgefordert am
xx — 1894
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C. Civiirechtsptlege.
Schlüsse jedes M o n a ts ein weiteres Attest über den K rankheits­
zustand beibringen. N un sei aber außer dem Attest auf der
Schadensanzeige vom 16. Dezember 1 8 9 2 der Beklagten kein
ärztliches Z eugnis zugekommen. I m fernem haste die Beklagte
nach § 7 der Police n u r dann für Entschädigung, wenn die I n ­
validität längstens innerhalb eines J a h re s nach erlittenem U nfall
nachweislich als direkte Folge desselben eingetreten sei. Abgesehen
davon, daß ein Kausalzusammenhang zwischen den von Professor
Courvoisier konstatierten Leiden des K lägers und dem U nfall vom
1 4 . Dezember 1 8 9 2 nicht nachgewiesen sei, habe K läger, ohne,
über Beschwerden zu klagen, bis Ende J a n u a r 1 8 9 4 im Dienste
der B asler Versicherungsgesellschaften gearbeitet, und es haben
sich die Beschwerden, die er auf den U nfall zurückführen wolle,
nach seiner eigenen D arstellung, erst im A pril 1 8 9 4 , also erst
1 6 M onate nach dem U nfälle, eingestellt. G anz eventuell werde
endlich die Höhe der Entschädigungsforderung bestritten.
4.
D a s Civilgericht, dessen U rteil sowohl im Dispositiv als
in den M otiven von der Borinstanz bestätigt worden ist, hat die
Bestreitung der klägerischen Aktivlegitimation au s dem G runde
zurückgewiesen, weil weder au s der Police, noch au s den sonsti­
gen Umständen hervorgehe, daß der Besitz derselben die unum ­
gängliche Voraussetzung des Klagerechtes au s dem Versicherungs­
verträge bilde, und die Police bei einer Z ah lu ng anstandslos von
dem Generalsekretär der vier Versicherungsgesellschaften, als dem
gemeinsamen Angestellten der Beklagten und der drei übrigen
B a sle r Versicherungsgesellschaften, hätte bezogen werden können.
Ebenso trat die erste In stan z der B ehauptung der Beklagten nicht
bei, daß der Versicherungsvertrag allein im Interesse der vier
Gesellschaften und nicht auch zu Gunsten des K lägers abge­
schlossen worden sei; denn m it dem Versicherungsverträge zu
Gunsten eines Arbeiters sei im Zweifel auch der W ille der K on­
trahenten auf Leistung der Entschädigung an den Arbeiter selbst
und auf G ew ährung eines direkte» Klagerechtes des Begünstigten
verbunden; für eine gegenteilige W illensm einung bieten die B e­
stimmungen der Police keinen A n h altsp u n k t; auch habe sich die
Beklagte durch die Übertragung der Police auf den Nam en des
neuen Heizers ihren Verpflichtungen gegenüber dem K läger nicht
entziehen können, da diese Ü bertragung in einem Zeitpunkt er-
IV. Obiigatiunenreciit. N“ 1bi.
1027
folgt fei, wo die Folgen des U nfalles noch nicht abgeklärt gewesen
seien, und ein Entzug der Rechte au s dem Versicherungsverträge
gegen die gute Treue hätte verstoßen müssen. D ie Einrede au s
der Nichteinhaltung von Präklusivfristen und au s der Nichter­
füllung der Anzeigepflicht sodann könne dem Kläger deswegen
nicht entgegengehalten werden, weil ihm vom In h a lte der Police
keine K enntnis gegeben worden sei, und er somit die bezüglichen
Vorschriften nicht gekannt habe. W enn auch dieser Umstand von
einem gewöhnlichen Versicherten nicht zu seinen Gunsten in A n­
spruch genommen werden könnte, so habe er doch im vorliegenden
F alle Bedeutung, wo der Versicherte gemeinsamer Angestellter
des Versicherers (der beklagten Gesellschaft) und der übrigen drei
Bersicherungsgesellschaften gewesen sei.
5. V on Am tes wegen ist zunächst die Kompetenz des B undes­
gerichtes zu prüfen. Dieselbe ist vorhanden hinsichtlich des erfor­
derlichen S treitw ertes, da der K läger eine Entschädigungssumme
von 3 0 0 0 F r. geltend m acht; ebenso hinsichtlich des anzuwen­
denden Rechtes. D ie Klage ist eine solche au s Versicherungsver­
trag ; da der K anton Baselstadt, dessen Recht die Kontrahenten
beim Vertragsabschluß unzweifelhaft als maßgebend betrachtet
haben, über dieses Rechtsgebiet keine besondern Bestimmungen be­
sitzt, m uß die Entscheidung auf G rund der dem eidgenössischen
Obligationenrechte innewohnenden allgemeinen Rechtssätze, wie sie
sich in Theorie und P ra x is bezüglich desselben ausgebildet haben,
ausgefällt werden.
6. I n der Sache selbst hat die Beklagte vor allem bestritten,
daß der K läger zur Geltendmachung eines Anspruches au s V er­
sicherungsvertrag ihr gegenüber aktiv legitimiert sei, und zwar
au s drei G ründen. E inm al, weil K läger nicht im Besitze der
Police sei, während § 8 der allgemeinen Bedingungen den V er­
sicherer zur Z ah lu ng gegen Rückgabe derselben verpflichte; sodann
weil nicht der K läger, sondern die vier Versicherungsgesellschaften
als Versicheritngsnehmer erscheinen, und beim Abschlüsse des V er­
sicherungsvertrages die M einung der K ontrahenten nicht dahin
gegangen sei, daß K läger selbständig Rechte au s demselben er­
werben solle; und endlich, weil die Versicherung rechtzeitig auf
den Nam en des neuen Heizers übertragen worden sei. W as den
ersten P unkt anbetrifft, so muß der V orinstanz beigepflichtet wer-
1028
C, Civilrechtspflege.
ben, daß die Anspruchsberechtignng des K lägers nicht cm die
Möglichkeit, die Police zurückzugeben, gebunden ist. Z w ar erscheint
der hiefür angeführte G rund, daß die Police sich tatsächlich schon
in Händen der Beklagten befunden habe, und bei einer Z ahlung
vom Direktor Kaden anstandslos hätte bezogen werden können,
nicht richtig; denn Kaden übte den Besitz an derselben nicht etwa
fü r die Beklagte, sondern für aüe vier Gesellschaften au s, und
diese hätten sich einer A ushändigung an die Beklagte offenbar
widersetzen können. Dagegen kann in der T a t der Bestimmung
des § 8 der allgemeinen Bedingungen, wonach die Z ahlung
gegen Rückgabe der O riginalpoliee erfolgt, nicht der S in n bei­
gemessen werden, daß die Verpflichtung des Versicherers dadurch
zu einer Skripturobligation umgewandelt w ü rde; die Police bleibt
bloße Beweisurkunde, und die Geltendmachung des Versicherungs­
anspruches ist daher nicht durch den Besitz derselben bedingt. Eine
andere F rage ist, inwieweit der Versicherer die Z ahlung von der
Rückgabe derselben abhängig machen k ön ne; darum handelt cs
sich aber hier zunächst nicht, sondern nm die Feststellung ber A n ­
spruchsberechtigung , und zum Nachweis dieser letztern ist die
V orlage der Police kein unbedingtes E rfordernis.
7.
Zw eifelhafter verhält es sich m it Bezug auf die zwei andern
der Aktivlegitimation des K lägers entgegengehaltenen Einw en­
dungen. H ier ist zunächst unbestreitbar, daß nicht der K läger,
sondern die vier Versicherungsgesellschaften den Versicherungsver­
trag mit der Beklagten abgeschlossen haben. G anz unerheblich ist
in dieser Richtung, daß der K läger ben Versicherungsantrag u nter­
schrieben h a t ; denn diese Unterzeichnung w ar, wie die V orinstanz
festgestellt hat, in diesem Falle eine reine Formsache zur (Sewinnun g der nötigen A uskunft über die Person des Versicherten.
Entscheidend sind dagegen die von der Beklagten angeführten M o ­
mente, insbesondere, daß die vier Versicherungsgesellschaften die
Police stets in Händen gehabt haben, und daß die P räm ie, ohne
irgend welches H inzutun von S eite des K lägers, von ihnen be­
zahlt worden ist. S ie sind daher der Versicherungsnehmer. D a ­
gegen ist allerdings der K läger in der Police als'V ersicherter
genannt. E s wurde somit ein V ertrag zu G unsten eines D ritten,
des K lagers, abgeschlossen, und es entsteht n u n die Frage, ob
der letztere au s demselben selbständige Rechte gegen die Beklagte
IV, Obligationenrecht. N° 154
1029
M eiten könne, und sodann weiter, welchen E influß die Über­
tragung der Police aus den neuen Heizer auf die Rechtsstellung
des K lägers habe ausüben- können. Nach A rt. 128 O .-R . be­
gründet der V ertrag zu Gunsten eines D ritten zunächst n u r ein
Forderungsrecht des K ontrahenten, dahin gehend, daß an den
D ritten geleistet werde, und dieser letztere kann die E rfüllung n u r
dann selbständig fordern, wenn dies die W illensm einung der K o n ­
trahenten w ar. D er Beweis für diese W illensm einung liegt selbst­
verständlich dem die E rfüllung fordernden D ritten o b ; denn sie
bildet eine wesentliche Voraussetzung seines Klagerechtes. N u n
wird m an allerdings m it der Vorinstanz sagen können, daß m it
dem Versicherungsverträge zu Gunsten eines A rbeiters, auch der
W ille der K ontrahenten nicht n u r auf Leistung der allfällig a u s ­
zuzahlenden Entschädigung an den Arbeiter selbst, sondern der
Regel nach, auch aus G ew ährung eines direkten Klagerechtes ver­
bunden sei. A llein in co n creto erheben sich doch gewichtige B e­
denken gegen diese Annahm e. D ie Versicherungsnehmer haben nicht
n u r die Police stets bei sich behalten, sondern dem K läger auch
nicht einmal K enntnis von dem I n h a lt derselben gegeben, so daß
er über die zu erfüllenden Förmlichkeiten bei eingetretenem U nfälle,
und die Präklusivbestimmungen und Fristen hinsichtlich der er­
forderlichen Schadensanzeige, der Feststellung des U nfalles u. s. w.
gar nicht orientiert w ar. Nach § 6 der allgemeinen Bedingungen
muß beispielsweise die Schadensanzeige nach A nleitung oder unter
Benutzung des von der Gesellschaft hiezu mit der Police geliefer­
ten A nm eldungsform ulars, gemacht werden. E in solches F orm ular
wurde dem K läger nie übermittelt, er w ar daher nicht einmal in
die Lage versetzt worden, eine Schadensanzeige in der vorgeschrie­
benen F orm zu m achen; so hat auch nicht er, sondern der V er­
sicherungsnehmer die Anzeige von dem U nfälle vom 1 4 . Dezember
1 8 9 2 erstattet. Ebenso hat K läger in der ganzen Z eit vom
1 4. Dezember 1 8 9 2 bis im A pril 1 8 9 4 sich nie dahin geäußert,
daß er einen Anspruch gegen die Beklagte zu stellen befugt w äre.
U nter diesen Umständen kann aber der dem K läger obliegende
Bew eis, daß er nach der W illensm einung der P arteien ein selb­
ständiges Klagerecht gegen die Beklagte habe erwerben sollen,
nicht als erbracht angesehen werden. D er Aktivlegitimation des
K lägers steht sodann im weitern die im J a n u a r 1 8 9 4 erfolgte
1030
C, Civilrechtspflege.
Ü bertragung der Police auf ben neuen Heizer entgegen. Auch da,
wo ber D ritte nach dem W illen der Kontrahenten ein selbständiges
Klagerecht erwerben sollte, kann nach A rt. 1 2 8 O .-R . der G lä u ­
biger ben Schuldner so lange entbinden, a ls nicht der D ritte
dem letztem erklärt hat, von seinem Rechte Gebrauch machen zu
wollen. D ie Ü bertragung der Police auf ben neuen Heizer hat
m m aber stattgefunden, bevor K läger diese Erklärung abgegeben
hat, und es w äre daher der selbständige Erfüllungsanspruch des­
selben, auch wenn ein solcher begründet worden w äre, rechtzeitig
revoziert worden.
.
8.
Auch fü r dm F all, als die Aktivlegitimation des K lägers
a ls erbracht angesehen werden könnte, müßte die K lage abgewiesen
werden. § 6 der allgemeinen Bedingungen der Police schreibt v o r :
„ I n allen Schadensfällen sind die Beschädigten, beziehungsweise
deren Rechtsnachfolger verpflichtet, innerhalb spätestens vier Wochen
nach beendigter ärztlicher Behandlung ihre Entschädigungsansprüche
der Gesellschaft schriftlich bekannt zu geben, und dieselben zu be­
gründen, w idrigenfalls der Schaden von der Gesellschaft als nicht
ersatzpflichtig angesehen wird und alle Entschädigungsansprüche
verwirkt sind." N u n h at K läger diese Präklusivfrist nicht einge­
halten. A llerdings kann ihm diese Unterlassung n u r schaden, wenn
dieselbe eine schuldhafte w ar (siehe Ehrenberg, B e r s ic h e r u n g s re c h t, I, S . 4 3 5 ). D ies ist aber der F all. D er von der V o r­
instanz diesfalls hervorgehobene Umstand, daß er von dem I n h a lt
der Police und daher auch von den bezüglichen Vorschriften feine
K enntnis hatte, reicht zu seiner Entschuldigung nicht a u s ; als
entschuldigt w äre er anzusehen, wenn ihm trotz bezüglicher A n ­
fragen die nötige A uskunft verweigert worden w ä re ; dies ist je­
doch von ihm nicht behauptet w o rden ; er hat sich um seine diesfaffigen Obliegenheiten überhaupt nicht gekümmert, und m uß daher
die an die Unterlassung geknüpften Folgen tragen.
Demnach hat das Bundesgericht
e r k a n n t:
D ie B erufung des K lägers wird als unbegründet, die A nschlußberufnng der Beklagten dagegen a ls begründet erklärt, und
daher in Abändernng des U rteils des Appellationsgerichtes des
K an ton s Baselstadt vom 1 7. S e p t. 1 8 9 4 die K lage abgewiesen.
IV, Obligationenrecht, N° 155.
1031
155. Arrêt du 23 Novembre 1894 dans la cause
Renaud contre Conus.
Par acte du 23 Juillet 1892, Joseph Conus, propriétaire à
Mædewyl, a affermé à Eugène Renaud son domaine de Halten
(Saint-Ours) pour la durée de 9 ans, à partir du 22 Février
1893 jusqu’au 22 Février 1902, au prix annuel de 1720 francs,
payable en deux termes, le premier en Novembre, soit à la
Saint-Martin, et le deuxième en Février, soit à Carnaval. Par
ce contrat de bail le fermier s’engage entre autres à bien la­
bourer, fumer le domaine, à y faire les drainages nécessaires ;
il lui est interdit de faire pâturer le bétail au printemps. Le
fermier recevra 4000 pieds de foin en entrant, et il devra le
rendre à sa sortie en même qualité et quantité. Pour les con­
ditions non mentionnées dans l’acte de bail, les parties décla­
rent s ’en référer au Code des obligations.
À la date du 14 Décembre 1893, Joseph Conus intima à
son fermier, conformément à l’art. 283 L. P., le commande­
ment de payer 660 francs, échus le 11 Novembre précédent,
sous avis comminatoire d’expulsion. En outre ce commande­
ment fait mention du montant de 860 francs à échoir en
Février 1894, et dans le but d’être protégé dans son droit
de rétention quant au prix du bail aussi bien pour la partie
échue que pour celle non encore exigible, Conus a requis la
prise d’inventaire prévue à l’art. 283 précité, opération qui
eut lieu le 16 Décembre. Le fermier avait déjà vendu deux
vaches, l’une le 12 Novembre pour 355 francs, et l ’autre le
30 dit pour 370 francs.
Renaud fit opposition à la poursuite pour le montant de
860 francs, non encore échu, et il acquitta le jour de la prise
d’inventaire les 660 francs échus le 11 Novembre 1893.
Le 22 Février 1894, après l’échéance des 860 francs sus­
mentionnés, un nouveau commandement de payer fut intimé
à Renaud au nom de Conus; le premier fit de nouveau oppo­
sition, et les choses en restèrent là jusqu’à l’ouverture du
procès.