Einzelfragen zur Abrechnung kommunaler Tiefbau

Transcription

Einzelfragen zur Abrechnung kommunaler Tiefbau
Einzelfragen zur Abrechnung
kommunaler Tiefbaumaßnahmen
Verfasser: Dipl.-lng. (FH) Werner Mayerhofer
Inhaltsübersicht
Seite
1. Einleitung
202
2. Einzelfälle
202
2.1 Zusätzliche Vergütung für Schneiden von Betonpflaster
202
2.2 Mangelabzug bei Unebenheit eines Radweges
204
2.3 Geänderte Schichtdicken beim Bodenabtrag und Frostschutzkies
205
2.4 Abrechnung von Rammarbeiten
206
2.5 Tiefenzuschlag beim Rohrgrabenaushub
208
2.6 Abrechnungstiefe beim Rohrgrabenaushub
211
2.7 Abrechnung einer Straßenwiederherstellung
212
3. Zusammenfassung
Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1994
213
201
1.
Einleitung
Mit zu den häufigsten Feststellungen bei der überörtlichen Prüfung kommunaler
Baumaßnahmen zählen Abrechnungsfehler, die auf die Nichtbeachtung der vertraglichen
Abrechnungsbestimmungen zurückzuführen sind.
Wegen der Pflicht der Kommunen, die VOB in allen Teilen anzuwenden, sind regelmäßig
auch die "Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV)"
(VOB/C - DIN 18 299 ff.) Bestandteil des Bauvertrages (§ 1 Nr. 1 Satz 2 VOB/B). Im
Ingenieur- und Tiefbau werden diese häufig ergänzt durch "Zusätzliche Technische
Vertragsbedingungen (ZTV)" im Sinne von § 1 Nr. 2 Buchst, d VOB/B. Viel verwendet
werden im Straßenbau z.B. die ZTVE-StB (Erdbau), ZTV-StB (Tragschichten), ZTV AsphaltStB u.a.m. Im wasserwirtschaftlichen Bereich (Abwasser, Wasser) wurden vielfach die
von der bayerischen Staatlichen Wasserwirtschaftsverwaltung entwickelten ZTV-Wa
vereinbart.
Eine Zusammenstellung und der aktuelle Stand der im staatlichen Bereich eingeführten "Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen", getrennt nach "Wasserwirtschaftlichen Vorhaben" und "Straßen- und Brückenbauvorhaben", können dem
"Kommunalen Handbuch für Ingenieurverträge und ingenieurtechnische Grundlagen
- HIV-KÖM -", Anhang 2 (Richard Boorberg Verlag, 81673 München) entnommen werden.
Im folgenden werden einige Fälle aufgezeigt, bei denen die Vertragspartner bei der
Auslegung des Bauvertrages unterschiedlicher Meinung waren und sich zur Klärung
an den Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband wandten.
Bei der Mehrzahl der Anfragen zeigte sich, daß die unterschiedlichen Auslegungen
veranlaßt waren durch nicht eindeutig formulierte Leistungsbeschreibungen und eine
nicht ausreichende Beachtung der dem Bauvertrag zugrundeliegenden
- Allgemeinen Vertragsbedingungen (VOB/B),
- Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen (VOB/C),
- Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen (ZTV).
2.
Einzelfälle
2.1
Zusätzliche Vergütung für Schneiden von Betonpflaster
2.1.1 Sachverhalt
Im Zuge der Straßenbauarbeiten für ein Neubaugebiet war folgende Leistung mit 2.100 m2
ausgeschrieben:
"Betonpflaster für Nebenanlagen aus tausalzbeständlgen Betonpflastersteinen, Güteeigenschaft nach DIN 18 501, auf mindestens 3 cm dickem Splittbett im wilden Verband
mit 3 Steingrößen verlegt. Steindicke 8 cm.
Die Fugen sind mit geeignetem Brechsand einzuschlämmen. Das Pflaster ist nach
der Verfugung zu reinigen."
202
Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1994
Das Leistungsverzeichnis war auf der Grundlage der LBStra (Ausgabe 1978) erstellt,
wobei der vorstehende Text vom Ingenieurbüro individuell formuliert war.
Bei der Ausführung des Belages mußten über 2.000 Betonpflastersteine geschnitten
werden, wofür der Auftragnehmer (AN) eine besondere Vergütung forderte.
Der Auftraggeber (AG) wies die Forderung zurück.
2.1.2 Stellungnahme
Die Frage, ob es sich beim Schneiden der Pflastersteine um eine mit dem Vertragspreis
vergütete Nebenleistung handelte oder ein zusätzlicher Vergütungsanspruch entstand, war auf der Grundlage der vertraglich vereinbarten Regelungen zu prüfen.
Vertragsgrundlage war zum einen die LBStra, Ausgabe 1978. In ihr ist in den Vorbemerkungen zu Abschnitt 7 festgelegt:
"1. Für den Anschluß von Pflaster an Schächte u.dgl. wird keine gesonderte Vergütung
gewährt; diese Arbeiten sind mit den Einheitspreisen für die Pflasterung abgegolten.
2. Die Herstellung von Aussparungen und Falzen für die Schachtabdeckung wird nicht
gesondert vergütet."
In der dem Vertrag daneben zugrundeliegenden DIN 18 318 ist hinsichtlich der
Abgrenzung der Nebenleistungen zu den Besonderen Leistungen die hier in Frage
stehende Leistung als Besondere Leistung unter Abschnitt 4.2.4 wie folgt beschrieben:
"Zuarbeiten oder Schneiden von Platten und Pflaster einschl. Paßstücken, z.B. an Kanten
und Anschlüssen, für die Verlegung an Einbauten und Aussparungen."
Aus den gleichrangigen Festlegungen in den Vorbemerkungen der LBStra zu Abschnitt 7
und dem Abschnitt 4 der DIN 18 318 ergibt sich, daß das Schneiden des Pflasters bei
Anschlüssen an Schächte u.dgl. und das Schneiden an Kanten und zur Herstellung
des Verbandes unterschiedlich gesehen werden müssen. Infolgedessen hatte der AN
Anspruch auf eine zusätzliche Vergütung (§ 2 Nr. 6 Abs. 1 VOB/B) für das Schneiden
der Pflastersteine, ausgenommen bei Schächten, Wasserschiebern o.a. Wir empfahlen,
die aufgemessene Gesamtleistung entsprechend aufzuteilen und in einer Nachtragsvereinbarung den zusätzlichen Vergütungsanspruch zu regeln.
Auf folgendes haben wir außerdem hingewiesen: Mit der Einführung der LB StB - By 90
("Fundstelle" 295/1991) wurde in die Vorbemerkungen zum Leistungsbereich 912
folgende Regelung aufgenommen:
"Nebenleistungen ...
Die nachfolgend aufgeführten Leistungen gehören zur vertraglichen Leistung:
Das Zuarbeiten oder Schneiden von Pflaster, Platten, Betonformsteinen sowie Bordund Einfassungssteinen aus Naturstein oder Beton, einschließlich Bearbeiten der
Paßstücke z.B. an Kanten, Anschlüssen bei Einbauten, Aussparungen und dgl."
Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1994
203
Diese Leistungen sind nunmehr also ohne Anspruch auf zusätzliche Vergütung vom
Vertragspreis umfaßt. Es empfiehlt sich, die Leistungsbeschreibungen künftig auf der
Grundlage der LB StB - By 90 zu gestalten.
2.2
Mangelabzug bei Unebenheit eines Radweges
2.2.1 Sachverhalt
Eine Stadt hat den Neubau eines Radweges auf der Grundlage der LB StB - By 90
ausgeschrieben. Die einschlägigen ZTV für den Straßenbau waren vereinbart.
Bei einer Überprüfung der Oberfläche wurde festgestellt, daß in erheblicher Anzahl
Unebenheiten, die den Grenzwert von 1 cm überschritten, innerhalb einer 4 m langen
Meßstrecke auftraten. Die Stadt sah Nachbesserungsarbeiten als untauglich an. Sie
hat Abzüge entsprechend ZTV bit - StB 84, Anhang 1, A.2.5 errechnet und bei der
Schlußrechnung abgesetzt.
Der AN hat dagegen Einspruch eingelegt.
2.2.2 Stellungnahme
Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, daß ein Mangelabzug nach ZTV bit - StB 84
in diesem Fall vertraglich nicht begründet war. Im einzelnen haben wir ausgeführt:
Dem Bauvertrag liegen die VOB/C und damit die DIN18 317 sowie die ZTV bit - StB 84,
Ausgabe 1990, zugrunde.
In Abschnitt 1.5.5 der ZTV bit - StB 84 ist festgelegt, daß bei maschinellem Einbau auf
Straßen der Bauklassen SV, l bis VI die Unebenheiten der Oberfläche innerhalb einer
4 m langen Meßstrecke in Längs- und Querrichtung die in der Tabelle 1.7 enthaltenen
Grenzwerte nicht überschreiten dürfen. Gemäß Abschnitt 1.7.3 der ZTV bit - StB 84
gelten Überschreitungen der jeweils angegebenen Grenzwerte in den Abschnitten 2
bis 9 sowie 1.4 und 1.5 als Mangel. Gemäß Abschnitt 1.7.4 kann der AG, abgesehen
von seinen Rechten aus den §§ 12 und 13 VOB/B, bei Nichteinhalten der Grenzwerte,
z.B. bei der Ebenheit, Abzüge gemäß Anhang 1 vornehmen.
Von dieser vertraglich vereinbarten Festlegung sind aber nur die in der Tabelle 1.7
aufgeführten Grenzwerte bei maschinellem Einbau auf Straßen betroffen, weshalb
auch nur für diese Fälle ein Abzug nach der Formel entsprechend Anhang 1, A.2.5
vorgenommen (durchgesetzt) werden kann. Radwege stehen Straßen insoweit nicht
gleich. Daran ändert auch nichts die Nichteinhaltung der für Radwege ebenfalls geltenden
Vorgaben in der DIN 18 317, Abschnitt 3.3.1.5, die folgenden Wortlaut hat:
"Unebenheiten der Oberfläche der Schichten innerhalb einer 4 m langen MeBstrecke
dürfen bei Tragschichten nicht größer als 2 cm, bei Tragdeckschichten nicht größer
als 1,5 cm und bei Binder- und Deckschichten nicht größer als 1 cm sein."
Die Nichteinhaltung dieser Vorgaben kann zwar Indiz für eine mangelhafte Leistung
im Sinne des § 13 Nr. 1 (6) VOB/B sein, da in aller Regel nur die Einhaltung der DINVorschriften zu einer mangelfreien Leistung führt. Mangelabzüge nach der ZTV bit -
204
Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1994
StB 84 sind damit aber nicht möglich. Wenn seitens des AG gewünscht wird, daß die
Ebenheitstoleranzen aus der DIN18 317 in gleicher Weise wie die nach der Tabelle 1.7
behandelt werden, wäre dies in den Vorbemerkungen zum Leistungsbeschrieb unter Nr. 29
festzulegen. Wir verweisen diesbezüglich z.B. auf die Regelung des Bayerischen Landkreistags im HIV-KÖM, Abschnitt E, Teil 1.5, S. 15. Im Hinblick auf den Verkehrsablauf
auf Radwegen und die häufig schwierigeren Einbaubedingungen für das Asphaltmischgut
erscheint eine Gleichstellung der Radwege mit Straßen auch wegen der dadurch
erwachsenden Mehrkosten aber nicht sinnvoll.
Inwieweit ein Mangelabzug nach § 13 Nr. 6 VOB/B in Betracht gezogen werden kann,
wäre unter Würdigung der Zahl und des Ausmaßes der Unebenheiten sowie der dadurch
eingetretenen Nachteile zu entscheiden.
2.3
Geänderte Schichtdicken beim Bodenabtrag und Frostschutzkies
2.3.1 Sachverhalt
Beim Bau von Ortsstraßen war vorgesehen, den bestehenden Frostschutz - soweit
vorhanden und brauchbar - zu belassen und nach entsprechenden Ausgleichsmaßnahmen die erforderlichen Asphaltschichten einzubauen. Die im Bauvertrag vorsorglich vorgesehene Dicke von 50 cm für den Ausbau des alten Frostschutzes verminderte sich beim Bau auf 10 cm und die in Aussicht genommene Ergänzung des
Frostschutzes von 30 cm bis 45 cm auf rd. 5 cm.
Über die Höhe der Vergütung für die geänderten Leistungen bestanden unterschiedliche
Auffassungen, ausgelöst im wesentlichen durch die niedrigen Vertragspreise.
2.3.2 Stellungnahme
In den Besonderen Vertragsbedingungen war unter Ziff. 6.13 bezüglich der Konstruktion
des Straßenoberbaues folgende Regelung getroffen:
"Im Bereich der gesamten Straße ist nach Angabe des Auftraggebers mit dem Antreffen
von brauchbarem Frostschutzkies zu rechnen. Vor Beginn derAuskofferungsarbeiten
wird hier von der Bauoberleitung geprüft, inwieweit dieser Frostschutzkies belassen
werden kann. Sollte sich herausstellen, daß der bereits vorhandene Frostkoffer in
ausreichender Stärke sowie Qualität vorhanden ist, wird kein neuer Frostschutzkies
eingebaut. Bedingt durch diese Maßnahme können somit bei einzelnen Positionen
im Leistungsverzeichnis Massenminderungen auftreten. Ersatzansprüche von selten
des Auftragnehmers können dadurch nicht gestellt werden."
Die von dieser Regelung betroffenen nachfolgenden Positionen bezogen sich auf den
Bodenabtrag entsprechend Pos. 2.4 und den Einbau der Frostschutzschicht entsprechend Pos. 2.49.
Pos. 2.4 Bodenabtrag
Die Leistung war unter Verweisung auf LB StB - By 90 STL-NR 90.904/101 01 09 wie
folgt vereinbart:
Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1994
205
"Boden der Kasse 3-5 aus allen Abtragsprofilen lösen, in das Eigentum des AN
übernehmen und von der Baustelle entfernen
Menge: 5.000 m3
EP: 2,00 DM"
Nach den Ausführungen des Ingenieurbüros fiel der Bodenabtrag in der beschriebenen Form nicht an, da im gesamten Ausbaubereich brauchbarer Frostschutzkies
angetroffen wurde und der AN lediglich einen Höhenausgleich von +/-10 cm zu erbringen hatte.
Aus der Menge im LV konnten die Bieter von einer mittleren Dicke von rd. 50 cm
ausgehen. Aus dem Kalkulationsblatt des Bieters war zu ersehen, daß die Pos. 2.4
lediglich mit 2,00 DM bei den Gerätekosten veranschlagt wurde. Für die nun vorliegende
geänderte Leistung in Form einer nur rd. 10 cm dicken Abtragsschicht ergibt sich bei
Berücksichtigung der Gerätekosten folgende Betrachtung:
Es wird davon ausgegangen, daß die zu kalkulierende Abtragsschicht von 50 cm in
zwei Arbeitsgängen, also je 25 cm dicke Abtragsschichten, zu bewerkstelligen war.
Der Einheitspreis von 2,00 DM/m3 ergibt infolgedessen umgerechnet auf 1 m2 Abtrag
0,50 DM. Geht man nun davon aus, daß die 10 cm dicke Schicht in etwa dem Erfordernis
eines vorgenannten Arbeitsganges gleichkommt, so sind u.E. 0,50 DM/m2 angemessen.
Unter Zugrundelegung des § 2 Nr. 5 VOB/B besteht kein weitergehender Vergütungsanspruch.
Pos. 2.49 Frostschutzschicht
Die Leistung war wie folgt vereinbart:
"Frostschutzschicht herstellen. Bauklasse IV und V im Fahrbahnbereich und in
Nebenflächen, EV2 min 120 MN/m2, Dicke etwa cm 30 bis cm 45
Menge: 5.200 m3
EP: 5,00 DM"
Das Einheitskalkulationsblatt des AN wies bei der Pos. 2.49 lediglich 5,00 DM bei den
Gerätekosten auf. Geht man davon aus, daß der Bieter bei der Kalkulation des
Einheitspreises je m3 eine mittlere Einbaudicke von 35 cm annahm, so errechnet sich
dafür ein Quadratmeterpreis von rd. 1,85 DM. Für die nun tatsächlich angefallene
Kiesausgleichsschicht von ca. 5 cm sind zwei Drittel dieses Aufwandes angemessen,
so daß sich rd. 1,25 DM/m2 ergeben. Dieser Nachtragspreis entspricht u.E. der geänderten
Leistung auf der Grundlage des vertraglich vereinbarten Einheitspreises unter Beachtung
der Grundsätze von § 2 Nr. 5 VOB/B.
Der Abschluß einer entsprechenden Preisvereinbarung wurde empfohlen.
2.4
Abrechnung von Rammarbeiten
2.4.1 Sachverhalt
Die "Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen der Wasserwirtschaftsverwaltung (ZTV-Wa)" wurden entwickelt, um bestimmte wiederkehrende Leistungen zusam-
206
Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1994
menzufassen und die Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen (VOB Teil C)
zu ergänzen. Sie sollen dazu beitragen, Leistungsbeschreibungen zu erleichtern, die
Verdingungsunterlagen übersichtlicher zu gestalten und Streitigkeiten der Vertragspartner zu vermeiden.
Einige Regelungen sind jedoch nicht so eindeutig formuliert, daß die Anwender ohne
Schwierigkeit zu gleichen Ergebnissen gelangen. Dazu zählt die Regelung derZTV-Wa
Erdarbeiten, Ausgabe 1990, Teil C, Abschnitt 2.1.
2.4.2 Erläuterung
Wortlaut ZTV-Wa Erdarbeiten, Teil C, Abschnitt 2.1:
"2. Abrechnung von Rammarbeiten
2.1 Wenn nichts anderes vorgeschrieben ist, wird die Abrechnungsmenge bei geschlossenen Spundwänden nach Teil B, Abschnitt 2.2 ermittelt. Für die Rammtiefe
über 2 m wird ein Tiefenzuschlag von 10 % pro 0,5 m Mehrtiefe gewährt, die sich
aus der notwendigen Rammtiefe nach statischer Berechnung ergibt."
Der Abschnitt 2.1 der ZTV-Wa, Teil C, gewährt also einen Tiefenzuschlag bei einer
Rammtiefe >2,0 m. Dieser Zuschlag beträgt 10 % je 0,5 m Mehrtiefe, bezogen auf
die sichtbare Spundwandfläche. Die sich daraus ergebende Abrechnungsmenge A
für Rammtiefen >2,00 m kann mit folgender Formel berechnet werden:
A = Gl x h x (1 + z)
Formel- bzw. Skizzenbezeichnungen:
A
Gl
h
z
R
(L
=
=
=
=
=
Abrechnungsmenge (rechnerische Spundwandfläche) in m2
Spundwandlänge (= Rohrgrabenlänge in m)
Rohrgrabentiefe in m
Zuschlagsfaktor
Rammtiefe (= Einbindetiefe) in m
Gesamtlänge der Spund- oder Kanaldielen in m)
z = 0,10x
-
U,5
>0
Beispiel:
J)ro.u.-f Sicht:
y
il
o
o
o
CM
Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1994
207
z.
A = 20,00 x 7,00 X (1 + 0,60) = 224m 2
Voraussetzung für diese Abrechnungsmenge ist, daß die Rammtiefe von 5,00 m statisch
erforderlich ist.
2.5 Tiefenzuschlag beim Rohrgrabenaushub
2.5.1 Sachverhalt
Dem Bauvertrag lag die ZTV-Wa Erdarbeiten, Ausgabe 1990, zugrunde.
Der Bauherr hatte, getrennt nach öffentlichen Leitungen und Hausanschlüssen sowie
der weiteren unterschiedlichen Verwendung des Aushubs, in vier Positionen insgesamt 26.000 m3 Rohrgrabenaushub mit "bis 7,50 m Aushubtiefe" ausgeschrieben. Weiter
waren Einheitspreise für 2.000 m3 Tiefenzuschlag von 4,00 m bis 5,00 m und 1.000 m3
Tiefenzuschlag von 5,00 m bis 7,50 m anzubieten.
Der AN forderte bei der Abrechnung die Vergütung des Tiefenzuschlags jeweils für
die Aushubmengen ab Geländeoberkante (Abschnittsabrechnung), wogegen der Bauherr
nur den jeweiligen Zuschlag für die Mengen in den vorgenannten Tiefenschichten
(Schichtenabrechnung) für berechtigt hielt.
2.5.2 Stellungnahme
Der Abschnitt 4.4.2 der ZTV-Wa Erdarbeiten, Ausgabe 1990, lautet:
"Für Tiefen über 4,0 m, bei Handschacht über 2,0 m, werden Tiefenzuschläge gewährt.
Bei Tiefen über 5,0m sind besondere Maßnahmen und deren Vergütung zu vereinbaren."
l n der Pos. 1.3.1 Rohrgrabenaushub wird die zu kalkulierende Aushubtiefe - bis 7,50 m angegeben.
Gemäß der Festlegung in Abschnitt 4.4.2 der ZTV-Wa hat das Ingenieurbüro entsprechende Tiefenzuschläge vorgesehen. Die beiden Positionen lauten:
"1.3.5
Tiefenzuschlag
Zulage zu Aushubpositionen,
von 4,00 m bis 5,00 m
2.000 m3
1.3.6
Tiefenzuschlag
Zulage zu Aushubpositionen,
von 5,00 m bis 7,50 m"
1.000 m3
Die vorliegende Ausschreibung hat damit die einheitliche Vergütung des Rohrgrabenaushubs bis 7,50 m Aushubtiefe als sog. Grundpreis zur Folge. Für den Rohrgrabenaushub
in einer Tiefe von 4,00 m bis 5,00 m bzw. von 5,00 m bis 7,50 m wird dazu eine Zulage
gewährt.
208
Bayerischer Kommunaler Prüfungsvertand - Geschäftsbericht 1994
Diese Ausschreibung entspricht der nachfolgend wiedergegebenen Empfehlung des
Verbandes unabhängiger Bayerischer Ingenieurbüros für Wasserwirtschaft e.V.
(VIWA). (Das von der VIWA herausgegebene Standardleistungsheft Wasserversorgung - StLH-WA 95 - kann beim Verlag GIZ GmbH, Maria-Eich-Straße 10 a, 81243
München, bezogen werden.)
Die Leistungsbeschreibung baut auf den Standardtexten des gemeinsamen Ausschusses
für Elektronik im Bauwesen (GAEB) auf und gestattet eine EDV-mäßige Verarbeitung.
Die Vorbemerkungen berücksichtigen die in Bayern derzeit geltenden Vertragsbedingungen und Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen. Die Aushubtiefe ist demzufolge
gemäß ZTV-Wa zu ermitteln. Unabhängig von der Tiefe des Rohrgrabens und der
Bodenklassen ist ein Einheitspreis als Grundpreis für den Aushub ohne Verbau und/
oder mit Verbau anzubieten. Für den Rohrgrabenaushub in mehr als 4,20 m Tiefe ab
ursprünglichem Gelände sowie für die Bodenklassen 2,6 und 7 wird eine Zulage vergütet.
Die einschlägigen Positionen weisen folgenden Wortlaut auf:
"OZ
Kurztext
0210
AUSHUB OV
Rohrgraben
Grundpr.
ohne Verbau
Seite
45
Langtext
002 372 33 91 99 91
Boden der Gräben für Versorgungsleitungen profilgerecht
ausheben, ab Geländeoberfläche, Verbau wird gesondert vergütet, Aushub seitlich lagern.
Verfüllen und Verdichten, Bodenverdrängung nach örtl. Verhältnissen, verdrängter Boden wird
Eigentum des AN und ist zu
beseitigen, Aushubtiefe gem.
ZTV WA Erdarbeiten, Sohlenbreite der Gräben gem. ZTV WA.
Bodenklassen 1 mit 7 als Grundpreis; für die Bodenklassen 2, 6
und 7 wird je eine Zulage vergütet.
0211
AUSHUB
Rohrgraben
Grundpr.
einschl.
Verbau
45
Einheit
m3
002372 1391 9991
Boden der Gräben für Versorgungsleitungen profilgerecht ausheben, ab Geländeoberfläche,
einschl. Verbau DIN 18 303, Aushub seitlich lagern. Verfüllen und
Verdichten, Bodenverdrängung
nach örtl. Verhältnissen, verdrängter Boden wird Eigentum
des AN und ist zu beseitigen,
Aushubtiefe gem. ZTV WA Erdarbeiten, Sohlenbreite der Gräben gem. ZTV WA.
Bodenklassen 1 mit 7 als Grundpreis; für die Bodenklassen 2, 6
und 7 wird je eine Zulage vergütet.
Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1994
m3
209
oz
Kurztext
Seite
0215
TIEFAUS
Überliefe
mit Verb.
79
Einheit
Langtext
002 871 05 01 01
Zulage zur Bodenbewegung der
Position 021 1 für Rohrgrabenaushub in mehr als 4,20 m Tiefe ab
ursprünglichem Gelände.
Ausführung nach besonderer Anordnung des AG
TIEFAUSOV
Überliefe
ohne Verb.
0216
79
m3
002 871 05 01 01
Zulage zur Bodenbewegung der
Position 0210 für Rohrgrabenaushub in mehr als 4,20 m Tiefe ab
ursprünglichem Gelände.
Ausführung nach besonderer Anordnung des AG
m3"
Im Hinblick darauf, daß die dargestellte Abrechnung der Erdarbeiten auf die ZTV-Wa
Erdarbeiten abstellt, die auch für Abwasseranlagen anzuwenden ist, besteht die
Möglichkeit der Verwendung der Abteilung 41, Rohrgraben des StLH-WA 95, auch für
Kanal bau maßnahmen.
Schema für Abrechnung nach StLH-WA 95:
.S«1»
^4o
tf <o
o
L
1
t
°-9°
6
-°°
xb2'xlxEP0211
* ^
.
li
sä
L
1
x b" X l, x EP 0215
S0 = Schacht 0
2
)
210
b = Abrechnungsbreite
Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1994
Tiefe
Die dargestellte Ausschreibungsweise läßt es ratsam erscheinen, in den Ausschreibungsunterlagen die Tiefe der Rohrleitungen zu nennen, da es für die Kalkulation nicht
unbeachtlich ist, ob ein Rohrgraben mit 2,00 m oder mit 4,00 m Tiefe zu erstellen ist.
Gemäß den Positionen OZ 0210 und 0211 gilt nämlich der EP für einen Aushub bis
4,20 m Tiefe.
Unterbleibt die Information der Bieter über die Tiefenlage der Leitungen, so ist zu
befürchten, daß z.B. bei einer mittleren Tiefe der Leitungen von 2,50 m ein überhöhter,
nicht dem entstehenden Aufwand entsprechender EP angeboten wird.
2.6 Abrechnungstiefe beim Rohrgrabenaushub
2.6.1 Sachverhalt
Dem Bauvertrag lag die ZTV-Wa Erdarbeiten, Ausgabe 1990, zugrunde. Der Begriff
der Abrechnungstiefe wurde in der Leistungsbeschreibung gegenüber der ZTV-Wa
geändert, woraus der AN einen höheren Vergütungsanspruch ableitete.
Das Ingenieurbüro des AG beharrte auf der Abrechnungsregel der ZTV-Wa.
2.6.2 Stellungnahme
Die Forderung des AN war berechtigt.
Entscheidend für die Beurteilung war im vorliegenden Fall, daß sich der Begriff der
Abrechnungstiefe der ZTV-Wa durch die vertragsindividuelle Formulierung geändert
hat.
Der Abschnitt 4.4 der ZTV-Wa Erdarbeiten, Ausgabe 1990, lautet:
"4.4 Abrechnungstiefe
4.4.1 Bei der Ermittlung der Aushubmengen werden andere Aushubleistungen
berücksichtigt, die in besonderen Ansätzen erfaßt sind und vergütet werden und die
die Rohrgrabentiefe verändert haben. Bei Mutterbodenabhub werden, wenn Im
Leistungsverzeichnis nichts anderes angegeben ist, von der ursprünglichen Rohrgrabentiefe 0,20 m abgezogen."
Der Leistungsbeschrieb für den Rohrgrabenaushub im Bauvertrag hatte folgenden
Wortlaut:
"Boden der Leitungsgräben und Kontrollschächte für sämtliche Rohrleitungen und
die Bodenklassen 3 bis 5 nach ZTVE mit Verbau nach ZTV-WA Teil B 1.2 ausheben,
einbringen und setzungsfrei verdichten oder abfahren auf eine vom AN zu stellende
Kippe. Abrechnungsbreite nach ZTV-WA.
Die Abrechnungstiefe beträgt Geländeoberkante bis Sohle Wasserlauf.*
Diese Regelung zur Abrechnungstiefe setzt die Regelung der Abrechnungstiefe in der
ZTV-Wa außer Kraft, wonach bei der Ermittlung der Aushubmengen andere Aushub-
Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1994
211
leistungen, wie z.B. Oberboden, zu berücksichtigen sind und die Rohrgrabentiefe
verändern.
Aufgrund dieser Ausschreibung konnten die Bieter davon ausgehen, daß bei der
Berechnung des Rohrgrabenaushubs die Tiefe von der Geländeoberkante bis Sohle
Wasserlauf zugrunde gelegt wird und somit der EP für den Oberboden im Rohrgrabenbereich ein Zuschlag ist.
Wäre gewollt gewesen, die Abrechnung mit der Breite und der Tiefe nach ZTV-Wa
Erdarbeiten, Ausgabe 1990, durchzuführen, hätte es genügt, ergänzend zu den
Festlegungen in der Baubeschreibung in der Pos. 5 anzumerken, daß nach ZTV-Wa
abgerechnet wird.
2.7
Abrechnung einer Straßenwiederherstellung
2.7.1 Sachverhalt
In einer Vielzahl von Fällen wurde angefragt, wie die Abrechnungsregel in Abschnitt
4.3.5.4 der ZTV-Wa Erdarbeiten, Ausgabe 1990, im jeweiligen Fall anzuwenden sei.
2.7.2 Stellungnahme
Sofern die vertragliche Regelung von der in der ZTV-Wa getroffenen Regelung abweicht,
ist die Beurteilung natürlich von der Bedeutung der vertragsindividuellen Regelung
abhängig.
Nachfolgende Erläuterung dient für die Fälle, in denen die ZTV-Wa Erdarbeiten, Ausgabe
1990, unverändert dem Vertrag zugrunde liegen.
Abschnitt 4.3.5.4 der ZTV-Wa hat folgenden Wortlaut:
"Bei Straßenaufbrüchen und der Wiederherstellung der Straßenbefestigung wird auf
die Rohrgrabenbreite ein Zuschlag gewährt gemäß derZTVA-StB 89 in der jeweils
gültigen Fassung (vgl. 2.3.1). Zur Straßenbefestigung gehören gebundene Trag- und
Deckschichten auf Bitumen- und Betonbasis ohne Frostschutzschicht. Die Vergütung
errechnet sich jedoch nicht über die befestigte Straßenfläche hinaus."
Die "Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Aufgrabungen in Verkehrsflächen (ZTV A-StB 89)" enthalten selbst keine Abrechnungsregeln,
sondern Richtlinien für die Ausführung. Die Einzelheiten dazu können den Ausführungen in "Gemeindekasse" 125/1991 entnommen werden.
Der Abschnitt 4.3 des Teils A der ZTV-Wa Erdarbeiten enthält die Regeln für die Abrechnung der Grabenbreiten. Auf diese Grabenbreiten wird ein Zuschlag gemäß der
ZTV A-StB 89 in der jeweils gültigen Fassung gewährt. Dieser beträgt
- bei einer Grabentiefe bis zu 2,00 m: mindestens 15 cm,
- bei einer Grabentiefe > 2,00 m: mindestens 20 cm (Bild 2 und Abschnitte 5.2.2,5.3.2
und 5.4.2 der ZTV A-StB 89).
212
Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1994
Die nachfolgende Skizze zur Abtreppung bei bituminösen Befestigungen verdeutlicht
die Abrechnungsbreiten:
Decke
1 ggf.
bit. Tragschicht J Tragdeckschicht
ungeb. Tragschicht
Verfüllzone
a = Grabenbreite
b = Breite der wiederherzustellenden
bit. Tragschicht
c = Rückschnitt der gebundenen
Tragschicht mindestens 15 cm,
bei Grabentiefe g 2,00 m
mindestens 20 cm
Leitungszone
Die wesentlichste Änderung dieser Abrechnungsregelung gegenüber der Ausgabe 1979
der ZTV-Wa besteht darin, daß die Zuschläge nur für gebundene Trag- und Deckschichten
auf Bitumen- und Betonbasis gewährt werden und nicht für Kies- und Schottertragschichten oder Frostschutzkies.
Entgegen dem im staatlichen Bereich festgelegten Zuschlag von nur 10 cm Überstand
sollte im kommunalen Bereich die ZTV-Wa Erdarbeiten, Ausgabe 1990, uneingeschränkt
vereinbart werden ("Gemeindekasse" 124/1991).
3. Zusammenfassung
Zur Vermeidung von Schwierigkeiten bei der Auslegung von bauvertraglichen Regelungen
sollten die Verdingungsunterlagen so gestaltet werden, daß sie eindeutige und klare
Aussagen enthalten. Eine erhebliche Hilfestellung können dabei die Musterleistungsbeschreibungen STLK, StLB, StLH-WA, LB StB - By u.a.m. sein. Eine gute
Übersichtlichkeit des Bauvertrages wird auch dadurch erreicht, daß die im VHB-Bayern
enthaltenen Formblätter für den Bauvertrag in der Reihenfolge der V-KOM-Gliederung
(HIV-KÖM, Abschnitt E, Teil 1.6, S. 2) verwendet und dabei die erforderlichen Festlegungen
für die Abrechnung eindeutig getroffen werden.
Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband - Geschäftsbericht 1994
213