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Sprit aus Stroh
Energiegewinnung mit isländischen Mikroorganismen
Biokraftstoffe und insbesondere Bioethanol erregen in letzter Zeit zunehmend Interesse als
alternative Energiequelle. Bioethanol wird als einer der aussichtsreichsten Kandidaten für die
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Nachfolge von Benzin betrachtet, der sowohl die Abhängigkeit vom Erdöl als auch den Ausstoß
von Treibhausgasen reduzieren könnte. BioGasol aus Ballerup in Dänemark entwickelt mit
Pro/Engineer Prozesstechnologie für die Herstellung von Bioethanol der zweiten Generation.
Autor : Ralf Steck
BIOGASOL. BioGasol entstand im
Jahre 2006 als Spin-off von Forschungsarbeiten an der Technischen Universität von Dänemark.
Forschungsgegenstand war ein isländischer Mikroorganismus, der
fast zwei Jahrzehnte zuvor entdeckt
worden war. Dieser hat die Fähigkeit, sogenannten Pentosezucker
(oder C5-Zucker) in Ethanol umzuwandeln. C5-Zucker ist normalerweise nur schwer aufzuschlie3 4 CAD CAM 5-6/2010
ßen, aber dieser Mikroorganismus
scheint die Lösung zu kennen.
Rune Skovgaard-Petersen, der
Chefingenieur von BioGasol, ist seit
2007 in das Projekt eingebunden.
Er erklärt, wie diese winzigen Lebewesen Ethanol produzieren: »In Island leben diese Mikroorganismen
in Thermalquellen. Wenn da von
einem Baum ein Blatt hineinfällt,
fressen sie es auf und scheiden dafür Ethanol aus.« Die dänischen
Wissenschaftler an der Technischen
Universität konnten außerdem
kleine genetische Veränderungen
an den Mikroorganismen vornehmen, sodass diese keine Stoffe mehr
produzieren, die den Prozess hemmen. Auf dieser Grundlage entstand BioGasol und ist heute eins
von wenigen Firmen, die Bioethanol aus C5-Zucker gewinnt.
Bioethanol ist ein klarer, farbloser und brennbarer, mit Sauerstoff
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BIOKRAF TSTOFF
angereicherter Kohlenwasserstoff, der als
Kraftstoff für Verbrennungsmotoren
verwendet werden kann. Jedes Fahrzeug,
das für bleifreies Benzin ausgerüstet ist,
kann auch Benzin mit einem Anteil von
bis zu 5 Prozent Bioethanol tanken. Speziell für FlexiFuel ausgerüstete Fahrzeuge
fahren mit 85 Prozent Ethanol und
15 Prozent Benzin.
Dieses Bioethanol der zweiten Generation, das in den USA manchmal auch
›Zelluloseethanol‹ genannt wird, kann
im zukünftigen Energiemix eine wichtige Rolle spielen, denn es ist kostengünsti-
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BioGasol hat 22 Mitarbeiter in Dänemark und drei im Staate Washington/USA. Das Unternehmen arbeitet eng mit der US-Firma Pacific Ethanol
aus Sacramento, Kalifornien, zusammen, die bereits fünf Anlagen der ersten
Generation betreibt. Anfang 2009 erhielt
BioGasol den prestigeträchtigen Red
Herring Award als eines der innovativsten Unternehmen der Welt.
2007 erhielten BioGasol und Pacific
Ethanol Fördermittel in Höhe von 24,3
Mio. US-Dollar vom amerikanischen
Energieministerium, um in Boardman,
Oregon, eine Demonstrationsanlage auf Basis der BioGasol-Technologie zu bauen und
zu betreiben. Für die
Weiterentwicklung der
Technologie bis zur
Marktreife erhielt BioGasol darüber hinaus
einen Zuschuss von
5 Mio. US-Dollar, und
BioGasol 2009 erhielt
auch noch Mittel in Höhe von 15,5 Mio. USDollar für den Bau einer Demonstrationsanlage in Dänemark.
Potenziale nutzen
»Um in das Geschäft
mit dem Zelluloseethanol einzusteigen, benötigt man mehrere Technologien«, erklärt
Skovgaard-Petersen. »Den ersten Schritt
nennen wir ›Vorbehandlung‹. Im Prinzip
handelt es sich um eine nasse Oxidation;
die Anlagen basieren auf unserer Forschung und den gefundenen Lösungen.
Einer der nächsten Schritte ist dann die
Umwandlung von C5-Zucker in Ethanol
durch Fermentation, wofür man einen
Fermentationsreaktor benötigt.
Bei der Entwicklung solcher Anlagen
arbeiten wir mit Pro/Engineer. BioGasol
ist ein innovatives Unternehmen; erst
haben wir geforscht, und jetzt vermarkten wir unsere Ergebnisse. Und Pro/E ist
unser Entwicklungs-Tool in der Innovationsphase. Bei BioGasol haben wir
Pro/Engineer zuerst als Tool für die Konstruktion innovativer Lösungen für C5Fermentationssysteme eingesetzt. Wir
begannen mit Brainstorming-Meetings
und Rohskizzen; anschließend model-
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Die Pilotanlage für die Produktion von Bioethanol an der Technischen Universität
von Dänemark.
ger in der Herstellung als Bioethanol der
ersten Generation, und steht nicht in
Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion. Auch erzeugt es weniger Treibhausgase. Die konventionelle Bioethanolproduktion aus stärkereichen Pflanzen wie
Mais, Getreide oder Zuckerrohr ist gut
etabliert; der damit verbundene Industriezweig boomt in der ganzen Welt.
Allerdings wird bei dem von BioGasol
entwickelten Verfahren die Zellulose der
Pflanze genutzt, also quasi ihre Grundbausteine. Das bedeutet zum Beispiel,
dass man das Bioethanol nun nicht mehr
aus dem Weizenkorn gewinnen muss,
sondern stattdessen den Halm der Pflanze verwenden kann. Umweltpolitisch
wird Bioethanol der zweiten Generation
damit attraktiver, da nun landwirtschaftliche Abfälle, Holz und speziell für diesen
Zweck angebaute Pflanzen verwendet
werden können.
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lierten wir unsere Ideen mit Pro/E
und analysierten, ob und wie alles
zusammenpasste und funktionierte. In letzter Zeit ist der Konstruktionsprozess eher produktorientiert, mit einer Produkt- beziehungsweise Baugruppenstruktur.
Das heißt, er entwickelt sich quasi
von der kreativen hin zur produktionsorientierten Phase.«
Im Unternehmen geht man davon aus, dass noch etwa zwei bis
drei Jahre vergehen, bevor die ersten Anlagen kommerziell betrieben
werden. In der Zwischenzeit muss
man bei BioGasol viele kleine
Schritte gehen, um die Machbarkeit
dieser Technologie nachzuweisen.
Skovgaard-Petersen entschied sich
für Pro/E, weil diese Software die
Kontrolle ohne Unsicherheiten gewährleistet sein.
Angesichts der absehbaren Erschöpfung der Rohstoffquellen in
der Welt und der steigenden Kosten
für Kraftstoffe befinden sich jetzt
auch Energieriesen wie Chevron,
BP und Shell im Rahmen ihrer Zukunftsplanung auf der Suche nach
alternativen Energiequellen. Und
Unternehmen, die sich in diesem
Bereich bereits etabliert haben, erforschen die Potenziale von Bioethanol der zweiten Generation.
Das heißt, sowohl traditionelle als
auch neue Energieunternehmen
haben ein Interesse an der Zusammenarbeit mit BioGasol.
Die nächste Herausforderung
für BioGasol ist dann die Vermark-
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Das BioGasol-Verfahren: Aufschließen des Zuckers, Umwandeln von C6-Zucker in
Ethanol, Xylose-Fermentation und Umwandlung der Reststoffe in Methan zur Stromerzeugung – Wasseraufbereitung zur Wiederverwendung.
beste Lösung für die Zwecke des
Unternehmens darstellte, aber
auch, weil er bereits Erfahrungen
mit diesem Konstruktions-Tool gesammelt hatte. Zu den Entscheidungskriterien gehörte, dass die
potenzielle 3D-Produktentwicklungslösung größere wie komplexere Einheiten bewältigen können
musste.
Eine andere Anforderung war,
dass die Software die Produkte
streng strukturiert – zum einen mit
Blick auf die Produktarchitektur,
zum anderen musste aber auch eine
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tung der innovativen Produkte. Im
Dezember 2007 erhielt BioGasol
Fördermittel von der dänischen Regierung für den Bau einer ersten
Demonstrationsanlage der zweiten
Generation. Die Anlage ist flexibel
für unterschiedliche Ausgangsmaterialien ausgelegt und demonstriert die Umwandlung von landwirtschaftlichen Abfällen wie Holzspänen und Gartenabfällen sowie
Weizen- und Gerstenstroh, Energiepflanzen und Grasabfällen von
Straßenböschungen. Die neue Anlage ist energieautark; das Betriebs-
wasser wird recycelt. Das auf der
dänischen Insel Bornholm beheimatete Unternehmen BornBioFuel
begann 2009 mit der Ethanolproduktion, um zu demonstrieren,
dass das BioGasol-System für die
Umwandlung von C5-Zucker in
Bioethanol funktioniert.
Upscaling per
Top-down-Design
Im nächsten Schritt wird dann die
Bornholmer Demoanlage mit einem Durchsatz von 4 t Biomasse
pro Stunde hochskaliert, bis die resultierenden Systeme schließlich
im Rahmen von gewerblich nutzbaren Vollwertanlagen 12 t pro
Stunde oder mehr schaffen. Rune
Skovgaard-Petersen sagt dazu:
»Dank des modularen Ansatzes und
Top-down-Assembly mit Pro/E haben wir die volle Kontrolle über alle
Baugruppen. So können wir uns
darauf verlassen, dass wir wirklich
schnell auf die nächste Ebene hochskalieren können, sobald dies nötig
wird. Und aufgrund der parametrischen Funktionsweise von Pro/E
können wir sicher sein, dass sich
das recht einfach bewerkstelligen
lässt.«
Mit dem Know-how, das BioGasol bereits im Bereich Biotechnologie und Engineering besitzt, ist die
Firma für den zukünftigen Erfolg
im Bereich erneuerbarer Energien
gut positioniert. Mit seinen geschützten Technologien für die
Vorbehandlung und Biogasproduktion sowie dem einzigartigen
C5-Fermentationsverfahren hat das
Unternehmen das Potenzial von
Pro/E voll ausgeschöpft und eine
Lösung für die maximale Ethanolproduktion mit einer Ausbeute von
mehr als 90 Prozent des Energiepotenzials der Biomasse und mehr als
90 Prozent CO2-Einsparung entwickelt.
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