© 2016 aok-business.de - PRO Online, 12.09.2016

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Nachentrichtung
Normen
§§ 197 , 202 , 204 - 207 , 282 , 284 - 285 SGB VI
Kurzinfo
Freiwillige Beiträge können normalerweise nur bis zum 31.03. eines Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie
gelten sollen, gezahlt werden ( § 197 Abs. 1 SGB VI ). In bestimmten Fällen gibt es jedoch die Möglichkeit
auch für weiter zurückliegende Zeiten freiwillige Beiträge nachzuzahlen.
Information
Inhaltsübersicht
1.
Nachentrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung
1.1 Nachentrichtung von Beiträgen für nicht anrechnungsfähige Ausbildungszeiten
1.2 Nachentrichtung für sonstige Personengruppen
2.
Allgemeine Regelungen für die Nachzahlung
1. Nachentrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung
Über den Rahmen des § 197 Abs. 1 SGB VI hinaus haben bestimmte Gruppen von Versicherten haben die
Möglichkeit, Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nachzuentrichten, um damit einen
Rentenanspruch oder eine höhere Rente zu erzielen.
1.1 Nachentrichtung von Beiträgen für nicht anrechnungsfähige Ausbildungszeiten
Für die ab Vollendung des 16. Lebensjahres nicht berücksichtigungsfähigen Anrechnungszeiten der
Ausbildung können auf Antrag von solchen Personen freiwillige Beiträge nachgezahlt werden, die Versicherte
sind, d.h. für die bereits Pflicht- oder freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet wurden, die
nachversichert wurden oder für die aufgrund eines Versorgungsausgleichs Rentenanwartschaften übertragen
oder begründet sind. Ein Antrag ist nur bis zur Vollendung des 45. Lebensjahres möglich. Wird allerdings
nach Vollendung des 45. Lebensjahres eine Nachversicherung durchgeführt oder scheidet jemand aus einer
Beschäftigung aus, in der er von der Versicherungspflicht befreit war, kann der Antrag innerhalb von sechs
Monaten nach durchgeführter Nachversicherung bzw. nach dem Ausscheiden gestellt werden. Diese
Nachentrichtungsmöglichkeit ( § 207 SGB VI ) ist insbesondere für behinderte Menschen, die in einer
Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) beschäftigt sind, interessant und von großer Bedeutung. Sie
haben in der Regel nach 240 Beitragsmonaten (20 Jahren) Anspruch auf eine Rente wegen
Erwerbsminderung ( § 42 ABs. 6 SGB VI ). Nicht zu den erforderlichen 240 Monaten zählen Zeiten der
schulischen Ausbildung (z.B. Haupt- und weiterführende Schulen, Förder-, Blinden-, Gehörlosen- oder
Hilfsschulen, Zeiten im Eingangsbereich der WfbM). Schulzeiten von bis zu drei Jahren führen zwar nicht zu
einem früheren Rentenbeginn, aber sie erhöhen die monatliche Rente. Für nicht anrechenbare Schulzeiten
können freiwillige Beiträge nachgezahlt werden. Da nachgezahlte Beiträge zu den erforderlichen
240 Monaten zählen, kann die Rente für den in der WfbM beschäftigten Versicherten früher beginnen.
1.2 Nachentrichtung für sonstige Personengruppen
Weiterhin sind unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls zur Nachentrichtung von Beiträgen berechtigt:
• Versicherte, die aufgrund einer Nachversicherung für Zeiten vor 1984 die allgemeine Wartezeit (60
Monate) erfüllen, zur Aufrechterhaltung des Anspruchs auf eine Rente wegen Erwerbsminderung für
nicht mit Beiträgen belegte Zeiten ab 01.01.1984 ( § 285 SGB VI ).
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• Versicherte bei Strafverfolgungsmaßnahmen mit Entschädigungsanspruch ( § 205 SGB VI ).
• Vertriebene, Flüchtlinge und Evakuierte ( § 284 SGB VI ).
• Geistliche und Ordensleute aus Vertreibungsgebieten ( § 206 SGB VI ).
• Deutsche, die für die Bundesrepublik Deutschland in einer über- oder zwischenstaatlichen
Organisation tätig waren und ohne Anspruch auf Versorgung ausscheiden ( § 204 SGB VI ).
Beiträge, die in der irrtümlichen Annahme der Versicherungspflicht (z.B. bei GmbH-Geschäftsführern oder an
sich versicherungsfreien Selbstständigen) beanstandet und nicht zurückgefordert werden, gelten
grundsätzlich als freiwillige Beiträge. Werden die Beiträge jedoch zurückgefordert, dürfen innerhalb von drei
Monaten, nachdem die Beanstandung unanfechtbar geworden ist, für diese Zeiten freiwillige Beiträge in die
Rentenversicherung eingezahlt werden ( § 202 SGB VI ).
Das " Dritte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze " vom
05.08.2010, verkündet am 10.08.2010 (BGBl. I, S. 1127 ff.) hat mit Wirkung vom 11.08.2010 weiteren
Personen die Nachentrichtung von Beiträgen ermöglicht.
Nach § 282 Abs. 1 und 2 SGB VI können nunmehr auch noch folgende Personen bzw. Personengruppen
freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nachentrichten:
• Elternteile, die vor dem 01.01.1955 geboren und denen Kindererziehungszeiten anzurechnen sind,
wenn sie bei Erreichen der Regelaltersgrenze die allgemeine Wartezeit (60 Monate) nicht erfüllt
haben,
• § 282 Abs. 3 SGB VI ermöglicht es Versicherten, die nach § 1 Abs. 4 des
Streitkräftepersonalstruktur-Anpassungsgesetzes (SKPersStruktAnpG) oder nach § 3 Abs. 2 des
Bundeswerhrbeamtinnen- und Bundeswehrbeamten–Ausgliederungsgesetzes (BwBeamtAusglG) bis
zum Eintritt in den dauerhaften Ruhestand beurlaubt wurden, bei Erreichen der Regelaltersgrenze
freiwillig Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nachzuzahlen. Für die Personengruppen nach
§ 282 Abs. 1 – 3 SGB VI gilt, dass auf Antrag freiwillige Beiträge für so viele Monate nachentrichtet
werden können, wie zur Erfüllung der allgemeinen Wartezeit notwendig sind.
2. Allgemeine Regelungen für die Nachzahlung
§ 209 SGB VI legt generalisierend die Voraussetzungen und die Beitragsberechnung für die Nachzahlung
bzw. Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen zur Rentenversicherung fest.
Voraussetzung für die Sondernachzahlung ist demnach, dass die berechtigte Person entweder
versicherungspflichtig ist oder die allgemeine Voraussetzung für eine freiwillige Versicherung ( § 7 SGB VI )
erfüllt.
Wird im Zeitpunkt der Antragstellung eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt, berührt diese nicht
das Recht auf die Sondernachzahlung. Für die Berechnung der Beiträge sind maßgebend:
• die Mindestbeitragsbemessungsgrundlage,
• die Beitragsbemessungsgrenze und
• der Beitragssatz,
jeweils geltend zum Zeitpunkt der Nachzahlung.
Auf Antrag können Teilzahlungen bis zu fünf Jahren zugelassen werden. Sollten i.R.d. Rentenfeststellung
Zeiten der schulischen Ausbildung doch berücksichtigt werden können, werden die für diese Monate bereits
nachgezahlten Beiträge erstattet.
Die sehr differenzierten Voraussetzungen der einzelnen Personengruppen erfordern - insbesondere
hinsichtlich der sehr unterschiedlichen Antrags- und Ausschlussfristen - eine detaillierte Auskunft beim
zuständigen Versicherungsträger.
Siehe auch
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Auskunfts- und Beratungsstellen
Freiwillige Rentenversicherung
Nachversicherung
Wartezeit
BVerfG, 08.04.1998 - 1 BvL 16/90
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