SONIC

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SONIC
„Stage1“ – B-Trompete / Bericht „SONIC“ – Holger Mück
Ein Amerikaner made in Germany
„Stage1” – eine Allroundtrompete vom Trumpet Studio New York
Olaf Waldeck und Felix Vayser vom Trumpet Studio New York haben ein neues
Allround-Trompetemodell entwickelt, welches sich im mittleren Preissegment
behaupten will – die „Stage1“. Beiden war es als erfahrenen Trompetern wichtig
amerikanisches „Know-how“ mit deutscher Handwerkskunst zu vereinen.
Von Holger Mück
Felix Vayser ist "Freelancer" in New York und handelt auch mit exklusiven Trompeten unter dem Firmennamen „Trumpetstudio
New York“. Zusammen mit Olaf Waldeck war Vayser auf der Suche nach einem individuellen Instrument, welches in der
Ansprache sowie in der Intonation und letztendlich durch einen besonderen Klang hervorsticht. Das Instrument sollte sich noch
in einer mittleren Preisklasse bewegen ohne dabei auf Qualität in der Verarbeitung sowie im Material verzichten zu müssen.
Hier kam die Firma Schmid aus Neubrunn ins Spiel. Laut Waldeck wird bei der Firma Schmid das Schallstück durch ein
spezielles Verfahren so in der molekularen Struktur verändert, dass eine besondere Klangfarbe entsteht. Dieses Verfahren sei
jedoch Betriebsgeheimnis von Schmid – wir dürfen also gespannt sein.
Das Instrument - der erste Eindruck
Nach dem Öffnen des Ledergigbags der Firma GEWA kommt ein tadellos verarbeitetes Instrument zum Vorschein. Eine schön
handgearbeitete Gravur mit der Inschrift „Stage1“ ziert den Becher, doch die ersten Blicke zieht eine wuchtige
Mundstückaufnahme auf sich. Diese gewinnt zwar keinen Designpreis, doch wenn sie ihren Zweck erfüllt! Bestehend aus
mehreren übereinander gelöteten Rohren sollen unerwünschte Schwingungen gedämpft und eine bestmögliche Tonstabilität
erreicht werden. Aus diesen Gründen wurde auch der Fingerring am 3.Ventil umgedreht, d.h. auf der Unterseite angebracht.
Dies wurde der legendären „Symphony Special 8B“ aus dem Hause CONN der dreißiger Jahre nachempfunden. Auch
verwendet Jerome Callet diese Anordnung des Fingerrings in seiner Trompetenserie. „Die Töne rasten einfach besser ein“ – ist
die Aussage von Waldeck und Vayser. Der Anblastest wird’s zeigen.
Der Becher liegt mit seinen 120 mm Durchmesser im Normbereich. Wie einleitend schon erwähnt ist die Bearbeitung ein
Betriebsgeheimnis der Firma Schmid. Auf Anfrage von Sonic wurde nur folgendes verraten: „Messing besitzt eine starke
Oberflächenspannung. Um diese noch zu verfestigen, gibt es die Möglichkeit durch hämmern oder glühen des Messingblechs
die Molekülanordnung des Werkstoffs so zu verändern, dass es verdichtet und dadurch härter oder es weicher und elastischer
wird.“
Die Bohrung unseres Testkandidaten geht mit ihren 11,7 mm schon über der Bereich Medium Large hinaus. Diese
Zwischengröße wird auch gern als „ML-Plus“ bezeichnet. Ob der etwas größere Durchmesser sich positiv auf die
Klangcharakteristik auswirkt, werden wir noch feststellen.
Schwere, lange Ventildeckel (Heavycaps) lassen das Instrument sehr hoch erscheinen. Alle Lötstellen sind sauber gearbeitet
und poliert, die Züge genau ausgerichtet. Auf unnötige Streben wurde verzichtet. Das Mundrohr (langes Mundrohr -„Reversed
leadpipe“) ist aus Sterling Silber – ausgeschnitten aus Silberblech, verzahnt und verlötet. Bei einer sog. „Reversed leadpipe“
wird der Hauptstimmbogen nicht in, sondern über das somit längere Mundrohr geschoben. Dieses geht nun bis an die erste
Krümmung des Stimmbogens heran. Durch diese Art der Konstruktion wird eine leichtere Ansprache und ein verbesserter
Luftfluss erreicht. Besonders in Verbindung mit einer Medium Large–Bohrung hat sich dieses System auf dem Markt behauptet.
Monelventile (mit Kunststoffführung) sind selbstverständlich. Neusilber Aussenzüge und zwei Amado Wasserklappen runden
das Gesamtbild ab. Die Ausführung unseres Testkanditaten ist Goldmessing lackiert mit einer Wandung von 0,5 mm. Die
Gesamterscheinung der Test-Stage1 ist trotz massiger Mundstückzwinge und Heavycaps aber eher als schlicht zu bezeichnen
und mit 1150 g ist diese auch kein Schwergewicht.
Gut ausbalanciert
Nehmen wir die Trompete mal in die Hand - sehr gut ausbalanciert, so der erste Eindruck. Dennoch kann nicht jeder was mit
dem untenliegenden Fingerring am dritten Zug anfangen. Was bei dem einen Begeisterung auslöst, lässt den anderen das
Instrument sofort wieder weg legen. Den Bläsern, die den „Pistol-Grip“ bevorzugen, kommt diese Art der Anordnung im
Zusammenspiel mit den langen Heavycaps sehr entgegen. Auch ist der Fingerring über eine Feststellschraube individuell
positionierbar. Ich würde mir aber aus optischen Gründen den Ring fest anpassen lassen, was mit Sicherheit in der
Instrumentenmanufaktur Schmid schnell und ohne Probleme erledigt werden kann.
Leider fehlt am dritten Zug ein Slide-Stop. Bei gut geöltem Zug kann beim Drücken des dritten Ventils der Zug leicht
herausfallen. Hier sollte man sich noch etwas einfallen lassen.
Die Perinetmaschine (Zukaufteil von der Firma Jupiter) läuft sehr leicht und präzise. Einige Tester bemängelten allerdings ein
gewisses „Prellen“ beim Loslassen der Ventile, was man allerdings mit etwas härteren Federn abstellen könnte.
Nun genug mit den technischen Details – wir wollen wissen wie sich die Trompete in der Praxis bewährt, also Mundstück rein
und die ersten Töne können erklingen.
Ansprache, Sound und Intonation - der Anblastest
Der Klang ist sehr kompakt und die Töne sind sehr zentriert. Auch rasten die Töne sehr gut ein, was bei schnellen
Staccatopassagen dem Bläser sehr zu Gute kommt. Die sehr leicht laufende Maschine tut hierbei ihr übriges. Trotz des
Goldmessingbechers ist der Sound sehr obertonreich und hell. Die Intonation der Stage1 ist im gesamten Tonbereich
gleichbleibend gut. Der sehr kompakte Klang unseres Testkanditaten kommt besonders im mittleren und hohen Register zur
Geltung. Bei pp-Passagen allerdings wünscht man sich etwas mehr Sound und Wärme. Im mittellauten Bereich bis hin zu
Fortissimo produziert das Instrument einen durchdringenden hellen, stabilen und offenen Klang. Hier ist der Geschmack des
Bläsers gefragt, wer hier auf einen dunklen deutschen Orchestersound steht, sollte die Finger von der Stage1 lassen. Für diese
Klangvorstellung gibt es besser geeignete Hörner. Auch ist es immer davon abhängig welches Mundstück bzw. welche
Mundstückgröße der Bläser verwendet. Aber auch nicht mit einem großen Mundstück kann man das Instrument nicht zwingen,
muffig und dunkel zu klingen. Mitunter wurde auch der Begriff „Schneidbrenner“ gebraucht, um den Sound in der hohen Lage zu
beschreiben. Bei unseren Testbläsern stieß die Stage1 auf durchweg positive Resonanz. „Die klingt nicht wie jede…!“
Der Vergleich
Am ehesten kann man unser Testinstrument mit dem „Bobby Shew“ – Modell von Yamaha, der 6310Z, vergleichen. Die sehr
gute Herstellungsqualität der Yamaha-Blechblasinstrumente macht es zwar anderen Hersteller schwer mitzuhalten, ist aber
auch für die Stage1 kein Problem. In punkto Ansprache und Intonation liegen beide Instrumente auf dem selben Level. Lediglich
im Bezug auf den Sound im mittleren und hohen Register hat unser Testkandidat leicht die Nase vorn. Ich würde die Stage1
als etwas zentrierter, kerniger und auch offener charakterisieren.
Nicht ganz unumstritten
Heutzutage sind ja Amado-Wasserklappen bei vielen Herstellern gebräuchlicher Bestandteil im Instrumentenbau, obgleich sie
bei vielen Bläsern nicht ganz unumstritten sind. Einige Trompeter empfinden diese Art der Entwässerung als sehr störend und
stellen einen negativen Einfluss auf Ihr Spielgefühl im Vergleich mit herkömmlichen Wasserklappen fest.
Ich persönlich kann dies nicht bestätigen. Während der Testphase allerdings musste einige Male Hand angelegt werden um
den verklemmten Entwässerungsknopf wieder aus der Versenkung zu holen. Hilfreicherweise wurden die Amado-Zylinder nicht
wie üblich mit Sprengringen, sondern mit einem leicht abschraubbaren Deckel versehen. Diese Konstruktion macht es möglich,
solche kleinen „Reparaturen“ schnell und ohne Werkzeug zu erledigen.
Ausstattungsvarianten
Eine Lead- und Lightversion sind bereits in Planung. Auch ist ein „Feintuning“ bzgl. der Anordnung der Fingerringe in der
Manufaktur in Neubrunn jederzeit möglich. Individuelle Wünsche werden gerne erfüllt. So z.B. die Sache mit den
untenliegendem Fingerring am dritten Ventil. Wer damit Handlingprobleme hat, kann sich den Triggerring auch auf
herkömmliche Weise anbringen lassen.
Als Oberflächenveredelung wird neben der lackierten auch eine versilberte Variante angeboten. Dies zum Aufpreis von 100,Euro. Vergoldung oder kombiniertes Finish ist nach Rücksprache natürlich auch machbar.
Beim Kauf kann der Kunde sich ein individuelles Mundstück-Modell der beiden Hersteller Marcinkiewicz oder Tilz aussuchen, so
hat man nicht eine überflüssige Mundstück-Dreingabe zu Hause liegen. Wenn das nur andere Hersteller auch so handhaben
würden! Mit Aufpreis wird ein in Zusammenarbeit mit der Firma Mundstückbau Tilz speziell für die Stage1 entwickeltes
Mundstück (im Megatone-Desing) angeboten. Dieses passt vom Gewicht her gut zum Instrument und unterstreicht noch einmal
dessen Charakter.
Fazit
Die Stage1 ist im angebotenen Preissegment ein sehr gutes Instrument. Das Preis-Leistungsverhältnis stimmt – man bekommt
hier wirklich viel Trompete für sein Geld. Die Verwendung von hochwertigen Materialien und eine saubere Verarbeitung sind ein
Garant für die Langlebigkeit des Instruments. Laut Hersteller ist die Trompete ein Allroundinstrument und universell einsetzbar
von Big-Band bis zur Kirchenmusik. Ich allerdings sehe die Stage1 eher im Jazz-, Big-Band- und Combobereich zu Hause. Für
den sinfonischen Bereich fehlt es meiner Meinung nach etwas an Volumen und Wärme im Klang. Jedoch auch hier muss der
Geschmack entscheiden. Ich denke dieses Instrument ist wegen des guten Preisleistungsverhältnisses und nicht zuletzt wegen
seiner positiven Spieleigenschaften einen Test wert.
Pro und Contra
+ sehr zentrierter Sound
+ leichte Ansprache
+ gute Intonation im gesamten Tonbereich
+ solide Verarbeitung
+ gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
- kein Slide-Stopper am 3.ten Zug
- leichtes „Prellen“ beim Loslassen der Ventile
- Amadoklappen blieben beim Testinstrument leicht hängen
Produktübersicht und Preise
Hersteller: Trumpet Studio New York, Schmidt / Neubrunn
Modellbezeichnung: Stage1
Technische Daten:
Schallbecherdurchmesser 120 mm; Bohrung 11,7mm (0,462“) – Medium Large (Plus!)
Schallstück: Goldmessing , speziell verdichtet (0,5 mm Wandung)
Zugmaterial: Neusilber
Ventile: Monel (Feder innenliegend), schwere Ventildeckel
Mundrohr: Sterling Silber (ausgeschnitten aus Silberblech, verzahnt und gelötet)
Mundrohrzwinge: extra schwere Mundstückaufnahme
Wasserklappen: Amado
Oberfläche: Lackiert, Versilbert (Aufpreis 100,- €)
Stellring: am dritten Zug untenliegend
Lieferumfang: Trompete inkl. Pflegeset, Ventil-Öl und Zugfett, Leder - Gigbag sowie Mundstück (wahlweise Mundstück der
Firma Marcinkiewicz oder der Firma Tilz)
Lieferzeit: 14 Tage
Preis: UVP 1.740, - EUR
Weitere Ausführungen: Lead- und Lightversion sind in Planung
Vertriebsstruktur: über Trumpet Studio New York oder Olaf Waldeck
Kontakt: http://www.nytrumpet.co
[email protected]