Mindestlohn - Sozialpolitik

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Mindestlohn - Sozialpolitik
Arbeitsblatt: Berufswelt
Mindestlohn
In Vollzeit beschäftigte Arbeitnehmer sollen ihren Lebensunterhalt selbst erarbeiten können. Doch die Armut, auch unter
Erwerbstätigen, nimmt zu. Eine wachsende Anzahl von Arbeitnehmern ist als sogenannte „Niedriglöhner“, „Leiharbeiter“
oder „Aufstocker“ auf zusätzliche staatliche Unterstützung angewiesen.
Was ist ein Mindestlohn?
Ein Mindestlohn ist ein festgeschriebenes Arbeitsentgelt,
dass in Vollzeit beschäftigten Arbeitnehmern einen Mindestlohn pro Stunde oder Monat garantiert.
Für die meisten Arbeitnehmer werden die Löhne in Tarifverträgen festgelegt. Diese werden zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften, den Tarifpartnern, ohne
den Staat ausgehandelt (Tarifautonomie). Hat sich der
Arbeitgeber an einen Tarifvertrag gebunden, gilt für die
Arbeitnehmer automatisch der in diesem Vertrag festgehaltene tarifliche Mindestlohn. Da es für die Unternehmen keine Pflicht ist, sich einem Tarifvertrag anzuschließen, haben nicht alle Arbeitnehmer einen Anspruch auf
einen Mindestlohn. Der Staat kann aber den tariflichen
Mindestlohn in einer Wirtschaftsbranche nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz für allgemeinverbindlich erklären, so dass er dann auch für Unternehmen gilt, die
sich keinem Tarifvertrag angeschlossen haben. Auch für
Wirtschaftsbranchen, in denen es keine Tarifverträge
gibt, kann die Bundesregierung nach Stellungnahme der
Tarifpartner einen Mindestlohn festlegen.
© Stiftung Jugend und Bildung
in Zusammenarbeit mit dem BMAS; Stand 10/2011
Branchen-Mindestlöhne gelten bereits in der Abfallwirt­
schaft, im Baugewerbe, Dachdeckerhandwerk, Elektro­
handwerk, in der Gebäudereinigung, im Maler- und Lackiererhandwerk, in der Pflegebranche, bei den Sicherheitsdienstleistungen und Wäschereidienstleistungen.
Auch für Leiharbeitsfirmen gilt bald ein tariflicher Mindestlohn: Um Lohndumping zu bekämpfen, haben die Tarifpartner für die Arbeitnehmer Mindestlöhne in einem
Tarifvertrag vereinbart. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, das die Leiharbeit regelt, wurde entsprechend geändert: Es ermöglicht dem Bundesministerium für Arbeit
und Soziales, die von den Tarifparteien vorgeschlagenen
Mindestlöhne allgemeinverbindlich zu erklären.
Pro und Kontra gesetzlicher Mindestlohn
Die Frage, ob es in Deutschland einen gesetzlichen Mindestlohn für alle Branchen geben soll, wird kontrovers diskutiert.
Löhne sollen einerseits die Existenz der Arbeitnehmer sichern
und damit die Sozialkassen entlasten. Andererseits bedeuten
sie für die Unternehmen Kosten, die in die Preise einfließen.
Außerdem gilt das Lohnabstandsgebot: Diejenigen, die nicht
arbeiten und beispielsweise Arbeitslosengeld II (auch: Hartz IV)
beziehen, sollen nicht so viel Einkommen haben wie diejenigen,
die Vollzeit arbeiten.
„Zur Ausbreitung von Armutslöhnen haben vor allem der fehlende gesetzliche Mindestlohn und prekäre Arbeitsformen (…)
beigetragen. Bei den Minijobbern (auch: 400-Euro-Jobs) beziehen über 80 Prozent niedrige Löhne, bei Leiharbeitern sind es
77 Prozent. (…) 1,3 Millionen Erwerbstätige verdienen so wenig,
dass ihr Einkommen durch Leistungen der Grundsicherung
(Arbeitslosengeld II) aufgestockt werden muss.“
Annelie Buntenbach, DGB-Vorstand, Pressemitteilung vom 30.08.2011
„Die Frage ist nicht mehr, ob wir einen Mindestlohn haben
werden, sondern wie man die richtige Höhe aushandelt. Ich
bin für eine marktwirtschaftlich organisierte Lohnuntergrenze,
die weit weg vom Staat durch die Tarifparteien gefunden wird.
Wir sind bei den erfolgreichen Branchenmindestlöhnen mit
der Tarifautonomie gut gefahren (…). In der CDU analysieren
wir derzeit Modelle, in denen eine unabhängige Kommission
aus Arbeitgebervertretern, Gewerkschaften und Experten der
Wissenschaft Lohnuntergrenzen für die weißen Flecken der Tariflandkarte findet, wo weder Gewerkschaft noch Arbeitgeberverbände genügend Einfluss haben, um faire, auskömmliche
Löhne durchzusetzen.“
Bundesarbeitsministerin Dr. Ursula von der Leyen im Deutschlandradio,
31.10.2011
„Wenn eine allgemeine gesetzliche Lohnuntergrenze vereinbart werden soll auf Vorschlag einer Kommission, dann ist dies
ein politischer gesetzlicher Mindestlohn. (…) Ich meine, damit
werden in beträchtlichem Umfang Arbeitsplätze gefährdet und
im Falle einer Einführung eines Mindestlohns sogar aufgegeben. (…) Gerade die Entwicklung der letzten eineinhalb Jahre
zeigt, dass unsere Regelungen sehr günstig waren, es haben
sehr viele Nicht- und Geringstqualifizierte und auch Langzeitarbeitslose jetzt wieder den Einstieg in Arbeit geschafft. (…).“
Arbeitgeberpräsident Dr. Dieter Hundt im Deutschlandradio Kultur, 31.10.11
Arbeitsaufträge
1. Definieren Sie in eigenen Worten, was Mindestlöhne sind.
2. Erarbeiten Sie aus den Positionen von Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften und Regierung Pro- und KontraArgumente und stellen Sie diese in einer Tabelle gegenüber.
3. Sind Sie für oder gegen die Einführung. eines allgemeinen Mindestlohns? Formulieren Sie eine Stellungnahme,
indem Sie die verschiedenen Argumente gegeneinander abwägen.
Mehr unter www.sozialpolitik.com
Weitere Arbeitsblätter: www.jugend-und-bildung.de

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