12339b Civil Disobedience - Über die Pflicht zum Ungehorsam

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12339b Civil Disobedience - Über die Pflicht zum Ungehorsam
von
Datum
Radio Bremen
Presse und Öffentlichkeitsarbeit
28100 Bremen
Telefon 0421.246-41050
Fax 0421.246-41096
[email protected]
www.radiobremen.de/presse
13. September 2012/ml-we/12339
Nordwestradio
Freitag, 28. September 2012, 19.05-20.00 Uhr
Civil Disobedience – Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den
Staat
Hörspiel von Kai Grehn zum 150. Todestag von Henry David Thoreau.
Mit Gary Farmer, Nina Hoss und Dagmar Manzel.
„Von unten betrachtet ist die Verfassung sehr gut – bei allen ihren Fehlern –, das Gesetz und die Gerichte sind achtenswert, selbst der Staat
und die Regierung sind in vieler Hinsicht großartig, etwas Seltenes,
Dankenswertes, wie viele es auch beschrieben haben. Von einem höheren Standpunkt aus gesehen aber sind sie so, wie ich sie beschrieben
habe. Wer aber kann sagen, was sie von einem noch höheren und vom
höchsten Standpunkt aus wert sind und ob es sich überhaupt lohnt, sie
zu betrachten oder über sie nachzudenken?“ Henry David Thoreau
Henry David Thoreau veröffentlichte 1849 aus Protest gegen die amerikanische Eroberungs- und Sklavenpolitik den Essay „Civil Disobedience (Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat)“. Der Text
ist ein zeitlos gültiges Pamphlet – scharfzüngig und ironisch, kompromisslos in den Thesen und gleichzeitig von großer poetischer Kraft.
Eine Freiheitslehre von großer Wirkung und großer Poesie und eines
jener Bücher, die die Welt nachhaltig beeinflussten. Gandhi bediente
sich der Schrift, ebenso Anhänger der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Hippies und Wehrdienstverweigerer ließen sich davon in-
Radio Bremen
Diepenau 10
28195 Bremen
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spirieren. 150 Jahre nach Thoreaus Tod kann der Text verstanden
werden als aktueller Beitrag zur gegenwärtigen politischen Lage in
Amerika und Europa.
In diesem zweisprachig angelegten Hörspiel von Kai Grehn spricht ein
Vortragsredner in einer (fiktiven) öffentlichen Institution. Die Rede
wird in amerikanischer Sprache gehalten und von zwei Dolmetschern
im Wechsel ins Deutsche übersetzt. Eine klassische LiveÜbertragungssituation, die es den Hörern, vor allem jenen ohne
Kenntnis des Textes und des Schriftstellers Thoreau, ermöglicht, die
Rede im Heute zu verorten.
"Da die Wörter ein geheimes Leben besitzen, ist es vielleicht wichtiger
als wir meinen, einem Text wie Thoreaus wieder und wieder neuen
Atem einzuhauchen; denn wenn das geschriebene Wort heraustritt am
Tage und zu tanzen beginnt, vermag es die ganze buchstäbliche Kraft
und Magie zu entfalten, die ihm innewohnt", so Regisseur Kai Grehn.
Bearbeitung und Regie:
Aus dem Amerikanischen:
Ton:
Ton und Mischung:
Regieassistenz:
Dramaturgie:
Länge:
Kai Grehn
Walter E. Richartz
Jono Manson im Kitchen Sink Studio,
Chupadero, New Mexico
Jean Szymczak im Studio P4, Berlin
Ronald Klein
Holger Rink
53:40 Min.
Eine Produktion von Radio Bremen 2012.
Eine Hörprobe ist verfügbar unter
http://www.radiobremen.de/nordwestradio/sendungen/hoerspiel/thorea
u100.html
Eine Presse-CD kann unter Email: [email protected] oder
Tel.: 0421.246.41050 abgerufen werden.
Die Hörbuch-CD "Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat –
On the duty of civil disobedience" wird am 28. September 2012 bei Hörbuch Hamburg HHV veröffentlicht (www.hoerbuch-hamburg.de).
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Weitere Unterlagen der Pressemappe:
• Biographie und Zitate von Henry David Thoreau
• Biographien, Fotos von Gary Farmer, Nina Hoss und
Dagmar Manzel
• Interview mit Gary Farmer
Nordwestradio:
Ein Programm von Radio Bremen und dem NDR
UKW Bremen 88,3 und Bremerhaven 95,4 MHz,
via Satellit, im Kabel, als Podcast und Live-Stream
auf www.radiobremen.de/nordwestradio
Die Pressemitteilungen von Radio Bremen werden unter
www.radiobremen.de/presse veröffentlicht. Fotos sind beigefügt bzw.
können bei [email protected] bzw. 0421.246-41050 abgerufen
werden.
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Henry David Thoreau
Henry David Thoreau (1817-1862) war Lehrer, Bleistiftfabrikant, Philosoph, Schriftsteller, Naturbeobachter und Revolutionär. Er lebte –
mit wenigen Ausnahmen – Zeit seines Lebens in und um Concord/Massachusetts.
Sein bekanntestes Werk ist „Walden oder Leben in den Wäldern“
(1854) und handelt von dem Experiment, abseits der Gesellschaft zu
wohnen. Thoreau hat sich dazu bewusst fernab der Stadt in eine
selbstgebaute Blockhütte an einem See zurückgezogen, um dort ganz
schlicht und im Einklang mit der Natur zu leben. Dieses Werk wurde
nicht nur zum Klassiker alternativer Lebensformen, es befasste sich
auch mit Themen wie Wirtschaft und Gesellschaft.
Seine fundamentale Kritik an politischen Institutionen veröffentlicht
Thoreau 1849 in der Schrift „Civil Disobedience – Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat“.
„Wenn ein Mensch frei ist in seinen Gedanken, frei in seiner Phantasie und seiner Vorstellung, also in den Dingen, die nie für lange Zeit
leblos bei ihm bleiben, dann können unkluge Herrscher oder Reformapostel ihm nie gefährlich in die Quere kommen.“ Henry David Thoreau
"Wenn ein Mann die Hälfte eines Tages in den Wäldern aus Liebe zu
ihnen umhergeht, so ist er in Gefahr, als Bummler angesehen zu werden; aber wenn er seinen ganzen Tag als Spekulant ausnützt, jene
Wälder abschert und die Erde vor der Zeit kahl macht, so wird er als
fleißiger und unternehmender Bürger geschätzt. Als wenn eine Gemeinde kein anderes Interesse an ihren Wäldern hätte, als sie abzuhauen!"
Henry David Thoreau
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Kai Grehn (Autor und Regisseur)
Kai Grehn wurde 1969 geboren und wuchs in
Ostberlin auf. Nach Arbeiten als Postzusteller,
redaktioneller Mitarbeiter sowie als Regieassistent beim ’TanzTheater Skoronel’ studierte er
Theaterregie an der Berliner Hochschule für
Schauspielkunst ‚Ernst Busch’. Seitdem arbeitet er fürs Theater und Hörspiel, schreibt Prosa
und übersetzt aus dem Englischen. Grehn erhielt u.a. das Arbeitsstipendium für Berliner
Schriftsteller 2005 und den PRIX MARULIC
Spezialpreis 2001 und 2005. Mit seiner Hörspielfassung von Herta Müllers “Atemschaukel“
wurde er für den Deutschen Hörbuchpreis 2011
nominiert. 2012 erhielt er den Deutschen Hörbuchpreis in der Kategorie ’Besonderer Wagemut’ für die Hörspielbearbeitung von “Die künstlichen Paradiese“ (Radio Bremen, hr, rbb, SR
2011) nach Charles Baudelaire. Kai Grehn lebt als freier Autor und Regisseur in Berlin. Autorenhomepage: http://www.kaigrehn.de
Foto Kai Grehn: Thorsten Eichhorst
Gary Farmer (Sprecher)
Gary Farmer wurde 1953 in Ohsweken, Kanada im Six-Nations-Reservat als Angehöriger des Volks der Cayuga geboren. Er spielte
in vielen kanadischen und amerikanischen
Film- und Fernsehproduktionen mit. 1989 erhielt er eine Auszeichnung für die Rolle des
Philbert Bono in “Zwei Cheyenne auf dem
Highway“ und 1995 wurde er durch die Rolle
als Nobody in “Dead Man“ weltbekannt. Das
American Indian Film Festival zeichnete ihn
als Besten Schauspieler für seine Rolle in
“Dead Man“ aus und auch von First Americans in the Arts wurde er zum Besten Schauspieler gekürt.
1993 gründete er eine Zeitschrift zur Entwicklung der indigenen Kunst
und Kultur Aboriginal Voices. Er engagiert sich für die indianische Kultur auch als Gründer und Direktor von Aboriginal Voices Radio, sowie
als Veranstalter von Kulturfestivals. Gary Farmer ist außerdem als
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Musiker aktiv. Mit seiner Band „Gary and the Troublemakers“ veröffentlichte er drei CDs.
FotoGary Farmer: Kai Grehn
Nina Hoss (Sprecherin)
Nina Hoss, 1975 in Stuttgart geboren, wurde 1996 in der Rolle als Edelprostituierte Nitribitt in "Das Mädchen Rosemarie" über Nacht zum
Star. Diese schauspielerische Leistung trug ihr unter anderem die
Goldene Kamera und den Goldenen Löwen ein.
Ihre Schauspielkarriere begann Nina Hoss beim Theater, wohin sie
stets gern zurückkehrt. Nach ihrer Schauspielausbildung an der ErnstBusch-Schule war sie in verschiedenen Fernseh- und Kinoproduktionen zu sehen, u. a. in Doris Dörries "Nackt" und in Christian Petzolds
2003 mit dem Grimme-Preis gekröntem Film "Toter Mann". Christians
Petzolds Film “Barbara“, in dem sie die Titeltrolle spielt, wurde jüngst
für den Oskar nominiert. Schon als 14-Jährige las Nina Hoss ihre ersten Hörspielrollen. In den letzten Jahren war sie in diversen Hörspielen und Hörbüchern zu erleben. Unter anderem sprach sie in „Die falsche Fährte“ von Henning Mankell, “Der Liebhaber“ von Marguerite
Duras und in der “Otherland-Tetralogie“ von Tad Williams.
Dagmar Manzel (Sprecherin)
Die Berlinerin Dagmar Manzel gehört zu den
erfolgreichsten deutschen Schauspielerinnen.
Die Absolventin der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin war drei Jahre
am Staatsschauspiel Dresden engagiert und
gehörte 18 Jahre lang dem Ensemble des
Deutschen Theaters Berlin an. Seither ist sie
freiberuflich als Schauspielerin und Sängerin
tätig.
Für ihre Arbeiten wurde Dagmar Manzel zahlreich ausgezeichnet. Unter anderem erhielt
sie den Adolf-Grimme-Preis, den Deutschen
Fernsehpreis, den Deutschen Schauspielerpreis oder den Deutschen
Filmpreis und wurde von der Zeitschrift Theater Heute zur Schauspielerin des Jahres gewählt. Während ihrer Arbeit am Deutschen Theater
entdeckte Dagmar Manzel ihre besondere Liebe zur Musik. Ihr wird
die Titelpartie der Offenbach-Operette „Die Großherzogin von Gerolstein“ angetragen. Weitere Operetten- und Musikalproduktionen führ-
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ten Sie an das Hans-Otto-Theater in Potsdam sowie an das Berliner
Ensemble und seit 2004/5 regelmäßig an die Komische Oper Berlin.
Daneben ist sie mit „Irgendwo auf der Welt“ – einem umjubelten Programm mit Liedern von Werner Richard Heymann – u.a. am Berliner
Ensemble zu Gast.
Foto Dagmar Manzel: Janine Guldener
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Interview mit Gary Farmer
Herr Farmer, korrespondiert das Erschaffen von Kunst mit dem Vermitteln einer Botschaft?
Ja, mit Sicherheit. Ich lernte in den 1970er-Jahren den Opernsänger
James Buller kennen, einen Cree-Indianer aus Saskatchewan. Er gründete eine Organisation, die sich „Association for Native Development in
the Performing and Visual Arts“ nannte. Sie existiert noch heute, nennt
sich ANDVA und ist in Toronto ansässig. Sie hilft jungen indigenen
Künstlern, ihren Weg in der bildenden und darstellenden Kunst zu finden. Das war um 1974 in Nordamerika ein Novum. Buller gründete eine
Theaterschule und so kam ich, zu der Zeit noch Fotograf, zum ersten
Mal mit dieser Kunstform in Berührung.
Buller, dem ich zu Dank verpflichtet bin, fungierte als mein Mentor.
Durch ihn habe ich den Prozess des Theatermachens begriffen und begann, das Theater als Vehikel für Veränderungen zu begreifen. Ähnlich
den Bauern in Mittel- und Südamerika, die versuchten, sich dem Druck,
Kakaobäume anzubauen, zu widersetzen. Sie nutzten das Theaterspiel,
um einander zu informieren und zu ermutigen.
Damals wie auch heute brauchen wir Veränderungen. Sie kennen sicher
den hohen Verbreitungsgrad von Diabetes und anderen Krankheiten unter der indigenen Bevölkerung und auch die Folgen, die indianische Internatsschulen für ganze Generationen hatten, ganz zu schweigen vom
Genozid an den Ureinwohnern Amerikas, über den noch immer niemand
sprechen will. Ich sah die Situation meines Volkes, auch die meiner eigenen Familie, und ich wollte es besser machen. Zuerst dachte ich, ich
sollte mich der Soziologie zuwenden oder mit den Leuten auf der Straße
arbeiten, aber dann wurde mir klar, dass ich als Performer ein größeres
Publikum erreiche und eine breitere Öffentlichkeit informieren kann. Ich
hoffe, dass einige meiner Arbeiten diesem Anspruch auch gerecht werden. Wenn man Menschen zum Lachen und Weinen bringen kann, kann
man sie auch zum Denken bringen. Und wenn man sie zum Denken
bringt, hat man seine Arbeit getan.
Ich glaube, dass es ist für das politische System wichtig, Informationen
vorzuenthalten, denn wären alle gebildet, so käme es zu Veränderungen.
Ja, ich denke, darum wurde den Amerikanern die Bildung vorenthalten,
weil das Land so sehr mit Kriegen beschäftigt war, dass kein Geld investiert wurde, um die Menschen vernünftig zu bilden. Ich glaube, wir
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werden im Laufe der Zeit zunehmend die sozialen Auswirkungen davon
zu Gesicht bekommen. Die Kultur hier besteht in gewisser Weise fast
nur aus Baseball. Daher glaube ich, dass es die Rolle des Künstlers ist,
wenigstens einen Teil dieser fehlenden kulturellen Arbeit zu leisten. Es
ist ein fortwährender Kampf für Künstler in Amerika, einerseits sich eine
Karriere aufzubauen und gleichzeitig ein Leben lang das zu tun, von
dem man glaubt, dass es getan werden sollte. Also, Hut ab vor denen,
die das schaffen.
Die Mächtigen haben Angst vor Künstlern, vor eigenständig denkenden
Menschen, besonders nach 9/11, was meine Laufbahn als Schauspieler
dramatisch beeinflusst hat.
Auf welche Weise?
Ich denke hierbei insbesondere an das indigene Amerika. Vor Jahren
wurde ich in diese Schublade gesteckt, auf Grund meiner Rollen in den
Filmen "Dead Man", "Smoke Signals" oder “Powwow Highway“. So wurde ich zu einem indigenen Schauspieler und, wie Sie wissen, sind die
Ureinwohner hier in gewisser Weise noch immer der Feind. Das liegt an
einem Mangel an Verständnis, an der Ignoranz gegenüber unserer Kultur. Und ständig stehen wir jemandem im Wege. Viele von uns wurden
in ländliche Gegenden gebracht, umgesiedelt. Vor allem deswegen, weil
sich 90 Prozent des weltweiten Urans unter dem Land der amerikanischen Ureinwohner befindet und weil unter diesem steinigen und wüsten Land ein großer Reichtum an Mineralien liegt und an Öl. Daraus resultieren fortwährende Vertreibungen und ein ständiger Kampf um
Rechte. Inzwischen haben wir sogar weniger Freiheiten als in den
1960er Jahren.
Man muss hier, und ich vermute in der ganzen Welt, in jeder Generation
neu um diese Dinge kämpfen: das Recht zu sprechen, das Recht auf
freie Meinungsäußerung, das Recht selbst zu denken. Hinzu kommen
die erstaunliche Manipulation und Kontrolle durch die Medien. Es ist
wirklich schwierig, eine Botschaft in der Öffentlichkeit zu verbreiten.
Weniger als fünf Prozent aller Menschen gehen ins Theater. Man predigt sozusagen, überwiegend für die schon Überzeugten. Aber wir müssen Mittel und Wege finden, unsere Geschichten an die Öffentlichkeit zu
bringen.
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Der deutsche Schriftsteller Heiner Müller hat gesagt: "Geld ist der letzte
Wert, aber das ist nicht genug, eine Gesellschaft zusammen zu halten."
Gibt es noch andere Werte außer Geld, die die z.B. USA zusammenhalten?
Ich denke, es gibt noch eine kulturelle Ebene, beispielsweise die Musikoder die Filmkultur. Noch existiert eine gewisse Bildung oder Sozialisierung, die unterschiedliche Menschen auf einem höheren Niveau zusammenbringt. Aber wie Thoreau es sinngemäß formulierte: „Zeig mir
Tausend ehrliche Männer, zeig mir Hundert ehrliche Männer, einen
Mann, der so leben kann, wie er fühlt und glaubt.“ Das ist schwerer
denn je, weil der ökonomische Druck in den letzten Jahren immens gewachsen ist. Die Menschen leiden unter den wirtschaftlichen Zuständen.
Sie haben in dem Hörspiel „Civil Disobedience“ Henry David Thoreau
Ihre Stimme geliehen. Der amerikanische Autor starb vor 150 Jahren.
Jedoch erscheint sein Text alles andere als verstaubt.
Er ist in der Tat sehr aktuell. Aber er enthält für mich auch eine persönliche Komponente. Seit dem Film „Powwow Highway“ halte ich Vorträge
an amerikanischen und kanadischen Universitäten, um die Studenten
dazu zu bewegen, über ihr Handeln wirklich nachzudenken. Ich kann
sehr leidenschaftlich darüber sprechen, wie ich fühle und woher meine
Überzeugungen stammen. Ja, es war unsere indigene Six Nations Confederacy, die die Verfassung der Vereinigten Staaten und damit die
westlichen Demokratiemodelle beeinflusst hat, aber es funktioniert
nicht, weil unsere Beziehung zu Mutter Erde nicht verstanden wurde.
Wir alle kommen aus Mutter Erde und werden zu ihr zurückkehren. Daher muss man ihr Respekt entgegenbringen und Aufrichtigkeit. Ich glaube noch immer, dass die indigenen Völker anderen Menschen helfen
können zu verstehen, was wirklich passiert ist, dass es Mitgefühl gibt,
dass wir Veränderungen vornehmen und dass wir dadurch wachsen
können. Das wird aber nicht passieren, solange das Land nicht akzeptiert, die Ureinwohner Amerikas als ihresgleichen anzusehen.
Selbst in meiner erfolgreichen Zeit beim Film gab es viele Schauspieler,
die es schwer mit mir hatten, weil ich ihnen gleich gestellt war. Und dieses Gefühl ist noch immer da, dieses Ungleichgewicht: "Okay, ich muss
dich akzeptieren, daher tue ich es". Aber eben nicht gerne. Solange
sich das nicht ändert, glaube ich nicht, dass wir über den großen Berg
gekommen sind.
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Alle sagen zwar, dass sie den Minderheiten gegenüber fair sein werden.
Sie sagen, dass sie etwas Höheres anstreben wollen, aber sie sprechen
jahrelang nur darüber, bevor sie etwas ändern. Es fällt ihnen schwer,
das zu tun, weil sie die Macht besitzen. Niemand möchte gerne Macht
abgeben. Aber ich tue es aus Überzeugung. Es geht nicht darum, wie
ich überleben kann, indem ich mich an jedwede Form von Macht klammere. Es geht um die Geschenke, die einem im Leben zuteil werden.
Und in diesem Sinne, ja, „Civil Disobedience“ kam direkt aus meinem
„Schrei“. Gutes Casting!
Das Interview führte Ronald Klein im Juni 2012 in Chupadera, New Mexico / Übersetzung aus
dem Amerikanischen: W olfgang Müller.