#VIII.1 John-Lennon
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#VIII.1 John-Lennon
#VIII.1 John-Lennon-Gymnasium, Berlin Thorsten Kluge, Projektleiter Denkmal-aktiv-Projekt 2011–2012 Die „Gute Stube” oder die „Kalte Pracht”:: Bürgerliche Identitätssuche in den eigenen vier Wänden im 19. Jahrhundert Die typische stadtbürgerliche Wohnform entwickelt sich aus den Frühformen der Handwerkerund Händlerhäuser mit seiner Mischung von Arbeiten und Wohnen über das Mittelalter und die Neuzeit und über die Patrizierhäuser zu ihren ersten deutlich bürgerlichen Formen im 19. Jahrhundert. Das Jahrhundert beginnt mit dem Rückzug aus der Öffentlichkeit in der Restaurationsphase, der Entdeckung des Häuslichen als privatem Schutzraum: „My home is my castle”. Der Biedermeier zeugt begrifflich und bildlich den Aspekt, der den Bürgerlichen stets begleiten wird: Der Spießer mit Hausrock und Pfeife, der sich aus öffentlichen Disputen heraushält und dem der familiäre Kontext die Sicherheit seines Besitzes und die Entspannung von seinem beruflichen Handeln gleichzeitig garantiert, das Weltgeschehen und die Politik bleiben außen vor: Hier wird die „Gemütlichkeit” gefeiert, Carl Spitzweg zeigt amüsiert die Bilder dazu. Dabei beginnt Bürgerwohnen in der städtischen Villa, die im späteren „Eigenheim” als Wunschobjekt der eigenen Wohnziele ihre Bewahrung findet. (Die vorläufig größte Entfernung zum Vorbild stellt das „Fertighaus” dar, das industriell vorgefertigte Haus, das zum erschwinglichen Preis innerhalb kürzester Zeit die eigenen vier Wände entstehen lässt: Vom Lastwagen aufs parzellierte Vorortsgrundstück) Erst im industriell-städtischen Ballungsraum mit seiner Notwendigkeit zum verdichteten Wohnen entwickelt sich das bürgerliche Wohnen als spezifische Wohnform. Hier feiert sich die „Besitzbürgerfamilie” in ihrem frühen Wohlstand. Das „Repräsentative”, eine Kategorie, die in feudalistischen Kontexten immer vorhanden war, aber keine eigenständige Bedeutung hatte, wird jetzt verselbständigt: Man zeigt, was man (erworben) hat und hat es nur, wenn es von anderen wahrgenommen wird. Das Vorbild bleibt die „herrschaftliche Wohnung”. Eine eigene Stilprägung entwickelt sich nur langsam, häufig erst in der Imitation vergangener, feudalistisch geprägter Vorbilder. (Dabei liegt die Betonung auf der „Imitation”, selten nur werden die wertvollen Materialien wirklich übernommen: Es muss nur so aussehen: Blattgold wird zu Goldbronze...) Die „gute Stube” wird zum Schaufenster der eigenen Wohnvorstellungen. Im Alltag nicht benutzt, der eigenen Familie entzogen, die Möbel häufig zum Schutz abgedeckt, die Tür verschlossen: Das prächtigste Zimmer nimmt viel Platz, liegt im Zentrum der Wohnung und ist doch der am wenigsten genutzte Raum. Hier wird das Spitzendeckchen kultiviert, das „Kissen mit dem Schlag”, hier werden die Sammeltassen im Buffet präsentiert, Nippes daneben, aufwändig gerahmte Bilder mit gemütvollen Motiven, eine gewaltige Standuhr; Möbel, die sich häufig am altdeutschen Stil orientieren (man wird sie später und bis heute der Einfachheit halber als „Stilmöbel” kategorisieren) und die, das zeigen Fotografien aus dieser Zeit, eng gestellt, groß und wuchtig zeigen sollen: Man kann es sich leisten und es sieht auch nach Wohlstand aus. „Gediegen” und doch auch „herrschaftlich”: Noch sucht man in Ermanglung eines eigenen Stil das Vorbild dessen, was man als adlige Wohnkultur vermutet. Und doch ist die gute Stube kein Lebensraum: Hier hinein kommt nur das Publikum, der Besuch, der mit seiner Wertschätzung der repräsentativen „Stücke” erst das eigene Wertgefühl herstellt: Die Konvention ist endgültig keine Kategorie der guten Sitten und der Bildungselite mehr; sie ist zu einer Kategorie des Besitzes geworden: Die „kalte Pracht”. Bis die Kategorie „Gut bürgerlich” eine eigene Wertaussage wird, muss eine ganze Zeit vergehen: Die frühen Anfänge des repräsentativen Wohnen werden in der Erinnerung verklärt mit dem Touch des Bescheidenen und als eigene Stilgrundlage der dann etablierten gesellschaftlichen Schicht gelten (und bis heute den Geschmack vieler bestimmen). Denn hinter der Fassade der „guten Stube”, die auf die Dauer dann doch Stil prägend wird für die große Zahl derer, die sich wiederum am Großbürgertum orientieren, die Beamten, die Angestellten in allen ihren Facetten, die wegen ihrer pekuniären Beschränkungen schlicht „das Kleinbürgertum” genannt werden, wird Wohnen diktiert von den rationalen, Gewinn optimierten und in der persönlichen Bedürfnisstruktur bescheidenen Werten der bürgerlichen Gesellschaft. Die Räume des Alltags sind meist klein, zweckmäßig und orientieren sich in der Wohnungstiefe; deutlich am ehesten in den großen Wohnungen der Bel Etagen in den Mietskasernen der großen Städte, vor allem in den Formen der Berliner Neubauten um das historische Zentrum herum: Über das „Berliner Zimmer” in den Seitenflügel zum Hinterhof hinaus. Die „Fassade” selbst zeigt gerade hier noch einmal das Prinzip. Nach vorne heraus wird die Fassade prächtig geschmückt, häufig überladen, mit nachträglich aufgebrachten Schmuckelementen: Nach dem Fassadenkatalog ausgesuchte Fenster-, Balustraden-, Gesimsund Dachreiterschmuckformen, die ihre Vorbilder in alten Stilformen in Ermangelung einer eigenen Zeitformel suchen und vor allem zeigen sollen: Dieses ist ein prächtiges Haus. Der Baukörper selbst und die nach hinten anschließende Grundstücksbebauung spricht dagegen eine ganz andere Sprache: Einfache Baustrukturen, optimale Platzverwertung und nur durch administrative Vorgaben beschränkte Nutzungsdichte: Vom Souterrain bis ins Dachgeschoss. Wir werden mit der Schülergruppe (sie war bereits im Vorjahr beteiligt) beginnen, die Expansion der Großstadt Berlin im 19. Jahrhundert im traditionellen städtischen Wohnbezirk Kreuzberg zu erkunden. Die Wohnsituation der Gründerzeit ist im Westberlin der 80er Jahre vor allem in der Luisenstadt, dem heutigen Kreuzberg, ergiebig aufgearbeitet worden; sie wird die Orientierung der Schülerarbeiten zur Erkundung der städtischen Wohnsituation in der Gründerzeit bieten. Die Berliner Mischung, auch als „Kreuzberger Mischung” bekannt, kennzeichnet die besondere Sozial- und Funktionsstruktur der Berliner Wohnverhältnisse um die Jahrhundertwende. Hier werden die Schüler die soziale Durchmischung in der ursprünglichen Gliederung der Vorderhäuser erkunden; über das Studium der Fassadengliederung (inkl. dem typischen vorgebauten Schmuckelementen) zu exemplarischen Untersuchung der traditionellen Blockund Tiefenbebauung mit Hinterhöfen, Seiten- und z.T. mehreren Querflügeln (die berühmte Ackerstrasse 132/133 mit ihren 6 Hinterhöfen ist heute nicht mehr erhalten; die Ackerstrasse jedoch endet in unmittelbarer Nähe der Schule) können sie an Kreuzberger Beispielen die Verknüpfung von Wohn-, Handwerks- und Produktionsbereichen kennen lernen und die Bedingungen der städtischen Enge erfahren. Die stilprägende Gestaltung geht dabei von den Bewohnern der "Bel Etage” aus, häufig finden wir in den bevorzugten Lagen auch mehrere dieser großen bürgerlichen Wohnungen übereinander, entsprechend geringer war in diesen Häusern die soziale Mischung (Hinweise zur allgemeinen und zur Kreuzberger Situation etwa bei GEIST/KÜRVERS, Das Berliner Mietshaus 1862 – 1945, München 1984, HAUSMANN7SOLTENDIEK, Von der Wiese zum Baublock, Berlin 1986, Kunstamt Kreuzberg/HdK Berlin, Skalitzer Straße 99 – Biographie eines Hauses, Berlin 1988). In der zweiten Projektphase wollen wir dann das unmittelbare Umfeld der Schule ins Visier nehmen; die ästhetische Projekterarbeitung soll sich auf den eigenen Kiez beziehen, die direkte Erreichbarkeit ist dabei genauso wichtig wie der motivierende Zugang zum eigenen Bewegungsraum. Zum methodischen Vorgehen: Die Schülerinnen und Schülern werden sich in der ersten Projektphase neben den Kennenlernexkursionen, die im Wesentlichen mit fotografischen und videografischen Begleitdokumentationen im Sinne einer ersten Annäherung mit der Kreuzberger Aufarbeitung beschäftigen. Im Anschluss, je nach den Witterungsbedingungen auch schon in der Anfangsphase werden die Schülerinnen und Schüler ihren individuellen Zugang in der ästhetischen Annäherung im konzeptionellen Rahmen der „Ästhetischen Spurensuche/Ästhetischen Forschung” mit künstlerischen und medialen Methoden (Sammlung, Ordnung, Materialfundus, Herbarium, Zeichnung, Aufmaß, malerische Annäherung, fotografische Dokumentation, künstlerische Fotografie, Film/Video-Erarbeitung und in Kombinationen solcher bild-bezogener Annäherungen) vornehmen. Dabei werden sie ihre Kenntnisse erweitern, diese Ebene der subjektiven Auseinandersetzung in Kommunikation mit historischer und wissenschaftlicher Aufarbeitungen zu bringen: Hinter und in den Erscheinungen der Dinge ihre objektive Bedeutung zu erschließen und sie im Sinne des Denkmalgedankens als Zeugen der Vergangenheit und des jeweiligen kulturellen Rahmens zu deuten und in ihrer erhaltenen Struktur wie in ihre Veränderungen als Gegenwartslebensräume einzuordnen. Die Erkundungsobjekte bürgerlicher Bau- und Wohnformen sollen sie als sprechende Verbindung zur Vergangenheit entdecken und in einer individuellen ästhetischen Auseinandersetzung zu einem Teil des eigenen Interesses an der Geschichte der Stadt und des Stadtbezirks machen. Diese Verbindung der künstlerischen Annäherung mit der Erkundung der Stadtgeschichte soll in einem Ausstellungsvorhaben münden und der Ergebnisse so der allgemeinen und der schulischen Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Darüber hinaus soll eine Form des ständigen Austauschs gesucht werden, die das Vorgehen und die konkreten Projektergebnisse der anderen Schulen als Informationen, als Handlungsvorschläge und Ideen erschließt. Der "Königsweg hierfür wäre die Installation eines Blogs, der von den Partner selbstständig via Upload gefüttert werden kann und eine Zweiwegekommunikation erlaubt, also Vorschlag/Beispiel und Reaktion auf einer gemeinsamen Plattform. Folgende Projektplanung haben wir vorgenommen: − Entwicklung eines allgemeinen Verständnisses denkmalspflegerischer Aspekte und Fragen − Entwicklung erster eigener Erkundungen und Dokumentationen vor Ort − Kontaktaufnahme mit außerschulischen Experten zur Panung und Durchführung von städtebaulischen Untersuchungsvorhaben (Kontakt Prof. Hartmut Häußermann, Großvater eines Schülers unseres 10. Jahrgangs) − Erschließung eines eigenen Konzeptes zur ästhetischen Annäherung an die Hausobjekte − Entwicklung und Planung einer eigenen Fragestellung zur (ästhetischen) Forschung − Recherche der bisherigen wissenschaftlichen Erkundungen zur Wohnsituation der Gründerzeit − Bearbeitung und Dokumentation der individuellen Forschungsvorhaben − Vorbereitung der Präsentation der eigenen Ergebnisse im Rahmen einer Ausstellung − Dokumentation und Erläuterung des Gesamtprojekts und der methodischen Vorgehensweise für die (schulische, fachliche und allgemeine) Öffentlichkeit Für zwei weitere Frageaspekte, deren Bedeutung im Verbundaustausch noch eine stärkere Bedeutung erlangen können und deshalb als Themenvorrat fungieren:"Von der Mietskaserne zum Öko-Apartment”: Entwicklungen im 20. Jahrhundert "Arbeiterwohnen als neue Form?” "Alternative Wohnformen: Gibt es neue bürgerliche Lebensentwürfe oder sind sie deren Überwindung”? Arbeitsplan Sept – Okt Einführung der Wahlpflichtgruppe in das Thema, den Ort und in Möglichkeiten der Auseinandersetzung, Materialsammlung vor Ort Kreuzberg/Mitte (vor dem Winter), Entwicklung einer Internetplattform zur Verbunddiskussion, "Blog” Okt- Dez Einführung in Denkmalschutzproblematik allgemein Instrumente zur Beschäftigung mit Denkmalen in Berlin (Landesdenkmalliste, Dehio etc.) Ortsbegehungen zu den ausgewählten Untersuchungsobjekten (voraussichtl.in der Torstraße und Kastanienallee, Kontaktaufnahme mit den Bewohnern/Nutzern) Kontaktaufnahme mit Fachreferenten zur Stadtplanung und Stadterneuerung, zu Fachleuten der praktischen Renovierungsgewerke Jan-April Erkundungen zu Einzelfragestellungen, Vertiefung der ästhet. Forschungen April - Juni Zusammenführung der Arbeitsgruppenergebnisse und Erstellung eines Präsentations/Dokumentationskonzepts Juli (Schul)Öffentliche Präsentation der Untersuchungsergebnisse Abschlussbericht Die diesjährige Bearbeitung des Projektthemas stand unter zwei Vorzeichen, die Schülergruppe betreffend: Zum einen konnten wir mit einer erfahrenen Gruppe arbeiten, die Schülerinnen und Schüler waren bereits im letzten Durchgang beteiligt (neben einer allgemeinen Projektmüdigkeit, die sich aus einigen weiteren Vorhaben ergeben hat, auch im Kunstunterricht, sind die Schüler schnell wieder zu begeistern; der Kontext „Denkmal-Projekt“ wurde bei unserem Thema in diesem Jahr jedoch erst auf den zweiten Blick zugeordnet), zum anderen jedoch müssen wir mit einem nun 10. Jahrgang mit einer massiven allgemeinen Schwerpunktsetzung leben: Die 10. Klässler bereiten sich im Verlauf des 10. Jahrgangs zunehmend belastet auf den Mittleren Schulabschluss vor. Gerade im zweiten Halbjahr ist die Belastbarkeit der Gruppe in einer eher ungewöhnlichen Unterrichtsstruktur nur noch in „milder Form” möglich. So musste eine zweite ganztägig geplante Exkursion nach Kreuzberg mit der Aufgabe einer zeichnerischen Erfassung eines spezifischen Gründerbaus (Skalitzer Str. 99) kurzfristig abgesagt werden, weil die Lerngruppe Not signalisierte mit ihrer allgemeinen Belastungssituation. Umsetzen ließ sich jedoch eine Exkursion, die wie auch in den vorangegangenen Jahren in einer Woche in die Prignitz erfolgte. Diese Fahrt gilt mittlerweile als Bonbon für jeweils 10 Schülerinnen und Schüler aus der Denkmal aktiv-Gruppe und wird durch zusätzliche Gelder der Schule unterstützt. Vor Ort wurden auch diesmal neben den wichtigen sozialen Funktionen einer solchen Fahrt auch diesmal wieder eine Referentin zur Vermittlung grundlegender Kenntnisse im Bereich der Bildverarbeitung und Layoutgestaltung eingeladen und eine große Einheit zur Arbeit mit der digitalen Fotografie unter künstlerischen Aufgabenstellungen durchgeführt. Gelegenheiten zur praktischen Annäherung an denkmalgeschützte Bauwerken und Dorfensembles finden sich in dieser Umgebung viele. Wie schon in den Jahren zuvor wurden Tagestouren zur Plattenburg, zum Schloss Grube und in die Gemarkungen Retzin und Guhlsdorf unternommen. Im ersten Halbjahr erarbeitete der Kurs nach einer erneuten Fokussierung auf die Denkmalproblematik, die bei unserem Thema nicht so offensichtlich herzustellen war wie in Zusammenhängen, in denen die baulichen Merkmale eines spezifischen Ortes oder Gebäudes in den Fokus genommen wurden. Schnell jedoch war aus den Wohnerfahrungen einzelner Schülerinnen, die ihre heimischen Bezüge in klassischen Berliner Mietskasernen haben, festgestellt, welchen Einfluss die architektonischen Grundstrukturen auf das Alltagsleben haben und familiäre Umgangsformen mitbestimmen (Wohnzimmer, Zimmergrößen insgesamt, Zimmerhöhen, Durchgangszimmerproblematik, Beleuchtungsverhältnisse). Die Aufgabe, das eigene häusliche Wohnzimmer zu fotografieren – unter fotogestalterischen Aspekten eine interessante Herausforderung: In geschlossenen Räumen mit zwei Fotografien einen Gesamtüberblick herstellen – erbrachte nicht nur einen zumindest für unsere Schülerschaft repräsentativen Einblick in Rolle und Gestaltung des aktuellen familiären Wohnzimmers in Berlin-Mitte/Prenzlauer Berg, sondern auch einige tiefe Einblicke in „Modern Times” aus ganz anderer Sicht. Viele Elternhäuser verlangten nach klaren Aussagen über die Verwendungszwecke und weitergehend über die Rahmenbedingungen der öffentlichen Verwendung des privaten Bildmaterials ihrer Wohnungsinnenräume. Eine Beruhigung zu der Gewährleistung des Schutzes der Privatsphäre war gefragt und selbstverständlich zugesichert. Dazu muss erklärend erinnert werden, dass viele der Elterngeneration, die hier um Klärung bat, noch Umgangsformen aus alten „Ostzeiten” erlebt haben, in denen sich die Schule im staatlichen Auftrag das Recht heraus nahm, regelmäßig durch Besuche des zuständigen Lehrers die häuslichen Verhältnisse ihrer Schülerinnen und Schüler „kennen zu lernen”; Widerspruch zu einer derartigen öffentlichen Kontrolle wurde nicht vorgesehen und lässt den heutigen Rechtsrahmen auf diesem Hintergrund umso wichtiger erscheinen. So wurden die Fotografien intern ausgewertet, Gemeinsamkeiten exploriert und „Generallinien” der heutigen “bürgerlichen” Wohnkultur exemplarisch festgestellt. Dass hierbei in einer 10. Jahrgangsstufe der Begriff des „Bürgerlichen” erst einmal erarbeitet werden muss, versteht sich von selbst. Anhand von Abbildungen konnten die Wurzeln vieler Wohnverhältnisse der Schülerinnen und Schüler in den Berliner Bauvorgaben des 19. Jahrhunderts (Hobrechtplan) und im Dekorationsund Repräsentationsbedürfnis der bürgerlichen Wohnung erschlossen werden. Eine Erkundung dieser Frühformen bürgerlich-städtschen Wohnens ließ sich mit den gut aufgearbeiteten Materialien zur Berliner Baugeschichte aus den 1980er Jahren anhand von Bildmaterialien, Grundrissen und einem Erfahrungsbericht leisten. Bereits zu diesem Zeitpunkt ließ sich ein Projekt des Schulverbundes integrieren. In der Startveranstaltung des Jahrgangs „Denkmal aktiv 2011/12” war die Idee entstanden, den relativ großen Verbund mit sechs beteiligten Schulen, davon zwei Schulen, die weitab von Berlin lagen (Lübeck und Zeven), nicht nur durch die Planung gegenseitiger Besuche sondern auch durch eine Internetkommunikation zu vernetzen. Auf der hierfür eingerichteten Blog-Seite der Wordpress-Plattform sollten die Erkundungsergebnisse dokumentiert und den anderen Partnern zugänglich gemacht werden. Für die John-Lennon-Gruppe war dies eine gute Gelegenheit, die Überlegungen und Rechercheergebnisse zu festigen und einzelne Darstellungsaufträge an Schüler zu vergeben. So entstand für die Anfangsphase eine gute Dokumentation der eigenen Aktivitäten, zu der jedoch auch kritisch angemerkt werden muss, dass sich schnell herausstellte, dass eine wie geplant lebendige Blogpflege mit einer eigenständigen „Bespielung” und einem regen Austausch in der Kommentierung für diese Lerngruppen keinen hohen Stellenwert in der Skala eigenen Engagements besitzt. Wahrscheinlich sollte ein zweiter Versuch in diese Richtung wenn, dann stärker an die rege frequentierten Sozialen Netzwerke angebunden werden; vorausgesetzt allerdings, dass Lernen im schulischen Kontext, auch im offenen Projektbereich eines „Denkmal aktiv-Vorhabens” von den Schülern in diesem Kontext des Informationsaustauschs gesehen wird (viele solcher Verbands-, Events- oder gar Firmenseiten etwa auf Facebook leiden massiv unter mangelndem Nutzerinteresse). So ist letztlich vieles der im Denkmalaktiv-Blog aufgeführten Informationen und Illustrationen (vgl. Anhang) vom Projektleiter zumindest überarbeitet, bzw. zusammengestellt worden, die Anpassung einer ursprünglichen Konzeption an die Wirklichkeit des schulischen Alltags. Der zweite Meilenstein der Projektarbeit nach den ersten Bild- und Textrecherchen beschäftigte sich mit der Erkundung vor Ort. In einer langen Exkursion durch den zur 750-Jahr-Feier Berlins aufwändig restaurierten Kreuzberger Marheinike/Bergmannstraßen-Kiez („Kreuzberg 61”) ergab vielfältige Möglichkeiten, aus der Außenbetrachtung, der Fassaden- und Ensemblewahrnehmung die bereits bekannten Baustrukturen des 19. Jahrhunderts wahrzunehmen und in einem Fotoauftrag zu dokumentieren. Dabei waren die Aspekte der aktuellen Nutzung und sich daraus ergebener Umgestaltungen (bis hin zu Verfälschungen und „Sünden” an alter Bausubstanz) ebenso Thema wie die z.Z. wieder aufbrandende und durch viele Transparente und Anschläge präsente neue Häuserkampfbewegung, die sich gerade weniger gegen Altbauverfall und Abrissgefahr wie in den 1980er Jahren artikuliert, sondern die in unserem schulischen Bezirk Mitte bereits weit vollzogene „Gentrifizierung” (hier mehrfach zumindest begleitendes Thema unserer Denkmal aktiv-Projekte) nun auch für das Widerstand erprobte Kreuzberg zum Thema werden lässt: Aufwertung der Renovierungsstandards, Umwandlung in Eigentum, verbunden mit dem Aufkauf ganzer Hauseinheiten durch Großinvestoren und der Gefahr der Vertreibung der traditionellen Bewohner (die in diesem Bereich oftmals gerade erst in den 1980er Jahren zugezogen sind und im neo(bildungs)bürgerlichen Milieu den Charakter dieser Gegend prägen) im Austausch mit neuen kapitalstarken Zuziehern, die „det Milieu” als Wohnumfeld begrüßen, es jedoch mit den gleichfalls formulierten Ansprüchen auf Wohnqualitäten, Sauberkeit und situierten Alltagserwartungen (edle Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants, Parkplatzbedürfnissen und vielem mehr) tendenziell ausradieren. Schließlich wurden diese Eindrücke in einem weiteren Meilenstein der Projektarbeit überführt in eine künstlerische Auseinandersetzung im Zusammenhang mit dem Wahlpflichtunterricht in Kunst. Das ursprünglich vorgesehene offene Projektarbeiten unter dem Konzept der „Ästhetischen Forschung”, mit dem die SchülerInnen der Denkmal aktiv-Gruppe bereits aus dem Vorjahr vertraut waren, fiel nun jedoch am Jahresende, mit Blick auf das neue Jahr den bereits angesprochenen Belastungen des schon „sorgenvoll” erwarteten Mittleren Schulabschlusses und seine bereits für das Frühjahr angesetzten Teilprüfungen „zum Opfer”. In Absprache mit der Lerngruppe wurde eine Form der bildnerischen Auseinandersetzung gesucht, die stärker im Rahmen der 3 Stunden Wahlpflichtunterricht pro Woche bewältigt werden konnte und nicht so umfangreich wie den Schülern vertraut den Nachmittags und Freizeitbereich beanspruchte. Der PopArt-Künstler Richard Hamilton hatte im Jahr 1956 eine Collage erstellt, die nicht nur allgemein als früheste „Ikone” der PopArt gilt, sondern zugleich das häusliche Umfeld als Ausdrucksforum des städtisch-modernen Lebensgefühls und der middle-class american Lebenswirklichkeit darstellen will: „Just what is it, that makes today’s homes so different, so appealing?”. Diese Fragestellung nun noch einmal zu aktualisieren mit den Erkundungen der eigenen Wohnbereiche und diese Assoziation zugleich gestalterisch in Auseinandersetzung zu bringen mit den Traditionen der Collagegestaltung (Max Ernst vs. Kurt Schwitters, sowie neue Ansätze des Alltagsgegenständlichen aus der Ära der PopArt) war nun Aufgabe und Herausforderung der nächsten Wochen. Ein Teil der Ergebnisse wurde ebenfalls auf den Seiten des DA-Blogs präsentiert. Sichtbar nicht nur eine mühsamwie Annäherung an bildnerische Denkformen im Umgang mit der Collage sondern tatsächlich auch das inhaltliche Problem der Gestaltung, nach denen sich die ersten Zugänge im ähnlichen Erscheinungsbild der repräsentativen Wohnbereichsaustattung im 19. Jahrhundert bewegten: Rettungslos vollgestellte, verdichtete Kombinationen ganz vieler vermeintlich repräsentativer Gegenstände ohne einen durchgängigen Gestaltungwillen. Das Gespräch hierzu machte noch einmal für die SchülerInnen die Wirkung dieses historischen Erscheinungsbilds deutlich und erklärte noch einmal die Motive zu ihrer Erstellung. Die erstellten Arbeiten wurden als Appendix zu der Präsentation der Exkursionsfotos aus Kreuzberg im Kunstbereich der Schule in einer Ausstellung gezeigt, die mit dieser Bandbreite das diesjährige Denkmal aktiv-Projekt der Schulöffentlichkeit vorstellte. Ein besonderes Augenmerk erhalten in dieser Zeit auch die vielen (noch) außerschulischen Interessenten der über mehrere Monate durchgeführten „Tage der Offenen Tür”, mit denen sich die Schule in ihren Aktivitäten den Interessenten für den im Mai erfolgenden Anmeldungstermin der neuen Schüler für den Jahrgang 7 vorstellt. Kurz vor den Sommerferien konnte noch einmal das Thema aufgenommen werden und die verschobene Exkursion in den „wilderen” Teil Kreuzbergs („Kreuzberg 36”) rund um die Oranienstraße als Jahresabschluss durchgeführt werden. Hier zeigte sich die Bedrängnis der traditionellen Bausubstanz durch einen noch virulenteren und angesagten Szenebezirk mit seiner multikulturellen Vielfalt und vielen Hausprojekten, die aus der alten Hausbesetzerbewegung entstanden sind in einem noch deutlicheren und für die Schülerinnen und Schüler noch aufregenderem Maße. Genauso wie übrigens die Neubausünden, deren Forcierung der ursprüngliche Auslöser des Widerstandes gegen Altbauvernichtung durch Spekulation war. Beobachtungsschwerpunkt wurde dabei wie geplant das Wohnhaus Skalitzer Str. 99, das in einer sehr genauen wissenschaftlichen Aufarbeitung der Substanz und ihrer Veränderungen durch ein Hochschulprojekt vorliegt und in dem der verantwortliche Lehrer selbst durch Zufall in der Zeit seines Referendariats gewohnt hatte und durch manche launige Erzählung das Leben in der überkommenen Mietskaserne illustrieren konnte. Im Anhang die Seiten des Denkmal aktiv-Blogs, die sich auf unser Projekt beziehen.