Wie machen sich die Kurzen?

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Wie machen sich die Kurzen?
Ölfrüchte
Wie machen sich die Kurzen?
Untersuchung von Raps-Halbzwerghybriden im zweiten Versuchsjahr
Oft werden die Erträge von Rapsbeständen falsch eingeschätzt – massige Bestände werden dabei meist
überschätzt. Bei einem Halbzwerg
dagegen winken die Landwirte ab
und sind dann umso überraschter,
wenn der Ertrag über Erwarten gut
ausfällt.
Andrea Feiffer, feiffer consult Sondershausen, Simone Steger, Agrargenossenschaft Kirchheilingen, und
Marko Hesse, Agrargesellschaft
Neunheilingen, berichten über die
Versuche.
V
erspricht die Pflanzenarchitektur
der Halbzwerge wirklich verbesserte Druscheigenschaften? Um das
zu überprüfen, wurden 2006 und
2007 zwei großangelegte Feldversuche
auf Standorten in Thüringen durchgeführt.
Getestet wurden der Halbzwerg sowie eine
Vergleichshybride auf Leistung und Kraftstoffverbrauch des Mähdreschers.
Besonderheiten in Pflanzenentwicklung und Anbautechnik
Die Beobachtung des Halbzwergs ergab erste Unterschiede zur Vorwinterentwicklung
der Normalstrohhybride. Der Halbzwerg
bildet demnach, wie die Normalstrohhybride auch, eine große Blätterrosette, die
aber flach am Boden bleibt. Auch unter
wüchsigen Bedingungen im Herbst fand
nur ein geringes Längenwachstum statt.
Halbzwerge überwachsen kaum und lassen
sich gegebenenfalls leicht durch Triazole
einkürzen. Deshalb ist ihr Aussaatfenster
recht breit und reicht fast von Anfang bis
Ende der Rapsbestellung. Halbzwerge sind
demnach für Frühsaat und als Hybriden
auch für Spätsaat geeignet. Es zeigte sich,
dass die Wurzeldichte beim Halbzwerg
ebenso kräftig und sogar besser ausgebildet
ist als bei Normalstrohsorten.
Ihr Ansprechpartner
für Pflanzenschutz und Pflanzenbau:
Catrin Hahn
Tel. 030–293974–81
E-Mail: [email protected]
38 7 b 2008
Auffällig ist die deutlich verkürzte Wuchshöhe des Halbzwergs mit ca. 30 cm zur
Vergleichshybride, wodurch das gesamte
Schotenpaket um 20 bis 30 cm nach unten
verlagert ist.
Trotz der verkürzten Stängel sind die
Erträge nicht geringer, weil die Anzahl
der schotenbildenden Triebe gleich bzw.
höher war als bei der Vergleichshybride.
Er macht viele kleine Schoten, aber größere Körner. Der Ertrag kommt über die
Körnerzahl mal TKG.
Lager ist eines der teuersten Ernteerschwernisse beim Drusch. Hat ein Betrieb mit
200 ha Raps 10 % Lageranteil mittlerer
Stärke, so kostet jeder geerntete Hektar
etwa 16 € mehr (im Lageranteil: Ertragsminderung 6 %, Durchsatzminderung 10 %,
Verlusterhöhung 2 %). Der Halbzwerg
verzweigt sehr tief ab Erdboden und ist
mit dieser Architektur sehr standfest. Lager
wird da eher selten sein.
Zur Blütenbehandlung ist der Halbzwerg
deutlich kürzer als die Normalstrohhybriden. Nun sind kurzstrohige Sorten durch
ihre Pflanzenarchitektur stärker durch
Sklerotiniabefall gefährdet, weshalb sich
bei den Halbzwergen immer eine fungizide Maßnahme in der Blüte empfiehlt.
Sofern ein Warndienstaufruf nicht vorher
erfolgt, kann man allerdings den kurzen
Wuchs der Halbzwerghybriden nutzen
und die Behandlungsmaßnahmen in der
späten Blüte (bis EC 69) durchführen,
um den weiteren Zuwachs und damit
alle Schoten optimal zu schützen. Bei
Normalstrohhybriden ist dieser späte
Termin nicht möglich, weil jeder Tag
Längenwachstum bringt und damit Durchfahrschäden.
Der Anteil des Zwiewuchses ist in der
Fahrgasse von Halbzwergen wesentlich
geringer, so dass Ertrag und Druschleistung
zur Ernte höher sind.
Monetärer Zusatznutzen 60,00 €/ha
Vorteile im Drusch
Monetäre Bewertung
(am Beispiel der 4 Versuche von feiffer consult aus den Jahren
Mönchen- Kirchhei- Kirchhei- Neunhei2006 und 2007)
holzhausen lingen lingen lingen
2006
2006
2007
2007
Leistungssteigerung in %:
18
8
38
12
Bei 200 ha Raps entspricht die Leistungssteigerung einer
36
16
76
24
zusätzlichen Fläche von ha
Bei 80 €/ha Druschkosten ist dies eine Gesamtersparnis von €:
Bezogen auf einen Hektar Druschfläche sind dies je ha
Kraftstoffeinsparung
Ertrag der Halbzwerg-Hybride in t/ha
Kraftstoffeinsparung in l/t
Bei einem Dieselpreis von 1,15 €/l beträgt die Ersparnis je ha
Senkung der Gesamtverluste (ca. 2 %) in €/ha
Geringere Haspelverluste (Auskämmverluste)
Geringere Ausfallverluste (kein Warten auf Nachreife der grünen
Schoten bei steigenden Ausfallverlusten)
Geringere Ausdruschverluste (weniger Anteil grüner Schoten, die
im Dreschwerk nicht geöffnet werden)
Geringere Wiederbefeuchtung im Dreschwerk, dadurch bessere Abscheidung auf Schüttler und Siebe (kein Verkleben der Maschine)
Geringere Trocknungskosten durch weniger grüne Stängel und
Schotenteile
Geringere Verluste bei den Folgefrüchten durch hohe Mähdrescherleistung
Monetärer Vorteil durch bessere Druscheignung je ha
Monetärer Vorteil der gesamten Versuchsserie je ha
2.880
14,00 €
1.280
6,00 €
6.080
30,00 €
1.920
10,00 €
4,69
1,0
5,00 €
5,19
0,6
4,00 €
4,15
1,6
8,00 €
4,03
0,1
0,00 €
42,00 €
47,00 €
37,00 €
36,00 €
61,00 €
57,00 € 75,00 €
60,00 €
46,00 €
Foto: Feiffer
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Gleichmäßige Abreife
Das kompakte, tiefer sitzende Schotenpaket reift beim Halbzwerg gleichmäßiger ab. Dadurch ist der Erntetermin sicherer
zu bestimmen. Bis zur Ernte muss man sich beim Halbzwerg
allerdings mit einer anderen Optik abfinden. Er sieht, nach
unserem gewohnten Bild, eher mickerig aus.
Bei den großrahmigen Vergleichshybriden beginnt oft im oberen Drittel bereits der Ausfall, während im unteren Drittel die
Schoten noch grün sind. Hier einen optimalen Erntetermin mit
maximalem Ertrag bei tolerierbaren Ausfallverlusten zu finden,
ist oft unmöglich. Da die Folgefrucht drückt, wird meist der
Erntetermin zu früh angesetzt. Dadurch schneidet man sich Ertrag
und Ölgehalt sowie Qualität weg, weil man auf die Ausreife der
grünen „Gummischoten“ nicht warten will oder kann.
In den Versuchen 2006 und 2007 war der Ertrag der Halbzwerge im Vergleich zu Normalstrohhybriden in drei von vier
Versuchen höher und einmal geringfügig niedriger.Auch bei den
Landessortenversuchen konnten die Halbzwerge gleichauf mit
den führenden Sorten abschneiden und ihre guten Leistungen in
den Wertprüfungen und im Bundessortenversuch bestätigen.
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Höhere Mähdrescherleistung, geringerer Kraftstoffverbrauch
Fazit
An Halbzwerge mit ihrem kurzen Wuchs wird man sich gewöhnen müssen. Schließlich gelten einige alte Formeln wie:
„Weniger Biomasse = weniger Ertrag“ nicht mehr. In punkto
Wurzelmasse, Korn- und Ölerträgen, Eignung für Mulchsaat und
Einsatz von Pflanzenschutzmitteln entsprechen sie den führenden
Rapshybridsorten, haben jedoch ein weiteres Aussaatfenster,
sind standfester, leichter zu führen und dreschen mit höheren
Mähdrescherleistungen und geringerem Kraftstoffverbrauch.
(ha)
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Die Ernte entschädigt für die ungewohnte Optik. Hier spielen
die Kurzen ihre Vorteile aus. Die Abreife ist gleichmäßiger und
zielsicher. Letztlich passiert weniger Biomasse den Mähdrescher und es wird weniger Feuchtigkeit aus den Stängelteilen
ausgequetscht. (Feuchtigkeit führt sonst zum Verkleben des
Gutgemisches und erschwert die Kornabscheidung bzw. erhöht
die Druschverluste.)
Am besten gefällt der Halbzwerg den Mähdrescherfahrern. Sie
sagen, dass man wesentlich schneller und entspannter ernten kann
und der Kraftstoffverbrauch geringer ist. Das bestätigen auch
die Versuche: Die Mehrleistung im Halbzwerg lag zwischen 8
und 38 %. Der Kraftstoffverbrauch ist um fast 1 l/t geringer.
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7 b 2008 39
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