Tafel 9 - justitia

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Tafel 9 - justitia
Die Frau ist frei geboren und bleibt dem
Manne gleich in allen Rechten.
Olympe de Gouges,
Artikel I der Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin, 1791
„MANN, KANNST DU GERECHT SEIN?
EINE FRAU STELLT DIR DIESE FRAGE”
(REVOLUTIONSZEITEN 18./19. JH.)
Ein Geschöpf, das Ungerechtigkeit geduldig
erträgt, wird selbst bald ungerecht werden und
unfähig, Gutes vom Bösen zu unterscheiden.
Nanine Vallain, Die Freiheit
Mary Wollstonecraft, 1792
„MANN, KANNST DU GERECHT SEIN?“ (Olympe de Gouges)
Im 18. Jh. verschärfte sich die ökonomische
Lage. Das traf in besonderer Weise die
Frauen, die die Hauptverantwortung für
das soziale Leben trugen, und rief ihren
Widerstand hervor.
Frauen waren die Avantgarde der französischen Revolution. In eigenen Bittschriften,
Märschen und Versammlungen formulierten
sie die Revolutionsziele. Die neue Freiheit
wurde als Frau dargestellt. Gerechtigkeitsdenkerinnen wie Olympe de Gouges (1748 1793), die Verfasserin der Erklärung der
Rechte der Frau und Bürgerin, und Mary
Wollstonecraft (1759 - 1897) formulierten
die Vorstellungen von Gleichheit, Freiheit
und Gerechtigkeit für beide Geschlechter.
Sie wehrten die Anmaßung der Allgemeinen
Menschenrechtserklärung (1789 - 1791)
als Erklärung der Rechte des Mannes ab.
Im Mittelpunkt des Denkens und Handelns
von Frauen aller Gruppierungen und
Schichten stand die Forderung nach neuen
Freiheitsräumen, nach gleichen Bildungschancen und nach einem besseren Leben
auch für die zukünftigen Generationen.
Flora Tristan (1803 - 1844) war die dritte
große Gerechtigkeitstheoretikerin ihrer
Zeit. Sie analysierte – vor Marx und Engels
– die Mängel der Revolution als Ausschluss
der Frauen und der Arbeiter und entwickelte
umfassende Arbeits- und Lebensmodelle
für die Zukunft.
Die englische Autorin der „Verteidigung der Rechte der
Frau (1792)” wohnte einige Zeit im revolutionären Paris.
Sitzung eines Frauenclubs, ca. 1791, aus: Die Chronik der Frauen, 1992
Wir haben entschieden, das Landesinnere zu heilen,
während unsere Brüder die Grenze verteidigen. Und wir
sind entschlossen, eher unter den Trümmern unserer
eingestürzten Häuser zugrunde zu gehen, als uns dem
Gesetz der Banditen zu unterwerfen.
Gründungsaufruf der Revolutionären Republikanerinnen, 1793
John Opies, Mary Wollstonecraft, ca. 1792, London, Tate Gallery
Frauen entwickelten Forderungen, diskutierten die Beschlüsse des
Konvents und sammelten für Bedürftige.
Marsch der Frauen nach Versailles, ca. 1789, aus: Die Chronik der Frauen, 1992
Marschieren wir zum Hof, um diesem verrufenen
Haus einen Schlag zu versetzen.
Bürgerin Veuve Ferrand, Der Zug nach Versailles
Am 5./6.10.1789 zogen etwa 7000 Frauen zum
Königspalast nach Versailles. Sie verlangten Brot,
Freiheit und eine gerechte Verfassung. Das Bild zeigt
sie mit Waage und Schwert und in den Farben der
Republik.
Die Rechte für die Frauen sind die
Vorbedingung für die Rechte der Arbeiter.
… dass es einzig die Frauen sind,
die in Paris das letzte Restchen
Menschlichkeit bewahren.
Flora Tristan, Arbeiterunion, 1843
Olympe de Gouges, Heroische Tat einer Französin oder wie
Frankreich von den Frauen gerettet wird, 1789
Flora Tristan ist die Autorin der sozialkritischen Werke „Arbeiterunion (1843)”,
„Reisen einer Paria (1837/38)” und
„Im Dickicht von London (1840)”.
Für sie war die Befreiung der Frau und
die der Arbeiterinnen und Arbeiter
untrennbar miteinander verbunden.
Neben der „Erklärung der Rechte der Frau und
Bürgerin (1791)” gehört auch der „Entwurf eines
Gesellschaftsvertrages zwischen Mann und Frau
(1791)” zu den Revolutionsschriften von Olympe de
Gouges. Sie wurde 1793 verurteilt und hingerichtet.
Olympe de Gouges überreicht der Königin eines ihrer Werke, 1789, Paris, Bibliotheque Nationale
Flora Tristan, Zeichnung der Galerie de la Presse, 1839, Paris