E Logistik der Superlative

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E Logistik der Superlative
RISIKEN MANAGEN
Deutsche Bahn stellt Weichen mit OPX2
Logistik der Superlative
Von Barbara Feldmann
1,7 Milliarden Reisende und rund 300 Millionen
Tonnen Schienengüter pro Jahr: Die Logistik der
Deutschen Bahn AG hängt entscheidend vom
reibungslosen Ablauf der Prozesse ab. Nur wenn
jedes Rad im Getriebe optimal ausgerichtet ist,
läuft alles nach Fahrplan. Dabei kommt ein leistungsstarkes Projekt- und PortfoliomanagementSystem zum Einsatz.
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in wichtiges Segment der
Deutschen Bahn, das dafür
sorgt, dass der deutsche
Schienenverkehr nicht ins Stocken gerät, ist der Geschäftsbereich «Technik und Beschaffung».
Die meist langfristigen und aufwändigen Projekte in diesem Bereich verlangen ein effizientes
und vorausschauendes Management. Zudem zeigte es sich, dass
die komplexen Strukturen im
Bereich Technik und Beschaffung
nur dann transparent und beherrschbar blieben, wenn sämtliche Abläufe lückenlos dokumentiert würden. Mit den bestehenden Einzelplatzlösungen konnte
diese Herausforderung nicht länger bewältigt werden. Deshalb
entschied sich die Bahn im Sommer 2001 für den Einsatz eines
neuen Systems.
Barbara Feldmann, freie Journalistin,
Offenbach
Le Bihan Consulting GmbH,
Heinrich-Hertz-Strasse 2,
D-65232 Taunusstein,
Tel. +49 (0)6128 9665-0,
[email protected], www.lebihan.de
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Reibungslose Abläufe
«Wir sind als Dienstleister innerhalb des DB-Konzerns für reibungslose Abläufe im Gesamtsystem Bahn zuständig. Das ist eine
gewaltige Aufgabe», erklärt Dr.
Thomas Lölgen, Abteilungsleiter
Projektmanagement-Systeme im
Bereich Technik/Beschaffung der
Bahn. «Mit der Zeit wurde es für
uns unerlässlich, alle Aktivitäten,
egal an welchem Standort, permanent im Blick zu haben. Im
Grunde waren wir auf der Suche
nach einer Art Multitalent:
Ein Projektmanagement-System
(PM), mit dem wir sowohl die Gemeinkosten und kleinere Aufträge
wie Gutachten und Betreuungsprojekte dokumentieren als auch
Grossprojekte mit einer Dauer
von mehreren Jahren abwickeln
konnten.» Eine weitere Anforderung, der ein PM-System im Bereich Technik/Beschaffung gerecht werden musste, war die getrennte Abbildung von Projektund Ressourcenplanung. Dazu
Dr. Lölgen: «Um die Kommunikation zwischen den Projektleitern
und den Personalplanern zu optimieren, legten wir grossen Wert
auf die Möglichkeit einer flexiblen
Rechtevergabe.»
Entscheidung für Le Bihan
und OPX2
Nachdem der Anforderungskatalog ebenso umfangreich wie klar
definiert vorlag, fiel die Entscheidung schliesslich zugunsten der
Le Bihan Consulting GmbH. Alexander Zorn, Berater bei Le Bihan,
war sich von Beginn an der Kom-
plexität der Aufgabe bewusst:
«Die enorme Vielseitigkeit der
Projekte im Bereich Technik und
Beschaffung hat uns sehr beeindruckt. Auch die Prozessstrukturen der einzelnen Massnahmen
variieren stark: Zeitlicher Rahmen, erforderliches Know-how,
Material- und Gesamtaufwand
sind stets verschieden. Die Flexibilität, die dies von Management
und Mitarbeitern fordert, konnte
am besten durch eine massgeschneiderte Lösung des Projektmanagement-Systems OPX2 abgebildet werden.»
OPX2 ist ein High-End-Softwaresystem für die Ansprüche
grosser Unternehmen und Organisationen und sorgt für die
Integration von Einzel- und
Multiprojektmanagement. Seine
offene und flexibel anpassbare
Struktur erlaubt es, die Projektund die Unternehmensorganisation in Gestalt einer detaillierten
Matrixorganisation miteinander
Ist eine Weiche falsch gestellt, hat das Auswirkungen auf das gesamte Netz
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Abschied von Insellösungen
Vor der Einführung von OPX2 war
im Bereich Technik/Beschaffung
noch kein übergreifendes Projektmanagement-System im Einsatz. «Zwar arbeiteten unsere Projektleiter mit MS Project und verschiedenen Excel-Systemen, in
denen Stunden und Leistungen
erfasst wurden, aber diese Programme waren nur Insel- oder
Einzelplatzlösungen, eine flächendeckende Vernetzung existierte vor OPX2 nicht», so Thomas
Lölgen von der Deutschen Bahn.
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Nach der Implementierungsphase ging OPX2 im Jahre 2003
zunächst im Bereich Technik produktiv an den Start. Inzwischen
sind rund 1800 Mitarbeiter an das
PM-System angebunden, allein
1400 davon in der Technik und
400 weitere aus der Beschaffung.
Dank OPX2 steuert die Deutsche
Bahn jetzt nicht nur das Projektmanagement und die Ressourcenplanung, sondern bildet darüber hinaus sämtliche
Aktivitäten und Leistungen der
betroffenen Geschäftsfelder in
ihrem übergreifenden Projektund Portfoliomanagement-System ab.
Vom Herbstverkehr bis zur
digitalen Kommunikation
Der Bereich Technik und Beschaffung managt sowohl DB-interne
Projekte – von kurzfristigen Optimierungsmassnahmen bis hin
zu gross angelegten Modernisierungsprogrammen wie dem Redesign des ICE 1 – als auch Projekte auf dem internationalen
Drittmarkt. Ein Beispiel, das im
Herbst 2003 durch die Medien
ging: Feuchtes Laub verursachte einen Schmierfilm auf den
Schienen, der insbesondere den
elektrischen Nahverkehrszügen
zu schaffen machte. Die Folge
waren Verspätungen und Zugausfälle. Abhilfe schufen Fachleute
der DB vom Bereich Technik und
Beschaffung mit dem Projekt
«Herbstverkehr». Dank zahlreicher Optimierungen konnten die
herbstlichen Probleme gelöst und
die Verfügbarkeit deutlich erhöht
werden. Weitere Projekte des
Technikbereichs waren beispielsweise Tests zum Zusammenspiel
von Stromabnehmern und Oberleitung auf der Schnellfahrtstrecke Hamburg–Berlin oder die
Umrüstung der analogen Kommunikationssysteme auf die digitale Plattform GSM-R in rund
9000 Triebfahrzeugen und Steuerwagen der Bahn.
Die Prozesse sind wesentlich transparenter geworden
Beschaffung sitzt
im gleichen Boot
Da das Projekt- und Portfoliomanagement im Beschaffungsbereich ähnlich komplexen Ansprüchen gerecht werden muss
wie in der Technik, haben die
Portfoliomanagement-Spezialisten von Le Bihan Consulting bei
der Deutschen Bahn im Sommer
2005 einen weiteren Implementierungsschritt vollzogen. Durch
die Ausweitung auf die Beschaffungsaktivitäten wurden 400 weitere Mitarbeiter in das OPX2-System eingebunden. Hier wird
OPX2 überwiegend zur Dokumentation von Einkaufsaufwänden und zur Eigenleistungserfassung der Mitarbeiter genutzt. Zur
Rückmeldung der Ist-Aufwände
dient das intranetbasierte OPX2TimeCard-Modul.
Der Beschaffungsbereich
der Deutschen Bahn ist dabei
nicht nur für die Fahrzeuge und
Bahnkomponenten zuständig, die
von der Technik eingeführt und
betreut werden. «Die Mitarbeiter
der Beschaffung sitzen bei allen
internen Kunden der Bahn, an
fast jedem grösseren Bahnhof.
Hier wird quasi alles eingekauft,
von der Seife für die Bahnhofstoiletten bis hin zu den grossen
Zugmaschinen», erläutert Projektleiter Dr. Lölgen. «Und die Beschaffer, welche die Fahrzeuge
und technischen Komponenten
einkaufen, sind natürlich sehr
stark an die Systemtechnik gebunden. Sie arbeiten deshalb
auch gemeinsam im Bereich
Technik/Beschaffung zusammen.
Da ist es sinnvoll, das gleiche Erfassungssystem einzusetzen.»
Lückenlose Dokumentation
Deshalb werden mit OPX2 jetzt
nicht nur die Projekte der Systemtechnik organisiert und geplant –
mit der individuell angepassten
Projektmanagement-Lösung von
Le Bihan können jetzt sämtliche
Abläufe und Aufwände des Bereichs Technik/Beschaffung erfasst werden, von befristeten Projekten, langfristiger Bauortbetreuung bis hin zu den Gemeinkosten. «Unser Ziel war die
Dokumentation sämtlicher Aktivitäten. Dazu zählen auch die
kleinsten Aufwände, beispielsweise für Besprechungen, Krankheits- oder Urlaubstage», erklärt
Dr. Lölgen. «So können wir mit
OPX2 umsetzen, was für den
reibungslosen Betrieb der Bahn
unumgänglich ist: eine übergreifende Vollzeiterfassung.»
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zu verbinden, dabei alle Unternehmensregeln genau abzubilden und das Multiprojektmanagement zur unternehmensweiten Kapazitätsplanung einzusetzen. Hersteller von OPX2 ist das
französische Softwareunternehmen Planisware. Deren deutscher
Vertriebs- und Implementierungspartner ist Le Bihan Consulting.
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Von der Belegschaft akzeptiert
Da im Bereich Technik und Beschaffung seit jeher eine Leistungserfassung
durchgeführt wurde, hatten auch die
Mitarbeiter keine Schwierigkeiten mit
der umfassenden Dokumentation von
Aktivitäten, Ressourcen und Kosten
durch OPX2. Anfängliche Anwenderprobleme, wie sie bei der Einführung
eines neuen Systems beinahe obligatorisch sind, wurden in enger Zusammenarbeit mit Le Bihan kurzfristig
gelöst. «Die letzten Bedenken wurden
schliesslich dank der umfangreichen
Schulungen durch die Le-Bihan-Berater über Bord geworfen», resümiert Dr.
Lölgen. «Inzwischen wird das ganze
System gut angenommen.»
Projektleiter mit besserem
Durchblick
Die Arbeit mit dem Projektmanagement-System OPX2 sorgt im Bereich Technik und Beschaffung nicht
nur für einen besseren Überblick über
die laufenden Projekte und Vorgänge,
sie bringt auch den Projektleitern eine
deutliche Arbeitserleichterung. Denn
seit der Bereich über OPX2 die Planung
der Projektleiter und die Dispositionen
der Ressourcenverantwortlichen getrennt abbildet, ist die Planung gerade
für Projektleiter um einiges transparen-
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ter und vor allem effizienter geworden.
«Vor dem Einsatz von OPX2 durften die
Projektleiter die Ressourcen nicht einsehen, Gruppenleiter hingegen konnten die Planungen der Projektleiter verändern oder sogar entfernen. Das führte dazu, dass die Projekte nicht immer
optimal mit Mitarbeitern besetzt wurden», konstatiert Dr. Lölgen. Heute
läuft nicht nur die Personalplanung bei
der Deutschen Bahn reibungslos, sämtliche Prozesse im Bereich Technik und
Beschaffung sind wesentlich transparenter geworden.
Vorteile sind greifbar
Auch wenn eine monetäre Bewertung
aufgrund der komplexen Faktoren sehr
schwierig ist, so betont Thomas Lölgen
doch die klaren Benefits der neuen Lösung: «OPX2 ist für uns inzwischen als
Steuerungs- und Erfassungsinstrument
unverzichtbar geworden.» Durch die
erfolgreiche Implementierung von
OPX2 konnte die Deutsche Bahn neben
der Planungs- und Projekttransparenz
auch die Effizienz ihrer Abläufe deutlich steigern. «Dank OPX2 haben wir
unsere Kosten für einzelne Prozesse inzwischen klar gesenkt. Deshalb steht
auch das Management, das für die Kosten verantwortlich ist, voll hinter der
PM-Lösung von Le Bihan.»
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