Optimierung des Einkaufs auf Behördenebene

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Optimierung des Einkaufs auf Behördenebene
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Optimierung des Einkaufs auf Behördenebene
Prof. Dr. Dennis Hilgers I [email protected]
Aachen: 09-17-09
31.01.14
PNP Linz: Forschungsrahmen: Public Management
Prof. Dr. Dennis Hilgers
Institut für Public und Nonprofit Management | JKU Linz
Sozial- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
[email protected] | www.jku.at/pnp
Altenberger Straße 69 | A-4040 Linz
2
3
Schulden und kumulierte Zinsausgaben
von 1950 bis 2012 - Öffentlicher Gesamthaushalt
2500,0
(in Mrd. Euro)
Verschuldung und
Verschuldungsillusion
2000,0
1500,0
1000,0
500,0
Schuldenstand
Zinsausgaben kum.
1950
1954
1958
1962
1966
1970
1974
1978
1982
1986
1990
1994
1998
2002
2006
2010
0,0
Eigene Darstellung (Daten entnommen aus Statistisches Bundesamt (2012): Schulden der öffentlichen Haushalte 2011)
4
Implizite vs. Explizite Schulden
Jahresabschluss: Freie und Hansestadt Hamburg | Kernhaushalt
Eigenkapital
Eröffnungsbilanz 2006
31.12.
2006
31.12.
2007
31.12.
2008
31.12.
2009
31.12.
2010
31.12.
2011
31.12.
2012
4,1
Mrd.
2,28
Mrd.
2,38
Mrd.
0,057
Mrd.
-1,2
Mrd.
-2,2
Mrd.
-1,7
Mrd.
-3,4
Mrd.
5
Spiegel Online
13.1.2013
Operationalisierung des Ökonomischen
Prinzips durch das 3-E-Konzept
Quelle: z. B. Audit Commission (1990), S. 14, die das Konzept erstmals formuliert hatte.;
Budäus (1997b), S. 49 ff. und in ähnlicher Kategorisierung Rürup (1997), S. 45 ff., Reichard (1999), S. 124
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7
Einführende Fragen
1. Trotz konjunkturell guten Zeiten steht der Politik die Mammutaufgabe bevor,
die „Ausgabenseite“ der Haushalte zu sanieren:
Welchen Beitrag kann der öffentliche Einkauf leisten?
2. In der Privatwirtschaft ist die Wertschöpfung in und mit der Beschaffung über
zwei Jahrzehnte hinweg ein Top-Thema gewesen und hat zu signifikanten
Effizienzsprüngen geführt:
Wird die Beschaffung in Theorie und Praxis der Verwaltungsreform
vernachlässigt?
3. Die „Reformer“ der öffentlichen Beschaffung behaupten seit Jahren ein
signifikantes Einsparpotenzial, das haushaltspolitisch genutzt werden könnte:
Lässt sich mit dem Konzept „Strategischer Einkauf“ auf Behördenebene
tatsächlich eine spürbare Haushaltsentlastung erreichen?
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Chancen und Notwendigkeit eines reformierten öffentlichen Einkaufs
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Mögliche Einsparungen durch bessere Beschaffung
Behördenspiegel April 2011 – Eßig/BME/BS/BMWi
Essig (2013), Universität der Bundeswehr, München
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Veränderungsprozesse resultieren vor allem aus drei Grundkonstellationen
Veränderungstreiber
Grundsätzliche
Organisationsänderungen
Arbeitsweise des
strategischen Einkaufs
Politische Vorgaben und
Umweltänderungen
Fortwährende Notwendigkeit eines professionellen
Veränderungsmanagements
In weniger als 20 Jahren hat sich der industrielle Einkauf revolutioniert
Der Effizienzsprung wird auf bis zu 40% geschätzt
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Übersicht Meilensteine in der Entwicklung des Einkaufs im privaten Sektor
1
3
 Aktivierung des Wettbewerbs
 Partnerschaftliches Verhältnis/ “Win-Win Situation”
 Gezielte Entwicklung von Lieferantenfähigkeiten
4
Integrierter
strategischer Einkauf
2
 Minimierung des Working
Capital durch effiziente Logistik
(“just in time”)
 Bündelung und
Standardisierung interner
Bedarfsspezifikation
 Diversifikation Beschaffungsrisiken
 Transaktionsunabhängige
Warengruppenstrategien
 Bedarfsmanagement
Institutionalisierung als
Managementaufgabe
1
Lieferantenmanagement und
-entwicklung
2
Logistikoptimierung
& ProzessReengineering
3
Strategisches
WarengruppenManagement/
Global Sourcing
 Größere Transparenz
 Beschleunigung und Kostenoptimierung transaktionaler
Beschaffungsprozesse
4
Digitalisierung/
E-Procurement
Die Industrie hat eine Effizienzrendite der Wertschöpfung in der
Größenordnung von 25 bis 40% erzielt
Booz 2011
In weniger als 20 Jahren hat sich der industrielle Einkauf revolutioniert
Der Effizienzsprung wird auf bis zu 40% geschätzt
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Strategischer Einkauf:
 Bedarfsmanagement
und
Übersicht Meilensteine in der Entwicklung des Einkaufs
im privaten Sektor
1
 Aktivierung des Wettbewerbs
 Partnerschaftliches Verhältnis/ “Win-Win Situation”
 Gezielte Entwicklung von Lieferantenfähigkeiten
2
 Minimierung des Working
Capital durch effiziente Logistik
(“just in time”)
 Bündelung und
1
Standardisierung interner
LieferantenBedarfsspezifikation
management und
-entwicklung
Institutionalisierung als
Managementaufgabe
Integrierter
strategischer Einkauf
2
Logistikoptimierung
& ProzessReengineering
3
Strategisches
WarengruppenManagement/
Global Sourcing





Bedarfsbündelung
zeitlich | Produkte | Lieferanten
Leistungstiefe
3
Bedarfsmanagement
 Diversifikation Beschaffungsrisiken
Kooperationen und
 Transaktionsunabhängige
Kommunikation
mit Märkten
Warengruppenstrategien
Aktivieren
des Wettbewerbs
 Bedarfsmanagement
Kostenvermeidung
beim
Lieferanten
4
 Größere Transparenz
 Beschleunigung und Kostenoptimierung transaktionaler
Beschaffungsprozesse
4
Digitalisierung/
E-Procurement
Die Industrie hat eine Effizienzrendite der Wertschöpfung in der
Größenordnung von 25 bis 40% erzielt
Booz 2011
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Reifegrad der Beschaffung
Institut für den öffentlichen Sektor (2013)
Erhebung zeigt, dass die strategischen Organisationelemente
im öffentlichen Einkauf derzeit kaum ausgeprägt sind
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Vision: Leitbild und übergeordnete Strategie
Steuerung und Überwachung
Korruptionsprävention,
Verhandlungsstrategien &
Rahmenverträge
Unterstützung durch IT-Infrastruktur
5
Warengruppenstrategie
4
Bedarfsmanagement
3
Erfassung der Beschaffungsdaten
2
1
Standardprozesse
Management technischer
Spezifikationen/ Standardisierung
0
Schnittstellen zum Haushalt bzw.
zur Budgetsteuerung
Vergabe- und Verhandlungsmanagement
Organisatorische Ansiedlung und
Zuständigkeiten der Beschaffung
Personalentwicklung
Lieferantenmanagement und -entwicklung
Vertragsmanagement
Aktivierung
Beschaffungsmarkt
Bemerkung: Die Darstellung basiert auf dem durchschnittlichen Modalwert in den einzelnen Kategorien der Online-Umfrage
Quelle:
Booz & Company (2010)
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Hays Studie 2012
http://www.hays.de/mediastore/pressebereich/Studien/pdf/HAYS-Studie-Oeffentliches-Beschaffungswesen-2012.pdf
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Hays Studie 2012
http://www.hays.de/mediastore/pressebereich/Studien/pdf/HAYS-Studie-Oeffentliches-Beschaffungswesen-2012.pdf
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Angesichts der
sollten
die Weichen
für eine für
Angesichts
derHaushaltslage
Haushaltslage
sollten
die Weichen
ressort-übergreifende
Einkaufsreform
auf drei Ebenen
werden
eine
ressort-übergreifende
Einkaufsreform
auf dreigestellt
Ebenen
gestellt werden
Handlungsfelder von Politik und Verwaltungen
1
Verankerung des
strategischen Einkaufs als
ordnungspolitisches Prinzip
2
Weitere (moderate)
Modernisierung
des Vergaberechts
 Haushalts- und organisationsrechtliche Vorgaben zur Einrichtung von
strategischen Einkaufsorganisationen
 Harmonisierung mit den Steuerungsparadigmen der Haushaltsreform
 Harmonisierung des Vergaberechts mit dem Konzept eines
strategischen öffentlichen Einkaufs
 Erweiterung des zulässigen Instrumentariums (z. B. Verhandlungen)
 Erhöhung der Vergabetransparenz
3
Aufbau strategischer
Einkaufsorganisationen auf
Behördenebene
 Aufbau von Fähigkeiten des strategischen Einkaufs
 Veränderungsmanagement
Bergmoser 2013
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Bei der strategischen Arbeitsweise der Beschaffung
geht es darum, Werthebel zu bedienen
„Tagesgeschäft“
Strategische Beschaffung
Operative Beschaffung
Vorgaben
 Warengruppenstrategien
 Bestellabwicklung
 Lieferantenstrategien
 Verfahren der öffentlichen
Auftragsvergabe (z. B. Submission)
 Konkrete Verfahren der öffentlichen Auftragsvergabe
mit hohe wertmäßiger oder grundsätzlicher Bedeutung
 Kurzfristige Bedarfsplanung und
(z. B. Rahmenverträge für Schlüssel-Güter)
Bestandsmanagement
 Marktanalysen

BeschaffungssteuerungLieferungs- und Rechnungsprüfung
 Bedarfsbündelung
 Vertrags- und Regressmanagement
 Gewährleistung der Ordnungs Beschaffungscontrolling
 Nutzung Hebel Vergaberecht
mäßigkeit
Prozess-Design
 Zahlungsverkehr
 Lieferantenmanagement
 Markterkundung und -übersicht
Vorgabe der Steuerungslogik
 Lieferantenbewertung
 Projektorganisation
für einmalige
Beschaffungsvorgänge
komplexe
Definition/Überprüfung
von Leistungsindikatoren
 Pflege der Stammdaten
(KPI)
 Klärung von Zweifelsfällen und Streitfragen
 Leistungstiefeentscheidungen
 Umsetzung des
 Stammdatenstrategie
Lieferantenmanagements
 Allianzen (z.B. mit anderen Ressorts)
 Umsetzung des
Beschaffungscontrollings
 Beratung der Bedarfsträger in
Einzelfällen
Werthebel bedienen
Bergmoser 2013
Vorgaben bei der Bedafsdeckung
dienstleistungtsorientiert umsetzen
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Zukünftige Reformentwicklungen 20
„
S. 40
„
„
S. 36
„
21
Vertrags-PPP
Organisations-PPP
Grundlegendes
institutionelles
Arrangement
Markt
Hierarchie
Rechtliche
Grundlagen
bilateraler Vertrag über
Leistungen und
Gegenleistungen
in der Regel GmbH-Gesetz als
Rahmen und zusätzlich
Gesellschaftervertrag
Grundstruktur
komplexe
Beschaffungsvariante
Ressourcenpool
Dauer
zeitlich befristet
in der Regel unbefristet
Gegenstand
abgegrenztes Projekt
generelle Aufgabe
Regelung der
Kooperation
ex ante Teil der vertraglichen
Vereinbarung
Kooperationsverfassung, z.B.
GmbH-/Gesellschaftervertrag
Einfluss und
Kontrolle
klar regelbar
Vertrauen
Gemeinsame Konkretisierung
der nicht vollständig definierten
Kosten und Leistungen;
Handhabung der durch die
Principal Agent-Theorie
erfassten Probleme
(Informationsasymmetrie,
opportunistisches Verhalten)
unbestimmt; getrennte Kontrolle
Öfftl. Kapitalbeteiligung i.d.R. nicht
möglich
gemeinsame Zielsetzung und
Entscheidung über Management
des Ressourcenpools sowie
Ergebnisverwendung
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Public Supply Management
Eßig/Batran (2006)
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Sind PPP-Projekte wirklich effizienter?
„Effizienzvorteile bei ÖPP-Projekten in
2012 bei über 13 Prozent.“
Gründe:

Ganzheitliches Ansatz
(Lebenszyklus: Planung,
Finanzierung, Erstellung,
Betreiben)

Baukosteneinsparungen

Bauzeitverkürzung

Risikoverlagerung?
Investitionen Hochbau: 5.025 Mio. €, 174 Projekte |
Investitionen Straßen: ca. 2.438 Mio. €, 16 Projekte
ÖPP Deutschland AG (2013)
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Wandel der Koordinationsmechanismen im öffentlichen Sektor
1990s:
 Decentralisation
 Privatization
 Cost-efficiency
 Competition
Market
(Contract)
New Public
Management
Buy
Interact
> 2000:
 eGovernment
 Public-Private
Partnership
 Public-Public
Partnership
 CG-Codex
Public
Governance
Hierarchy
(Delegation)
State of Law
Make
1950-1970s:
 Development of a
system of justice
 Bureaucracy
 Planning instruments
 Keynesianism
Call
Open
Government
Network
Platform
(trust, social and
intellectual capital)
(Informal Cooperation)
> 2009:
 “Gov 2.0”
 Challenges
 Open Data
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Beschaffungsvariante „Open Data“?
Fazit | Fragen für Fragerunde:
 Die „strategische Beschaffung“ hat sich als wesentliches Reformmodell der
Öffentlichen Beschaffung herauskristallisiert:
Wie können neue Organisationskonzepte der Öffentliche Beschaffung
professionell umgesetzt werden?
 Viele Organisationen weisen ein erhebliches Beharrungsvermögen auf:
Wie können Widerstände wirksam überwunden werden?
 Wie in der Privatwirtschaft muss ein moderner Einkauf fortwährend
Veränderungen anstoßen und bewältigen::
Welche Veränderungstechniken haben sich für Standardsituationen,
wie z. B. Lieferantenwechsel in der Praxis herausgebildet?
 Veränderungen werden auf unterschiedlichen Hierarchieebenen initiiert:
Wie kann das Zusammenspiel der Leitungsebenen professionell
organisiert werden? Wie funktioniert die „Politikeinbindung“?
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Prof. Dr. Dennis Hilgers
Institute for Profit and Nonprofit Management
Johannes Kepler University Linz, Austria
Tel.: +49 (0)171-944-1649
[email protected]
pnp.jku.at