Hans "Abel" Uebelein

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Hans "Abel" Uebelein
Hans "Abel" Uebelein
Hans Uebelein wurde am 2. März 1914 in Nürnberg geboren. Zur Unterscheidung von seinen
Brüdern Julius und Baptist Uebelein wird er oft als Uebelein I bezeichnet.
Uebelein, der in der Fallrohrstraße 163 wohnte, kam 1934 im Alter von 20 Jahren zum
1. FC Nürnberg. In den ersten Jahren seiner Laufbahn spielte er im Mittelfeld, später wurde er
in der Regel als Verteidiger aufgeboten.
Er war ein Spieler vom Typ des Ballschleppers und mannschaftsdienlichen Aufbauspielers
mit großem Laufpensum, einer der herausragendsten und typischsten Vertreter des
"Clubstils", ein vielseitiger, kampfstarker Allrounder, in dem taktische Disziplin, technische
Qualitäten und läuferisch-konditionelle Möglichkeiten sich zusammenfanden. Oft drängte er
als zusätzlicher Stürmer mit nach vorne. Gleichzeitig war er auch eine der zentralen
Übergangsfiguren, die die verschiedenen Club-Generationen miteinander verbanden. Auch
noch zu Oberligazeiten, als der druckvolle Passgeber und Antreiber der 30er Jahre einen
zweikampfstarken Verteidiger spielte, war er vom Offensivgeist beseelt und ein Vorbild an
Ausdauer.
Er spielte einen technisch versierten, ehrlichen und fleißigen Fußball, der im Druck nach
vorne zwar schön anzusehen, aber in seiner Rationalität immer aufs Effektive, aufs
Mannschaftsdienliche ausgelegt war, schnörkellos und in der Regel ohne "südländische"
Verspieltheit. Mit seinem nimmermüden Einsatz und seiner nie versagenden Willensstärke
war er eine wichtige Drehscheibe im Teamwork und ein Garant dafür, dass, wenn die
Clubmaschine mal nicht so schnell auf Touren kam, auch noch kurz vor Schluss ein Spiel
herumgerissen werden konnte. Seine überlegten Steilpässe setzten die gegnerische Abwehr oft
mit einem einzigen Zug schachmatt.
Seinen ersten Titel errang Hans Uebelein bereits in seinem zweiten Jahr beim Club. Am
8. Dezember 1935 stand er als rechter Läufer im erstmals ausgetragenen Finale um den
Tschammerpokal, das die Nürnberger mit 2:0 gegen den FC Schalke 04 gewannen. Die
Zeitschrift Fußball-Woche beschrieb ihn als "rechten Außenläufer, der, obgleich nur
mittelgroß und leicht gebaut, prachtvoll kämpferisch und ein Könner dazu war."
Die Pokalsiegermannschaft 1935 - Mitte, zweiter von links
Im Privatleben war Uebelein kein Kind von Traurigkeit. Im April 1935 konnte man
beispielsweise in der Vereinszeitung über ihn lesen: "Der Nachtschwärmer wurde in die
Reservemannschaft zurück strafversetzt. Seine Laufbahn ist jedoch keineswegs
abgeschlossen."
Im April 1936 widmeten Anhänger aus Leipzig Uebelein einen Ehrenhut und folgendes
Gedicht:
Ein Schüler des Clubs, doch halt - ich sag’s besser:
ein Oberprimaner auf dem Weg zum Professor,
ist Uebelein, der blonde Junge.
Er spielt mit Kopf und mit dem Schwunge,
der der Jugend kommt zu Gute.
Was sollst du deshalb mit dem Hute?
Nimm dieses Mützchen, lieber Hans,
wir wissen es, dein Herz schlägt ganz
für deinen Club und für dessen Ehr!
Und bald hören wir von dir noch mehr.
Am 21. Juni 1936 stand der 1. FC Nürnberg wieder mit Hans Uebelein im Endspiel um die
deutsche Fußballmeisterschaft. Diesmal gewannen die Franken nach Verlängerung mit 2:1
gegen Schalke 04. In diesem Endspiel, das nach der regulären Spielzeit unentschieden stand
und in die Verlängerung ging, war er es, der den schon fast verzagenden
Mannschaftskameraden wieder Mut machte. Als man es bei sengender Hitze in der Ferne
blitzen sah und donnern hörte, meinte er trocken: "Jetzt kommt das Clubwetter!" Damit war
die Stimmung gerettet.
Die Meistermannschaft 1936 - Mitte, erster von links
Auch 1937 kamen die Nürnberger wieder in das Endspiel um die deutsche Meisterschaft. Das
Spiel ging jedoch gegen Schalke mit 0:2 verloren.
Die Endspielmannschaft von 1937 - oben, vierter von links
In der Saison 1939/40 stand der 1. FC Nürnberg am 28. April 1940 zum zweiten Mal im
Endspiel um den Tschammerpokal und ging erneut als Sieger vom Platz. Beim 2:0 über den
SV Waldhof Mannheim spielte Uebelein als linker Verteidiger.
Die Pokalsiegermannschaft von 1939 - oben, dritter von rechts
Bereits in seinen ersten Nürnberger Jahren geriet Uebelein ins Blickfeld des Reichstrainers
Otto Nerz. Diesem missfiel jedoch Uebeleins lockere Lebensweise. Außerdem wurde ab 1937
Uebeleins Militärdienst zum Hindernis, so dass es nur zu einer Einladung zum Länderspiel
gegen Ungarn 1938 reichte, in dem Uebelein jedoch nicht aufgeboten wurde.
Der rechte Läufer, der ein Vorbild an Ausdauer und Einsatzfreude war und keine Scheu vor
großen Namen kannte, wurde ein paarmal zu Lehrgängen der Nationalmannschaft eingeladen,
zum Einsatz kam er aber nie. Der gelernte Buchdrucker selbst stellte über die Gründe des
Reichstrainers folgende Überlegungen an: "Einmal schickte er mich vom Kurs wieder heim,
ohne dass ich den Grund dafür wusste. Sigi Haringer verriet ihn mir lange danach: Nerz war
sauer gewesen, dass ich auch bei dem Lehrgang mein gewohntes Bier getrunken habe. Ab
Herbst 1936 wurde es für mich noch schwerer, weil ich einrücken musste und jedesmal
Scherereien bekam, wenn ich zu einem Lehrgang sollte. Im März 1938 berief mich der
Reichstrainer in das Aufgebot für das Länderspiel gegen Ungarn. Ich rechnete fest mit einem
Einsatz, denn das Spiel fand in Nürnberg statt. Aber es kam wieder etwas dazwischen,
diesmal war es der Einmarsch in Österreich." Uebeleins Einheit erhielt Marschbefehl in
Richtung Donau.
Am Karfreitag 1938 spielte der Club gegen Hertha BSC, als Torwart Köhl in der 30. Minute
mit ausgekugelter Schulter verletzt liegenblieb. Kurz entschlossen stellte sich Uebelein ins
Tor, doch passte ihm Köhls Mütze nicht. Also bat er die hinter ihm stehenden Zuschauer, ihm
eine Mütze zu leihen. Daraufhin flogen ein Dutzend Mützen aufs Spielfeld, die er alle
probierte - aber keine passte! Schließlich warf ihm einer einen Hut zu, den er auch probierte.
Doch obwohl er ihm passte, behielt er ihn nicht auf. Übrigens spielte er als Torwart
hervorragend, der Club gewann mit 4:2.
1939 wurde der Gefreite zum Kriegsdienst eingezogen. 1940 lag er mit seiner Einheit am
Westwall, und es war bis zuletzt fraglich, ob er beim Pokalendspiel gegen Waldhof
Mannheim, für das er ursprünglich gar nicht aufgeboten war, dabei sein konnte. Erst in der
Nacht vor dem Spiel trudelte er dann doch noch in Berlin ein, um den wegen einer
Blutvergiftung ausgefallenen Schorsch Kennemann zu ersetzen.
Nachdem Uebelein in den Kriegsjahren auch für die Militärmannschaft Burgstern Noris
gespielt hatte, setzte er nach dem Zweiten Weltkrieg seine Karriere beim 1. FC Nürnberg fort.
Bereits in der ersten Nachkriegsmeisterschaft konnten die Nürnberger wieder an ihre
erfolgreiche Vergangenheit anknüpfen und kamen zum neunten Mal ins Endspiel. Am
8. August 1948 hieß der Gegner, der mit 2:1 besiegt wurde, 1. FC Kaiserslautern. Obwohl
bereits 34 Jahre alt, stand Uebelein auch diesmal wieder in der Mannschaft des
1. FC Nürnberg. Durch ein unglückliches Eigentor sorgte er nach einer sicheren 2:0-Führung
für den einzigen Treffen der Lauterer. Trotzdem urteilte Sepp Herberger nach dem Spiel:
"Uebelein ist ein hervorragender Mann im Kampf um den Ball, aber das Hinausspritzen zum
Außenstürmer, wie es das moderne Spiel des Verteidigers verlangt, liegt ihm nicht. Im
Nahkampf hatte sein Linksaußen nichts zu bestellen. Darin ist er auch heute noch Meister."
Die Meistermannschaft von 1948 - oben, zweiter von rechts
In diesem Endspiel erzielte Uebelein ein unglückliches und wahrhaft mysteriöses Eigentor. In
der 62. Minute fälsche er einen Flachschuss an Edi Schaffer vorbei unglücklich ins eigene Tor
ab. Im Zusammenhang damit erzählte Max Morlock folgende Geschichte: "Wir bezogen im
Hotel Königsforst Quartier. Der kleine Rest von Schwarzseherei verflog, als sogar noch ein
Hellseher unseren Sieg prophezeite. Diese Geschichte ist keineswegs erfunden, sondern von
den netten Wirtsleuten wurde ein Schäfer herangeschleppt, der aus dem Westfälischen kam
und den Ruf eines Weissagers hatte. Er lächelte verschmitzt, erbat sich Papier und einen
Umschlag und schrieb auf den Bogen: ‘Der Sieger wird drei Tore schießen, doch eines wird
von Übel sein.’ Der verschlossene Briefumschlag wurde auf der Polizeiwache bis nach dem
Spiel hinterlegt. Wie er wusste, dass es in diesem Spiel tatsächlich drei Tore gab, ist mir bis
heute unerklärlich, dass er aber auch noch das Selbsttor von Abel Uebelein voraussagte, das
überstieg schon damals unseren Horizont. Abel Uebelein hätte ihn am liebsten zerrissen. Er
sagte immer wieder: ‘Der hätte mir doch schon vor dem Spiel sagen können, dass da ein Tor
von Übel ist, dann hätte ich besser aufgepasst.'"
Nach dem gewonnen Endspiel gegen Kaiserslautern werden die Clubspieler
von den Zuschauern vom Feld getragen.
Links mit dem Siegerkranz Zapf Gebhardt, in der Mitte Herbolsheimer, rechts Uebelein.
Im Oktober 1949 schrieb die Vereinszeitung des 1. FCN: "Uebelein 1 muss entfernt werden,
schreibt ein angeblicher Fachmann, viele andere halten ihn heute noch für die größte
spielerische Intelligenz der Mannschaft."
Am Ende der Saison 1950/51 beendete Hans Uebelein seine Karriere, in der er in 18 Jahren
487 Spiele für den Club bestritten hatte. Allein in den Oberligajahren von 1945 bis 1951
absolvierte er 122 Meisterschaftsspiele.
Nach seiner aktiven Karriere betrieb Hans Uebelein ein Totogeschäft in der Schwabacher
Straße 76 und betätigte sich nebenher als Trainer.
Als Trainer Jenö Csaknady 1966/67 zum zweiten Mal in Nürnberg arbeitete und die
Mannschaft so herunterbrachte, dass die Zuschauer auszubleiben begannen, analysierte
Uebelein: "Die Spieler haben Kraft und Kondition, aber das Ballgefühl ist ihnen unter
Csaknady völlig abhanden gekommen. Csaknadys Defensivfußball wird noch die letzten
Zuschauer aus dem Nürnberger Stadion vertreiben."
Hans Uebelein starb am 23. Dezember 1971.

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