Studierendenbericht – Auslandsstudium Yokohama College of

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Studierendenbericht – Auslandsstudium Yokohama College of
Studierendenbericht – Auslandsstudium
Yokohama College of Commerce, Japan
SS 2014
Studiengang Logistik (MA), Studentin weiblich
Im Sommer 2013 habe ich mich dazu entschlossen ein Auslandssemester zu machen, um
meine interkulturellen Erfahrungen zu erweitern und die Möglichkeit zu haben, in einem anderen Land zu leben. Im Sommersemester 2014 habe ich schließlich das Yokohama College
of Commerce (YCC) in Japan, Yokohama besucht. Die Bewerbung über das International
Office in Kempten lief problemlos ab. Auch die Formulare für die Hochschule in Japan konnte ich ohne Schwierigkeiten ausfüllen. Ebenfalls war es leicht möglich die geforderten Unterlagen zu besorgen und an die Hochschule weiterzuleiten. Für ausländische Studenten ist es
in Japan Pflicht, ein Studentenvisum zu beantragen. Das habe ich selbstverständlich auch
getan. Dazu hatte ich Unterlagen des YCC zugeschickt bekommen, was ebenfalls problemlos funktioniert hat. Weiterhin war es mir jederzeit möglich mit dem International Office des
YCC in Kontakt zu treten, um eventuelle Fragen zu klären.
Die Suche nach einer Unterkunft in Japan wurde von der japanischen Hochschule übernommen. Da es keine Studentenwohnheime gibt, wurden mir zwei Möglichkeiten angeboten,
entweder in einer Gastfamilie zu wohnen oder in einem Apartment. Ich habe mich für eine
Gastfamilie entschieden, was rückblickend die absolut richtige Entscheidung war. Ich habe
genauer gesagt bei einer Gast-Mutter gewohnt, deren Kinder schon erwachsen sind und
bereits ausgezogen sind. In ihrem Haus, das für japanische Verhältnisse sehr groß ist, hatte
ich mein eigenes Zimmer. In der monatlichen Miete inbegriffen waren Frühstück und Abendessen. Wenn ich mich für ein Apartment entschieden hätte, wäre dies ein 1-Zimmer Apartment mit kleiner Küchenzeile und Bad gewesen. Die Ausstattung des Apartments ist ausreichend, es beinhaltet ein Bett, einen Schrank, einen kleinen Tisch und zwei Stühle. Die Küchenausstattung ist etwas gering, dennoch gibt es einen Reiskocher – das wichtigste Küchenaccessoire in Japan. Eine Waschmaschine steht ebenfalls zur Verfügung.
Das YCC ist eine kleine Hochschule, was mir anfangs durch die vorliegenden Informationen
nicht bewusst war. Es werden einige Kurse in Englisch angeboten, der Rest auf Japanisch.
Die Vorlesungen sind größtenteils der BWL zuzuordnen. Ebenfalls wird ein Japanisch-Kurs
angeboten. Das Niveau der Vorlesungen ist auf Bachelor-Level und deckt die Grundlagen
ab. Die Kurse wurden hauptsächlich von Austauschstudenten (was in meinem Fall zwei
amerikanische Studenten und ich waren) und ausländischen Studenten, die in Japan leben,
besucht. Die japanischen Studenten haben keine der englischen Kurse besucht. Das liegt
vor allem daran, dass sie kein oder nur sehr wenig englisch können. Da in der Vergangenheit in den Schulen in Japan kein großer Wert auf die englische Sprache gelegt wurde, ist
das Niveau eher niedrig und entspricht häufig dem der siebten bis neunten Klasse in
Deutschland. Allerdings ist das nicht generell der Fall in Japan. Da das YCC, wie bereits erwähnt, eine eher kleinere Hochschule ist, hat sie auch geringe Aufnahmekriterien.
Die Arbeitsbelastung durch die Vorlesungen ist überschaubar. Die meisten Dozenten fordern
einen Essay (3-7 Seiten) und eine Präsentation (ca. 20 Minuten) am Ende des Semesters,
nur wenige stellen eine Klausur. Der japanische Unterricht ist sehr hilfreich und gut um einen
Einblick in eine mehr als vielseitige Sprache zu erlangen. Die japanische Sprache hat drei
verschiedene Schriften, zwei davon sind in einer kürzeren Zeit erlernbar, da sie aus einer
überschaubaren Anzahl von Lauten bestehen. Die dritte Schrift besteht aus über 5.000 sogenannten Kanji, (ähnlich den chinesischen Schriftzeichen) die jeweils mehrere Aussprachen
und Bedeutungen haben - kurz gesagt sie ist unmöglich in dieser Zeit erlernbar. Das ist aber
überhaupt nicht schlimm, denn man kommt auch ohne die Fähigkeit lesen oder schreiben zu
können gut zu Recht. Im japanischen Unterricht haben wir zu Anfang die einfachste der drei
Schriften und einfache Sätze, wie Begrüßungen, gelernt. Im Laufe der Zeit haben wir, wie in
jeder anderen Sprache auch, Vokabeln gelernt und versucht Sätze zu bilden. Dennoch ist
Japanisch eine sehr anspruchsvolle Sprache, die nicht mit Sprachen in Europa vergleichbar
ist. Ein kleines Beispiel für die Vielseitigkeit ist, dass es verschiedene Weisen gibt zu zählen.
Dabei werden flache Dinge von nicht flachen Dingen unterschieden und Dinge von Menschen und einiges mehr. Daran sollte man allerdings nicht verzweifeln, denn trotz einiger
Schwierigkeiten ist es möglich die Grundlagen für einfache Sätze zu lernen. Die Aussprache
ist hingegen einfacher, da die Laute der japanischen Sprache der deutschen sehr ähnlich
sind.
Der Kontakt zu anderen japanischen Studenten war teilweise schwer. Zuerst habe ich die
beiden anderen Austauschstudenten aus Amerika kennengelernt, mit denen ich auch die
meiste Zeit verbracht habe. Die japanischen Studenten sind äußerst schüchtern und trauen
sich, auch wegen ihrer schlechten Englischkenntnisse nicht, ausländische Studenten anzusprechen. Dennoch gibt es einen „International Club“ am YCC, dessen Studenten aufgeschlossener sind. Jedoch sind auch diese Studenten viel beschäftigt, was es ihnen schwer
macht viel Zeit mit anderen zu verbringen. Das liegt daran, dass in Japan die Studiengebühren sehr hoch sind und viele Studenten Nebenjobs haben, teilweise fünfmal die Woche.
Allgemein war ich sehr überrascht, dass die Hochschule klein ist und dass das Englischniveau gering ist, dennoch waren die Kurse interessant. Ich habe einen Einblick in die japanische Sicht der Wirtschaft und Finanzwirtschaft erhalten und viel über die Kultur und den Alltag in Japan erfahren. Allerdings ist es schade, dass der Großteil der japanischen Studenten
wenig Kontakt zu uns drei ausländischen Studenten hatte. Studenten aus Nepal und China
hatten hingegen mehr Kontakt zu uns. Diese Studenten leben in Japan und sprechen die
Sprache, ebenfalls ist ihr Englisch deutlich besser. Zum Ende des Semesters hatten dann
doch einige japanische Studenten den Mut, sich mit uns zu unterhalten und wir haben sehr
nette Japaner/-innen kennengelernt – leider etwas spät.
In den vier Monaten, die das Semester in Japan ungefähr dauert habe ich sehr viel erlebt.
Anfangs haben wir mit den Mitarbeitern des International Office Yokohama angeschaut und
sie haben uns die Umgebung gezeigt. Da die Studenten meist sehr beschäftigt sind, haben
wir nicht sehr viel mit ihnen unternommen. Durch einen netten Zufall habe ich über eine
deutsche Freundin einen Japaner kennengelernt, der in Tokyo wohnt. Nach zwei Wochen
habe ich mich dann auch mit ihm getroffen und den ersten Ausflug gemacht. Über ihn konnte
ich weitere sehr nette Japanerinnen und Japaner kennenlernen mit denen die amerikanische
Studentin und ich fast jedes Wochenende etwas unternommen haben. Ich hatte somit die
Möglichkeit sehr viel, vor allem in Tokyo, das mit der Bahn ca. 30 Minuten entfernt ist, zu
unternehmen. Wir haben Tempel und Schreine besichtigt, sind aber auch in die modernen
Stadtteile Tokyos gegangen, wie Shibuya, das für seine große Kreuzung voller Menschen
bekannt ist. Ebenfalls haben wir ein Katzen-Café besucht. Das Katzen-Café kann man sich
so vorstellen, dass, wie in unserem Fall, ungefähr 10 Katzen in einem Café leben, das aussieht wie ein Märchenwald. Dort kann man Kuchen, Getränke und weitere Snacks kaufen
und die Katzen streicheln. Das mag für den einen oder anderen eventuell etwas komisch
klingen, doch in Japan gibt es viele dieser Themen-Cafés und ich kann nur empfehlen einige
davon zu besuchen. Denn das gehört genauso zu Japan, wie die Tempel und Geishas, die
einem sofort in den Sinn kommen, wenn man an Japan denkt. Es ist eben das modernere
Japan, das viele verrückte, aber auch interessante Seiten hat.
Durch den Aufenthalt bei meiner Gastfamilie oder Gast-Mutter konnte ich einen Einblick in
den Alltag in Japan erhalten und einiges über die Kultur lernen. Meine Gast-Mutter ist ebenfalls eine sehr nette und hilfsbereite Frau. Sie hat mich mit äußerst leckeren und typisch japanischen Gerichten bekocht. Dabei ist zu erwähnen, dass ich nahezu jeden Tag etwas anderes gegessen habe, da die japanische Küche sehr vielseitig ist. Das bedeutet ich habe
jeden Abend ein „Menü“ bekommen, das aussah wie in einem Restaurant, bestehend aus
kleinen Salaten, verschiedenen Beilagen, manchmal Fisch, manchmal Fleisch, meistens
Reis und immer einen grünen Tee nach dem Essen. Ebenfalls konnte ich so gut wie alle Varianten von japanischen Nachtischen probieren, welche zumeist aus Reiszubereitungen bestehen und ebenfalls sehr gut sind.
Da die japanische Hochschule ein sehr enges Verhältnis zu einer amerikanischen Hochschule hat, gibt es eine Art Kurz-Austausch zwischen den Hochschulen. Das bedeutet, dass Mitte
Mai vier amerikanische Studenten für zwei Wochen nach Japan gekommen sind. Für den
Aufenthalt der Studenten war sehr viel geplant und ich konnte an allen Ausflügen teilnehmen. Wir waren drei Tage in Hiroshima, konnten eine Teezeremonie besuchen (alte, traditionelle Weise in Japan Tee zu servieren) und haben drei Tage in der näheren Umgebung von
Mount Fuji verbracht.
Das Fazit meines Semesters in Japan ist sehr positiv. Ich habe eine sehr nette Gast-Mutter
gehabt, in deren Haus ich mich zu Hause fühlen konnte. Ebenfalls konnte ich durch die Nähe
zu Tokyo viel unternehmen und sehen. Allerdings ist anzumerken, dass mein Aufenthalt ohne die japanischen Freunde, welche ich außerhalb des Yokohama College kennengelernt
habe, deutlich anders verlaufen wäre. Zudem besuchen leider nur wenige Austauschstudenten die Hochschule. Dennoch ist mein Eindruck von Japan sehr positiv. Ich habe sehr nette
Menschen kennengelernt die viel mit mir unternommen haben und ich konnte einen Einblick
in eine Kultur erlangen, die sehr interessant und vielseitig ist.