Johann Stangel: Literaturräume Der poetische Realismus S. 210

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Johann Stangel: Literaturräume Der poetische Realismus S. 210
Johann Stangel: Literaturräume
Der poetische Realismus
S. 210 – 231
Grundsätzliche didaktische Erwägungen
Realismus ist ein vieldeutiger Begriff. „Literaturräume online“ bietet Ihnen deshalb zu Beginn eine
Begriffsübersicht und eine ausführliche und authentische Definition des Begriffs des poetischen
Realismus durch Fontane – siehe unten. Ein weiterer Schwerpunkt neben Lösungsvorschlägen zu
den Arbeitsaufgaben und dem kognitiven Test bieten Informationen zu einer Neubewertung Peter
Roseggers. Schließlich finden Sie ergänzende Informationen zum „Romeo-und-Julia“-Stoff aus
Anlass der Präsentation von Kellers Novelle „Romeo und Julia auf dem Dorfe“ in den
„Literaturräumen“.
Der Begriff „Realismus“
Als „poetischer Realismus“ ist der Begriff eine Bezeichnung für eine literarische Epoche. Als
„kritischer Realismus“ oder „sozialistischer Realismus“ bezeichnet er ein bestimmtes literarisches
Stilmerkmal, das in verschiedenen Epochen auftreten kann. Als „kritischen Realismus“ zum Beispiel
bezeichnet die Wissenschaft eine Literatur, die deutliche soziale oder politische Kritik ausdrückt. So
werden Werke aus dem 19. Jahrhundert wie die der französischen Realisten Gustave Flaubert
(„Madame Bovary“) Honoré de Balzac („Eugénie Grandet“) Balzac und Stendhal („Rot und Schwarz“)
oder der russischen Autoren Dostojewski („Schuld und Sühne“). Turgenjew („Väter und Söhne“) und
Tolstoi („Anna Karenina“) genauso als „kritischer Realismus“ bezeichnet wie die Romane Heinrich
Manns („Der Untertan“) oder Alfred Döblins („Berlin Alexanderplatz“) zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Der Begriff „sozialistischer Realismus“ ist eine Bezeichnung für eine Literatur, die in Stil und Inhalt im
Einklang mit dem Weltbild des Kommunismus stehen sollte. Ausgehend von den 30er-Jahren des 20.
Jahrhunderts in der damaligen UdSSR wurde der sozialistische Realismus in vielen kommunistischen
Ländern zur vorgeschriebenen Methode der Literatur. Gefragt waren „Lebensechtheit“ und die
Darstellung des positiven kommunistischen Helden und des durch die Partei erzielten Fortschritts.
S. 213 Zusatzangebot: die Definition des Begriffs „poetischer
Realismus“ durch Theodor Fontane
Der unnatürlichen Geschraubtheit Gottscheds musste […] der schöne, noch unerreicht gebliebene Realismus
Lessings folgen, und der blühende Unsinn, der während der dreißiger Jahre dieses Jahrhunderts sich aus
verlogener Sentimentalität und gedankenlosem Bilderwust entwickelt hatte, musste als notwendige Reaktion
eine Periode ehrlichen Gefühls und gesunden Menschenverstandes nach sich ziehen, von der wir kühn
behaupten: sie ist da. Aus dem Gesagten ergibt sich von selbst eine nahe Verwandtschaft zwischen der
Kunstrichtung unserer und jener vor beinahe hundert Jahren, und, in der Tat, die Ähnlichkeiten sind
überraschend. Das Frontmachen gegen die Unnatur, sie sei nun Lüge oder Steifheit, die ShakespeareBewunderung, das Aufhorchen auf die Klänge des Volksliedes – unsere Zeit teilt diese charakteristischen Züge
mit den sechziger und siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts […].
Vor allen Dingen verstehen wir nicht (unter Realismus) das nackte Wiedergeben alltäglichen Lebens, am
wenigsten seines Elends und seiner Schattenseiten. […] Das Leben ist doch immer nur der Marmorsteinbruch,
der den Stoff zu unendlichen Bildwerken in sich trägt[…]. Der Block an sich, nur herausgerissen aus einem
größern Ganzen, ist noch kein Kunstwerk […]. Wenn wir in Vorstehendem […] uns lediglich negativ verhalten
und überwiegend hervorgehoben haben, was der Realismus nicht ist, so geben wir nunmehr unsere Ansicht über
das, was er ist, mit kürzen Worten dahin ab: er ist die Widerspiegelung alles wirklichen Lebens […] im
Elemente der Kunst. […] Er umfängt das ganze reiche Leben, das Größte wie das Kleinste: den Kolumbus, der
der Welt eine neue zum Geschenk machte, und das Wassertierchen, dessen Weltall der Tropfen ist; den
höchsten Gedanken, die tiefste Empfindung zieht er in seinen Bereich, und die Grübeleien eines Goethe wie
Lust und Leid eines Gretchen sind sein Stoff. Denn alles das ist wirklich. Realismus will nicht die bloße
Sinnenwelt […]; er will am allerwenigsten das bloß Handgreifliche, aber er will das Wahre. Er schließt nichts
aus als die Lüge, das Forcierte1, das Nebelhafte und Abgestorbene."
Mögliche Aufschlüsselungsaufgaben:
1
Gekünstelte
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S. 210 – 231
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Welche literarische Epoche nimmt Fontane mit dem Verweis auf die „sechziger und siebziger Jahre des
vorigen Jahrhunderts“ als Vorbild? Achten Sie dabei auf den ersten Satz von Fontanes Text!
Welche Vorbilder und Gattungen werden namentlich genannt?
Was soll in der Literatur des poetischen Realismus nicht zur Darstellung kommen? Mit welchen
Metaphern begründet Fontane diesen Ausschluss bestimmter Themen aus der Literatur?
Hat Ihrer Meinung nach Fontane definiert, was das „Wahre“ ist?
Welche Literatur könnte insbesondere mit dem Vorwurf des „Gekünstelten“ und „Nebelhaften“ gemeint
sein? Welche literarischen Strömungen dürfte Fontane mit dem Vorwurf von „verlogener
Sentimentalität“ und dem Hinweis auf die „dreißiger Jahre dieses Jahrhunderts“ angreifen?
S. 217 Zusatzangebot: eine mögliche Ergänzung ad Saars
„Steinklopfer“ – Peter Rosegger „Als ich das erstemal auf dem
Dampfwagen saß“
Peter Roseggers Text „Als ich das erstemal auf dem Dampfwagen saß“, der hier gekürzt und in
Originalschreibung wiedergegeben wird, berichtet der ersten Fahrt des jungen Rosegger auf der
Semmeringstrecke. Der Text zeigt die ungeheure Ahnungslosigkeit der einfachen Leute vor der
Technik, den Mangel an Aufklärung von „oben“, ein Mangel, der ohne Zweifel auch mit dem
Aufrechterhalten von Herrschaft und Abhängigkeit zu tun hat, und den Aberglauben, der die Stelle
rationalen Urteilsvermögens einnimmt.
Noch viel seltsamer, als diese Geschichten waren, ist jenes Erlebnis gewesen, das hier erzählt wird.
Mein Pate, der Knierutscher-Jochem - er ruhe in Frieden! - war ein Mann, der alles glaubte, nur nicht das
Natürliche. Das wenige von Menschenwerken, was er begreifen konnte, war ihm göttlichen Ursprungs; das
viele, was er nicht begreifen konnte, war ihm Hexerei und Teufelsspuk. Der Mensch, das bevorzugteste der
Wesen, hat zum Beispiel die Fähigkeit, das Rindsleder zu gerben und sich Stiefel daraus zu verfertigen, damit
ihn nicht an den Zehen friere; diese Gnade hat er von Gott. Wenn der Mensch aber hergeht und den Blitzableiter
oder gar den Telegraphen erfindet, so ist das gar nichts anderes als eine Anfechtung des Teufels. […]
Sein Trost gegen die Anfechtungen des bösen Feindes und sein Vertrauen war die Wallfahrtskirche Maria
Schutz am Semmering. Es war eine Tagreise dahin, und der Jochem machte alljährlich einmal den Weg. Als ich
schon hübsch zu Fuße war (ich und das Zicklein waren die einzigen Wesen, die mein Vater nicht einzuholen
vermochte, wenn er uns mit der Peitsche nachlief), wollte der Pate Jochem auch mich einmal mitnehmen nach
Maria Schutz. »Meinetweg«, sagte mein Vater, »da kann der Bub gleich die neue Eisenbahn sehen, die sie über
den Semmering jetzt gebaut haben. Das Loch durch den Berg soll schon fertig sein.«
»Behüt uns der Herr«, rief der Pate, »dass wir das Teufelswerk anschaun! 's ist alles Blendwerk, 's ist alles nicht
wahr.«
»Kann auch sein«, sagte mein Vater und ging davon.
Ich und mein Pate machten uns auf den Weg; wir gingen über das Stuhleckgebirge, um ja dem Tal nicht in die
Nähe zu kommen, in welchem nach der Leute Reden der Teufelswagen auf und ab ging. Als wir aber auf dem
hohen Berg standen und hinabschauten in den Spitalerboden, sahen wir einer scharfen Linie entlang einen
braunen Wurm kriechen und darüber ein Rauchwölkchen schweben.
»Jessas Maron!« schrie mein Pate, »das ist schon so was! Spring, Bub!« - Und wir liefen die entgegengesetzte
Seite des Berges hinunter.
Gegen Abend kamen wir in die Niederung, doch - entweder der Pate war hier nicht wegkundig, oder es hatte ihn
die Neugierde, die ihm zuweilen arg zusetzte, überlistet, oder wir waren auf eine »Irrwurzen« gestiegen: anstatt
in Maria Schutz zu sein, standen wir vor einem ungeheuren Schutthaufen, und hinter demselben war ein
kohlfinsteres Loch in den Berg hinein. Das Loch war schier so groß, dass darin ein Haus hätte stehen können,
und gar mit Fleiß und Schick ausgemauert; und da ging eine Straße mit zwei eisernen Leisten daher und
schnurgerade in den Berg hinein.
Mein Pate stand lange schweigend da und schüttelte den Kopf; endlich murmelte er: »Jetzt stehen wir da. Das
wird die neumodische Landstraßen sein. Aber derlogen ist's, dass sie da hineinfahren!«
[…]
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S. 210 – 231
»Pate Jochem«, sagte ich leise, »hört Ihr nicht so ein Brummen in der Erde?«
»Ja freilich, Bub«, entgegnete er, »es donnert was! Es ist ein Erdbidn [Erdbeben]. «Da tat er schon ein kläglich
Stöhnen. Auf der eisernen Straße heran kam ein kohlschwarzes Wesen. Es schien anfangs stillzustehen, wurde
aber immer größer und nahte mit mächtigem Schnauben und Pfustern und stieß aus dem Rachen gewaltigen
Dampf aus. Und hinterher »Kreuz Gottes!« rief mein Pate, »da hängen ja ganze Häuser dran!« Und wahrhaftig, wenn wir sonst gedacht
hatten, an das Lokomotiv wären ein paar Steirerwäglein gespannt, auf denen die Reisenden sitzen konnten, so
sahen wir nun einen ganzen Marktflecken mit vielen Fenstern heranrollen, und zu den Fenstern schauten
lebendige Menschenköpfe heraus, und schrecklich schnell ging's, und ein solches Brausen war, dass einem der
Verstand stillstand. Das bringt kein Herrgott mehr zum Stehen! fiel's mir noch ein. Da hub der Pate die beiden
Hände empor und rief mit verzweifelter Stimme: »Jessas, Jessas, jetzt fahren sie richtig ins Loch!«
Und schon war das Ungeheuer mit seinen hundert Rädern in der Tiefe; die Rückseite des letzten Wagens
schrumpfte zusammen, nur ein Lichtlein davon sah man noch eine Weile, dann war alles verschwunden, bloß
der Boden dröhnte, und aus dem Loch stieg der Rauch.
[…]
Beim Gasthaus auf dem Semmering war es völlig still; die großen Stallungen waren leer, die Tische in den
Gastzimmern, die Pferdetröge an der Straße waren unbesetzt. Der Wirt, sonst der stolze Beherrscher dieser
Straße, lud uns höflich zu einer Jause ein.
»Mir ist aller Appetit vergangen«, antwortete mein Pate, »gescheite Leut essen nicht viel, und ich bin heut um
ein Stückel gescheiter worden.« Bei dem Monumente Karls VI. standen wir still und sahen ins Österreicherland
hinaus, das mit seinen Felsen und Schluchten und seiner unabsehbaren Ebene vor uns ausgebreitet lag. Und als
wir dann abwärts stiegen, da sahen wir drüben in den wilden Schroffwänden unsern Eisenbahnzug gehen, klein
wie eine Raupe, und über hohe Brücken, fürchterliche Abgründe setzen, an schwindelnden Hängen gleiten, bei
einem Loch hinein, beim andern heraus - ganz verwunderlich.
»'S ist auf der Welt ungleich, was heutzutag die Leut treiben«, murmelte mein Pate.
»Sie tun mit der Weltkugel Kegel schieben!« sagte ein eben vorübergehender Handwerksbursche.
Als wir nach Maria Schutz kamen, war es schon dunkel.
Wir gingen in die Kirche, wo das rote Lämpchen brannte, und beteten.
Dann genossen wir beim Wirt ein kleines Nachtmahl und gingen an den Kammern der Stallmägde vorüber auf
den Heuboden, um zu schlafen.
Wir lagen schon eine Weile. Ich konnte unter der Last der Eindrücke und unter der Stimmung des Fremdseins
kein Auge schließen, vermutete jedoch, dass der Pate bereits süß schlummere; da tat dieser plötzlich den Mund
auf und sagte:
»Schlafst schon, Bub?«
»Nein«, antwortete ich.
»Du«, sagte er, »mich reitet der Teufel!«
Ich erschrak. So was an einem Wallfahrtsort, das war unerhört.
»Ich muss vor dem Schlafengehen keinen Weihbrunn genommen haben«, flüsterte er, »'s gibt mir keine Ruh, 's
ist arg, Bub.«
»Was denn, Pate?« fragte ich mit warmer Teilnahme.
»Na, morgen, wenn ich kommuniziere, 'leicht wird's besser«, beruhigte er sich selbst.
»Tut Euch was weh, Pate?«
»'s ist eine Dummheit. Was meinst, Bübel, weil wir schon so nah dabei sind, probieren wir's?«
Da ich ihn nicht verstand, so gab ich keine Antwort.
»Was kann uns geschehen?« fuhr der Pate fort, »wenn's die andern tun, warum nicht wir auch? Ich lass mir's
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Autor: Johann Stangel
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kosten.«
Er schwätzt im Traum, dachte ich und horchte mit Fleiß.
»Da werden sie einmal schauen«, fuhr er fort, »wenn wir heimkommen und sagen, dass wir auf dem
Dampfwagen gefahren sind!«
Ich war gleich dabei.
»Aber eine Sündhaftigkeit ist's!« murmelte er, »na, 'leicht wird's morgen besser, und jetzt tun wir in Gottes
Namen schlafen.«
Am anderen Tage gingen wir beichten und kommunizieren und rutschten auf den Knien um den Altar herum.
Aber als wir heimwärts lenkten, da meinte der Pate nur, er wolle sich gar nichts vornehmen, er wolle nur den
Semmering-Bahnhof sehen, und wir lenkten unsern Weg dahin.
Beim Semmering-Bahnhof sahen wir das Loch auf der andern Seite. War auch kohlfinster. - Ein Zug von Wien
war angezeigt. Mein Pate unterhandelte mit dem Bahnbeamten, er wolle zwei Sechser geben, und gleich hinter
dem Berg, wo das Loch aufhört, wollten wir wieder absteigen.
»Gleich hinter dem Berg, wo das Loch aufhört, hält der Zug nicht«, sagte der Bahnbeamte lachend.
»Aber wenn wir absteigen wollen!« meinte der Jochem.
»Ihr müsst bis Spital fahren. Ist für zwei Personen zweiunddreißig Kreuzer Münz.«
Mein Pate meinte, er lasse sich's was kosten, aber so viel wie die hohen Herren könne er armer Schlucker nicht
geben; zudem sei an uns beiden ja kein Gewicht da. - Es half nichts; der Beamte ließ nicht handeln. Der Pate
zahlte; ich musste zwei »gute« (metallene) Kreuzer beisteuern (nicht Papiergeld). Mittlerweile kroch aus dem
nächsten, unteren Tunnel der Zug hervor, schnaufte heran, und ich glaubte schon, das gewaltige Ding wolle
nicht anhalten. Es zischte und spie und ächzte - da stand es still.
Wie ein Huhn, dem man das Hirn aus dem Kopf geschnitten, so stand der Pate da, und so stand ich da. Wir
wären nicht zum Einsteigen gekommen; da schupfte der Schaffner den Paten in einen Waggon und mich nach.
In demselben Augenblick wurde der Zug abgeläutet, und ich hörte noch, wie der ins Coupé stolpernde Jochem
murmelte: »Das ist meine Totenglocke.« Jetzt sahen wir's aber: im Waggon waren Bänke, schier wie in einer
Kirche; und als wir zum Fenster hinausschauten - »Jessas und Maron!« schrie mein Pate, »da draußen fliegt ja
eine Mauer vorbei!«
Jetzt wurde es finster, und wir sahen, dass an der Wand unseres knarrenden Stübchens eine Öllampe brannte.
Draußen in der Nacht rauschte und toste es, als wären wir von gewaltigen Wasserfällen umgeben, und ein ums
andere Mal hallten schauerliche Pfiffe. Wir reisten unter der Erde.
Der Pate hielt die Hände auf dem Schoß gefaltet und hauchte: »In Gottes Namen. Jetzt geb ich mich in alles
drein. Warum bin ich der dreidoppelte Narr gewesen.«
Zehn Vaterunser lang mochten wir so begraben gewesen sein, da lichtete es sich wieder, draußen flog die
Mauer, flogen die Telegraphenstangen und die Bäume, und wir fuhren im grünen Tal.
Mein Pate stieß mich an der Seite: »Du Bub! Das ist gar aus der Weis gewesen, aber jetzt - jetzt hebt's mir an zu
gefallen. Richtig wahr, der Dampfwagen ist was Schönes! Jegerl und jerum, da ist ja schon das Spitalerdorf!
Und wir sind erst eine Viertelstunde gefahren! Du, da haben wir unser Geld noch nicht abgesessen. Ich denk,
Bub, wir bleiben noch sitzen.«
Mir war's recht. Ich betrachtete den Zug von innen, und ich blickte in die fliegende Gegend hinaus, konnte aber
nicht klug werden. Und mein Pate rief: »Na, Bub, die Leut sind gescheit! Und daheim werden sie Augen
machen! Hätt ich das Geld dazu, ich ließ mich, wie ich jetzt sitz, auf unsern Berg hinauffahren!«
»Mürzzuschlag!« rief der Schaffner. Der Wagen stand; wir schwindelten zur Tür hinaus.
Der Türsteher nahm uns die Papierschnitzel ab, die wir beim Einsteigen bekommen hatten, und vertrat uns den
Ausgang. »He, Vetter!« rief er, »diese Karten galten nur bis Spital. Da heißt's nachzahlen, und zwar das
Doppelte für zwei Personen; macht einen Gulden sechs Kreuzer!«
Ich starrte meinen Paten an, mein Pate mich. »Bub«, sagte dieser endlich mit sehr umflorter Stimme, »hast du
ein Geld bei dir?«
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»Ich hab kein Geld bei mir«, schluchzte ich.
»Ich hab auch keins mehr«, murmelte der Jochem.
Wir wurden in eine Kanzlei geschoben, dort mussten wir unsere Taschen umkehren. Ein blaues Sacktuch, das
für uns beide war und das die Herren nicht anrührten, ein hart Rindlein Brot, eine rußige Tabakspfeife, ein
Taschenfeitel, etwas Schwamm und Feuerstein, der Beichtzettel von Maria Schutz und der lederne Geldbeutel
endlich, in dem sich nichts befand als ein geweihtes Messing-Amulettchen, das der Pate stets mit sich trug im
festen Glauben, daß sein Geld nicht ganz ausgehe, solang er das geweihte Ding im Sacke habe. Es hatte sich
auch bewährt bis auf diesen Tag, und jetzt war's auf einmal aus mit seiner Kraft. Wir durften unsere
Habseligkeiten wieder einstecken, wurden aber stundenlang auf dem Bahnhof zurückbehalten und mußten
mehrere Verhöre bestehen.
Endlich, als schon der Tag zur Neige ging, zur Zeit, da nach so rascher Fahrt wir leider schon hätten zu Hause
sein können, wurden wir entlassen, um nun den Weg über Berg und Tal in stockfinsterer Nacht zurückzulegen.
Als wir durch den Ausgang des Bahnhofs schlichen, murmelte mein Pate: »Beim Dampfwagen da - 's ist doch
der Teufel dabei!«
Mögliche Aufschlüsselungen: Wo zeigen sich Aberglauben und die mehrfache Unwissenheit des Paten?
Welche „Veränderung“ macht der Pate „innerlich“ durch? Sieht sich der Pate schließlich in seinen Vorurteilen
(Bahn = Teufelswerk) bestätigt? Wenn ja, wodurch?
S. 218 f. Lösungen zu den Arbeitsaufgaben zum Textausschnitt aus
„Krambambuli“
Der bereits im Textausschnitt angedeutete Konflikt:
Der Hund gehorcht dem neuen Besitzer – dem Förster Hopp – nicht, will bei seinem alten Herrn
bleiben – dem „Gelben“ – einem Landstreicher. Durch Prügel und Stachelhalsband unterwirft Hopp
nach 2 Monaten den Hund, der nun ihm ein „treuer Freund“ geworden ist. Der Konflikt im „Inneren“
des Hundes, zu wem er nun gehört, kann bei einer Begegnung mit dem „Gelben“ wieder virulent
werden – und wird es auch.
S. 219 Lösungen zu den Arbeitsaufgaben ad Rosegger
Vorbemerkungen: Nachdem Rosegger lange simplifizierend und in beiden Fällen ohne Zweifel
fälschlich als Heimatdichter abgetan oder als Antisemit denunziert wurde – zu letzterem Vorwurf
siehe weiter unten – hat sich die Rezeptionssituation in letzter Zeit gewandelt. Rosegger wird als
Autor rezipiert, der soziale und ökologische Probleme vorausschauend erkannt und erstaunlich
offensiv dargestellt hat.
Ad Vorwurf des Antisemitismus an Rosegger: 1893 wurde Rosegger vom Mainzer Bürgermeister
aufgefordert, einen Kommentar über ein geplantes Denkmal für Heine abzugeben. Seine Antwort war
ausweichend, da er über Heine wenig wisse. Viele legten aber seine Antwort als antisemitisch aus.
Diese Vorwürfe sollen auch mit ein Grund gewesen sein, dass Rosegger den 1913 für ihn
vorgeschlagenen Nobelpreis nicht bekam. Noch 1943, zum 100. Geburtstag des Dichters, wurde
diese „Verhinderung“ in der NS-Propaganda aufgebauscht.
Rosegger selbst sah sich als monarchietreuen „Nationalisten“, im patriotischen Sinne dem
Kaiserhaus verbunden. Von den Deutsch-Nationalen mit ihren teilweise hetzerischen Parolen und
ihrer Bereitschaft zur Gewalt grenzte er sich eindeutig ab.
Eine sehr persönliche, aber äußerst argumentative Stellungnahme zu einer Neubewertung
Roseggers finden Sie unter http://ejournal.thing.at/Essay/rosegg.html.
Weitere Rosegger-Texte zu Themen wie Rechte der Arbeiter, Ablehnung des Krieges, Vorschläge für
Selbsthilfe im Bauernstand durch Schulungen und Gründung von Interessensverbänden, Forderung
nach Schulreformen, Ziel eines ökumenischen Christentums und kontra religiöse Intoleranz finden Sie
auch in: Charlotte Anderle (Hrsg.): Der andere Peter Rosegger. Zeitkritik und Vision im Spiegel des
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„Heimgarten“ (1994).
Lösungsvorschläge ad „Entseelung des Arbeiters – Dominanz des sozialen Themas
Probleme der Arbeitswelt: Verlust der Autonomie der Arbeiter im relativen Vergleich zu Handwerkern;
Verlust der Beziehung zum Produkt (Entfremdung, Fließbandproblematik) durch Zerlegung der
Produktion in monotone Einzeltätigkeiten: treffende Metapher „Teilfunktionär“, Zeile 19 ff.);
Massenabsatz zerstört Individualität des Produkts und den schöpferischen Ehrgeiz der
„Produzenten“.
Lösungsvorschläge ad „Volkswohlstand“– Dominanz des ökologischen Themas
Kehrseite der Industrialisierung: Zerstörung der Landschaft, Verunreinigung des Wassers und der
Luft; Entwurzelung der Arbeiter, Entstehung des Proletariats (Letzteres in Zeile 7 bis 9);
Entfremdung der Menschen, die sich als Konkurrenten begreifen müssen (16 f.); Verlust an
„Schönheit“ und gesunder Umwelt als Lebensbasis (22 ff.); Aufbrechen einer sozialen Kluft zwischen
denen, die sich’s leisten können, der Zerstörung zu entkommen (bes. Zeile 26 ff.) und denen, die in
der zerstörten Landschaft leben müssen;
S. 221 f. Lösungen zu den Arbeitsaufgaben ad Keller „Romeo und
Julia…“
Parallelen Väterkampf – Wetter: Donner und Blitz als gefürchtete, gefährliche/negative
Wetterereignisse korrespondieren mit der Gewalt der Väter; Blitzschlag, Donnerschlag sind
symbolische, äußere Manifestationen der aufeinander einschlagenden Männer.
Parallelen Wolkenriss – Wiedersehen der Kinder: Das plötzliche „grelle“ Licht verändert die
Wahrnehmung, die plötzliche Helligkeit korrespondiert mit dem unerwarteten, neuen Sehen des
jeweils anderen.
Symbolische Bedeutung der gekauften/verkauften Dinge:
Lebkuchenhaus: Symbol für die gewünschte, aber nicht realisierbare „Häuslichkeit“, Geborgenheit,
Integration;
Verkauftes Bett: ein Bett braucht ein reales Haus, das beide nicht haben;
Tanz als gesellschaftlich akzeptierte körperliche Nähe;
Wechsel von „es“ zu „sie“ als Pronomen für Vrenchen: „Das Mädchen“ wird im Liebesakt zu „der
Frau“;
Das „Paradiesgärtlein“ ist für Sali und Vrenchen eben das „Paradies“, das Herausfallen aus der
konkreten Wirklichkeit.
Zusatzinformation: eine kurze Geschichte des Romeo und Julia-Stoffes
1323 Dante: Motiv der Feindschaft der Familien Montague und Capulet im sechsten Buch des
„Fegefeuers“ aus der „Göttlichen Komödie“.
1476 Masuccio: „Die Geschichte von Mariotto und Gianozza“: Einführung vieler in Zukunft wichtiger
Handlungselemente. Mariotto und Gianozza können sich nicht öffentlich zu ihrer Liebe bekennen und
lassen sich heimlich von einem Mönch trauen. Mariotto erschlägt im Streit einen Bürger und muss
fliehen. Gianozzas Vater will ihre Heirat mit einem anderen erzwingen; der hilfreiche Mönch ersinnt
einen Plan: Durch einen Trank fällt Gianozza in einen todesähnlichen Schlaf, sie wird für tot gehalten
und in der Familiengruft beigesetzt. Der Mönch befreit sie nachts aus der Gruft, Gianozza flieht aus
der Stadt. Inzwischen hat Mariotto die Nachricht vom „Tod“ Gianozzas erhalten, kehrt als Pilger
verkleidet zurück, dringt in die Gruft ein, wird entdeckt und zum Tode verurteilt. Gianozza erfährt von
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Mariottos Hinrichtung, geht in ein Kloster, wo sie nach kurzer Zeit aus Kummer stirbt.
1524 Luigi da Porta: „Die wiedergefundene Geschichte vom adligen Liebespaar“: Erstmals wird
Verona zum Ort der Handlung. Die beiden Liebenden nennt der Autor, auf Dante zurückgreifend,
Romeo Montecchi und Julia Cappelletti. Der Autor führt als neues Motiv die Feindschaft der beiden
Geschlechter ein. Die Familien Montague und Capulet haben allerdings nie in Verona gelebt. Da
Porta datiert den Liebestod fiktiv in das Jahr 1303, was bald als historische Tatsache angesehen wird.
1595 William Shakespeare: An Excellent Conceited Tragedie of Romeo and Juliet
1604 Erste deutsche Aufführung des Shakespeare-Dramas
1764 Christoph Martin Wielands Shakespeare-Übersetzung
1776 Aufführung von Romeo und Julia als Singspiel mit Operettenfinale. Diese Fassung ist vor allem
in Wien beliebt, wo Shakespeares Tragödie politisch unerwünscht war.
1793 Übertragung durch August Wilhelm Schlegel
1970 Übertragung von Erich Fried
Mögliche Arbeitsaufgaben: ein Vergleich Keller – Shakespeare:
Ergänzen Sie die folgende Tabelle: Es genügt dafür die Lektüre eines Schauspielführers bzw. des
Personenverzeichnisses von Shakespeares Drama. Bei großem Zeitbudget ist allerdings die Lektüre des
ganzen Dramas vorzuziehen.
Vergleichskriterium
Ort der Handlung
Dauer der Handlung
Verfeindete Gruppen
Beginn des Konflikts
Beginn der Liebe
Über die Feindschaft hinausgehende
Hindernisse für die Beziehung
In das Geschehen verwickelte, aber
außerhalb der beiden feindlichen
Gruppen stehende Figur
Ursache für Liebestod
Keller
Shakespeare
Dorf bei Seldwyla
13 Jahre
zwei Bauernfamilien
Konflikt entsteht im Laufe des
Geschehens
Gewittertag, Rauferei der
Väter
Materielle Not, Verletzung
von Vrenchens Vater durch
Sali
Der schwarze Geiger
Bewusste Wahl, materielle
Chancenlosigkeit
Schauen Sie sich die auf Video und/oder DVD verfügbaren beiden modernen Verfilmungen des
Shakespearedramas an und sprechen Sie über deren Unterschiede:
1. Regie Franco Zeffirelli mit Olivia Hussey, Leonard Whiting
2. Regie Baz Luhrmann mit Leonardo diCaprio. Diese Verfilmung siedelt das Drama in der aktuellen
amerikanischen Großstadt namens „Verona Beach“ an, in einem Milieu von Geld, Gewalt, Autos. Die
Personen dieses modernen amerikanischen Milieus sprechen die originalen Dialoge und Monologe aus
Shakespeares Drama. Eine Art Drehbuch zum Film liegt als Taschenbuch vor (Autor: Leon Garfield).
Zusatzangebot: ein weiterer Lektürevorschlag: Ephraim Kishon
Romeo und Julia als Parodie
Lesen Sie Ephraim Kishons Dramen-Parodie auf Romeo und Julia: Beide haben überlebt, er ist nun
49, sie 43, ihre Tochter Lukretia ist 14 Jahre und in der schönsten pubertären Protesthaltung gegen
ihre Eltern. Wer wäscht ab, wer verwaltet das Geld,…. Nach 29 Jahren sind das die alltägliche
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Fragen und Anlässe zum Streit. Plötzlich taucht auch Shakespeare in diesem „Heiterem Trauerspiel“
mit dem Titel „Die Lerche“ auf. Er möchte, dass alles so wird wie in seinem Drama. Dann verliebt sich
Shakespeare in Lukretia. Das Stück ist auch für eine Gruppe „Darstellendes Spiel“ leicht aufführbar.
Enthalten ist der Text in Kishons Band „Es war die Lerche“.
S. 225 Lösungen zu den Arbeitsaufgaben ad Fontane „Effi Briest“
Ad Textausschnitt 1:
Motive für Eheschließung: Reichtum, Ansehen, Integration in die höchsten Gesellschaftskreise,
„Glanz und Ehre“; Zerstreuung als „Eheziel“; Frauenbild in der dilettantischen Namensdeutung durch
Effis Vater: Frau habe sich um den starken, im Leben stehenden Mann herumzuranken =
anzupassen.
Ad Textausschnitt 2:
Eltern verschließen Effi ihr Haus, weil Effi den gesellschaftlichen Konventionen nach „verurteilt“
werden muss und ihre Eltern dieses Urteil aussprechen müssen, wollen sie nicht ihre
gesellschaftliche Stellung gefährden.
Ad Textausschnitt 3:
Das „er“ ist ihr Mann Instetten; die Sprache ihrer Tochter trifft Effi besonders, da sie darin die
Anweisungen Instettens, welche dem Besuch die persönliche Dimension nehmen sollen, ebenso
erkennt wie die emotionale Ferne ihrer Tochter, die auf persönliche Worte Effis nur stereotyp
reagieren kann.
Textstellen, dass Umstände nicht zu ändern sind: besonders die Zitate Seite 224 im Absatz „Ein Duell
der ‚Ehre’ wegen“.
Anmerkung: Das Generalthema des Romans: die bürgerliche Ehe liegt in der Tradition der
Vernunftehen, die eingeschränkte Rolle der Frau in der Familie und ihre mangelhafte Ausbildung
werden kritisch dargestellt. Eher am Rande wird die bürgerliche Doppelmoral enttarnt, die dem Mann
in der Sexualität „alles“ erlaubt und der Frau „alles“ verbietet. Die Gründe für den Ehebruch verweisen
auf soziale Langeweile, während hingegen die leidenschaftliche Liebe als Motiv für Ehebruch in „Effi
Briest“ ausgeschlossen bleibt.
S. 226 Lösungen zu den Arbeitsaufgaben ad Hedwig Dohm „Zur
Frauenfrage“
Vorwürfe an die Männer:
Frau soll nach dem Wunsch des Mannes nicht „zu gescheit“ sein, damit sie „am Herd“ bleibt
(8 ff.); Dünkel der „natürlichen“ geistigen Überlegenheit des Mannes über die Frau (14);
Konsequenzen aus der erzwungenen Abhängigkeit:
Anpassung der Frau, Heuchelei, Verlust ihrer Würde.
S. 226 Lösungen zu den Arbeitsaufgaben ad Schopenhauer „Über die
Weiber“
Reduktion der Frau auf „Geschlechtswesen“, das den Mann verführt (bes. 7 ff.), mit dem Zweck der
Sicherung ihres Daseins (bes. 12 ff.); „tierisches“ Wesen der Frau: Vergleich mit Ameise
(18 ff.): So wie die Ameie nach der Begattung die Flügel verliert, so die Frau ihre Schönheit.
S. 227. Lösungen zu den Arbeitsaufgaben ad Busch „Es sitzt ein Vogel
auf dem Leim“ (Fokus) plus „Max und Moritz“ auf youtube
Der Humor des Vogels ist eher „Galgenhumor“; im Gegensatz zum „Schwarzen Humor“ wird der
Humor allerdings vom Betroffenen selbst eingesetzt; der „Humor“ des Vogels weist auf das für den
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Alle Rechte vorbehalten. Von dieser Druckvorlage ist die Vervielfältigung für den eigenen Unterrichtsgebrauch gestattet.
Autor: Johann Stangel
Johann Stangel: Literaturräume
Der poetische Realismus
S. 210 – 231
Realismus kennzeichnende Hinnehmen von Situationen, die nicht zu ändern sind.
Auf youtube („Busch +Max+Moritz“ eingeben) findet sich eine Vielzahl von Präsentationen/
Rezitationen aller Streiche; eine Rezitation plus Buschs Illustrationen bietet
http://www.youtube.com/watch?v=e8_-l9k3Ftw.
Zusatzinformation: Ideen für Portfolio, mündliche Matura,
vorwissenschaftliche Arbeit
Vorschlag 1 – Literarisches Thema: Das Thema „Ehebruch“ in der Literatur des 19. und 20.
Jahrhunderts
Beginnen könnte man mit drei Romanen Fontanes: „L'Adultera“, „Unwiederbringlich“ und „Effi Briest“.
Eine Fortsetzung wäre möglich mit Stifters Erzählung „Das alte Siegel“ und mit drei Erzählungen
Schnitzlers, „Die Frau des Weisen“, „Die Toten schweigen“ und „Der Sekundant“, einer Novelle
Stefan Zweigs, „Angst“, und einer Novelle Heinrich Manns, „Liebesspiele“. Die Brücke in die Moderne
könnte man schlagen mit Martin Walsers Roman „Ehen in Philippsburg“. Außerdem sollte wegen
seiner zentralen Bedeutung für das Thema Flauberts „Madame Bovary“ behandelt werden. Für
besonders eifrige Leser könnten noch Tolstois „Anna Karenina“ und Goethes „Wahlverwandtschaften“
einbezogen werden.
Eine Auswahl und Beschränkung wird aber unbedingt nötig sein.
Vorschlag 2 – Literarisches Thema mit der Möglichkeit der Fächerverbindung z. B. zum Fach
Geschichte
Tragische Liebespaare aus Literatur und Geschichte, wie Ariadne und Theseus, Orpheus und
Eurydike, Hero und Leander, Pyramus und Thisbe, Antonius und Kleopatra, Tristan und Isolde,
Abälard und Heloise, Esmeralda und Quasimodo (Victor Hugo „Der Glöckner von Notre Dame“),
Jorinde und Joringel (Brüder Grimm), Cyrano und Roxane (Rostand: Cyrano de Bergerac).
Eine Erweiterung wäre zudem möglich über den Vergleich der literarischen oder historischen
Darstellung und Verfilmungen.
Vorschlag 3– Literarisch-medienanalytisches Thema
Präsentieren und analysieren Sie einen oder mehrere der folgenden (österreichischen) Filme, welche
die von Rosegger angesprochenen Themen aktuell für unsere Zeit darstellen: „Darwin's Nightmare“
(2004; Regisseur Hubert Sauper, ausgezeichnet als weltweit bester Dokumentarfilm des Jahres);
„Workingman’s Death“ (2004; Michael Glawogger); „We feed the world“ (2005) und „Let’s make
money“ (2008) von Erwin Wagenhofer oder „Taste the Waste“ von Valentin Thurn (2001).
Test-Vorschlag zur Sicherung des Unterrichtsertrages
Fragen
Punkte
Aus welchen Gründen „boomt“ in dieser Zeit die Lektüre der Klassiker?
Fassen Sie die Ideen von Ludwig Feuerbach, Arthur Schopenhauer und Charles
Darwin zusammen, welche das Denken der Epoche besonders beeinflussen.
Was meinen die Autoren des Realismus mit dem Begriff der „Verklärung“?
Welche drei geographischen Zentren hat der Realismus?
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Autor: Johann Stangel
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Johann Stangel: Literaturräume
Der poetische Realismus
S. 210 – 231
Ordnen Sie diesen Zentren jeweils mindestens zwei Autoren/Autorinnen zu.
Welche besonderen Eigenheiten werden dem österreichischen Realismus
von der Literaturwissenschaft zugeschrieben?
Welches Thema behandelt die Novelle „Die Steinklopfer“?
Welche Österreicherin ist die Autorin von „Krambambuli“?
Welche Themen greift Peter Rosegger in seinen Aufsätzen „Volkswohlstand“
und „Die Entseelung des Arbeiters“ auf?
Worum geht es in „Romeo und Julia auf dem Dorfe“?
In welchem Roman Fontanes führt ein Ehebruch in die Katastrophe?
Welche Autorin der Zeit wird zur Kämpferin für die Rechte der Frauen?
Welcher Autor ist der „Humorist“ der Epoche?
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Bewertungsvorschlag: 44-40: sehr gut; 39-35: gut; 34-28: befriedigend; 27-22: genügend
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