Brinkmanns Zorn

Transcription

Brinkmanns Zorn
Presseheft Brinkmann.indd 1
CAST & CREDITS
Rolf Dieter Brinkmann ..................
Maleen Brinkmann .......................
Robert Brinkmann ........................
Henning ......................................
Linda ..........................................
Konrad ........................................
Brinkmann Sprecher 1 ..................
Brinkmann Sprecher 2 ..................
Brinkmann Sprecher 3 ..................
Brinkmann Sprecher 4 ..................
Brinkmann Sprecher 5 ..................
Brinkmann Sprecher 6 ..................
Frauenstimme ..............................
Italienische Stimme ......................
Englische Stimmen .......................
Eckhard Rhode
Alexandra Finder
Martin Kurz
Rainer Sellien
Isabel Schosnig
Baki Davrak
Peter Brombacher
Shortie Scheumann
Eckhard Rohde
Andreas Bisowski
Felix Voertler
Andreas Maier
Katharina Kummer
Domenico Sambucco
Mike Lucas, Mark Terrill, Ruskin Watts
Regie, Buch, Schnitt ....................
Kamera .......................................
Kameraassistenz ..........................
Produktion ..................................
Harald Bergmann
Elfi Mikesch, Harald Bergmann
Thomas Ladenburger
Harald Bergmann Filmproduktion in
Koproduktion mit dem WDR
Wilfried Reichart
Manfred Blößer
Andrea Mutz
Volker Zeigermann
Kai Tebbel, Volker Zeigermann
Ralf Schlotter, Stefan Breitel,
Ronald Schwarz, Armin Bach
Werner Loss
Steffen Hacker
Matthias Lempert
Filmstiftung NRW
Filmförderung Hamburg
BKM
Filmstiftung NRW
BKM
Redaktion ...................................
Szenenbild ..................................
Kostüm .......................................
Ton ............................................
Sound Design ..............................
Licht ..........................................
Trick-Animation ..........................
Digitale Bildbearbeitung ...............
Mischung ....................................
Produktion gefördert von ..............
Verleih gefördert von ....................
BRINKMANNS
ZORN
EIN FILM VON HARALD BERGMANN
Die Nutzung der Film- und Tonaufnahmen von Rolf Dieter Brinkmann erfolgt
mit freundlicher Genehmigung von Maleen und Robert Brinkmann.
Das Werk von Rolf Dieter Brinkmann erscheint im Rowohlt Verlag.
www.brinkmannszorn.de
Pressebetreuung
Matthias Mücke, [email protected]
Sylvia Müller, [email protected]
Tel. 030 41 71 57 23
www.muecke-filmpresse.de
Neue Visionen Filmverleih
Schliemannstraße 5, 10437 Berlin
Tel. 030 44 00 88 44
www.neuevisionen.de
1 & 2: Aus der Collage »5. Mai 73, Köln«
3: Aus dem Arbeitsbuch »Schnitte«
1
2
3
Deutschland 2006, 35 mm, Bildformat 1:1,85, Farbe,
Dolby Digital, 105 Minuten, FSK o.A.
»Brinkmanns Zorn« portraitiert einen Dichter, der alles auf einmal begehrt –
Liebe, Tod, Pop, Hass, Kunst. Bedingungslos gleichzeitig und mit gnadenloser
sprachlicher Wucht hat die Literaturikone Rolf Dieter Brinkmann auf jedes
Alltagsdetail eingedroschen. Der Film begleitet ihn auf seinen medialen Streif- und sprachlichen Raubzügen durch die hassgeliebte Kölner Innenstadt.
Den Original-Tonband- und Super8-Aufnahmen Brinkmanns hat Regisseur
Harald Bergmann eine visuelle Welt hinzugefügt, die das sprachliche und
soziale Universum Brinkmanns nachzeichnet. Während Brinkmanns grenzenlos-wütende und aufschäumend-leidenschaftliche Stimme über den Zuschauer
hereinbricht, folgt man den lippensynchron agierenden Schauspielern durch
die in schöner bundesrepublikanischer Wohlstandsgemütlichkeit eingerichtete Großstadt. Bei Brinkmanns Stadtbeschimpfung müssen sich nicht nur der
faulig-gelbe Himmel und die darin fliegenden Vögel, sondern auch Gebäude
und Straßen den Beschwerden des Dichters stellen. In furiosen Wortkaskaden
und lustvoller Verweigerung berauscht sich der wütende Flaneur Brinkmann
am Alltagshass. Dabei erzählt der Film aber auch die Geschichte einer fatalen
Liebe – einer Liebe zur Sprache, die nicht mehr vertrauenswürdig ist und der
Liebe zu seinem Sohn, dessen Sprachbehinderung ihn scheinbar unrettbar
fern von seinem Vater entrückt hat.
Harald Bergmanns Film »Brinkmanns Zorn« portraitiert einen Dichter mit
jener Kühnheit, die Brinkmann selbst verschiedenste Medien und filmische
Stilmittel für die Darstellung moderner Wirklichkeit verbinden ließ. Bergmann wagt einen nie da gewesenen filmischen Versuch, lässt Dokumentarfilm und Dichterbiographie verschmelzen und schafft eine an Authentizität
und faszinierender Perfektion kaum zu überbietende Literaturverfilmung.
SYNOPSIS
Das untergehende Vaterland (1992), Hölderlin Comics (1994), Poets
(1996), Scardanelli (2000), Passion Hölderlin (2003)
FILMOGRAFIE
wurde 1963 geboren. In München studierte er Literatur und Philosophie.
An der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg und am California
Institute of Arts Los Angeles absolvierte er das Filmstudium. Harald Bergmann
gehörte zur Masterclass von James Benning.
HARALD BERGMANN
07.11.2006 13:00:16 Uhr
ROLF DIETER BRINKMANN
In Vechta bei Oldenburg wurde Rolf Dieter Brinkmann 1940
geboren. Nach abgebrochener Gymnasialzeit begann er zunächst
eine Buchhändlerlehre in Essen und ging 1962 nach Köln, wo er
neben Gedichtbänden, Erzählungen und Hörspielen auch seinen
berühmtesten Roman »Keiner weiß mehr« veröffentlichte.
»Zwischen Haß und unverständlich bleibender Zärtlichkeit«
hat Rolf Dieter Brinkmann eine eigene und im wahrsten Wortsinn
revolutionäre literarische Ästhetik geschaffen. Nach ersten Veröffentlichungen in den 1960ern führte er ein höchst umstrittenes Schriftstellerleben. Neben einer handvoll weiteren Autoren
wurde er zunächst zur Kölner Schule des Neuen Realismus gezählt, einer Gruppe Schriftsteller um Dieter Wellershoff, die den
extremen Phänomenen der gesellschaftlichen Realität nicht
durch übersteigerten Zynismus, sondern durch schonungslos genaue Betrachtung beizukommen versuchten.
Gemeinsam mit Ralf-Rainer Rygulla gab Brinkmann 1969 »Acid.
Neue Amerikanische Szene« heraus,
eine Text-und Lyriksammlung, die
die amerikanische Beat-Literatur in
Deutschland populär machte. Doch
Rolf Dieter Brinkmanns Vertrauen
in die Sprache war tief erschüttert.
Gesellschaftliche Fragmentarisierung und die totale Zersplitterung
sozialer Gemeinschaft – für Brink-
mann waren dies Erfahrungen, denen die Methoden der klassischen
Moderne nicht mehr gerecht werden konnten. Sein Erzählverfahren
beschreibt Momentaufnahmen des
menschlichen Lebens und seziert
sie mit mikroskopischer Genauigkeit. Doch die sprachliche Großaufnahme verspricht nur scheinbar ein größtmögliches Ausmaß
an Wirklichkeit. Rolf Dieter Brinkmann ist als der kompromissloseste
aller literarischen Subjektivisten in die Geschichte eingegangen.
Wie kein anderer hat er Wahrnehmung und Gedanke kernfusioniert
und so die Gegenwart des Ichs gleichzeitig radikal behauptet und
infrage gestellt, gleichzeitig die extreme Nähe des Subjekts provoziert und den Leser von ihm entfremdet. Nichts war ungewisser als
das Gefühl und nie wusste der individuelle Mensch weniger über
sich selbst. In Zeitlupen, Stills, Überlendungen und Doppel- oder
Mehrfachbelichtungen schickte Brinkmann seine Protagonisten
auf die Suche nach einer glaubwürdigen Lebensgeschichte.
Durch die fotografisch genaue Beschreibung von Bewegungen,
Vorgängen, Dingen sowie Visionen und Erinnerungen und deren detailhafte Auflösung, die der Sprunghaftigkeit von Wahrnehmung
und Gedanke entspricht, entsteht eine zeitliche Zerdehnung, in
der sich äußere und innere Eindrücke zu einem unablässigen
Fluss der Bilder vermischen, die nicht eine Wirklichkeit abbilden, sondern sie zu allererst im Kopf entstehen lassen. Die totale
Subjektivierung schlägt um in EntIndividualisierung, die eigene Unbestimmtheit wird zur Unbestimmtheit
der Umgebung und andersrum.
In sprachlich gewaltigen Energiestößen werden dabei sinnstiftende
Zusammenhänge auseinander gerissen, um dann in neuer Formation
wiederzuerstehen. Als erster deutschsprachiger Schriftsteller hat Brinkmann bewusst die Erzähltechniken
des Films in seine Texte eingearbeitet. Mit Zoom, Schnitt und
Großaufnahme vergrößert und überdimensioniert er einfachste
Erfahrungen, entreißt sie ihren selbstverständlichen Zusammenhängen bis sie sich gleichsam verselbstständigen. Doch nicht nur
Erfahrungen, auch Gegenstände des Alltagslebens werden überhöht und erscheinen in ihrer bloßen Anwesenheit als existentielle Bedrohung.
Als Stipendiat der Villa Massimo verbrachte Rolf Dieter Brinkmann das Jahr
1973 in Rom. 1974 arbeitete er als Gastlektor an der Universität Austin in Texas.
Nach einem skandalträchtigen Fernsehauftritt, bei dem Brinkmann Marcel ReichRanicki beschimpft und bedroht hat,
bricht er vollständig mit dem deutschen
Literaturbetrieb, konzentriert er sich auf
andere Medien und schreibt »Der Film in
Worten«. Angewidert von der sich verbürgerlichenden 68er-Bewegung und
der Konsumassimilierung der Popkultur, zieht er sich aus der Öffentlichkeit
zurück. An dieser Stelle setzt Harald
Bergmanns Film an. Brinkmann beginnt
eine Materialschlacht, produziert massenhaft Instamatic-Fotos, Super8-Filmrollen, bespricht mit einem vom WDRgeliehenen Rekorder 12 Stunden Tonbandmaterial, sammelt
Zeitungsausschnitte und Postkartenmotive, die er in den heute
legendären Cut-Up-Werken »Westwärts
1&2«, »Schnitte« und »Rom, Blicke« zusammengefügt hat.
1975 wird Brinkmann zu einer Lesung
nach Cambridge eingeladen. Kurz darauf
kommt er bei einem Verkehrsunfall in
London ums Leben. Im selben Jahr wird
ihm posthum der Petrarca-Preis verliehen.
Heute gilt Brinkmann als literarische
Kultfigur. Ein fragwürdiges Erbe bescherte
ihm die Generation des popliteratischen
Mainstreams, die Brinkmanns revolutionäres stilistisches Potential aufsaugten
und für ein Massenpublikum salonfähig
machten.
BRINKMANNS CUT UP
TECHNIK & METHODE
In den Jahren zwischen 1967 und 1970 begann Rolf Dieter
Brinkmann seinen Begriff von der Sprache, als Basis jeder Verständigung, auch der Selbst-Verständigung, grundätzlich zu
ändern. In dem 1970 begonnenen Aufsatz »Notizen und Beobachtungen vor dem Schreiben eines zweiten Romans« beschreibt
Rolf Dieter Brinkmann diese Veränderung als Krise, die für ihn
in der Konsequenz so grundlegend war, dass sie ihm die ganze
Produktion von Literatur fragwürdig machte. In der Folge suchte
Brinkmann die Haltung, aus der heraus er schrieb, neu zu bestimmen und sein eigenes ästhetisches Handeln auf eine neue
Grundlage zu stellen.
Dieser Prozess, das Anrennen gegen die eigenen Grundlagen,
gegen Denk- und Schreibgewohnheiten, gegen Verwertungszwänge und Thematiken, veranlaßte ihn, sein Schreiben verstärkt in
einer Technik des Cut-Up aufgehen zu lassen, wie man es insbesondere aus »Schnitte« und »Rom, Blicke« kennt.
Es ist von Bedeutung, dass die Arbeiten Brinkmanns Cut-UpSeiten sind und keine assoziativen Collagen. Sie berufen sich auf
eine spezifische Methode und deren Systematik.
Brinkmanns Werke aus den 70er Jahren beziehen sich auf diese Krise und Erschütterung, die zu einer gewaltigen Anstrengung
führte, mit der der Dichter eine Antwort oder einen Ausweg zu erzwingen versuchte. Kritisch war dabei nicht allein der krisenhafte
Zustand des Subjekts, sondern die Beschreibung der häßlichen
Welt und die zwangsläufig häßliche Beschreibung ihres Zustands.
Der Film »Brinkmanns Zorn« beruht auf dem medialen Nachlass Rolf Dieter Brinkmanns. Die Originaltonbänder, die Brinkmann besprochen hat, liefern die Tonspur des Films. Eckhard
Rohde, Schriftsteller, Brinkmann-Kenner und Schauspieler, spielt
synchron zu den Originaltönen. Er hat sich mit Brinkmanns Sprache auseinandergesetzt, dessen Sprechweise analysiert und sich
die Eigenarten dieser Sprech- und Schreibweise angeeignet. Sein
körperliches Agieren im Film schafft die unmittelbare und exakte
Wiederbelebung der körperlosen Stimme. Bis in die kleinteiligste
Atemlosigkeit, Erschöpfung oder Erregung hinein korrespondieren Stimme und Schauspieler. Brinkmanns Tonbandaufzeichnungen, Dokumentationen seiner Rundgänge durch Köln sowie
seiner familiären Lebenswelt, werden so für den Zuschauer visualisiert. Die Konflikte und Leidenschaften des Dichters Rolf Dieter
Brinkmann werden in ihrer Direktkeit und Unmittelbarkeit bewahrt, aber auch durch die visuelle Gestaltung konkretisiert und
in greifbare Nähe gerückt.
Durch die ein- und erstmalige Verknüpfung von Hörfilm, Dokumentation und Spielfilm entsteht eine neue Art der filmischen
Biographie. Fiktion und dokumentarisches Material gehen eine
symbiotische Verbindung ein und schaffen so eine beeindruckende Nähe zwischen dem Zuschauer und der erzählten Geschichte.
PRESSESTIMMEN
»Man greift nicht zu hoch, das Ergebnis einen Meilenstein
verfilmter Literatur zu nennen.«
Frankfurter Rundschau
»Ein Meisterwerk an Genauigkeit und Stimmigkeit.«
Frankfurter Allgemeine Zeitung
»Ein kleines Wunder.«
Aus dem Arbeitsbuch »Schnitte«, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1988
Presseheft Brinkmann.indd 2
StadtRevue Köln
07.11.2006 13:00:28 Uhr