Musikfilm Klassiker

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Musikfilm Klassiker
CLUB PASSAGE
PROGRAMMKINO
Musikfilm
Klassiker
In diesem Monat zeigt der CLUB PASSAGE Filme,
die einen mehr oder weniger ausgeprägten
Kultstatus besitzen, vermitteln sie doch etwas vom
Geist, der Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre
die Jugend zumindest der westlichen Zivilisationen
bewegte.
Monaten Drehzeit. Die sentimentale, farbenfrohe
Mischung aus schönen Bildern, sehnsuchtvollmelancholischer Musik (komponiert und gesungen
von Neil Diamond) und einer eigenwilligen
Lebensphilosophie hart am Rande zum Kitsch
wurde zu einem Kultfilm; durchaus in der Lage,
einem gefühlsschwärmerischen Publikum Tränen
der Rührung zu entlocken.
„Jesus Christ Superstar“
(USA) ist eine
Rockoper,
über
deren
Verhältnis
zum
Gründungsvater des Christentums Textautor Tim
Rice damals sagte: „Wir gingen von dem
Standpunkt an die Oper heran, in Christus den
Menschen weit mehr als den Gott zu sehen. Wir
taten dies, ohne irgendjemandem seinen Glauben
an Christus nehmen zu wollen“.
Schon seit einem Jahr feierte die Rockoper „Jesus
Christ Superstar“ des britischen Erfolgsteams Tim
Rice/ Andrew Lloyd Webber große Erfolge an einer
New Yorker Theaterbühne, als sich der Regisseur
Norman Jewison („In der Hitze der Nacht“) 1972 zu
einer Verfilmung entschloss.
Einer dieser Filme ist zweifellos der 1973 gedrehte
Film „Die Möwe Jonathan“ (USA) von Hall
Bartlett. Er erzählt auf der Basis des gleichnamigen
Buches von Richard Bach die Lebensgeschichte der
Möwe Jonathan, beobachtet sie bei ihren
abenteuerlichen Flügen zwischen Himmel und Erde
und schildert ihre Gedanken und Träume, ihre
Philosophie und ihr Bemühen, anders zu sein und
zu leben als die übrigen Mitglieder ihrer Familie; aus
der Gruppe auszuscheren und die eigene Freiheit
zu verwirklichen.
Die Vorgeschichte zu dem Film „Die Möwe
Jonathan“ („Jonathan Livingston Seagull“) begann
1959, als der Autor Richard Bach an einem nebligen
Abend die kalifornische Küste entlang wanderte und
dabei die Idee zum Buch hatte. Der ehemalige
Jagdflieger und Autor von zahlreichen Büchern und
Artikeln über das Flugwesen ließ sich indessen bis
1970 Zeit, bevor er das Werk heraus brachte,
welches sich innerhalb von zwei Jahren zu einem
Bestseller entwickelte.
Manche Quellen sprechen davon, dass das
Bühnenstück (in einer anderen Fassung spielte
übrigens Deep-Purple-Shouter Ian Gillan den
Jesus) auf Betreiben konservativ-kirchlicher Kreise
in Auftrag gegeben worden sei, die daran
interessiert waren, der Jugendbewegung der 70er
Jahre die Werte der christlich-abendländischen
Gesellschaft wieder näher zu bringen (wer denkt
hier nicht an die derzeit in unserem Land geführten
Diskussionen um eben diese Werte...?). Damals
beklagte
Billy
Graham,
selbst
ernanntes
„Maschinengewehr Gottes“ in seiner Eigenschaft als
medienwirksamster Prediger seiner Zeit die
Verweichlichung einer Generation, die offenbar
Besseres zu tun hatte, als sich in einen
mörderischen und schmutzigen Krieg schicken zu
lassen. Weil, die „Jugend von damals“ hatte ihre
Grenzen gesprengt und setzte dem Establishment,
welches profitgierig und Menschen verachtend den
Vietnamkrieg entfesselt hatte, ihre Weigerung mit
love, peace (drugs...) & rock’n’roll entgegen. Und so
konnte das Phänomen beobachtet werden, dass
Den Film „Die Möwe Jonathan“ realisierten
Regisseur Bartlett und Autor Bach mit ganzen
Schwärmen dressierter (!) und wilder Seemöwen
sowie mit einem Budget von 1,5 Millionen $ in 10
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sich gerade die zu „läuternde“ Zielgruppe mit der
sehr frei nach der Bibel (genauer: dem Neuen
Testament) gestalteten Jesus-Figur solidarisierte,
welche letztlich an ihrem hohen Ideal einer
lebenswerten,
menschlichen
Gesellschaft
scheiterte.
Ironischerweise
hatte
diese
modernisierte Fassung der Passionsgeschichte
nicht zuletzt wegen der den Zeitnerv treffenden
Musik einen Riesenerfolg, der sich in eben so
riesigen Gewinnen für Film- und Plattenindustrie
niederschlug.
einer einmalig zu nennenden Konzert-Doku. “The
Band – The Last Waltz” (USA), so der Titel
auch des Abschiedskonzertes, das die CountryRock-Gruppe „The Band“ am Thanksgiving Day
1976 in der Winterland Hall San Francisco gab und
damit an eben jenen Ort zurück kehrte, an dem 15
Jahre zuvor ihre Karriere mit dem ersten großen
Auftritt begonnen hatte. Das sieben Stunden
dauernde Konzert wurde von Scorsese auf 117
Minuten komprimiert, für den Schnitt nahm sich der
Meister ein Jahr Zeit. Der Konzertfilm vereint „The
Band“ (mit den Musikern Rick Danko, Levon Helm,
Garth Hudson, Richard Manuel und Robbie
Robertson) und eine Reihe illustrer Gäste aus allen
Sparten: Bob Dylan, Dr. John, Emmylou Harris, Eric
Clapton, Joni Mitchell, Muddy Waters, Neil
Diamond, Neil Young, Paul Butterfield, Ringo Starr,
Ron Wood, Ronnie Hawkins, The Staples und Van
Morrison. Zwischen die einzelnen Nummern schnitt
Scorsese Interviews mit den Mitgliedern der
liebevoll als „Huckleberry Finn der Rockmusik“
bezeichneten Truppe, die launige – mal pikante, mal
nostalgische – Anekdoten aus der Bandgeschichte
zum Besten geben. Die filmische Liebeserklärung
an den Folk-Rock der 60er und 70er Jahre –
aufgenommen in den Kulissen einer „La Traviata“Inszenierung – dokumentiert zugleich den Abschied
von einer Epoche der Rockmusik: „The Band“ als
authentische – und zugleich letzte demokratische solche. Hier hatte jeder seine Rolle, niemand war
der Star.
Der ausschließlich in Israel gedrehte Film, in
welchem Ted Neeley den Jesus verkörpert, erzählt
in 27 musikalischen Szenenbildern von der Reise
einer Gruppe junger Leute, die in der Wüste Negev
– im Heiligen Land - das Leben und Sterben Jesus’
schildern. Besonderer Wert wurde dabei auf die
Darstellung der Machtkonstellationen zwischen dem
Prokurator von Judäa, Pontius Pilatus, und dem
jüdischen Sanhedrin, dem Hohen Rat, gelegt. (In
der Theologie doch offenbar vernachlässigt, wird
hier übrigens auch der Verrat des Judas hinterfragt
– wie kann man einen Menschen verurteilen,
dessen Handeln doch – wie alles nach dem Plan
des Schöpfers – vorher bestimmt ist, also nicht
seiner freien Entscheidung unterliegt...)
Jewisons Filmversion, eine Mélange aus Musical
und Rockmusik, wurde in kürzester Zeit zum
Kultfilm und gilt wie später auch „Tommy“ und „Hair“
als ein Dokument der Jugendbewegung der 70er
Jahre. Die ungebrochene Faszination des Jesus
von Nazareth indessen wird immer wieder auch
Jesus-Filme hervor bringen, wie in jüngster Zeit der
gebürtige Australier Mel Gibson mit „Die Passion
Christi“ zeigte.
Der Perfektionist Martin Scorsese plante alle
Aufnahmen zu “The Band – The Last Waltz”
minutiös voraus (der Drehplan umfasste 300
Seiten...) und überließ nichts dem Zufall. Einzelne
Shots wurden bis ins Detail einstudiert; so erinnert
sich Emmylou Harris, sie habe allein für ihren
dreiminütigen Auftritt im Film zwölf Stunden
geprobt...
Für DDR-Jugendliche war der Film damals ein
schier unglaubliches Ereignis; denn wann konnte
man – noch dazu in Dresden – eine derart geballte
Ansammlung hoch verehrter Musikpromis, wenn
schon nicht live, dann doch wenigstens in bewegten
Bildern, erleben?
Es folgen zwei Filme, von denen – längst überfällig
und doch kaum noch erwartet – nach langen Jahren
neue Kopien hergestellt wurden, die nun wieder in
die Kinos kommen und zeigen, was nicht zuletzt die
DDR-Jugend in den 70ern begeisterte.
Regie-Legende Martin Scorsese hatte sich mit
seiner Arbeit als Cutter und zweiter Regisseur des
„Woodstock“-Films längst auch in Musikerkreisen
einen Namen gemacht; im Jahre 1978 nun stellte er
in einem eigenen Film die Musik in den Mittelpunkt
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Das US-amerikanische Kino brachte 1969 drei
Filme auf die Leinwand, die trotz unterschiedlicher
Genres vieles gemeinsam haben: Sie erzählen von
einer Zeit, in der junge Leute zwar Spaß, aber
(anders
als
heute)
mehr
als
nur
die
Spaßgesellschaft im Sinn hatten, sie handeln von
Träumen
und
von
Auflehnung
gegen
Althergebrachtes - und sie beinhalten Songs, die
noch
heute
Superhits
sind.
„Woodstock“
dokumentierte
das
gleichnamige
legendäre
Rockfestival, das mit seinen 400 000 Besuchern
zum Symbol des Aufbruchs einer ganzen Epoche –
„With a little help of my friends“ - wurde. Auf der
Bühne sangen und spielten die bedeutendsten
Rockgrößen der Zeit, deren Lieder von den Idealen
der neuen Generation handelten, die auch vor der
Bühne saß. Und man protestierte gegen den
barbarischen Vietnamkrieg wie Jimi Hendrix, der mit
seiner E-Gitarre die Nationalhymne seines Landes
akustisch zerfetzte.
studiert. Er frönt begeistert dem Rudersport und
kümmert sich überhaupt nicht um Politik.
Das ändert sich aber, als er zufällig in eine
Protestveranstaltung gerät und dabei die hübsche
Linda (Kim Darby) kennen lernt, die Che Guevara
verehrt und sich emsig an den Studentenunruhen
beteiligt. Nun ist Simon mitten im Geschehen –
welches frohes Jugendleben keinesfalls ausschließt
- und gemeinsam nehmen Simon und Linda mit
ihren Kommilitonen an der Besetzung der Uni teil.
Denn Freiheit und Gleichheit sind bedroht und
Widerstand somit die allererste Bürgerpflicht. Der
Rektor fordert die Studenten auf, die Besetzung
abzubrechen – ohne Erfolg: die jungen Leute
antworten mit einem Sit-In in der Turnhalle. Wenig
später fällt die Staatsmacht mit Schlagstöcken und
Tränengas brutal über die Studenten und
Studentinnen her.
Der Originaltitel des Films - „The Strawberry
Statement“ – nimmt Bezug auf die Äußerung eines
Offiziellen, für den die Beweggründe der Studenten
etwa den Stellenwert haben wie die Tatsache, dass
Erdbeeren rot seien...
Der Soundtrack des Films enthält außer John
Lennons programmatischem „Give peace a chance“
auch einige Meilenstein-Songs des Superquartetts
Crosby, Stills, Nash & (sometimes) Young, darunter
das legendäre „Helpless“.
Der faszinierende Film über die 68er in den USA
wurde 1970 in Cannes mit dem Sonderpreis der
Jury geehrt - und er erreichte Kultstatus auch unter
der DDR-Jugend, die allerdings erst rund 20 Jahre
später ihre Rebellion erleben durfte.
Im Road-Movie „Easy Rider“ sind es drei
Aussteiger, die den Nerv einer sich von der
Gesellschaft abwendenden Jugend treffen, indem
sie – „Born to be wild“ – die Ideale des alten
Amerika, ein ungezwungenes und ungebundenes
Leben in Freiheit, jenseits hinterwäldlerischer
Spießigkeit suchen.
Kein reiner Musikfilm, aber mit Story und
Soundtrack
auch
ein
Kultdokument
der
Endsechziger Jahre ist der dritte Film: „Blutige
Erdbeeren
–
The
Strawberry
Statement“ (USA 1969) von Stuart Hagmann.
Den realen Hintergrund des Films bildeten die
amerikanischen Studentenunruhen 1968 in den
Vereinigten Staaten. Nach der gewaltsamen
Räumung der von Studenten besetzten Universität
Columbia griffen die Proteste gegen das den
persönlichen
Spielraum
einschränkende
Bildungssystem eines starren Staates, der zudem
den Krieg gegen Vietnam zu verantworten hatte, auf
das ganze Land über.
Im Mittelpunkt des Films steht Simon (Bruce
Davison), der an einer amerikanischen Universität
B.R.
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