Zukunft schaffen
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Zukunft schaffen
Dezember 2013 Liebe Spenderin, lieber Spender! Nach der diesjährigen Einschätzung des Stockholmer Friedensforschungsinstitutes SIPRI hat Deutschland inzwischen den dritten Platz unter den weltweiten Waffenexporteuren erreicht und liefert diese hauptsächlich in den Nahen Osten. Wirkliche Freunde oder gar Frieden gewinnen wir dadurch nicht. Dagegen versuchen wir von Cap Anamur mit mutigen Mitarbeitern Verletzten und Hungernden in Kriegs- und Krisengebieten mit der „humanitären Waffe der Menschlichkeit“ zu helfen. Heute berichten wir Ihnen über unsere beglückende Ausbildung von Hebammen und Krankenschwestern als Hoffnungsschimmer in Afghanistan, über unsere nachhaltige Hilfe für das Volk der Nuba im Sudan sowie vom Wiederaufbau in Uganda. Diese Zeichen der Hoffnung könnten als weihnachtliche Leuchtreklame in die Welt gehen. Mit Ihrem Beitrag, liebe Leser, liefern Sie dazu unseren beharrlichen Helferinnen und Helfern die nötige „alternative Energie“. Unser Cap-AnamurTeam dankt Ihnen dafür herzlich und wünscht Ihnen ein friedliches, unbeschwertes Weihnachtsfest, Gesundheit und ein gutes neues Jahr 2014! Dr. Werner Strahl Vorsitzender Ihr Werner Strahl Zukunft schaffen Gute Nachrichten aus Afghanistan sind selten. Fast immer geht es um die Bedrohung durch die Taliban, Entführungen, Anschläge oder Feuergefechte. Darum, wie sinnvoll der Bundeswehreinsatz ist, wird seit seinem Beginn gestritten; die Bilanz nach zehn Jahren ist bestenfalls durchwachsen. Und welche Entwicklung Afghanistan nach dem Abzug der NATO-Truppen nehmen wird, ist ungewiss und treibt Politikern wie Experten die Sorgenfalten auf die Stirn. Umso bedeutender erscheinen vor diesem Hintergrund jene vereinzelten Berichte, die von positiver Veränderung erzählen. Eine solche Erfolgsgeschichte schreiben seit fünf Jahren die jungen Frauen, die am Cap-Anamur-Ausbildungsprogramm teilnehmen. Dieses Projekt ist ein Lichtblick für Mädchen und Frauen in Afghanistan, für die Gewalt, Unterdrückung und Angst zum Alltag gehören. Insgesamt haben bereits 114 Frauen an der staatlich anerkannten Ausbildung zur Hebamme oder Gemeindekrankenschwester teilgenommen beziehungsweise befinden sich noch in dem zweijährigen Lehrgang. 2009 hat Cap Anamur das Programm für Geburtshelferinnen ins Leben gerufen, denn Afghanistan leidet unter einer der höchsten Mutter-/Kindsterblichkeitsraten weltweit. Cap Anamur bildet junge Frauen in Afghanistan zu Hebammen und Krankenschwestern aus. Alle zwei Stunden stirbt eine Frau bei der Geburt, etwa 24.000 Todesfälle sind es pro Jahr. Schon kleine Komplikationen können tödlich enden. Unsere Hebammen leisten hier einen oft lebensrettenden Beitrag. Ursache für diese erschreckenden Zahlen sind die großen Versorgungslücken im Gesundheitssystem: Auf 10.000 Einwohner kommen durchschnittlich gerade einmal zwei Ärzte und 4,2 Krankenhausbetten. Nur zwei Drittel der ländlichen Bevölkerung hat überhaupt Zugang zu medizinischer Versorgung. Hinzu kommt, dass bisher medizinische Berufe „Männersache“ waren. Das Prekäre daran: Männlichem Personal ist es verboten, Mädchen und Frauen zu behandeln. Deswegen hat Cap Anamur ergänzend im Jahr 2011 das Ausbildungsprogramm für Krankenpflegerinnen eingerichtet. Es ist eine der ersten Krankenpflegeausbildungen, die von einer nichtstaatlichen Organisation ausgerichtet und finanziert wird. Unsere Auszubildenden stammen allesamt aus ländlichen Regionen und kehren nach ihrem Abschluss mit ihrem Fachwissen zurück in ihre medizinisch unterversorgten Heimatdörfer. Für die Frauen ist dies eine einmalige Gelegenheit, denn den meisten Afghaninnen bleibt der Zugang zu Bildung versperrt: Rund 85 Prozent von ihnen sind Analphabetinnen. „Diese Ausbildung ist eine riesige Chance für mich“, sagt die 22-jährige Azize Jumahan, eine der CapAnamur-Krankenschwestern. „Ohne die Hilfe von Cap Anamur hätte ich niemals Krankenschwester werden können. Für meine Familie sind die Ausgaben für Unterkunft, Essen, Beförderung und Lehrmaterial schlicht unbezahlbar.“ Während die Hebammenausbildung sehr erfolgreich bereits im dritten Jahrgang läuft, haben die ersten 40 Gemeindeschwestern im September ihre Examen- surkunde entgegen genommen. Schon in den kommenden Wochen werden sie das Erlernte in der Praxis anwenden. Dabei sind sie aufgrund des Ärztemangels in den ländlichen Regionen in der Regel auf sich allein gestellt. Doch in den vergangenen zwei Jahren haben sie in Theorie und Praxis alles gelernt, was sie für die medizinische Basisversorgung benötigen. Zu ihren Aufgaben gehört auch Aufklärungsarbeit. Sie vermitteln den Dorfbewohnern wichtige Informationen zur Gesundheitsprophylaxe: Die Bedeutung von Impfungen, Hygiene und Ernährung gehören zu den wichtigsten Themen. Die Hebammen- und Krankenpflegeschülerinnen sind voller Freude und Stolz, einen wichtigen Beitrag zur medizinischen Versorgung zu leisten. „In den vergangenen zwei Jahren habe ich nicht nur einen Berufsabschluss geschafft, sondern ich habe auch sehr viel an Selbstbewusstsein gewonnen“, erzählt die 30-jährige Makay Amin bei der Urkundenübergabe strahlend. „Die Wissbegierde, der Fleiß und die Aufgewecktheit unserer Auszubildenden begeistern uns immer wieder. Nicht ohne Grund haben wir bereits die Weichen für den nächste Ausbildungsjahrgang gestellt“, so Faisal Haidari, der das Projekt für Cap Anamur betreut und den Frauen persönlich bei der Abschlussfeier gratulierte. „Es ist ein Projekt mit Modellcharakter, das wir über die Grenzen der Provinz Herat ausweiten möchten.“ Die Gesamtkosten der zweijährigen Ausbildung für eine Hebamme oder Krankenschwester betragen samt Lehrmaterial, Unterkunft und Verpflegung 3.200 Euro – eine gute Investition in die Zukunft Afghanistans! Unser Engagement in Afghanistan Im Rahmen unseres langjährigen Einsatzes in Kunduz, Takhar und in der Provinz Herat haben wir mit Hilfe der einheimischen Bevölkerung feste Strukturen geschaffen: 35 Schulen und sechs Krankenhäuser beziehungsweise Health Center hat Cap Anamur in den letzten elf Jahren in Afghanistan gebaut – und alle sind nach wie vor in Betrieb. Abschied und Neubeginn Erfolgreich abgeschlossen ist ein Projekt, wenn wir uns selbst überflüssig gemacht haben. In Uganda ist es in diesen Wochen soweit: Das Krankenhaus in Orungo wird in die Hände der einheimischen Kollegen übergeben. „Zwar ist es immer auch ein wenig traurig, sich nach so vielen Jahren aus einem Projekt zu verabschieden, doch Freude und Stolz überwiegen deutlich“, sagt Alfred Pfeifer. Der Krankenpfleger aus München hat den Ausbau des Krankenhauses von Beginn an betreut. Vor etwa neun Jahren reiste erstmals ein Cap-Anamur-Team nach Orungo, in den Norden Ugandas, um Flüchtlinge medizinisch zu versorgen. An der Grenze zum Rebellengebiet trieb die LRA (Lord‘s Resistance Army) nach jahrelangem Bürgerkrieg noch immer Tausende von Menschen in die Flucht. Rund 20.000 Menschen lebten dort ohne medizinische Versorgung in einem Flüchtlingslager. Zunächst als Nothilfeprojekt geplant, entwickelte sich unsere Arbeit einige Monate später zum Ausbau des 80 Betten großen, teils baufälligen Health Centers, das für die Vielzahl an Patienten bei Weitem nicht ausreichte. Patienten wurden provisorisch in stickigen Zelten versorgt, die ohne festen Boden auf der lehmigen Erde standen. Nicht jedes Bett hatte eine Matratze und Strom und fließendes Wasser gab es nur wenige Stunden am Tag. Seitdem ist viel passiert: Heute finden 100 stationäre Patienten in den teils sanierten, teils neu errichteten Gebäuden Platz. Ein Generator versorgt die Einrichtung zuverlässig mit Strom, so können die technischen Geräte betrieben und Blutkonserven rund um die Uhr gekühlt werden. Ein Brunnen mit Hand-Hebelpumpe ist die Trinkwasserquelle für viele hundert Menschen aus der Umgebung. Wir haben eine allgemeinmedizinische Station errichtet, einen Untersuchungsraum und ein Labor eingerichtet und zum Abschluss eine separate Entbindungsstation gebaut. Die Schulung der einheimischen Kolleginnen und Kollegen gehörte ebenso zu unserer Arbeit wie Aufklärung in Sachen HIV und Gesundheitsprophylaxe zu leisten. Zudem befinden sich rund 1.000 HIV- und Tuberkulose-Patienten in ambulanter Behandlung. In Uganda hat Cap Anamur ein Krankenhaus ausgebaut. „So ein medizinisches Dorf aus einzelnen, funktional voneinander getrennten Gebäuden hat viele Vorteile: Es passt sich sehr gut der jeweiligen Situation an und wächst mit dem Bedarf und der Akzeptanz der Menschen vor Ort“, erklärt Alfred Pfeifer. „Das Krankenhaus auf dem Stachelschweinhügel ist ein quirliger Ort, an dem die Menschen engagiert und gerne zusammenarbeiten. Neben der für diese Region ausgezeichnete medizinische Versorgung sind zahlreiche Arbeitsplätze entstanden. Besonders freuen wir uns, dass das Health Center durch die Einnahmen aus Behandlungen und Vorsorgeuntersuchungen wirtschaftlich unabhängig geworden ist – ein Modellbeispiel einer gelungenen Wiederaufbauhilfe.“ Kein ganzer Abschied Aus Orungo ziehen wir uns zurück, doch in Uganda bleiben wir: Nördlich des Kyogasees im Zentrum des Landes unterstützen wir das Krankenhaus von Lwala, das baulich in sehr schlechtem Zustand ist. Die Einrichtung ist die einzige in einem Umkreis von 100 Kilometern. Wir werden sie in den kommenden Jahren instandsetzen und das Personal fortbilden. Zwillingsquartett Zwillinge sind schon wegen ihrer Seltenheit immer etwas Besonderes. Umso überraschter war unser Team, dass ausgerechnet in den Nuba-Bergen innerhalb von drei Wochen gleich vier Zwillingspärchen geboren wurden. Die Menschen dort leben in einem Kriegsgebiet. Geografisch und politisch liegt die Region im Sudan, ethnisch und kulturell fühlen sich die Menschen jedoch dem Südsudan zugehörig. „Ausschreitungen, Unruhen und Bombenangriffe gehören für die Nuba zum Alltag“, erzählt Cap-Anamur-Geschäftsführer Bernd Göken, der selbst zweieinhalb Jahre in den Nuba-Bergen gearbeitet hat. „Umso hoffnungsvoller ist diese Nachricht, denn sie zeigt eindrucksvoll: Obwohl diese Menschen kaum humanitäre Unterstützung erhalten und mit vielen Entbehrungen leben, lassen sie sich ihr Leben nicht vom Krieg diktieren.“ Was zunächst ungewöhnlich klingt, ist gar nicht so selten: „Tatsächlich scheint der Anteil der Zwillingsgeburten in Extremsituationen wie Kriegszeiten anzusteigen“, berichtet die Hebamme Sabine Ndukwu. Sie war für Cap Anamur insgesamt dreieinhalb Jahre im Sudan und Kongo beschäftigt. Die drei Mütter Samia, Jalila und Najwa sowie ihre sechs Babys haben die Geburt allesamt gut überstanden. Einzig die beiden Söhne der vierten Mutter, der 24-jährigen Amani, mussten per Kaiserschnitt geholt werden. Ihre Babys waren mit je 1.800 Gramm so klein, dass sich erst während der Operation herausstellte, dass sie mit zwei Kindern schwanger war. Nach vier Wochen intensiver Pflege in unserem Krankenhaus in Lwere wiegen Hassan und Hessen beide mehr als zwei Kilo, trinken fleißig und haben eine Malaria und eine Lungenentzündung gut überstanden. Die Zwillingsgeburten ha- Amani hat die Zwillingsgeburt gut ben die vier Frauen viel überstanden. Kraft und Energie gekostet, doch inzwischen sind alle Familien wohlbehalten wieder Zuhause vereint. Helfen Sie werdenden Müttern in den sudanesischen Nuba-Bergen: Mit 80 Euro finanzieren Sie eine Rund-um-Schwangerschaftsversorgung – mit allen notwendigen Vor- und Nachuntersuchen, der Betreuung bei der Geburt sowie den Impfungen für das Neugeborene. Unsere Projekte: Afghanistan | Bangladesch | Madagaskar | Nordkorea | Sierra Leone | Sudan | Syrien | Uganda Unter www.cap-anamur.org finden Sie ausführliche Jahresberichte und viele weitere Informationen. Cap Anamur / Deutsche Not-Ärzte e.V. Thebäerstraße 30 50823 Köln Telefon: 0221 – 91 38 15 - 0 Fax: 0221 – 91 38 15 - 9 [email protected] www.cap-anamur.org www.facebook.com/CapAnamur Vorstand: Dr. Werner Strahl Dr. Werner Höfner Boris Dieckow Fotos: Jürgen Escher, Cap Anamur / Archiv Cap Anamur Spendenkonto: Sparkasse KölnBonn KTO: 2 222 222 BLZ: 370 501 98 IBAN DE85 3705 0198 0002 222222 SWIFT-BIC COLSDE33 Cap Anamur wurde vom Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) auch für das Jahr 2012 das Spendensiegel zuerkannt. Mit der Anerkennung wird die satzungsgemäße und sparsame Verwendung der Spendengelder bestätigt. 2012 lagen die Kosten für Verwaltung und Öffentlichkeitsarbeit bei sieben Prozent.