ERASMUS – ERFAHRUNGSBERICHT Universität Utrecht

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ERASMUS – ERFAHRUNGSBERICHT Universität Utrecht
ERASMUS – ERFAHRUNGSBERICHT
Universität Utrecht, Niederlande im Wintersemester 2010/2011
1. Vorbereitung
Zu einer guten Vorbereitung gehört es immer sich ein bisschen mit dem Land, den Leuten und
der allgemeinen Lebenssituation auseinander zu setzen. Man sollte vor Abfahrt einen
Sprachkurs belegen. Dies ist möglich an der Universität Bremen semesterbegleitend oder an
der Volkshochschule Bremen. Die meisten Leute sprechen zwar Englisch, allerdings hat man
die Sprache nach einem Sprachkurs ein wenig im Ohr, was einem im Supermarkt oder auf der
Straße oft eine große Hilfe ist. An einem Sprachkurs kann man allerdings auch über das
Erasmus-Programm einen Monat vor Vorlesungsbeginn in den Niederlanden teilnehmen
(EILC). Man sollte vielleicht auch wissen, wie hier Festtage gefeiert werden. Zum Beispiel
wird Weihnachten in den Niederlanden eher klein gehalten. Hier ist der wichtige Tag Sinter
Claas (vom 5. auf den 6.12), an dem die Kinder ihre Geschenke bekommen.
Man sollte vor der Abfahrt mit seiner Krankenkasse abklären, ob Leistungen im Ausland
bezahlt werden. Wenn man hier eine Auslandskrankenversicherung hat, wird dies aber nicht
bei jedem Arzt über die Karte abgerechnet, sondern man muss seine Rechnung bar bezahlen
und bekommt den jeweiligen Betrag von der Krankenkasse zurückerstattet. Die Techniker
Krankenkasse ist empfehlenswert, denn hier ist man innerhalb Europas versichert und braucht
keine weitere Auslandskrankenversicherung.
Eine Registrierung bei der Stadt ist erforderlich bei einer Aufenthaltsdauer von länger als 4
Monaten (wird aber von der Universität organisiert und geht recht schnell).
Man hat die Möglichkeit ein niederländisches Bankkonto zu eröffnen, was sehr
empfehlenswert ist. Für Studenten, die ein Jahr nach Utrecht gehen, gibt es ein kostenloses
Bankkonto. Für Studenten, die nur ein halbes Jahr hier sind, muss pro Quartal ein bestimmter
Betrag gezahlt werden. Die Eröffnung eines Bankkontos ist erst nach der Registrierung bei der
Stadt möglich! Ein niederländisches Bankkonto verschafft einem hier viele Vorteile, denn in
den meisten Supermärkten wie Albert Heijn kann man nicht mit deutscher Bankkarte bezahlen
und auch Bahnermäßigungskarten (40% KORTING) oder Online-tickets bekommt man nur
mit Bankkonto.
Eine Handykarte (Lebara) bekommt man an dem Informationstag an der Universität Utrecht.
Man sollte in den Niederlanden ein Fahrrad besitzen. Wenn man bereits ein Fahrrad hat und
dieses mitnehmen kann, kommt am günstigsten dabei weg. Fahrräder in den Fahrradshops
sind meist recht rostig und völlig überteuert. Man sollte allerdings nie ein Fahrrad kaufen, dass
einem auf der Straße angeboten wird! Meist kann man Fahrräder von ehemaligen
Austauschstudenten recht günstig erwerben. Leider werden hier sehr viele Fahrräder geklaut,
somit gilt: Habe immer ein Schloss mehr, als das Fahrrad neben deinem und kette es immer an
eine Laterne oder einen Zaun!
2. Wohnungssuche
Die Wohnungssuche in Utrecht ist sehr anstrengend. Es gibt hier latenten Wohnungsmangel,
was zu enormen Mietpreisen führt. Über die Universität kann man sich auf Zimmer in
Studentenwohnheimen bewerben (first come, first serve!) Man findet in
Studentenwohnheimen eigentlich ganz gut Wohnungen, muss aber damit rechnen, dass man
immer deutlich mehr bezahlt als niederländische Studenten. Ich habe Short-Stay-Solutions &
Co nicht in Anspruch genommen, da ich meinen Hund dabei hatte. In Wohnheimen sind Tiere
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nicht erlaubt. Wenn man auf eigene Faust eine Wohnung sucht, sollte man immer an den
Anschlagsbretter in der Uni oder im U-blad (Uni-Zeitschrift) nachschauen. Auch
www.kamernet.nl und ähnliche Webseiten können hilfreich sein. Es besteht auch die
Möglichkeit einen Makler aufzusuchen, was vielleicht eine entspannte, aber sicherlich auch
die teuerste Möglichkeit ist. Für die Wohnungssuche vor Ort kann man sich auf dem Utrechter
Campingplatz oder in einem Hostel einquartieren. Man muss in Utrecht auf jeden Fall mit
320,- bis 400,- € Miete monatlich für ein WG-Zimmer rechnen und meist ist es das leider
nicht wert. Man hat auch die Möglichkeit in Zeist ein Zimmer zu nehmen, die Mietpreise
unterscheiden sich allerdings nicht von den Utrechter Mietpreisen.
Die Unterkünfte an sich sind nicht besonders luxuriös. Die Bausubstanz der meisten Häuser
(gerade in der Innenstadt) ist alt, die Fenster nur einfach verglast und die Wohnungen sind mit
dem nötigsten ausgestattet. In der Regel hat hier jedes Haus Mäuse, wovon die meisten
konsequent um jede Falle herumlaufen. Die meisten Leute hier haben Katzen (auch in
Restaurants, Bars oder Klamottenläden), um der Plage ein wenig Herr zu werden.
3. Utrecht
Utrecht ist eine kleine Stadt in mitten der Randstad. Amsterdam, Rotterdam, Den Haag und
andere Städte sind in max. einer Stunde Zugfahrt zu erreichen, somit kann man viele Ausflüge
machen. Auch in der Utrechter Umgebung kann man schöne Fahrradtouren z.B. nach
Amsterdam machen (30km). Hier leben 300000 Einwohner, wovon ein Drittel Studenten ist.
Man hat in der Innenstadt viele Geschäfte (jeden 1. Sonntag im Monat und den kompletten
November gibt es kaufoffene Sonntage). Supermärkte wie Lidl oder Aldi haben mit
Deutschland vergleichbare Öffnungszeiten; Albert Heijn hat jeden Tag auf. Wenn man die
Rabattaktionen im Albert Heijn auch genießen möchte, gibt es eine kostenlose Bonus-Karte
am Info-Stand in jedem Markt. Es gibt viele Cafés, Bars und Clubs. Fitnessstudios sind relativ
teuer (außer Olympos an der Uni, aber nur für Studenten), aber man kann Fahrrad- oder
Kanutouren unternehmen oder Laufen gehen. Das Leben an sich ist Alles in Allem deutlich
teurer als in Deutschland.
4. Allgemeine Informationen zur Partnerhochschule und speziell zum Fachbereich der
Geowissenschaften
Die Universität Utrecht ist ein sehr großer Campus mit den verschiedensten Fakultäten. Sie ist
zum Teil in der Innenstadt (Geisteswissenschaften) und die Fakultäten, die mehr Platz
benötigen wie Tiermedizin oder Geowissenschaften, befinden sich am Uithof, östlich der
Stadt. Der Uithof wird von verschiedenen Buslinien angefahren, ist aber mit dem Fahrrad auch
nur 20 Minuten vom Stadtzentrum entfernt. Für den Bus benötigt man entweder eine sog.
Strippenkaart oder eine OV-Chipkaart, mit der man dann im Bus ein- und aus-checkt.
Internationale Studenten bekommen weder ein Semesterticket noch Bahnvergünstigungen. An
der Uni gibt es diverse Möglichkeiten zu essen, allerdings ist man in den Niederlanden mittags
nur eine Kleinigkeit (Sandwich), abends kann man aber auch etwas Warmes in der Mensa
bekommen. Um sich etwas zu essen oder einen Kaffee kaufen zu können, benötigt man eine
Karte, auf die man Guthaben aufladen kann. Die Bibliothek an der Uni ist riesig und der
Fachbereich Geowissenschaften hat nochmal seine eigene Bibliothek im TNO-Gebäude. Die
Vorlesungen und Praktika finden für die Geowissenschaftler im Unnik-, Minneart- und GeoGebäude statt.
Man hat zu Beginn des Semesters einen Einführungstag, an dem einen Campus aber auch
Stadt gezeigt werden. Es werden einem gleich zu Beginn wertvolle Tipps gegeben und man
lernt direkt Leute kennen. Hier bekommt man auch alle Unterlagen zur Stadtregistrierung und
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muss ein paar Unterlagen für die Universität z.B. Notfalladressen ausfüllen. Es gibt eine
studiengangsübergeordnete Organisation (ESN), die Parties oder Daytrips organisiert und über
die man internationale Studenten auch aus anderen Fachbereichen treffen kann.
Der Studipunt des Department of Geosciences ist der Ansprechpartner für alle
Geowissenschaftler. Hier gibt es nochmal eine Einführung, in der man alles Wichtige zum
Fachbereich, Ferien, Notenumrechnung, Anwesenheitspflicht und zum Bestehen der
Prüfungen erfährt. Man wird gut betreut und bei Problemen jeglicher Art kann man sich
immer an die Mitarbeiter des Studipunts wenden.
Im Fachbereich gibt es 2 Studentenorganisationen, bei denen man immer Kaffee und Rabatt
auf Fachbücher bekommt und von denen Partys organisiert werden. Speziell für internationale
Studenten gibt es EGEA, die ein Kennenlernwochenende, Daytrips, Partys, einen monthly
Drink oder jeden Mittwoch ein Toasty-Lunch organisieren. Man wird herzlich aufgenommen
und lernt sehr schnell Leute kennen.
5. Akademisches Leben
Ich habe in Utrecht am Masterprogramm Geobiologie teilgenommen, was im Allgemeinen
schon ein internationaler Studiengang ist und deshalb auch auf Englisch unterrichtet wird.
Soweit ich weiß, gab es im Bachelor für Geowissenschaften nur ein begrenztes Angebot an
englischen Kursen, während in der Humangeografie und Stadtplanung das Angebot wohl
etwas größer ist.
Das Semester in den Niederlanden ist in 2 Perioden aufgeteilt, zwischen denen man eine
Woche frei hat (hier schreibt man allerdings in der Regel seine Prüfungen). In jeder Periode
hat man 2 Fächer mit jeweils 2 Vorlesungen und 2 Praktika die Woche. Jede Vorlesung dauert
90 Minuten mit einer 15 minütigen Pause. Das Praktikum dauert ca. 2 Stunden, in denen man
vom Dozenten und weiteren Doktoranden betreut wird. In der Regel handelt es sich um
Computer-Praktika. Praktikumsberichte müssen jede Woche bzw. regelmäßig abgegeben
werden. Sie werden entweder bewertet und fließen effektiv in die Endnote ein oder sind
Prüfungsvorleistung. Es werden in der Regel 1-2 Prüfungen pro Fach geschrieben (Midterm
und Final Exam), welche mit anderen Leistungen wie Präsentationen oder Berichten die
Endnote ergeben. Jedes Fach zählt 7,5 Credit Points. Man hat Anwesenheitspflicht sowohl in
der Vorlesung als auch im Praktikum (Höchstens 2 Fehltage) und auch nur eine Möglichkeit
die Prüfung bei Nichtbestehen zu wiederholen. Die Dozenten haben 10 Werktage Zeit für die
Korrektur.
Das Notensystem in den Niederlanden ist anders als in Deutschland. Die beste Note ist eine
10, welche es in Deutschland nicht gibt. Eine 9 entspricht einer 1,0. Bei einer 5,5 hat man die
Prüfung gerade so bestanden. Alles darunter ist durchgefallen. Man darf eine Prüfung nur
wiederholen, wenn man eine Note zwischen einer 5,0 und einer 5,5 hat, andernfalls darf man
an der Wiederholungsklausur nicht teilnehmen. Im Allgemeinen wird im Bereich der
physischen Geografie in Utrecht recht streng bewertet (die Noten 9 und 10 werden in der
Regel nicht vergeben).
Es gibt hier eine Online-Plattform, auf die die Dozenten Literatur, Vorlesungen und Übungen
hinterlegen. Man sollte die Literatur, die man angeboten bekommt auch wirklich lesen, denn
auch sie werden in Prüfungen abgefragt.
Das Studium in den Niederlanden ist deutlich arbeitsintensiver als in Deutschland. Es ist auf
eine ca. 40 Stunden-Woche ausgelegt, in der Regel arbeitet man aber deutlich mehr. Es ist
zwar anstrengen, aber es hat viel Spaß gemacht und war sehr lehrreich.
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6. Studentenjobs
Einen Studentenjob in der Niederlanden zu bekommen, ist nicht einfach. Es gibt in Utrecht
eine Agentur, die Jobs vermittelt, allerdings sollte man dafür Niederländisch sprechen. An der
Uni gibt es kaum die Möglichkeit zu arbeiten, denn hier übernehmen die Doktoranden
Tutorien oder bearbeiten ihre Proben selbst. Man kann auch Tutorien geben, allerdings kann
die Eignung an eine Prüfung aus dem bereits absolvierten Studium gekoppelt sein bzw. von
vorhandenen Niederländisch Kenntnissen abhängen.
7. Nach der Rückkehr
Meine Leistungen an der Universität Utrecht wurden alle an der Universität Bremen anerkannt
und angerechnet. Die Notenumrechnung erwies sich allerdings als ein wenig problematisch,
da aufgrund der in Deutschland nicht vorhandenen Note 10 auch die übrigen Noten nicht einszu-eins umgerechnet werden konnten. Bei der Universität Bremen mussten Learning
Agreement und Certificate of Erasmus Grant zum 31.10.2010 eingereicht werden, um die erste
Rate des Mobilitätszuschusses zu erhalten. Die zweite Rate bekommt man nach Einreichen der
Erasmus-Evaluation und der Aufenthaltsbestätigung. Am Ende müssen noch die erzielten
Noten im Transcript of records und ein Bericht abgegeben werden.
Ich wünsche allen, die sich zu einem Studium in Utrecht entscheiden, viel Spaß und Erfolg!
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