Mit dem Bici in bella Italia

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Mit dem Bici in bella Italia
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Mit dem Bici in bella Italia
Italien hinkt beim Velotransport im Zug dem Service in anderen europäischen
Ländern hinterher. Trotzdem kommt man mit dem Fahrrad auch in bella Italia
«Zug um Zug» ans Ziel. Es dauert einfach alles ein bisschen länger.
Ohne Tranzbag nur in langsamen Zügen
Bei der Variante über Chiasso und
Monza hatten wir das Pech, dass der
Zug in Monza den Bahnhof verspätet
verliess, weil der Schaffner noch einen
Reisenden ohne gültigen Fahrausweis
auf dem örtlichen Polizeiposten deponie-
40 | 4/2010 velojournal
ren musste. Das nahm einige Zeit in Anspruch. Glücklicherweise aber wartete
der Nachtzug in Milano unsere Verspätung ab; wir mussten die Strecke von
Gleis 4 bis 14 lediglich mit Sack und
Pack joggend zurücklegen. Mit anderen
Worten: Wir hatten Glück im Unglück.
In italienischen Nachtzügen werden
Fahrräder nur verpackt akzeptiert, das
Gleiche gilt für alle schnellen «Eurostar»Züge. Ohne Tranzbag muss man auf die
langsameren regionalen Züge ausweichen und ein Fahrradbillett lösen. In
Apulien beispielsweise ist der Veloverlad
gratis (und wird von den Einheimischen
auch rege genutzt), jedoch nur in den
Zügen mit Velozeichen (ansonsten droht
eine Busse von 200 Euro!). Am besten,
man erkundigt sich vor der Abfahrt am
Bahnschalter.
Bei unserem Selbstversuch haben wir zu
zweit ein Zweierabteil von Milano nach
Bari gebucht. Bei der Hinfahrt reichte
der Platz gerade, um die Fahrräder im
Tranzbag auf dem Kopf hintereinander
ins Abteil zu zwängen (Stauraum unter
den Sitzen gibt es nicht). Trotzdem mussten wir die Zähne im WC putzen, weil
das eigene Spülbecken nun komplett verstellt war. Bei der Rückfahrt war das
«Doppia» noch kleiner, und wir mussten
ziemlich üben, bis wir – selbst mit der
nicht sehr überzeugenden Variante «ein
Fahrrad halb auf dem Bett» – endlich im
Abteil waren. Die Nacht war entsprechend ungemütlich.
Unser Fazit bezüglich Hilfe vonseiten der
Zugbegleiter: unterschiedlich. Bei der
Hinfahrt unterstützte uns der Zugbegleiter nach Kräften, bei der Rückfahrt
Im Regionalzug hats immer genug Platz für
Velos. Der Transport ist teils kostenpflichtig,
teils ganz gratis.
deckte man uns nur mit unnötigen Kommentaren ein – ohne Hand anzulegen.
Als es daraufhin von unserer Seite her
Reklamationen hagelte, weil eine Frau
mit Rollstuhl noch mehr in die Bredouille kam als wir, änderte der Zugbegleiter am nächsten Morgen sein Verhalten und packte mit an.
Mit deutschen Zügen gehts einfacher
Wer weniger Umstände haben will, muss
mehr bezahlen: Natürlich gibt es auch
1.-Klasse-Schlafabteile mit mehr Platz.
Oder man reserviert zu zweit ein Viererabteil. Nur ist das eine Preisfrage. Billiger ist es, das Ticket für die Rückfahrt in
Italien zu buchen. Inzwischen kann man
bei Trenitalia auch elektronische Tickets
kaufen und die Rechnung online mit der
Kreditkarte begleichen. Just als wir auf
Reisen gehen wollten, funktionierte die
Internetseite gerade nicht.
Fazit: Man kommt auch in Italien mit
dem Fahrrad ans Ziel, aber nur «Zug
um Zug». Wir sind bis Lecce fünfmal
umgestiegen. Wer das Fahrrad nicht verpacken will und genügend Zeit hat,
kann mit dem deutschen Nachtzug übrigens ab Innsbruck nach Rom fahren und
von dort mit dem Regionalzug weiter. n
Judith Wyder
Eine aktuelle Übersicht zum internationalen
Veloverlad finden Sie auf der Website von
velojournal: www.velojournal.ch/Veloverlad
Fotos: Judith Wyder
Der Mann bei der SBB-Reiseauskunft
flüstert nach einer halben Stunde intensivem Beratungsgespräch leicht verzweifelt über den Desk: «Es tut mir leid, das
ist wirklich alles sehr umständlich. Vielleicht nehmen Sie besser das Flugzeug.»
Aber gerade das will ich nicht. Wer in die
Ferne will, soll ja bekanntlich nicht
immer gleich in die Luft gehen. Vor allem
nicht, wenn lediglich 1500 Kilometer zurückzulegen sind. Fest steht: Ich will mit
dem Zug bis zum italienischen Stiefelabsatz nach Lecce reisen, und das mit dem
eigenen Velo. Und natürlich möchte ich
nicht so erschöpft am Ziel ankommen,
dass ich mich zuerst zwei Tage von den
Strapazen erholen muss, bevor ich wieder
aufs Velo steigen kann.
So viel im Voraus: Im Cisalpino ab Zürich sind Fahrräder nicht zugelassen; auch
nicht solche, die in einem Tranzbag liegen. Darum muss man von Zürich bis
Mailand Umwege in Kauf nehmen – und
auch Umstände. Entweder man steigt in
den Zug nach Bern und fährt weiter über
Domodossala. Oder aber man peilt Milano Centrale über Arth-Goldau, Como
und Monza an. Die erste Variante ist
teurer als die zweite. Ab Basel fahren
dreimal täglich «Fahrrad»-EC bis Mailand (EC51, ab 6.28 Uhr; EC57, ab 12.28
Uhr; EC 59, ab 17.28 Uhr).