zu CSR in der Automobilbranche und beim Zulieferer VOIT
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zu CSR in der Automobilbranche und beim Zulieferer VOIT
Corporate Social Responsibility beim Automobilzulieferer VOIT Von Astrid Wilhelm-Wagner, VOIT Holding GmbH & Co. KG, St. Ingbert Unternehmerische Gesellschaftsverantwortung (Corporate Social Responsibility, CSR) ist mehr als Sponsoring und Mäzenatentum, doch genau diese Vorstellung hält sich hartnäckig. Damit geht die Einschätzung einher, CSR sei uninteressant für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) oder als nobles Handeln getarnte harte Unternehmensstrategie. Vielmehr stellt es jedoch verantwortungsvolles, nachhaltiges und unternehmerisches Handeln zum Nutzen aller dar. Auftraggeber, Stakeholder und der Arbeitsmarkt werden CSR zukünftig maßgeblich zur Beurteilung von Unternehmens- und Sympathiewerten nutzen. Das ist für KMUs wie große Konzerne zunehmend wichtig. Gerade Familienunternehmen liegt diese Verantwortung ohnehin bereits in den Genen. Sie schätzen ihre Mitarbeiter, halten den Betrieb wirtschaftlich gesund für die nächste Generation und sind regional kulturell und sozial engagiert. Das ist gut, verschenkt aber Chancen, wenn man eigene Prozesse nicht detailliert betrachtet und sein CSR strategisch ausrichtet. Denn: CSR rechnet sich auch. Composing: © Astrid Wilhelm-Wagner, VOIT, unter Verwendung von fotolia: XtravaganT, auremar, Volker Witt, apops, Robert Kneschke Intelligent konzipiertes und umgesetztes CSR bietet einzigartige Chancen den Unternehmenswert zu steigern, zum attraktiven Arbeitgeber und Lieferanten zu werden und im Rennen um die klügsten Köpfe von Morgen ganz oben zu stehen. 10 automotive extra Ein prägnantes Beispiel im Hinblick auf Zahlen, Daten und Fakten ist das Unternehmen Interface, ein weltweiter Marktführer von Teppichfliesen. Der Firmengründer hatte die Vision, bis 2020 einen Zero Footprint zu hinterlassen, also umweltfreundlich und CO2 -neutral zu agieren. 68 Prozent der Kosten eines Teppichbodens entfallen auf Rohkosten und sind damit beeinflussbar, 9 Prozent auf die Fertigung, der Rest auf Transport, Gebrauch und Entsorgung. Die Garnherstellung ist stark abhängig von Rohöl. Deshalb ließ Interface seine Designer neue Gewebetexturen mit weniger Garnanteil entwickeln, verwendete mehr recyceltes Material und erfand neue Garne, zum Beispiel aus alten Fischernetzen. Diese treiben in großen Mengen im Wasser und sind äußerst schädlich für den Fischbestand. Im Rahmen seines CSRProjekts „NetWorks“ arbeitet Interface mit sozial und politisch engagierten Nichtregierungsorganisationen zusammen, leistet einen Beitrag zum Umweltschutz und bietet Fischern eine zusätzliche Einnahmequelle. Gleichzeitig reduziert das Unternehmen die eigene Rohölabhängigkeit, denn die Netze sind ein hochwertiger Rohstoff für alle Produktserien. Neben sozialen und ökologischen Vorteilen bieten dieses Projekt samt weiteren Prozessänderungen auch einen unmittelbaren wirtschaftlichen Mehrwert. Interface reduzierte in den Jahren 1996 bis 2012 seinen Abfall um 92 Prozent, den Wasserverbrauch um 81 Prozent, den Energiebedarf um 39 Prozent und seine Emissionen um 41 Prozent. Bereits 49 Prozent der Rohstoffe sind auf biobasierte Materialien umgestellt. Das ist CSR in Reinkultur und rechnet sich in jeder Hinsicht. Auch der Automobilzulieferer VOIT hat alle seine Arbeitsprozesse und Primärenergieverbräuche untersucht. Im Stammwerk St. Ingbert produzieren rund 1.200 Mitarbeiter etwa 140 Millionen Komponenten aus Aluminiumdruckguss, Stahl und hochfesten Leichtbaustählen. In 45 Fahrzeugmarken und 250 Fahrzeugtypen steckt VOIT-Technologie. Die Herstellprozesse sind komplex, maschinenund energieintensiv. Konform zu seiner Umweltleitvision und CSR-Strategie sowie unter dem Druck steigender Energiekosten hat VOIT nun alle relevanten Energieverbräuche wie Strom, Wasser, Gas und Druckluft messbar gemacht und setzt sukzessiv eine neue Energiemanagementstrategie durch. Das reicht von kontrollierter Lüftung über Temperaturreduzierungen in den Waschanlagen und Composing: © Astrid Wilhelm-Wagner, VOIT, unter Verwendung von fotolia: oconnor, Robert Kneschke, Beboy, guucaa Nachhaltigkeit beginnt mit einer Vision Vorwärmkammern für Aluminiumbarren, prozessgesteuerte Maschinenabschaltung und Minimierung von Druckluftleckagen bis zur LED-Beleuchtung im Werk. Keine einfache Aufgabe bei einem voll ausgelasteten Dreischichtbetrieb. Doch die Maßnahmen zeigten bereits im ersten Jahr eine immense Wirkung auf die CO2 - und Unternehmensbilanz. VOIT wird, abzüglich der Investitionen, in 2014 einen sechsstelligen Betrag an Energiekosten sparen. Nachhaltige Produkte Automobilhersteller setzen bereits viele ressourcenschonende Materialien, Produkte und Technologien ein und sichern sich damit die Märkte der Zukunft. Beispiele sind Auto Start-Stopp, Brake Energy Regeneration, Electric Power Steering, Lightweight Engineering, Lightweight-Produkte aus hochfesten Leichtbaustählen und Aluminium-Druckguss. VOIT fertigt Komponenten für viele dieser anspruchsvollen Produkte und versucht zunehmend frühzeitig das Engineering seiner Kunden mit zu begleiten um sie materialsparend, effizient und prozesssicher fertigen zu können. Es gibt zahlreiche weitere Beispiele, eines davon ist Toyota. Mit dem Ziel, ressourcenschonende Produkte zu entwickeln und frühzeitig neue Märkte zu erschließen, entwickelte und fertigte der japanische Hersteller das erste Hybridfahrzeug in Serie und wurde damit Technologie- und Marktführer. Im Frühjahr 2015 bringt Toyota erstmals Autos mit Brennstoffzellenantrieb auf den japanischen Markt. Die Markteinführung in Europa und den USA ist für den Sommer 2015 geplant. Ein weiteres Beispiel ist Ford, denn schon in den frühen 1980ern verfügte das Unternehmen über einen weltweit gültigen internen Standard zur Vermeidung gefährlicher Substanzen. Heute liegt der Fokus auf dem Thema biobasierte Produkte, von denen bereits acht Stück im Einsatz sind, beispielsweise Autositzschaum aus Soja oder Bioplastik-Verpackungen, die gemeinsam mit Coca-Cola, Nike und Procter & Gamble entwickelt wurden. Auch die Zusammenarbeit von Ford und Heinz-Ketchup ist ein gutes Beispiel. Bei der Verarbeitung der jährlich über zwei Millionen Tonnen Tomaten fallen Produktionsabfälle in Form getrockneter Tomatenhaut an. Daraus soll nun Bioplastik entstehen. Beide Konzerne arbeiten daran, dass dieser Kunststoff zunächst für kleine Bauteile wie Kabelbefestigungen und Ablagefächer seinen Weg in den Automobilbau findet. Zu den populären Beispielen zählt auch der Hersteller BMW. Die Auslieferung der ersten BMW i8-Modell stand Mitte Juni 2014 an. Außer BMW hat bislang nur Tesla aus Karbonfaserverbundstoffen (CFK) ein Großserienfahrzeug geformt und es gewagt, ein Elektroauto von Grund auf zu konzipieren. Während andere Firmen auf den Schutz ihres geistigen Eigentums fokussiert sind, verbindet der TESLA-Eigner Elon Musk visionäres und nachhaltiges Denken mit unternehmerischer Strategie und stellt der Konkurrenz seine Patente wie das Supercharger-System zur Verfügung. Damit könnten auch Fahrer anderer Automarken seine Tesla-Ladestationen zum kostenlosen Tanken nutzen, nachzulesen in seinem bemerkenswerten blog „All our patent are belong to you“ vom 12. Juni 2014 (www.teslamotors.com/blog). Dieser automotive extra 11 „spirit of the open source movement for the advancement of electric vehicle technology“ trifft den Nerv der neuen Zeit, der da heißt „Sharing“. Es gibt in der Tat auch gute wirtschaftliche Gründe zu teilen, denn Teslas Konkurrenz sind nicht die wenigen Elektroautos anderer Hersteller, sondern die Masse an Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren. Elon Musk ist davon überzeugt, dass ein Technologieführer sich nicht durch die Anzahl seiner Patente definiert. Vielmehr sei es entscheidend, die talentiertesten Ingenieure der Welt anzuziehen, zu motivieren und mittels einer Open SourcePhilosophie Technologieführerschaft und wirtschaftlichen Erfolg zu stärken. Wie schnell sich das Thema Nachhaltigkeit auch auf die Produktionszahlen der ganzen Branche auswirken kann zeigt China. Im Kampf gegen die grassierende Luftverschmutzung will die Regierung noch 2014 fünf Millionen Altautos stilllegen. Alleine in Peking und Hebei gibt es laut Angaben rund eine Million umweltschädlicher Fahrzeuge, deren Stilllegung die Luft in Chinas Metropolen verbessern soll. CSR zur Mitarbeiterbindung und Mitarbeitergewinnung Der zunehmende Fachkräftemangel schadet der Leistungsfähigkeit und Innovationskraft der Wirtschaft. Die Strahlkraft großer Unternehmen macht es KMUs schwer, die besten Köpfe und tüchtigsten Hände in ihre Region zu locken. Zu Unrecht, sind doch die Mitgestaltungs- und Aufstiegsmöglichkeiten bei den sogenannten Hidden Champions oft besser als bei großen Unternehmen. Ursache ist der mangelnde Bekanntheitsgrad. Die Profilierung als Technologieführer und attraktiver Arbeitgeber kann hier helfen und gelingt auch ohne übermäßigen Werbedruck. Was zunächst heißt, dass Arbeitgeber Top-Ingenieuren, Fachkräften 50+, jungen Eltern, Menschen mit Handicap und Nachwuchskräften ein Klima der Sicherheit und persönlicher Entfaltung schaffen sollten. Solche Rahmenbedingung sorgen für ein motiviertes und effektives Arbeiten. Weitere Aufgaben liegen darin, auf intelligente Art Studenten und Berufseinsteiger frühzeitig zu gewinnen und ein Klima der Innovation zu schaffen. Das ist keineswegs unbezahlbar, betrachtet man folgende Rechnung: Was kostet Sie die Findung und Einarbeitung jedes neuen Mitarbeiter und Azubis? Was kostet Sie der Verlust an Wissen, wenn erfahrene Mitarbeiter oder junge innovative Köpfe 12 automotive extra die Firma verlassen? Was verlieren Sie, wenn gleichgültige statt motivierte Mitarbeiter Ihr Unternehmen bewirtschaften? Wie hoch ist der Preis, wenn Fachleute Ihr Unternehmen nicht attraktiv genug finden, um zu Ihnen zu kommen und die Unternehmenszukunft mit zu entwickeln? Geldmangel ist eine schlechte Rechtfertigung, eine Firma verkümmern zu lassen. Ideen müssen her. CSR-Strategien, die sich tragen, die innovativ sind, nützlich und berichtenswert. CSR-Engagement, das perfekt zum Unternehmen passt und seine Ziele unterstützt. Kein „Greenwashing“, also oberflächliches grünes Image, kein unstrukturiertes gießkannenartiges Spenden, kein Sponsoring ohne thematischen Bezug. ein inzwischen legendäres studentisches Benefizprojekt analog zur Rally ParisDakar, allerdings führt die Strecke hier durch die Wüste nach Marrakesch. Alljährlich treten Studenten, darunter auch das von VOIT mit gesponserte Team des DFHI/ ISFATES (Deutsch-französisches Hochschulinstitut der htw) in rund 1500 Renault R4 an, um jeweils 50 kg Schulmaterial zu marokkanischen Kindern zu bringen. 2014 wurden durch alle Sponsoren 60.000 kg Schulmaterial zusammengetragen sowie 25.000 Euro Spenden. Damit können 3000 Kinder eingeschult und drei komplette Schulen gebaut werden. Ein Ergebnis, das nie zustande gekommen wäre, wenn jeder ein eigenes CSR-Projekt verfolgt hätte. Hier macht der Mittelständler VOIT eine ganze Menge – nicht zwingend kostenintensiv, aber zielgerichtet. VOIT ist begeistert von Autos, Technologie, von Innovation, Leistung und ambitionierten Nachwuchskräften, die mobile Welten der Zukunft gestalten möchten. Der Automobilzulieferer braucht Innovation und sieht es daher als seine unternehmerische und gesellschaftliche Aufgabe an, junge Menschen für Technik zu begeistern. Aus diesem Grund fördert das Unternehmen explizit automotive Hochschul- und Studentenprojekte wie das Evolution Racing Team der Universität des Saarlandes und der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (htw saar). Das fachübergreifende dreißigköpfige Studententeam entwickelt und baut unter praxisnahen Bedingungen jährlich einen Elektro-Rennwagen mit neuester Technologie und tritt damit beim Konstruktionswettbewerb „Formula Student“ gegen Studenten aus aller Welt an. Das Sponsoring besteht jedoch nicht nur aus Fördergeldern, auch Logistik- und PR-Abteilung unterstützen die Studenten. Viel wichtiger ist jedoch, dass der hauseigene Werkzeugbau mit über 100 Mitarbeitern und der Konstruktionsbereich dem Rennteam offen stehen. Auf diese Weise können sie Unikat-Bauteile fertigen, vor allem aber erhalten sie frühzeitig Kontakte und Zugang zur Industrie, Praxiswissen und Netzwerken. Unterstützung erhalten Studenten auch beim jährlichen htw-Wettbewerb „Konstrukta“, zum Beispiel 2013 beim Bau eines Windkanals. Finanzielle Unterstützung und Know-howInput erhalten Studenten ferner im neuen berufsbegleitenden Studiengang Automotive Production Engineering, der im Herbst 2014 an der htw saar startet. Zu den gesellschaftlichen Aufgabe zählt es auch, bereits Schüler und Schülerinnen für „MINT-Fächer“, also die Fachbereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik sowie die für Deutschland so wichtige Automobiltechnik zu interessieren. Ein neues, vielversprechendes Projekt, in das VOIT gemeinsam mit weiteren saarländischen Unternehmen finanzielle Mittel und Engagement investiert, ist die „WissensWerkstatt Saarbrücken“, die am 4. Juli 2014 ihre Tore öffnete. Sie möchte Schüler und Schülerinnen für Technik begeistern und diese experimentell erleb- und begreifbar machen. Ein sehr gutes Beispiel für überschaubaren Geldeinsatz, aber hervorragende CSRund Benefiz-Wirkung ist die „4L-Trophy“, Fazit Die vielen Beispiele zeigen deutlich: CSR können nicht nur die Großen. Gute Ideen, eine zielgenaue Strategie, Kooperationen und die engagierte Umsetzung ergeben erfolgreiches CSR. Passt das Projekt zum Unternehmensziel, verliert sich die Wirkung nicht in der Masse oder im Zusammenspiel mit Partnern. Die Wirksamkeit und Wahrnehmung multipliziert sich durch beeindruckende Resultate und gemeinsame Medienkanäle wie Homepages, Blogs oder Facebook. Erfolgreiches CSR lebt auch davon, dass viele, die sich dafür begeistern, darüber reden und die Erfolge weitertragen. CSR ist nämlich kein einsamer Marathon, sondern ein Staffellauf. ■ www.voit.de