Chinesische Seide für Rom – Zwei Weltreiche in Kontakt?
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Chinesische Seide für Rom – Zwei Weltreiche in Kontakt?
Chinesische Seide für Rom – Zwei Weltreiche in Kontakt? Autoren: Andersen-Jinxuan Wu (1995) und Maria Winterberger (1996) Projektleiter: Alexander Häberlin und Severin Hof 1. Einführung In dieser Studienwoche versuchten wir herauszufinden, was für Vorstellungen die Römer und Chinesen (in der Antike) voneinander und evtl. auch was für Beziehungen sie zueinander hatten. Die Grundfrage lautete: • Ob, und wenn ja, welchen Kontakt hatten die beiden Weltreiche zueinander? Der Lösungsansatz lautete: • Die Römer kannten chinesische Seide: Wie und wodurch kam diese nach Rom? 2. Materialbeschaffung Wir übersetzten lateinische und griechische Textquellen aus der Antike mithilfe von Kommentaren und untersuchten diejenigen Textstellen genauer, welche die Begriffe „Seres“ oder „ser“ enthielten. Darauf erstellten wir eine Liste, mit den Namen der Autoren und der jeweiligen Verwendung der Begriffe (siehe Tabelle 1). Natürlich mussten wir auch aus chinesischer Perspektive geschriebene Texte untersuchen. Doch da es uns aufgrund der Sprache nicht möglich war, diese im Originaltext zu lesen, mussten wir auf kommentierte Übersetzungen ausweichen. Um diese Fundstellen in das Weltverständnis der Griechen und Römer einzuordnen, bezogen wir auch Hintergrundwissen über damalige Kartographie ein. 3. Resultate Unsere Belegstellen zeigen, dass der Kontakt durch Handel stattfand, auf anderer Weise nur durch Zufall (z.B. Nachkommen römischer Legionären aus dem Partherkrieg, die in China angesiedelt wurden). Aber auf politischer Ebene fand kein Treffen statt, bei den so genannten „Gesandten“, die in China bzw. in der römischen Provinz Syrien auftauchten, handelt es sich in der Regel um Händler. Die römischen Schriftsteller und Dichter kannten das Seidenvolk, die Seres, nicht sehr gut und so entstanden verschiedene fiktionale Erklärungen für die Herkunft der Seide bzw. von deren Hersteller. 1 30.11.12 Die folgende Tabelle 1 zeigt, wie in den literarischen bzw. nichtliterarischen Texten die Begriffe „Seide“ und „Seidenvolk“ verwendet werden und welche Schlüsse wir daraus gezogen haben: Tabelle 1: Literarisch Nichtliterarisch Die verschiedenen Schriftsteller verwenden den • Peripl. Mar. Rubr. 49, 56, 64: Hier werden Begriff Seres nicht konkret, d.h. das Volk der die Serer nicht erwähnt, nur Seide als Seidenmenschen wird mit folgenden Inhalten Handelsware topisch verwendet: bestimmten Stadt Thina. aus einer nicht näher 1. „Die Entferntesten“ (Hor. Carm. 1,12 /Hor. Carm. 3,29/Verg. Georg. 114) • 2. „Die Milden“ (Mela Chor. 1,11/Plinius nat. han chou” von E. Chavannes besteht der His. 6,53 ff./Euse. Praep. 6,10,11-13) Kontakt zwischen China und Rom nur 3. „Die Seidenproduzenten“ (Verg. Georg. auf der Ebene des Handels, nicht auf der 121) Die In „les pays d'occident d'après le heoun Bewertung Ebene der Politik. der Seide hat ein weites Spektrum: 1. neutral (Prop. 1,14) 2. negativ (Suet. Cal. 52/Tacitus 2,32) 3. stark negativ (Mart. 3,82/HA 17,26) 4.Diskussion Wir behaupten aufgrund dieser gewonnenen Resultate, dass die Serer, nicht mit einem konkreten Volk identifiziert werden können. Die nichtliterarischen griechisch-römischen Quellen machen keine genauen Angaben, wo die Serer lebten, sie erwähnen den Namen nicht einmal. Dieser ist nur eine verallgemeinernde Bezeichnung für die Menschen, die die Seide herstellten und wird von den antiken Schriftstellern topisch verwendet. Als weiterführende Fragen haben sich aus unserer Forschungsarbeit ergeben: Inwieweit spiegeln sich in den Vorstellungen, die man sich von den Serer machte, sozio-ökonomische Gegebenheiten (z.B. indische Philosophie und Ethik)? Welchen Aufschluss liefern uns Realien? Danksagung Wir möchten uns ganz herzlich bei jenen bedanken, die diese Projektwoche organisiert und finanziert haben. Es war eine einzigartige Möglichkeit, eine Woche in diesem Rahmen und vor allem mit den dazugehörigen ausführlichen Forschungen zu erleben. 2 30.11.12 „Last but not least“ möchten wir auch unseren beiden Projektleitern Alexander Häberlin und Severin Hof für ihr Engagement und ihren Zeitaufwand danken! Literatur- und Quellenverzeichnis Originaltexte: Euse. Praep. 6,10,11-13 Hor. Carm. 1,12 / Hor. Carm. 3,29 Mela Chor. 1,11 Plinius nat. His. 6,53 ff Peripl. Mar. Rubr 49, 56, 64 Verg. Georg. 114 Sekundärliteratur: Chavannes, E.: Les pays d'occident d'après le heou han chou, in: T'oung Pau 8/2 (1907), 149 – 234 Dubs, H.H.: A Roman City in Ancient China, in: G&R 4/2 (1957), 139 – 148 3 30.11.12