HGB-Bilanzierung von Altersteilzeitverpflichtungen nach IDW
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HGB-Bilanzierung von Altersteilzeitverpflichtungen nach IDW
Aufsatz | Bilanzrecht und Betriebswirtschaft Dr. André Geilenkothen, Dr. Rafael Krönung und Dr. Friedemann Lucius HGB-Bilanzierung von Altersteilzeitverpflichtungen nach IDW RS HFA 3 n.F. – Update zu BB 2012, 2103 I. Einleitung Mit Verabschiedung des Entwurfs einer Neufassung der IDW-Stellungnahme zur Rechnungslegung „Handelsrechtliche Bilanzierung von Verpflichtungen aus Altersteilzeitregelungen (IDW ERS HFA 3 n. F.)“ am 10.7.2012 hatte der HFA der interessierten Öffentlichkeit die Möglichkeit der Kommentierung der Neufassung dieser Stellungnahme bis zum 25.1.2013 eingeräumt. Auf Basis der eingegangenen Kommentierungen1 sowie eines Fachgesprächs mit interessierten Parteien am 18.4.2013 hat der HFA den Entwurf IDW ERS HFA 3 n. F. überarbeitet und in seiner Sitzung am 19.6.2013 verabschiedet. Die Veröffentlichung erfolgte im Rahmen der regelmäßigen Fachnachrichten des IDW am 8.7.2013.2 Die nachfolgenden Ausführungen und etwaige Angaben zu Textziffern beziehen sich jeweils auf diese Fassung. Wie auch schon in IDW ERS HFA 3 n. F. adressiert der HFA mit seiner vorliegenden Stellungnahme nur noch Fragestellungen nach deutschem Handelsrecht und hat seine bisherigen Ausführungen zur Bilanzierung gemäß IAS 19 ersatzlos gestrichen. Die im Vergleich zur Entwurfsfassung vorgenommenen Änderungen sind überwiegend redaktioneller Natur. Insbesondere hat der HFA darauf verzichtet, wei- Betriebs-Berater | BB 32.2013 | 5.8.2013 tere Konkretisierungen und Klarstellungen vorzunehmen. Somit bleiben in der Praxis durchaus offene Fragen, aber auch Ermessensspielräume bestehen. Insbesondere bleibt unklar, welche Auffassung der HFA bezüglich jener Bilanzierungs- und Bewertungsansätze für ATZAufstockungen vertritt, die im einschlägigen Anwendungshinweis des Deutschen Rechnungslegungs Standard Committees (DRSC), dem DRSC AH 1 (IFRS)3, sowie im Schrifttum4 als IFRS-konform beschrieben werden. II. Bilanzierung und Bewertung von ATZ-Aufstockungsleistungen 1. Klassifizierung von ATZ-Vereinbarungen Der IDW RS HFA 3 n. F. unterscheidet zwischen Vereinbarungen mit Abfindungscharakter, bei denen der Arbeitgeber mit den Aufstockungszahlungen die Einwilligung des Arbeitnehmers in den gleitenden Übergang in den Ruhestand erreichen will (Tz. 8), sowie Vereinbarungen mit Entlohnungscharakter, bei denen er ganz oder teilweise die langjährige Betriebszugehörigkeit honorieren oder Anreize zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit geben will (Tz. 9). Maßgeblich für die Klassifizierung sei „der wirtschaftliche Charakter der Vereinbarung im konkreten Einzelfall“ (Tz. 7). Diese differenzierte Betrachtungsweise hebt sich positiv von der eindimensionalen Sichtweise des IAS 19 ab, bei der aufgrund der formalen Abhängigkeit der Aufstockungen von zukünftigen Dienstzeiten der Abfindungscharakter unabhängig vom wirtschaftlichen Sachverhalt prinzipiell verneint wird.5 Des Weiteren ist zu begrüßen, dass Kriterien aufgezeigt werden, anhand derer eine Klassifizierung leicht möglich ist. So deuten z. B. Mindestbetriebszugehörigkeiten, aber auch tarifvertragliche Regelungen zur kollektiven Beteiligung der Arbeitnehmerschaft an der Finanzierung von ATZ-Vereinbarungen auf den Entlohnungscharakter von ATZ-Aufstockungen hin. Wie auch schon der IDW ERS HFA 3 n. F. enthält die endgültige HFA-Stellungnahme keine klare Regelung, wie zukünftig mit bestehenden ATZ-Vereinbarungen umzugehen ist, die einen eindeutigen Entlohnungscharakter aufweisen, allerdings nach den Regelungen des bisherigen IDW RS HFA 3 dennoch als Abfindungsleistungen einge1 Vgl. www.idw.de/idw/portal/n281334/n281114/n414788/index.jsp#_595988 (Abruf: 8.7.2013). 2 IDW-FN 7/2013, 309 ff. 3 DRSC AH 1 (IFRS) „Einzelfragen zur Bilanzierung von ATZ-Verhältnissen nach IFRS“, veröffentlicht am 11.12.2012, abrufbar unter www.drsc.de/docs/press_releases/2012/121211_DRSC_AH1_(IFRS)_ATZ _FV. pdf (Abruf: 8.7.2013). Für weitere Details vgl. Geilenkothen/Krönung/Lucius, BB 2012, 2103 ff., sowie Geilenkothen/Krönung/Lucius, BB 2013, 299 ff.; ergänzend auch Thaut, DB 2013, 241 ff., sowie Hagemann/ Lieb/Neumeier, KoR 2013, 293 ff. 4 Vgl. z. B. Kühne/Böckem/Czupalla, DB 2013, 525 ff. 5 Vgl. die im Januar 2012 veröffentlichte Agenda Decision „IAS 19 Employee Benefits – Applying the definition of termination benefits to Altersteilzeit’ plans“ des IFRS Interpretations Committee unter www.ifrs.org/Updates/IFRIC-Updates/Documents/IFRICUpdateJan12.pdf (Abruf: 8.7.2013). , Nach IAS 19 (2011) können Aufstockungen im Rahmen von Vereinbarungen zur Altersteilzeit (ATZ) in der internationalen Bilanzierung nicht mehr als Abfindungsleistungen klassifiziert werden (vgl. Geilenkothen/ Krönung/Lucius, BB 2012, 2103ff., sowie Geilenkothen/Krönung/Lucius, BB 2013, 299 ff.). Der Hauptfachausschuss (HFA) des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat dies zum Anlass genommen, seine Stellungnahme zur Rechnungslegung von ATZ-Verpflichtungen, den IDW RS HFA 3 aus dem Jahr 1998, zu überarbeiten. In der HFA-Sitzung am 19.6.2013 wurde die Neufassung mit dem Titel „IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: Handelsrechtliche Bilanzierung von Verpflichtungen aus Altersteilzeitregelungen (IDW RS HFA 3)“ verabschiedet. Danach besteht, anders als in der internationalen Rechnungslegung, nach deutschem Handelsrecht die Möglichkeit, ATZ-Aufstockungsleistungen nicht nur als ratierlich anzusammelnde Verpflichtungen mit Entlohnungscharakter zu klassifizieren, sondern auch die bisherige Bilanzierung der Aufstockungen als Leistungen mit Abfindungscharakter fortzuführen. Im Folgenden werden die Änderungen dargestellt und analysiert, die sich gegenüber dem Entwurf des IDW ERS HFA 3 vom 10.7.2012 und den diesbezüglichen Erläuterungen in Geilenkothen/Krönung/Lucius, BB 2012, 2103 ergeben haben. Zudem zeigt der Beitrag die wichtigsten Bewertungs- und Ermessensspielräume auf, die der IDW RS HFA 3 n. F. eröffnet, und nimmt Stellung zu praxisrelevanten Bilanzierungsfragen; er richtet sich insofern primär an Ersteller und Nutzer von Jahresabschlüssen nach deutschem Handelsrecht. 1899 Bilanzrecht und Betriebswirtschaft | Aufsatz Geilenkothen/Krönung/Lucius · HGB-Bilanzierung von Altersteilzeitverpflichtungen nach IDW RS HFA 3 n. F. – Update zu BB 2012, 2103 stuft werden mussten. Pauschal verweist der HFA auf den Grundsatz der Stetigkeit, nach dem eine einmal vorgenommene Klassifizierung für die Zukunft beizubehalten sei. Dadurch soll vermieden werden, dass Unternehmen bilanzgestaltend und je nach Bedarf eine Einordnung als Abfindungs- oder als Entlohnungscharakter vornehmen können. Da diesbezüglich bislang allerdings kein Entscheidungsspielraum gegeben war und Aufstockungsleistungen in der Vergangenheit generell Abfindungscharakter zugeschrieben wurde, kann hieraus nicht gefolgert werden, dass alle bestehenden Altersteilzeitverhältnisse auch zukünftig weiterhin gemäß der bislang herrschenden Charakterisierung zu bilanzieren sind. Wenn die Bilanzierung einer ATZ-Regelung als eine Vereinbarung mit Entlohnungscharakter insgesamt ein verbessertes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens vermittelt, muss nach Ansicht der Verf. bei erstmaliger Anwendung des IDW RS HFA 3 n. F. eine Korrektur des bisherigen Ansatzes möglich sein. Eine Verpflichtung zur Umstellung der bisherigen Klassifizierung besteht allerdings nicht. Leider hat der HFA diesbezüglich keine entsprechende Klarstellung in Tz. 11 seiner Stellungnahme vorgenommen. Im Falle einer Umklassifizierung müssen die entsprechenden Rückstellungsminderungen, anders als Effekte, die aus der erstmaligen Anwendung des neuen IAS 19 (2011) resultieren, nicht erfolgsneutral im Eigenkapital, sondern erfolgswirksam (als sonstiger betrieblicher Ertrag, ggf. auch als Minderung der Personalaufwendungen) erfasst werden. Im Ergebnis ist für die künftige betriebliche Praxis nach Ansicht der Verf. davon auszugehen, dass ATZ-Aufstockungen in der deutschen Handelsbilanz zu einem gewissen Teil weiterhin als Abfindungsleistungen klassifiziert werden und sich somit hinsichtlich der Bilanzierung gegenüber dem Status Quo keine Änderungen ergeben. Da sich der Charakter von ATZ-Vereinbarungen mittlerweile allerdings immer mehr vom reinen Abfindungscharakter weg bewegt hat, wird erwartet, dass zum überwiegenden Teil eine (Um-)Klassifizierung in Leistungen mit Entlohnungscharakter erfolgen wird. 2. Ansammlungsverfahren und Ansammlungszeitraum Die Verpflichtung zur Zahlung von Aufstockungsleistungen begründet nach Auffassung des HFA eine Schuld, die als Rückstellung zu passivieren ist (Tz. 12). Die Schuld entsteht dabei regelmäßig mit Abschluss einer individualvertraglichen Regelung oder einer anspruchsbegründenden kollektivrechtlichen Vereinbarung6 (Tz. 13). Der Zeitraum, über den die Rückstellung im Fall von ATZ-Aufstockungen mit Entlohnungscharakter anzusammeln ist, ist abhängig von den Dienstzeiten, in denen „vereinbarungsgemäß die zusätzliche Entlohnung in Form der Aufstockungsbeträge erdient wird“ (Tz. 21). Lässt sich dieser Zeitraum – wie bei ATZ-Vereinbarungen üblich – nicht explizit ableiten, so ist der pragmatische und begrüßenswerte Ansatz vorgesehen, dass der Ansammlungszeitraum vom Abschluss der individuellen bzw. kollektiven Vereinbarung bis zum Ende der Beschäftigungsphase dauert (Tz. 22), so dass der Zeitpunkt der erstmaligen Passivierung sowie des Ansammlungsbeginns zeitlich zusammenfallen. Dies schließt allerdings nicht aus, dass bei Vorliegen von Hinweisen auf einen abweichenden Erdienenszeitraum in Analogie zum DRSC AH 1 (IFRS) der Ansammlungsbeginn vor dem Zeitpunkt der rechtlichen Entstehung der Verpflichtung liegen kann und insofern ein vergangenheitsbezogener Einmalaufwand bei Abschluss einer ATZ-Vereinbarung handelsrechtlich erforderlich ist, wenn hiermit auch bereits ver- 1900 gangene Dienstzeiten entlohnt werden, z. B. im Zusammenhang mit sog. Mindestbetriebszugehörigkeiten. Zur Ansammlungs- und damit Bewertungsmethode enthält die HFAStellungnahme keine konkreten Vorgaben, während verschiedene andere Aspekte wie die Berücksichtigung von Inanspruchnahme-Wahrscheinlichkeiten bei Anspruchsaltersteilzeitlern (Tz. 14), der Wegfall der Verpflichtung aufgrund biometrischer Ereignisse wie Tod oder Invalidität (Tz. 16) oder die Abzinsung der Rückstellungen (Tz. 18) im Detail ausgeführt werden. Bemerkenswert erscheint, dass bei der Endfassung des IDW RS HFA 3 n. F. für den Fall einer ATZ-Vereinbarung mit Entlohnungscharakter in der Formulierung, dass „eine Rückstellung […] ratierlich anzusammeln“ sei, das Wort „ratierlich“ ersatzlos gestrichen wurde (Tz. 21). Die Verf. interpretieren diese Änderung gegenüber der Entwurfsfassung dahingehend, dass damit praktisch alle Verfahren, die einer vernünftigen kaufmännischen Beurteilung genügen, handelsrechtlich zulässig sind.7 Insbesondere sind hier zu nennen: 1. Verfahren, bei denen die ATZ-Aufstockungsleistungen in Höhe eines periodengerecht abgegrenzten, anteiligen Barwerts auf der Grundlage eines besten Schätzwertes („best estimate“) passiviert werden („Erfüllungsbetrag“). Dazu zählt grundsätzlich die aus der Pensionsbilanzierung bekannte degressiv-ratierliche m/n-tel Methode, bei der jede Aufstockungszahlung linear bis zu ihrer Fälligkeit angesammelt wird (und zwar unabhängig von den Modalitäten der Rückabwicklung der ATZ-Vereinbarung im Störfall). Aber auch die anderen im DRSC AH 1 (IFRS) beschriebenen, für die IFRS-Rechnungslegung zulässigen Bilanzierungs- und Bewertungsansätze, namentlich die sog. FiFo-Methode sowie die Prepaid-Methode sollten handelsrechtlich nicht zu beanstanden sein.8 2. Geeignete Teilwertverfahren mit einer Gleichverteilung des Aufwands. Dies eröffnet den bilanzierenden Unternehmen durchaus wünschenswerte Handlungsspielräume,9 kann in der Praxis aber auch zu Verunsicherungen führen, da möglicherweise nicht alle in Frage kommenden Bewertungsverfahren uneingeschränkt von allen Wirtschaftsprüfern akzeptiert werden. So ist fraglich ist, ob auch solche Verfahren handelsrechtlich zulässig sind, die vom Wortlaut des IDW RS HFA 3 nicht ohne Weiteres gedeckt sind. Hierunter fallen z. B. die übliche Methodik der Bilanzierung nach US-GAAP sowie der alternative Ansatz für die IFRSBilanzierung von Kühne/Böckem/Czupalla.10 Danach werden im Ergebnis Rückstellungen ausschließlich für die Aufstockungen während der Passivphase gebildet. Die sonstigen Aufstockungen werden bei Fälligkeit als Personalaufwand berücksichtigt. Der Ansammlungszeitraum der Rückstellung erstreckt sich gem. US-GAAP dabei von der individuellen Vertragsunterzeichnung bis zum Ende der Beschäftigungsphase, während beim Alternativansatz von Kühne/Böckem/Czupalla die Ansammlung erst mit der Beschäftigungsphase beginnt. Im Gegensatz zum Wortlaut der HFA-Stellungnahme sehen die Verfahren insofern andere Erdienenszeiträume bzw. – wie das US-GAAP-Verfahren – un6 Hierunter wird eine Vereinbarung verstanden, die einem bestimmten Mitarbeiterkreis ein Anrecht auf ein ATZ-Verhältnis einräumt, dem sich der Arbeitgeber nicht entziehen kann. 7 Vgl. hierzu eine entsprechende Anmerkung des Instituts der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung (IVS) unter www.idw.de/idw/download/IDWERSHFA3nF_IVS.pdf?id=627528&property=Datei (Abruf 8.7.2013). 8 Diese Sichtweise entspricht auch der in HFA 30 geäußerten Auffassung des IDW bzgl. Altersversorgungsverpflichtungen (und im Analogschluss auch bzgl. vergleichbarer anderer langfristig fälliger Verpflichtungen), für die jeweils das nach IAS 19 maßgebliche Bewertungsverfahren (Anwartschaftsbarwert gemäß „projected unit credit method“) uneingeschränkt auch für handelsbilanzielle Zwecke zulässig ist. Da die genannten Methoden – trotz der unter Geilenkothen/Krönung/Lucius, BB 2013, 299 ff., genannten Kritik – allesamt als IAS 19-konform anerkannt sind, müssen sie auch nach HGB anerkennungsfähig sein. 9 Vgl. Geilenkothen/Krönung/Lucius, BB 2012, 2103 ff. 10 Vgl. hierzu Kühne/Böckem/Czupalla, DB 2013, 525 ff. Betriebs-Berater | BB 32.2013 | 5.8.2013 Aufsatz | Bilanzrecht und Betriebswirtschaft Geilenkothen/Krönung/Lucius · HGB-Bilanzierung von Altersteilzeitverpflichtungen nach IDW RS HFA 3 n. F. – Update zu BB 2012, 2103 terschiedliche Behandlungen für die Aufstockungsleistungen der Aktivund Passivphase vor. Allerdings sind keine zwingenden Argumente erkennbar, warum diese Verfahren dem allein maßgeblichen Kriterium der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung nicht genügen sollten, so dass sie nach Ansicht der Verf. handelsrechtlich nicht zu beanstanden sind. Für die praktische Umsetzung ist zu erwarten, dass die Unternehmen, die bereits nach IFRS bilanzieren und bei denen die ATZ Entlohnungscharakter hat, mehrheitlich die in der jeweiligen IFRS-Bilanz der Unternehmen verwendeten Bewertungsansätze gemäß DRSC AH 1 (IFRS) – ggf. unter Verwendung abweichender Rechnungszinssätze – auch für die deutsche Handelsbilanz übernehmen werden. 3. Sonstige Regelungen Des Weiteren beschäftigt sich der IDW RS HFA 3 n. F. mit der Bilanzierung von Erfüllungsrückständen aus ATZ-Vereinbarungen sowie von ggf. bestehenden Erstattungsansprüchen gegenüber der Bundesagentur für Arbeit; hierbei wird die bisherige bilanzielle Praxis uneingeschränkt bestätigt. Abschließend werden noch einige Hinweise zu Ausweisfragen gegeben. So sind Vermögensgegenstände i. S. d. § 246 Abs. 2 HGB als saldierungspflichtiges Deckungsvermögen „mit den Rückstellungen für Altersteilzeit zu verrechnen“ (Tz. 28).11 Da an dieser Stelle nur pauschal von Rückstellungen für Altersteilzeit die Rede ist und nicht nach Rückstellungen für Erfüllungsrückstände und für Aufstockungen differenziert wird, könnte die gewählte Formulierung dahingehend missverstanden werden, dass trotz einer fehlenden konkreten Zweckbindung solches Deckungsvermögen, das allein zur Insolvenzsicherung der Erfüllungsrückstände vorgesehen ist, im Falle einer Überdeckung der Erfüllungsrückstände auch mit den Rückstellungen für Aufstockungen verrechnet werden könnte. Nach Ansicht der Verf. ist eine solche Sichtweise allerdings nicht mit dem Sinn und Zweck der handelsrechtlichen Vorschriften zum Deckungsvermögen vereinbar, da die Saldierungspflicht u. a. eng an die Zweckexklusivität der Vermögensgegenstände geknüpft ist. Somit kommt eine Verrechnung von Deckungsvermögen mit Rückstellungen für ATZ-Aufstockungen wohl nur in Frage, wenn eine konkrete Zweckbindung auch für diese Leistungen vorgesehen ist. In der Gewinn- und Verlustrechnung schließlich sind die Zinsaufwendungen im Rahmen der Rückstellungszuführungen sowie die Erträge aus etwaigem Deckungsvermögen zu verrechnen. Die operativen Aufwendungen aus der Zuführung zu den ATZ-Rückstellungen sind dagegen danach zu unterscheiden, ob es sich um ATZ-Vereinbarungen mit Entlohnungscharakter handelt (Erfassung als Personalaufwand) oder um Abfindungsleistungen (Erfassung als sonstiger betrieblicher Aufwand). Allerdings wäre es aus Sicht der Anwender (bilanzierende Unternehmen, Aktuare und Wirtschaftsprüfer) wünschenswert gewesen, wenn einige – auch in der Kommentierung angerissene – Detailfragen durch den HFA klarer beantwortet worden wären. 3. Hinsichtlich der Klassifizierung von ATZ-Vereinbarungen sollte es bei erstmaliger Anwendung der Grundsätze der Neufassung des IDW RS HFA 3 handelsrechtlich nicht zu beanstanden sein, wenn ATZ-Vereinbarungen mit Entlohnungscharakter mit Blick auf einen verbesserten Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens umklassifiziert werden, obwohl sie bislang (zwingend) nach IDW RS HFA 3 a. F. als Abfindungsleistungen eingestuft wurden. Die Umstellungseffekte sind sofort erfolgswirksam zu erfassen. In der Zukunft ist eine einmal gewählte Klassifizierung nach IDW RS HFA 3 n. F. nach dem Grundsatz der Bewertungsstetigkeit beizubehalten. 4. Die aus dem DRSC AH 1 bekannten Bewertungsverfahren für ATZ-Vereinbarungen mit Entlohnungscharakter müssen auch für die Bilanzierung gemäß HGB als uneingeschränkt zulässig anzusehen sein, da beide Bilanzierungswelten bezüglich der Zielsetzung der Ermittlung eines periodengerecht abgegrenzten, anteiligen Barwerts auf der Basis bester Schätzwerte grundsätzlich übereinstimmen. Darüber hinaus bietet der IDW RS HFA 3 n. F. aber auch die Möglichkeit der Anwendung anderer sachgerechter Bewertungsverfahren, die unter formalen Gesichtspunkten gemäß IFRS ggf. nicht verwendet werden können. Allerdings ist davon auszugehen, dass im Falle einer Einstufung von ATZ-Aufstockungen als Leistungen mit Entlohnungscharakter auch für handelsbilanzielle Zwecke das jeweils in der IFRS-Bilanzierung verwendete Bewertungsverfahren Anwendung finden wird. 5. Die bisherige Bilanzierung von Erfüllungsrückständen aus ATZVereinbarungen sowie von ggf. bestehenden Erstattungsansprüchen gegenüber der Bundesagentur für Arbeit bleibt durch die Neufassung des IDW RS HFA 3 unberührt. Dr. André Geilenkothen, Aktuar DAV und IVS-Sachverständiger, ist Senior Consultant bei Aon Hewitt. Fachliche Schwerpunkte seiner Tätigkeit sind u. a. Grundsatzfragen der Bewertung und Bilanzierung von Arbeitnehmerleistungen. Dr. Rafael Krönung, Aktuar DAV und IVS-Sachverständiger, ist Senior Consultant bei Aon Hewitt. Schwerpunkte seiner Tätigkeit liegen insbes. in den Bereichen der Pensionskassen und der Lebensarbeitszeitmodelle. III. Zusammenfassung 1. Die Neufassung des IDW RS HFA 3 befasst sich nur noch mit Fragestellungen der bilanziellen Abbildungen von ATZ-Vereinbarungen nach deutschem Handelsrecht und gibt keine Hinweise mehr zur ATZ-Bilanzierung gemäß IAS 19. 2. Begrüßenswert sind die seitens des IDW eingeräumten Ermessensspielräume sowohl in der Klassifizierung von Altersteilzeitverpflichtungen als auch in der Auswahl des Bewertungsverfahrens. Betriebs-Berater | BB 32.2013 | 5.8.2013 Powered by TCPDF (www.tcpdf.org) Dr. Friedemann Lucius, Aktuar DAV und IVS-Sachverständiger, ist Mitglied des Vorstands der HEUBECK AG mit dem Beratungsschwerpunkt Bewertung und Bilanzierung von Arbeitnehmerleistungen nach handelsrechtlichen und internationalen Grundsätzen. 11 So auch bereits IDW RS HFA 30. 1901