Die Vermögensfrage: Die teure Jagd nach hohen Zinsen

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Die Vermögensfrage
Aktualisiert: 01.02.2014, 13:36 Uhr
Die teure Jagd nach hohen Zinsen
31.01.2014 · Geldanlagen versprechen oft hohe Renditen, aber liefern nur kleine. Die
Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit wird inzwischen manchmal
abenteuerlich.
Von VOLKER LOOMAN, BREMEN
Artikel
© DPA
Windräder bringen nicht immer die erhoffte Rendite.
K
larheit und Wahrheit bei Geldanlagen und Krediten sind hohe Ansprüche. Der
Gesetzgeber versucht von Zeit zu Zeit, mit Hilfe von Gesetzen und Verordnungen
etwas Licht in die Kosten und Renditen von Finanzverträgen zu bringen. Doch die
Ergebnisse sind zum Teil von bescheidener Natur. Die Preisangaben-Verordnung und
die Produkt-Informationsblätter sind stumpfe Waffen im Kampf gegen Banken,
Bausparkassen und Versicherungen, die es mit List und Tücke verstehen, die wahren
Kosten ihrer Finanzprodukte zu verschleiern. Die Gebühren und Provisionen werden
im Kleingedruckten mit lauen Worten umschrieben, doch sobald es ans harte Rechnen
geht, wenn die Aufwendungen in nüchterne Effektivzinsen und Renditen umgerechnet
werden sollen, gehen in Deutschland die Lichter aus, und im Dunkeln werden Zahlen
gebraut und gemischt, die mit der Wirklichkeit in vielen Fällen nichts zu tun haben. Das
wird in folgenden Beispielen deutlich.
Aktiensparpläne sind Kernprodukte beim Aufbau der Altersversorgung. Sie werden
über lange Zeiträume abgeschlossen. In der ersten Tabelle geht es um einen
Investmentsparplan, der 30 Jahre laufen soll. Der Anleger ist Ende 30, möchte kein
Eigenheim und will einmalig 10000 Euro und laufend 250 Euro anlegen. Da sind
Investmentfonds erste Wahl. Doch bei der Auswahl trennen sich die Wege. Der
Privatmann kann aktive oder passive Sparverträge wählen. Bei der ersten Lösung
vertraut er das Geld einem Vermögensverwalter an, und bei der zweiten Lösung
vertraut er auf den Kapitalmarkt. Die Auswirkungen gehen mächtig ins Geld.
Schöne Musterrechnungen
Die Investmentgesellschaften sind nicht verpflichtet, irgendwelche Renditen ihrer
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Produkte zu berechnen. Das hält sie freilich nicht davon ab, in ihren Prospekten schöne
Musterrechnungen aufzustellen, wie hoch die Guthaben im Laufe der Zeit werden
können. Im vorliegenden Fall kommen bei einer jährlichen Verzinsung von 6 Prozent
nach 30 Jahren etwa 301.000 Euro zusammen. Der Schönheitsfehler an dieser
Prognose ist der Umstand, dass in dem Endwert weder Ausgabeaufschläge noch
Verwaltungskosten enthalten sind. Sie sind im Gegensatz zu der weichen
Hochrechnung allerdings beinharte Tatsachen. Bei einem Ausgabeaufschlag von 5
Prozent und einer Verwaltungsgebühr von 1,5 Prozent im Jahr sinkt das Guthaben nach
30 Jahren auf 213.000 Euro. Wenn auch noch die Abgeltungsteuer berücksichtigt wird,
sind es sogar nur 182.000 Euro.
Das drückt die Renditen auf 4,2 und 3,4 Prozent, so dass die offiziellen 6 Prozent alles
andere als sexy sind. Bausparen gehört in Deutschland zu den beliebtesten
Geldanlagen, weil sie als sicher und solide gelten. Das ist ohne Zweifel richtig, doch bei
der Rentabilität müssen sich die Anleger an Minuswerte gewöhnen. Die Ursache liegt in
der Abschlussgebühr und den Magerzinsen. Der Eintritt in die Bausparkasse beginnt
wie bei der Aufnahme in den Tennisclub mit einer Gebühr. Sie beträgt vielfach 1
Prozent der Bausparsumme. Das sind bei einem Vertrag von 50.000 Euro einmalig 500
Euro. Die zehn Fünfziger werden in der Regel nicht bar bezahlt, sondern mit den ersten
Sparraten verrechnet. Das hat zur Folge, dass das Guthaben nach sieben Jahren statt
21.182 nur 20.674 Euro beträgt.
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© F.A.Z.
Die Bausparkassen sind nicht verpflichtet, für den Sparvertrag eine Rendite zu nennen.
Das dürfte für die Unternehmen im Augenblick ein besonderer Segen sein, weil die
Rendite zurzeit ins Negative kippt. Der nackte Sparvertrag verzinst sich mit 0,25
Prozent im Jahr. Wenn die Gebühr hinzukommt, und dieser Posten fällt selten unter
den Tisch, sackt auch die Rendite auf minus 0,45 Prozent im Jahr. Die Abgeltungsteuer
spielt beim Bausparen keine Rolle. Die Zinsen sind so niedrig, dass kaum Steuern
abzuführen sind. Im vorliegenden Fall kommen 46 Euro zusammen, so dass die
Rendite nach Gebühren und Steuern auf minus 0,52 Prozent sinkt.
Das Ergebnis ist Wasser auf die Mühlen der Menschen, die Bausparverträge seit Jahr
und Tag als fragwürdige Geldanlagen empfinden. Die Kritik war lange Zeit überzogen,
doch im Moment ist die Ablehnung berechtigt, weil die Alternativen attraktiver sind.
Wer regelmäßig Geld ansparen möchte, um das Kapital in sieben oder acht Jahren als
Grundstock für den Bau oder Kauf eines Eigenheims zu verwenden, sollte die Sparraten
lieber zu einer Bank tragen oder in einen Rentenfonds stecken. Bei der Bank gibt es im
Jahr etwa 1 Prozent, und bei den Investmentgesellschaften kann es 2 Prozent geben, die
durch die Ausgabeaufschläge von 2,5 Prozent noch 1,3 Prozent betragen. Trotzdem
bleibt die Rendite im Gegensatz zu dem Minusgeschäft mit der Bausparkasse noch
positiv.
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Buch mit sieben Siegeln
Die Rentabilität vermieteter Immobilien ist für viele Privatleute ein Buch mit sieben
Siegeln. Das ist tragisch, weil die Berechnung der Verzinsung die Anleger vor manchem
Unfug bewahren könnte. Die Angabe von Renditen ist bei Immobilien nicht
vorgeschrieben, und es ist nicht damit zu rechnen, dass sich an dieser Praxis in Zukunft
viel ändern wird. Folglich müssen Investoren, die es genau wissen wollen, selbst Hand
anlegen. Dreh- und Angelpunkt der Renditeberechnung ist der Zahlungsplan, der aus
dem Startwert, den Erträgen und dem Endwert besteht.
Die Wohnung, die im Mittelpunkt des dritten Beispiels steht, soll auf Wunsch des
Anlegers zehn Jahre vermietet werden. Der Lebenslauf der Investition fängt mit einem
Gesamtaufwand von 220.000 Euro an. Danach folgen 120 Erträge, die bei 750 Euro
beginnen und jedes Jahr um 2 Prozent anwachsen. Am Ende wird mit einem
Schlusswert von 181.000 Euro gerechnet. Dahinter stecken drei Überlegungen. Die
anfänglichen Nebenkosten sind verlorene Ausgaben. Der Preis des Grundstückes steigt
um 2 Prozent im Jahr, und der Wert des Gebäudes sinkt im selben Zeitraum durch
Abnutzung um 2 Prozent.
Das führt unter dem Strich zu vielfältigen Ergebnissen. Die Verzinsung ohne
Nebenkosten beträgt 4,2 Prozent. Der Wert mag für die erste Einschätzung von
Bedeutung sein. Weil der Anleger um Nebenkosten wie Grunderwerbsteuer und
Notargebühren aber nicht herumkommt, sollte das Augenmerk auf der Rendite nach
Gebühren liegen. Das sind im vorliegenden Fall etwa 3 Prozent im Jahr. Wenn auch
noch die Steuern berücksichtigt werden, sinkt die jährliche Verzinsung auf 2,1 Prozent.
Das ist die Hälfte des Ausgangswertes. Der hohe Schwund ist bei vermieteten
Immobilien keine Seltenheit, so dass der Startpreis bei diesen Anlagen überragende
Bedeutung hat.
Kein Beitrag zur Klarheit
Die Berechnung der Kosten im Kreditgeschäft ist in Deutschland ein Trauerspiel. Es
gibt seit vielen Jahren die Preisangaben-Verordnung. Doch das Regelwerk ist kein
Beitrag zur Klarheit, wie teuer Kredite sind, sondern ein Musterbeispiel, wie
Transparenz durch bürokratische Verschlimmbesserung ins Gegenteil verdreht wird.
Der jüngste Missgriff ist die Pflicht, den Effektivzins für die Gesamtlaufzeit eines
Kredites zu berechnen, obwohl der Zinssatz nur für einen Bruchteil dieser Laufzeit
gültig ist. Das führt zu der Notwendigkeit, nach dem Ende der Zinsbindung mit einem
Anschlusszins weiterzurechnen, den kein Mensch kennt.
Kredite mit einer Zinsbindung von zehn Jahren kosten zurzeit etwa 3 Prozent. Bei der
üblichen Tilgung von 1 Prozent sinkt die Restschuld während der Zinsbindung von
100.000 auf 88.000 Euro. Die tatsächliche Tilgungsdauer hängt vom Anschlusszins ab.
Bei einem Satz von 2 Prozent dauert die Rückzahlung noch 29 Jahre, und bei einem
Wert von 4 Prozent sind es 54 Jahre. Die Kreditgeber sind bei der Wahl dieses
Anschlusszinses für die anfängliche Effektivzinsberechnung frei. Folglich ist es kein
Wunder, dass die meisten Institute niedrige Sätze wählen, um schöne Effektivzinsen
nennen zu dürfen. Die fragwürdige Regel führt in der Praxis dazu, dass die
Effektivzinsen bei manchen Banken unter dem Festzins liegen und für den Vergleich
der wahren Kosten überhaupt nicht mehr zu gebrauchen sind.
Klarheit ist nicht nur bei Krediten, sondern auch bei Versicherungen ein heikles Thema.
Das gilt in besonderem Maß für die Leibrenten. Es gibt viele Menschen, die im Alter vor
dem Problem stehen, dass die gesetzliche Rente nicht ausreicht, um im Alltag über die
Runden zu kommen. Folglich müssen sie ihr Kapital angreifen. Die Anleger haben die
Wahl, selbst anzugreifen oder angreifen zu lassen. Bei der zweiten Lösung übergeben
sie einen Teil ihres Vermögens, beispielsweise 100.000 Euro, einer Versicherung und
erhalten dafür im Gegenzug jeden Monat eine Rente. Sie wird bis zum Lebensende
bezahlt, so dass sich die Leibrente bei ängstlichen Menschen großer Beliebtheit erfreut.
Sorge hat ihren Preis
Die Sorge hat ihren Preis, und es ist vielleicht gar nicht schlecht, dass die meisten
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Menschen diesen Preis nicht kennen, weil die Sorgen mit hoher Wahrscheinlichkeit
noch größer werden würden. Wer etwas Licht in das Dunkel von Versicherungen
bringen möchte, muss sich allen Widrigkeiten zum Trotz festlegen, wie lange er noch
leben wird. Das ist zwar nicht schön, doch für die Berechnung der Rendite
unverzichtbar. Im vorliegenden Fall sind es 20 Jahre. Nun können die Garantierente
von 393 Euro und die Überschussrente von 473 Euro, die von einem großen
Direktversicherer aus Norddeutschland bezahlt werden, in jährliche Renditen
umgerechnet werden. Der erste Wert ergibt eine Verzinsung von minus 0,6 Prozent,
weil die Summe der Renten unter dem Startbetrag liegt, und der zweite Wert führt zu
einer Rendite von 1,3 Prozent, weil die Summe dieser Rückflüsse um 14 Prozent über
dem Anfangswert liegt. Die beiden Werte lösen in vielen Haushalten keinen Jubel aus.
Stürmisch wird die Geschichte, wenn die Magerzinsen einzelne Anleger verleiten, sich
am Bau von Windrädern oder Schiffen zu beteiligen. Die beiden Beteiligungen sind,
wenn sie mit Hilfe von Bargeld bezahlt werden, lupenreine Rentenpläne. Die Anleger
legen wie die Versicherung einen bestimmten Geldbetrag auf den Tisch und erhalten im
Gegenzug eine gewisse Rente. Oder sollte man nach den Pannen und Pleiten der letzten
Jahre besser von ungewissen Schiffs- und Windrenten sprechen? Die Hoffnung auf
hohe Renditen ist, wie ein Blick in die letzte Tabelle zeigt, mit Vorsicht zu genießen.
Wenn mit Ausschüttungen von 7 oder 8 Prozent geworben wird, ist Sturmwarnung
angesagt, weil die Renditen viel niedriger sind. Der Grund ist die Tatsache, dass Schiffe
und Windräder nach 15 oder 20 Jahren oft nur noch einen Schrottwert haben.
Das mag sich bitter anhören, doch ein Blick in den Handel mit Autos sollte jedem
Interessenten an Flugzeugen, Lokomotiven, Schiffen, Solaranlagen und Windrädern die
Augen öffnen, dass hier ähnliche Regeln gelten. Maßgebend für die grünen Rentenpläne
sind der Einstandspreis und die Rückflüsse. Das sind in der letzten Übersicht einmal
105.000 Euro und zwanzigmal 8000 Euro. Sie entsprechen einer Rendite von 5 Prozent
im Jahr. Wer das nicht glaubt, muss zu Papier und Taschenrechner greifen und von
dem Konto, auf das am Anfang genau 105.000 Euro eingezahlt worden sind und das
gedanklich mit 5 Prozent verzinst wird, jedes Jahr wieder 8000 Euro abheben. Dann
steht das Konto nach 20 Jahren bei null Euro. Ob das Geschäft auch in der Praxis so
ablaufen wird, steht auf einem anderen Blatt, weil es Schiffe und Windräder geben soll,
die keine 20 Jahre durchhalten.
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Der Autor ist Finanzanalytiker in Bremen.
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Quelle: F.A.Z.
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