Blauäugig

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Beleuchtung
Blauäugig
Gestern noch ein Privileg
der Luxusklasse, heute eine
Option wie viele andere und
selbst für die Kompaktklasse
lieferbar: Xenonscheinwerfer.
Je mehr Baureihen ab Werk
damit bestückt werden, umso
interessanter ist die Nachrüstung. Doch die nächsten
Innovationen sind schon auf
dem Weg.
G
enau genommen wird nicht erst
das künftige 42- und 14-VoltBordnetz ein Mehrspannungs-Bordnetz sein.
Heute wie morgen verlangen Steuergeräte
nach fünf Volt und die Gasentladungslampen der Xenonscheinwerfer sogar nach
Wechselspannungen: 16.000 bis 25.000
Volt als Zünd- und 60 Volt als Betriebsspannung, erzeugt von einem als Vorschaltgerät
bezeichneten DC/AC-Wandler. Am Spannungswert für herkömmliche Halogen- und
Glühlampen wird sich ebenfalls nichts ändern. Mit 42 Volt betrieben, fielen sie dem
ersten Schlagloch zum Opfer, denn die
Glühfäden hätten bei dreifacher Spannung
nur noch ein Drittel der heutigen Stärke und
Stabilität. Ihr Verbleib in der 14-Volt-Ebene ist
also ebenso zwangsläufig wie ihr Ersatz
durch Gasentladungslampen bzw. Leuchtdioden bei Umstellung auf ein reines 42-VoltNetz.
Xenon für die Masse
Noch vor wenigen Monaten blieben die wirkungsvollen, aber teuren Xenonscheinwerfer
Fahrzeugen vorbehalten, in deren Optionsund Aufpreislisten ein weiteres, mehrere
Tausend Mark teures Detail nicht weiter auf-
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Modulbauweise
macht’s möglich:
Nachrüst-Xenonscheinwerfer für die
Kompaktklasse.
fiel. Nachrüstbar waren lange Zeit ausschließlich BMW 5er (E 39) und Mercedes-Benz
E-Klasse (W 210). Mittlerweile lassen sich
weit mehr Baureihen der Luxus-, Mittel- und
Kompaktklasse ab Werk oder in der Werkstatt mit Xenonscheinwerfern bestücken. Anbieter von Nachrüstlösungen sind vor allem
Erstausrüster wie Hella und Automotive
Lighting (ein Joint-venture von Bosch und
Magneti Marelli). Während die bekannten
Nachrüst-Xenonscheinwerfer von 5er und
E-Klasse so auch an die Bänder von BMW
bzw. DaimlerChrysler geliefert werden, können die jüngsten Lösungen für die Kompaktklasse (Ford Focus, VW Golf IV sowie in
Kürze Audi A3 und Opel Astra) durchaus
Unterschiede zum Originaldesign aufweisen.
Grund: Erstausrüster für die jeweilige Baureihe ist immer nur ein Scheinwerferhersteller.
Für ein entsprechendes Nachrüstangebot
muss dieser lediglich die Fertigungskapazität
vergrößern. Anders der Wettbewerb, der bei
der Produktion vergleichbarer Scheinwerfer
quasi bei Null beginnt. Es sei denn, er greift
in die Trickkiste – sprich: zur Modulbauweise. Unter Modulbauweise sind identische
Lampenmodule, eingebaut in fahrzeugspezifische Scheinwerfergehäuse, zu verstehen
(vgl. Bilder oben). Tuner wie projektzwo
machen sich diese Vorgehensweise zunutze
und stellen eigene Angebote zusammen, im
genannten Fall für VW Golf IV und Transporter T4. Zudem bietet die Modulbauweise
nachrüstwilligen Fahrzeughaltern die Wahl
zwischen Abblendlicht- und teureren Komplettlösungen.
Ohnehin ist Xenon nicht gleich Xenon.
Man unterscheidet einerseits – wie bei
Halogenscheinwerfern – Reflexions- und
Projektionssysteme, andererseits die ge-
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frühen Gasentladungslampen verkürzte
Zündvorgang des Xenonbrenners ermöglichen die Integration der Lichthupenfunktion.
Dennoch weist ein Großteil der Xenonscheinwerfer für die Lichthupe ein Zusatzfernlicht in Form einer Halogenlampe auf.
Allen Xenonscheinwer fer-Varianten
gleich ist die Kombination mit Scheinwerferreinigungsanlage und automatischer
Leuchtweitenregulierung, vorgeschrieben
seit April 1996 durch die ECE-Regelung
R98. An nachträglich mit Xenonscheinwerfern auszustattenden Fahrzeugen nicht
vorhandene Baugruppen sind deshalb
ebenfalls nachzurüsten.
Was kommt nach Bi-Xenon?
Nach Meinung von Automotive Lighting ist
ein deutlicher Trend in Richtung Projektionssystem erkennbar. Dabei wird es möglicherweise nicht bleiben, denn derzeit in Entwicklung befindliche Scheinwerfer basieren auch
auf dem Reflexionssystem. Doch zunächst
die Weiterentwicklung des Projektionssystems: Hella arbeitet am Vario-Xenonscheinwerfer, kurz VarioX. Bei VarioX ersetzt eine
elektromotorisch (Schrittmotor) bewegte
Walze, deren Mantelfläche unterschiedliche
Konturen aufweist, die bisher zwischen Xenonbrenner und Projektionslinse befindliche
Blende. Somit lassen sich weit mehr als nur
zwei Hell-Dunkel-Grenzen auf die Fahrbahn
und deren Peripherie projizieren. Neben vernannten Abblendlicht- und Komplettlösungen (Bi-Xenon). Noch dominieren die Abblendlichtlösungen, doch Bi-Xenon ist auf
dem Vormarsch. Erstausrüstungsbeispiele
hierfür sind Audi A8 („Xenon plus“ als Option), Mercedes-Benz CL und Porsche 911
Turbo (beide serienmäßig). Pendelt der Xenonbrenner – vergleichbar dem Umschalten zwischen Abblendlicht- und FernlichtGlühfaden einer Halogenlampe – zwischen
zwei Positionen im Reflektor, spricht man
von Bi-Xenon und Reflexionssystem. Beim
Projektionssystem wird der Übergang von
Abblend- zu Fernlicht und umgekehrt durch
eine Blende realisiert, wobei sich die Lichtverteilung über eine namensgebende Projektionslinse vollzieht (vgl. Bild rechts). Die
Verstellung von Brenner bzw. Blende erfolgt
elektromagnetisch innerhalb von Sekundenbruchteilen. Dies und der im Vergleich zu
Als Projektions(oben) oder
Reflexionssystem (unten)
realisierbar:
Bi-Xenonscheinwerfer.
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SiMotion (Siemens) am Kurvenlicht. Apropos BMW: Der Autobauer veröffentlichte
Ende letzten Jahres interessante Details
künftiger Lichtsysteme. Etwa so genannte
Pixelscheinwerfer, deren Reflektoren aus
einer Vielzahl kleiner, steuerbarer Spiegel
bestehen (vgl. Bild S. 17). Auf diese Weise
soll u. a. ein blendfreies Permanentfernlicht
möglich sein, indem die unmittelbare Umgebung des Gegenverkehrs ausgeblendet,
also nicht angestrahlt wird. Weiterhin glaubt
man bei BMW, in den ausgeleuchteten
Fahrbahnbereich Navigationshinweise, beispielsweise Abbiegepfeile, einblenden zu
können, so dass der Fahrer seinen Blick im
Verkehrsgeschehen belassen kann.
Jedem seine Heckleuchte
Eröffnet neue
Gestaltungsmöglichkeiten
bei Signal- und
Innenraumleuchten:
modulares
Lichtsystem
Molis
Vario-Xenonscheinwerfer:
Eine Walze mit
unterschiedlichen Konturen ersetzt die
Blende.
schiedenen Arten des Abblendlichts (u. a.
Stadt- und Landstraßenlicht) können das ein
spezielles Autobahn- und natürlich das Fernlicht sein. VarioX ist eine Komponente des
1993 gestarteten Eureka-Projekts 1403 „Advanced Frontlighting System“ (AFS). Ziel von
AFS ist die automatische Anpassung des
Fahrlichts an Witterung und Straßenverlauf.
Eine weitere AFS-Komponente ist das
Kurvenlicht. Zu diesem Zweck horizontal be-
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wegliche Reflektoren kennt man bereits aus
den 60er Jahren, speziell von den CitroënModellen DS und SM. Damals viel zu ungenau, ist künftig sogar die Steuerung der
Scheinwerfer über das Navigationssystem,
also mittels GPS-Satelliten und digitaler
Straßenkarten, sowie in Kombination mit
Informationen über Geschwindigkeit und
Lenkwinkel denkbar. Neben Automotive
Lighting arbeitet auch BMW gemeinsam mit
Veränderungen kündigen sich auch für die
Heckleuchten an, und zwar in Form von
Funktions- und Designinnovationen. So sollen künftige BMW-Baureihen über mehrere
Bremsleuchtensegmente verfügen, die dem
nachfolgenden Verkehr die Intensität des
Bremsvorgangs signalisieren: Je intensiver
die Abbremsung, umso größer sind beleuchtete Fläche und Lichtstärke, wobei die
beleuchtete Fläche von innen nach außen
zunimmt.
MOLIS, das modulare Lichtsystem von
Hella, besteht aus variier- und kombinierbaren Modulen, wobei es sich bei jedem dieser Module um eine Miniaturleuchte mit
vom Kunden festgelegter Größe und mit
einer Leuchtdiode (Lichtemitterdiode, LED)
als Lichtquelle handelt. Das Licht der LED
wird im so genannten Einkoppelbereich in
das Modul eingeleitet, zunächst auf die
Rückwand und von dort durch Mikrooptiken
in Abstrahlrichtung umgelenkt (vgl. Bild
oben). Bei den Leuchtdioden unterscheidet
man herkömmliche 3-mm-LED (für Positions- und Schlusslicht) und so genannte
Piranha-LED mit höherer Lichtstärke (für
Brems- und Blinklicht). Durch die mögliche
Aneinanderreihung der Module sind Kontur
und Größe der Heckleuchten relativ frei gestaltbar. Besonders interessant: Die Bautiefe
der MOLIS-Heckleuchten liegt nur bei rund
20 Millimeter, was Karosseriedurchbrüche
erübrigt. Vertiefungen und Kabeldurchführungen genügen.
Ein Modulsystem bietet Hella seit Ende
2000 auch zur individuellen Gestaltung der
Rubrik
00
Bilder: BMW (1), Bosch
(1), Diehl (1), Hella (5)
Thema
Heckleuchten von Seat Arosa und VW Lupo.
Die fahrzeugspezifischen und in Wagenfarbe
lackierbaren Leuchtengehäuse beinhalten
Einbaupositionen für acht runde Leuchtenmodule und zwei ringförmige Rückstrahler.
Unter Beachtung der Anbauvorschriften –
symmetrische Bestückung, Nebelschlusslicht links und Rückfahrscheinwerfer rechts –
kann die Platzierung der Leuchtenmodule
und Rückstrahler nach Kundenvorgabe erfolgen. Fällt dem Kunden nichts ein, enthält
die Montageanleitung drei Platzierungsvarianten. Zum Lieferumfang gehören weiterhin
Kabelgruppen mit fahrzeugspezifischen
Adaptern. Weitere Informationen telefonisch
(0180/5250001), per e-mail ([email protected])
oder im Internet (www.hella.de).
Peter Diehl
Heckleuchten in
Modulbauweise für
Seat Arosa und VW
Lupo
Pixelscheinwerfer:
Eine Vielzahl kleiner,
steuerbarer Spiegel
übernimmt die Aufgabe des Reflektors.
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