Erklärung des Bildes des Barmherzigen Jesus
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Erklärung des Bildes des Barmherzigen Jesus
Liebe Schwestern und Brüder! In diesem Kontext werden Sie leichter verstehen, was ich jetzt als Seelsorger und Pfarrer der Pfarrgemeinde St. Bonifatius mitzuteilen habe. Es betrifft das Bildnis des Barmherzigen Jesus, das seit kurzem in unserer Kirche an der linken Seitenwand hängt. Ich bemühe mich, es chronologisch und verständnisvoll darzulegen. Alles im Leben der Menschen und in der Natur geschieht nach dem Prinzip „Ursache – Folge“. Auch für diesen Teil der Predigt gab es eine Ursache. Am 24. August habe ich die Kopie eines Briefes bekommen, der von einem Mitglied unserer Gemeinde an unseren Pfarrgemeinderat adressiert war (kein anonymer Brief, aber der Name hat hier nichts zu sagen. Es geht hier um die Problematik, nicht um die Person). Hier ist der Brief: An den Pfarrgemeinderat der Gemeinde St. Bonifatius, Schlächtern! Ich stelle hiermit den Antrag, dass der Pfarrgemeinderat auf seiner nächsten Sitzung über die beiden folgenden Anträge - getrennt abstimmen möge: Antrag 1: Der Pfarrgemeinderat mögen beschließen, dass das Herz-Jesu-Bild (im Altarraum links) abgehängt wird und an keinem anderen 4 öffentlichen Platz in der Gemeinde oder der Kirche selbst wieder aufgehängt wird. Begründung zu Antrag 1: Das Bild ist ausgesprochener Kitsch. Seine religiöse Aussage ist höchst zweifelhaft. Die detailierte Begründung entnehmen Sie bitte der Anlage 1, dem Artikel aus „Christ in der Gegenwart". Antrag 2: Der Pfarrgemeinderat möge beschließen, dass er vor jeder „dekorativen" Ausstattung der Kirche befragt werden muss. Begründung zu Antrag 2: Neben dem oben erwähnten Bild gibt es Schmuck und Ausstattung in der Kirche, die mit dem eigentlich nüchternen modernen Baustil in keiner Weise harmonieren: schwebende (Papp-?)Engel, Christbaumschmuck in Las-VegasFarben, misslungene Beleuchtung in den liturgischen Farben (besonders das Schwefelgelb und das Himbeerrot). Hier wurde und wird Geld ausgegeben, das besser in qualitätsvolle Arbeit (z.b. Renovierung der Orgel) gesteckt worden wäre. Mit freundlichen Grüßen Anlage 1 Christ in der Gegenwart, 23-2007 Wege und Welten Wie sieht unser Glaube aus? Keine esoterische Lichterscheinung Ein Leser dieser Kolumne hat mich gebeten, zu dem Herz-Jesu-Bild der polnischen Ordensfrau Faustine Kowalska (1905-1938) Stellung zu nehmen. Es geht auf eine Vision zurück. Visionen und 5 Privatoffenbarungen hat es in der Geschichte unseres Glaubens immer gegeben. Sie sind aber für niemanden verbindlich und können das Glaubensleben gleichermaßen vertiefen oder gefährden. Die genaue bildliche Umsetzung von Visionen führt jedoch oft zum Kitsch. Kitsch aber gefährdet das religiöse Leben, wie der Münchener Moraltheologe Richard Egenter gezeigt hat. Dies gilt für die Herz-Jesu-Visionen der Margaretha Maria Alacoque im 17. Jahrhundert genauso wie für die Marienvisionen des 19. und 20. Jahrhunderts. Nicht die Vision ist Kitsch. Sie ist ein inneres Erleben. Aber die Umsetzung der Vision als Bild, als äußerlich wahrnehmbares, gemaltes, gedrucktes, geformtes Bildwerk ist oft kitschig. Dies muß nicht so sein. Von der Vision des heiligen Franziskus gibt es ergreifende Bilder. Giovanni Lorenzo Bernini hat aus einer Vision der Teresa von Avila ein Kunstwerk gestaltet, das zu den Meisterwerken barocker Marmorskulptur gehört, ja diese geradezu zur Vollendung führt. Die Vision bedarf der künstlerischen Umsetzung. Wo diese fehlt, bleibt das Bild im Trivialen stecken. Die Schwächen des vorliegenden Bildes fallen ins Auge, wenn wir es direkt neben ein Kunstwerk halten. Die teppichartig-wollige Wolke zum Beispiel wird neben der Wolke unter der Sixtinischen Madonna von Raffael zum Bettvorleger. Dabei stellt sich unwillkürlich der Gedanke eines „Schlafzimmerblicks“ ein - ein Ausdruck, mit dem man früher den sinnlich verlockenden Blick des Latin lovers, des feurigen Liebhabers bczeichnet hat, für den der Filmschauspieler Rudolfo Valentino (1895-1926) berühmt war. Filmplakate oder Aufnahmen von ihm in Illustrierten könnten Faustine Kowalska zu dieser Darstellung angeregt haben. Daß sie keine Künstlerin war, sieht man auch an den beiden Spielbeinen. Beide Schenkel zeichnen sich gleich-unter dem langen Gewand ab, obwohl die Füße verschieden weit vom Wolkenrand stehen. Die wesentliche Artikulation menschlicher Gestalt, die Hüftpartie, wird ohnehin durch den Strahlenerguß in den polnischen Nationalfarben rot und weiß verschleiert. Die segnend erhobene rechte Hand der Jesusfigur kommt aus einem weiten Ärmel, dessen Tuch schlaff, fad herunterhängt. Es wird einem übel, wenn man sich erinnert, mit welcher Kraft dieses Motiv der segnenden Hand, die 6 Spannung zwischen Hand und Ärmel in der byzantinischen, romanischen, gotischen und barocken Kunst dargestellt wurde: wie das Gewand Anteil hatte an einer energischen, geisterfüllten Bewegung. Aber es sind nicht die formalen Schwächen, die das Bild gefährlich machen. Es ist vielmehr die Verengung des Bildes von Jesus von Nazareth, dem Christus unseres Glaubens, auf eine gefällige Lichtgestalt. Das Bild verleugnet den historischen Jesus und verkündet stattdessen eine esoterische Geistererscheinung von sinnlicher Glut. Wer als junger Theologe ein solches Christusbild verinnerlicht und verbreitet, ist als Seelsorger nicht geeignet. Wie aber können wir jungen Menschen, die kein anderes Christusbild haben, helfen? Erstens, indem wir daran erinnern, daß für das Erstellen von Bildern Künstler zuständig sind, so wie Theologen für Theologie. Es bedarf einer professionellen Ausbildung, um Theologie zu verbreiten. Das gleiche gilt für Bilder. Zweitens, indem wir die jungen Menschen nach Chartres, Cefalu oder Monreale führen, indem wir ihnen das Christusbild des Naumburger Meisters, des Rubens und des Rembrandt, des Lovis Corinth und des Alexej Jawlensky nahebringen und sie über die Chancen und Möglichkeiten der Kunst der Gegenwart aufklären. Wer diese Christusbilder erlebt hat, ist gefeit gegen jeden dünnblütigen und gefährlichen Kitsch. Peter B. Steiner Ich werde mich nicht zum Antrag 2 äußern, denn den Pfarrmitglieder, die in die Kirche kommen, habe ich immer erklärt und erläutert, warum es so und nicht anders ist. Meine Gedanken verstehen Sie bitte als Antwort zum Antrag 1, der für unsere ganze Gemeinde von grundsätzlicher Bedeutung ist. 7 Um die Aussagen des Bildnisses vom Barmherzigen Jesus besser zu verstehen, ist es angebracht ein paar Eckdaten aus dem Leben der hl. S. Faustyna zu erfahren. Schwester Maria Faustyna, die Apostelin der Barmherzigkeit Gottes, gehört heute zu den bekanntesten Heiligen der Kirche. Sie wurde am 25. August 1905 als drittes von zehn Kindern der Familie von Marianna und Stanisław Kowalski, Bauersleuten aus dem Dorf Głogowiec geboren. Bei der heiligen Taufe in der Pfarrkirche in Świnice Warckie erhielt sie den Vornamen Helena. Seit ihrer Kindheit zeichnete sie sich durch Liebe zum Gebet, Fleiß, Gehorsam und ein großes Mitgefühl mit menschlicher Armut aus. Im neunten Lebensjahr empfing sie die erste heilige Kommunion, die sie im Bewusstsein der Gegenwart des Göttlichen Gastes in ihrer Seele tief erlebte. Die Schule besuchte sie nur knappe drei Jahre und als junges Mädchen von 16 Jahren verließ sie ihr Elternhaus, um im Dienste bei wohlhabenden Familien in Aleksandrów, Łódź und Ostrówek für ihren eigenen Unterhalt zu verdienen und um ihren Eltern zu helfen. Die Stimme der Berufung vernahm sie in ihrer Seele bereits seit dem siebten Lebensjahr. Aber da ihre Eltern dem Eintritt in ein Kloster nicht zustimmten, versuchte sie, diese Stimme in sich zu betäuben. Unter dem Eindruck einer Vision des Leidenden Christus fuhr sie jedoch nach 8 Warschau und trat dort am 1. August 1925 in die Kongregation der Schwestern der Muttergottes der Barmherzigkeit ein. Im Kloster verbrachte sie als S. Maria Faustyna dreizehn Jahre, in denen sie als Köchin, Gärtnerin und Pförtnern in vielen Häusern der Kongregation tätig war, am längsten in Płock, Wilna und Krakau. Nach außen verriet nichts ihr äußerst reiches mystisches Leben. Voller Hingabe verrichtete sie alle Arbeiten und hielt treu die Ordensregeln ein, sie war gesammelt und schweigsam, dabei natürlich, voller wohlwollender und selbstloser Liebe. Ihr Leben, das dem Anschein nach gewöhnlich, eintönig und grau war, barg eine ungewöhnliche Tiefe der Vereinigung mit Gott in sich. Das Fundament ihrer Geistigkeit bildet das Geheimnis der Barmherzigkeit Gottes, das sie im Worte Gottes zu ergründen suchte und in das sie sich im Alltag ihres Lebens vertiefte. Die Erkenntnis der Barmherzigkeit Gottes und die Vertiefung in sie entwickelten in ihr die Haltung eines kindlichen Vertrauens zu Gott und der Barmherzigkeit gegenüber den Nächsten. O mein Jesus — schrieb sie — jeder Deiner Heiligen trägt eine Deiner Eigenschaften. Ich will von Deinem gütigen Herzen geprägt sein und will es lobpreisen. Deine Barmherzigkeit, o Jesus, soll meinem Herzen und meiner Seele als Siegel aufgeprägt sein, als mein Zeichen in diesem und im künftigen Leben (TB 1242). Schwester Maria Faustyna war eine treue Tochter der Kirche, die sie wie eine Mutter und als den Mystischen Leib Jesu Christi liebte. Sie war sich ihrer Rolle in der Kirche bewusst und arbeitete mit der Barmherzigkeit 9 Gottes im Werke der Rettung verlorener Seelen zusammen. Auf den Wunsch von Jesus Christus hin und seinem Beispiel folgend, brachte sie deshalb ihr Leben zum Opfer dar. In ihrem geistigen Leben zeichnete sie sich auch durch die Liebe zur Eucharistie und eine tiefe Verehrung der Muttergottes der Barmherzigkeit aus. Die Jahre ihres Ordenslebens waren von außergewöhnlichen Gnaden erfüllt: von Erscheinungen, Visionen, verborgenen Stigmata, der Teilnahme an der Passion Christi, der Gabe der Bilokation, dem Lesen in den menschlichen Seelen. Prophezeiungen und der seltenen Gabe der mystischen Verlobung und Vermählung. Der lebendige Kontakt mit Gott, der Muttergottes, den Engeln, Heiligen, den Seelen im Fegefeuer - die ganze übernatürliche Welt war für sie nicht weniger real und wirklich als die mit den Sinnen wahrnehmbare Welt. Obwohl sie so reich mit außergewöhnlichen Gnaden beschenkt wurde, wusste sie, dass diese nicht über das Wesen der Heiligkeit entscheiden. Im Tagebuch schrieb sie: Weder Gnaden, noch Eingebungen, noch Entzückungen wie auch andere verliehene Gaben machen die Seele vollkommen, sondern nur die innere Vereinigung meiner Seele mit Gott. Die Gaben sind lediglich Schmuck für die Seele, doch bilden sie weder ihren Inhalt noch die Vollkommenheit. Meine Heiligkeit und Vollkommenheit beruht auf der engen Vereinigung meines Willens mit dem Willen Gottes (TB 1107). Jesus wählte S. Maria Faustyna als seine Sekretärin und Apostelin seiner Barmherzigkeit, um durch sie der Welt die 10 große Botschaft zu verkünden. Im Alten Testament sprach Er zu ihr - habe Ich zu Meinem Volk Propheten mit Blitz und Donner gesandt, heute sende Ich dich zu der ganzen Menschheit mit Meiner Barmherzigkeit. Ich will die Wunde Menschheit nicht strafen, sondern sie gesund machen, sie an Mein barmherziges Herz drücken (TB 1588). Die Sendung von S. Maria Faustyna beruht auf drei Aufgaben: – Der Welt die in der Heiligen Schrift geoffenbarte Wahrheit von der barmherzigen Liebe Gottes zu jedem Menschen näherzubringen und zu verkünden. – Die Barmherzigkeit Gottes für die ganze Welt, insbesondere für die Sünder zu erbitten, u.a. durch die von Jesus empfohlenen neuen Kultformen der Barmherzigkeit Gottes: das Bild des Barmherzigen Jesus mit der Unterschrift: Jesus, ich vertraue auf Dich, das Fest der Barmherzigkeit Gottes am ersten Sonntag nach Ostern, der Rosenkranz zur Barmherzigkeit Gottes, das Gebet in der Stunde der Barmherzigkeit (15 Uhr). An diese Kultformen sowie an die Verbreitung der Verehrung der Barmherzigkeit Gottes knüpfte Jesus große Versprechungen, unter der Bedingung, dass sie mit Vertrauen zu Gott und tätiger Nächstenliebe verbunden sind. – Die dritte Aufgabe in der Sendung der S. Faustyna besteht in der Inspiration einer apostolischen Bewegung 11 der Barmherzigkeit Gottes, die die Aufgabe übernimmt, die Barmherzigkeit Gottes zu verkünden und für die Welt zu erbitte, und die - auf dem von der sel. S. Maria Faustyna gezeigten Weg - nach Vollkommenheit strebt. Dieser Weg beruht auf einer Haltung kindlichen Vertrauens zu Gott, das sich in der Erfüllung Seines Willens ausdrückt sowie auf einer Haltung der Barmherzigkeit gegenüber den Nächsten. Heute umfasst diese Bewegung in der Kirche Millionen von Menschen in aller Welt: Ordensgemeinschaften, Laieninstitutionen, Priester, Bruderschaften, Vereine, verschiedene Gemeinschaften der Apostel der Barmherzigkeit Gottes und Einzelpersonen, die die Aufgaben übernehmen, die Jesus Christus durch S. Faustyna übermittelte. Schwester Maria Faustyna starb in Krakau am 5. Oktober 1938 im Alter von nur 33 Jahren, aufgezehrt durch Krankheit und verschiedene Leiden, die sie als freiwilliges Opfer für die Sünder auf sich genommen hatte, voll geistiger Reife und mystisch mit Gott vereint. Der Ruf der Heiligkeit ihres Lebens wuchs mit der Ausbreitung der Andacht zur Barmherzigkeit Gottes und in dem Maße, in dem Gnaden durch ihre Fürbitte gewährt wurden. In den Jahren 1965-1967 wurde in Krakau der Informationsprozess über ihr Leben und ihre Tugenden durchgeführt, und 1968 begann in Rom der Seligsprechungsprozess, der im Dezember 1992 beendet wurde. Am 18. April 1993 wurde sie auf dem Petersplatz in Rom von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen. Ihre Reliquien ruhen im Sanktuarium der Barmherzigkeit Gottes in Krakau-Łagiewniki. 12 Die Sendung der S. Maria Faustyna wurde in ihrem Tagebuch beschrieben, das sie auf Wunsch von Jesus und ihren Beichtvätern führte. Sie schrieb dort alle Wünsche, die Jesus ihr gegenüber äußerte, getreulich nieder und beschrieb auch die Begegnungen ihrer Seele mit Ihm. Sekretärin Meines tiefsten Geheimnisses - sprach Jesus zu S. Faustyna - du hast die Aufgabe, alles aufzuschreiben, was Ich dich über Meine Barmherzigkeit erkennen lasse und zwar zum Nutzen der Seelen, die diese Schriften lesen. Sie erfahren in ihrer Seele Trost und Mut, sich Mir zu nähern (TB 1693). Dieses Werk bringt uns das Geheimnis der Barmherzigkeit Gottes auf außergewöhnliche Weise näher. Es begeistert nicht nur einfache Menschen, sondern auch Wissenschaftler, die in ihm eine zusätzliche Quelle für ihre theologischen Forschungen entdecken. Das Tagebuch wurde in viele Sprachen übersetzt, u.a. ins Englische, Deutsche, Italienische, Spanische, Französische, Portugiesische. Arabische, Russische, Ungarische, Tschechische und Slowakische. Die Sendbotin der göttlichen Barmherzigkeit lässt uns einen tiefen Blick in das Göttliche werfen: Das ist katholische Mystik pur! Lesen Sie hier die Worte Jesu, vermittelt durch seine neue Heilige: Alle Worte mit Imprimatur: d.h., kirchlich anerkannt! Am 30.04.2000 wurde sie von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen. In seiner Predigt bei der Heiligsprechung sagte der Papst: 13 »Empfanget den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert" (Joh 20,21f.). Bevor Jesus diese Worte ausspricht, zeigt er seine Hände und seine Seite. Er verweist also auf die Wundmale seines Leidens, insbesondere die Wunde seines Herzens. Es ist die Quelle, aus der die große Woge der Barmherzigkeit entspringt, die sich über die Menschheit ergießt. Aus diesem Herzen wird Schwester Faustyna Kowalska die wir von nun an „Heilige“ nennen, zwei Lichtstrahlen ausgehen sehen, die die Welt erleuchten: "Die beiden Strahlen - so erklärt ihr eines Tages Jesus selbst - bedeuten Blut und Wasser." Die göttliche Barmherzigkeit erreicht die Menschen durch das Herz des gekreuzigten Christus: "Sage, Meiner Tochter, dass ich ganz Liebe und Barmherzigkeit bin“, so wird Jesus Schwester Faustyna bitten. Diese Barmherzigkeit gießt Christus über die Menschheit durch die Sendung des Heiligen Geistes aus, der in der Dreifaltigkeit die „Person der Liebe“ darstellt. Und ist denn nicht die Barmherzigkeit ein „anderer Name“ für die Liebe, verstanden im Hinblick auf ihre tiefste und zärtlichste Seite, auf ihre Eigenschaft, sich um jedwede Not zu sorgen, und insbesondere in ihrer grenzenlosen Fähigkeit zur Vergebung? Meine Freude ist fürwahr groß, der ganzen Kirche heute das Lebenszeugnis von Schwester Faustyna Kowalska gewissermaßen als Geschenk Gottes an unsere Zeit vorzustellen. Die göttliche Vorsehung hat das Leben dieser demütigen Tochter Polens ganz und gar mit der Geschichte 14 des 20. Jahrhunderts verbunden, das wir gerade hinter uns gelassen haben. So hat ihr Christus zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg seine Botschaft der Barmherzigkeit anvertraut. Jesus sagte zu Schwester Faustyna: „Die Menschheit wird keinen Frieden finden, solange sie sich nicht mit Vertrauen an Meine Barmherzigkeit wendet.“ Das Licht der göttlichen Barmherzigkeit, das der Herr durch das Charisma von Schwester Faustyna der Welt gleichsam zurückgeben wollte, wird den Weg der Menschen des dritten Jahrtausends erhellen... Die Menschheit muss sich vom Geist, den der auferstandene Christus ihr schenkt, erreichen und durchdringen lassen. Es ist der Geist, der die Wunden des Herzens heilt. Daher ist es wichtig, dass wir am heutigen zweiten Sonntag in der Osterzeit, der von nun an in der ganzen Kirche den Namen „Barmherzigkeits-sonnatg“ haben wird, die Botschaft des Wortes Gottes in ihrer Gesamtheit erfassen...« Liebe Schwestern und Brüder! Die im kurzen Lebenslauf erwähnten vier neuen Kultformen sind in unserer Pfarrgemeinde ohne Ausnahme eine Wirklichkeit. Die Grundlagen für diese Kultformen sind aus den Visionen und Gesprächen der Schwester Faustyna mit Jesus her zu leiten, die in ihrem Tagebuch festgehalten sind. Und nun zurück um Bildnis des Barmherzigen Jesus. 15 Am Abend des 22. Februars 1931 sah Sr. Faustine in ihrer Zelle Jesus, der mit einer weißen Tunika bekleidet war, eine Hand zum Segen erhoben hatte und mit der zweiten sein Gewand auf der Brust berührte. Von der halbgeöffneten Tunika gingen zwei starke Strahlen aus; einer war rot, der andere blass. „Schweigend betrachtete ich den Herrn; meine Seele war von Furcht, aber auch von großer Freude durchdrungen. Nach einer Weile sagte Jesus zu mir: Male ein Bild von dem, was du siehst, mit dem Titel: Jesus, ich vertraue auf dich. Ich wünsche, dass dieses Bild verehrt wird, zuerst in eurer Kapelle, dann auf der ganzen Welt. Ich verspreche, dass jede Seele, die dieses Bild verehrt, nicht verlorengeht. Ich verspreche auch, hier schon auf Erden, den Sieg über die Feinde, besonders in der Stunde des Todes. Ich selbst werde sie verteidigen wie meine Ehre.“ Eines Tages erklärte ihr Jesus: „Die zwei Strahlen bedeuten Blut und Wasser. Der blasse Strahl bedeutet Wasser, das die Seelen rechtfertigt, der rote Strahl bedeutet Blut, welches das Leben der Seelen ist... Diese zwei Strahlen drangen aus den Tiefen meiner Barmherzigkeit, damals, als mein sterbendes Herz am Kreuz mit der Lanze geöffnet wurde. Diese Strahlen schützen die Seelen vor dem Zorn meines Vaters. Glücklich, wer in ihrem Schatten leben wird, denn der gerechte Arm Gottes wird ihn nicht erreichen. Die Menschheit wird keinen Frieden finden, solange sie sich nicht mit Vertrauen an meine Barmherzigkeit wendet.“ 16 Fassen wir unsere Überlegungen zum Bildnis des barmherzigen Jesu zusammen. Worum geht es? Das Bildnis: Das Bildnis zeigt den weiß gekleideten Christus. Seine rechte Hand segnet, seine linke Hand zeigt auf sein offenes Herz von welchem ein weißer und ein roter Strahl ausgehen. Diese Strahlen stehen für Wasser und Blut welches Johannes aus der Seite Christi nach dessen Tod am Kreuz fließen sah. ( Joh. 21,34 ). Dies ist eine Darstellung des überfließenden Stroms der Liebe, welchen Jesus über uns ausgießen möchte als ein kostenloses Geschenk seiner grenzenlosen Gnade. "Am Kreuz wurde durch die Lanze die Quelle meiner Barmherzigkeit für alle Seelen weit geöffnet - ich habe niemanden ausgeschlossen!" (Jesus zu S. Faustina, Tagbuch § 1182) Die Inschrift: Unter dem Bildnis steht " Jezu, ufam Tobie" welches „Jesus, ich vertraue auf dich" bedeutet. Wir müssen uns nicht fürchten uns Jesus zu nähern; an seiner Seite sind wir 17 sicher und in Frieden. Wir können ihm alles in seine machtvollen Hände übergeben, vertrauend, dass er uns hört und uns versorgt. Warum sollen wir dieses Bild verehren? Um Jesu Willen zu entsprechen; " Ich biete den Menschen ein Gefäß an, mit dem sie immer kommen können um die Gnaden der Quelle meiner Barmherzigkeit zu empfangen. Das Gefäß ist das Bildnis mit der Inschrift: "Jesus, ich vertraue auf dich." (Jesus zu S. Faustina, Tagebuch § 327) Wie können wir die versprochenen Gnaden empfangen? " Durch dieses Bildnis verspreche ich den Seelen viele Gnaden; so lass jede Seele daran Zugang haben." (Jesus an Schw. Faustina, Tagebuch § 570) " Ich verspreche, dass die Seele, die das Bild verehrt, nicht verloren gehen wird. Ich verspreche ihr den Sieg, besonders in der Stunde des Todes."(Jesus an S. Faustina, Tagebuch § 48) Jenseits ästhetischer Berücksichtigungen: Selbst S. Faustina, die sich der Grenzen der Arbeit des Künstlers aus Villnius bewusst war, sagte: "Ich sagte dem Herrn: "Wer kann dich so schön malen wie du bist?" Plötzlich hörte ich folgende Worte, " Weder in der Schönheit der Farben noch im Pinselstrich liegt die Größe 18 dieses Bildnisses, sondern in meiner Gnade." (Jesus an S. Faustina, Tagebuch § 313) Liebe Schwestern und Brüder! Ich bin mir dessen bewusst, dass viele von Ihnen mir vorwerfen könnten: Der polnische Pfarrer, die polnische Heilige und der polnische Papst – dass passt alles zusammen. Für mich gibt es nur eine katholische und apostolische Kirche und ich werde mich in meinem Glauben immer daran halten, auch wenn ich schon viele Male zu spüren bekommen habe, dass ich als polnischer Priester vieles in der deutschen Kirche nicht verstehen und nachvollziehen kann. Um dem Eindruck entgegen zu wirken, dass wir hier nur mit der „polnischen“ Kirche zu tun haben, möchte ich im vollen Wortlaut die Ansprache des Papstes Benedikt XVI. zum Gebet des „Regina Cæli“ am Barmherzigkeitssonntag, am 29.April 2006 zitieren. Liebe Brüder und Schwestern ! Am heutigen Sonntag berichtet das Johannes-Evangelium, dass der auferstandene Jesus den Jüngern, die sich im Abendmahlssaal zurückgezogen hatten, am Abend "des ersten Tages nach dem Sabbat" (Joh 20,19) erschien und dass er sich ihnen ebendort "acht Tage später" (Joh 20,26) erneut zeigte. 19 Die christliche Gemeinschaft hat also von Anfang an damit begonnen, in einem wöchentlichen, von der Begegnung mit dem auferstandenen Herrn skandierten Rhythmus zu leben. So unterstreicht es auch die Konstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils über die Liturgie : "Aus apostolischer Überlieferung, die ihren Ursprung auf den Auferstehungstag Christi zurückführt, feiert die Kirche Christi das Pascha-Mysterium jeweils am achten Tage, der deshalb mit Recht Tag des Herrn oder Herrentag genannt wird" (Sacrosanctum Concilium, 106). Der Evangelist erinnert des weiteren daran, dass Jesus der Herr den Jüngern bei beiden Erscheinungen die Male der Kreuzigung zeigte, die sogar an seinem verherrlichten Leib gut sichtbar waren und berührt werden konnten (vgl. Joh 20,20.27). Diese heiligen Wundmale an Händen, Füßen und an seiner Seite sind eine unerschöpfliche Quelle des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, aus der jeder schöpfen kann, insbesondere jene, die am meisten nach der göttlichen Barmherzigkeit dürsten. Angesichts dessen würdigte der Diener Gottes Johannes Paul II. die geistliche Erfahrung der heiligen Faustina Kowalska, einer demütigen Ordensschwester, und wollte, dass der Sonntag nach Ostern in besonderer Weise der Göttlichen Barmherzigkeit gewidmet werde. Und die Vorsehung hat verfügt, dass er gerade am Vorabend dieses Tages sterben sollte. Das Geheimnis der barmherzigen Liebe Gottes stand im Mittelpunkt des Pontifikats dieses meines verehrten 20 Vorgängers. Wir denken im Besonderen an die Enzyklika Dives in misericordia aus dem Jahr 1980 sowie an die Weihe des neuen Heiligtums der Göttlichen Barmherzigkeit in Krakau im Jahr 2002. Die Worte, die er zu diesem Anlass sprach, sind wie eine Synthese seines Lehramtes. Sie haben deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Andacht zur Göttlichen Barmherzigkeit keine sekundäre Frömmigkeitsform ist, sondern ein integrierter Bestandteil des Glaubens und Betens jedes Christen. Die allerseligste Jungfrau Maria, Mutter der Kirche, an die wir uns jetzt mit dem Gebet des "Regina Cæli" wenden wollen, möge allen Christen die Gnade erwirken, den Sonntag als "wöchentliches Paschafest" in Fülle zu leben und auf diese Weise die Schönheit der Begegnung mit dem auferstandenen Herrn zu verkosten und aus der Quelle seiner barmherzigen Liebe zu schöpfen, um Apostel seines Friedens zu sein. APOSTOLISCHE PÖNITENTIARIE DEKRET vom 29. Juni 2002 Andachtsübungen zu Ehren der Göttlichen Barmherzigkeit mit Ablässen verbunden Die Göttliche Barmherzigkeit weiß tatsächlich auch die schwersten Sünden zu vergeben, aber während sie es tut, bewegt sie die Gläubigen dazu, einen übernatürlichen, nicht nur psychologischen Schmerz über die eigenen Sünden zu verspüren, damit die Gläubigen, immer mit Hilfe der göttlichen Gnade, den festen Vorsatz 21 fassen, nicht mehr zu sündigen. Mit einer solchen inneren Haltung erlangt der Gläubige wirklich die Vergebung der Todsünden, wenn er das Bußsakrament fruchtbringend empfängt oder sie in einem Akt vollkommenen Schmerzes und vollkommener Liebe bereut mit dem Vorsatz, baldmöglichst das Bußsakrament zu empfangen. Denn unser Herr Jesus Christus lehrt uns im Gleichnis des verlorenen Sohnes, dass der Sünder sein Elend vor Gott mit den Worten »Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt. Ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein« (Lk 15, 18–19) bekennen und auch spüren muss, dass es Gottes Werk ist: Er »war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden« (Lk 15, 32). Unter dem Antrieb der Liebe des Barmherzigen Vaters und mit vorausschauender pastoraler Einfühlsamkeit wollte Papst Johannes Paul II. diese Gebote und Lehren des christlichen Glaubens tief in die Herzen der Gläubigen einsenken. Deshalb hat er den zweiten Sonntag der Osterzeit dazu bestimmt, dieser Gnadengaben mit besonderer Verehrung zu gedenken, und ihn mit der Bezeichnung »Sonntag der Göttlichen Barmherzigkeit« versehen (Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, Dekret Misericors et miserator, 5. Mai 2000). Im Evangelium vom zweiten Sonntag der Osterzeit wird von den Wundertaten erzählt, die unser Herr Jesus Christus nach seiner Auferstehung in der ersten öffentlichen Erscheinung vollbracht hat: »Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, dass sie den Herrn sahen. Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert« (Joh 20, 19–23). 22 Damit die Gläubigen diese Feier mit ganzem Herzen begehen, hat der Papst festgelegt, dass der vorgenannte Sonntag – wie in der Folge noch näher erklärt wird – mit dem vollkommenen Ablass ausgestattet wird. Das hat den Zweck, dass die Gläubigen das Geschenk des Trostes des Heiligen Geistes in höherem Maß empfangen und so eine wachsende Liebe zu Gott und zum Nächsten entfalten können und, nachdem sie selbst die Vergebung Gottes empfangen haben, ihrerseits angeregt werden, sogleich den Brüdern und Schwestern zu vergeben. 23