SIRIUS 32 DS EXODUS: Rund um die östliche Ostsee 2010

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SIRIUS 32 DS EXODUS: Rund um die östliche Ostsee 2010
SIRIUS 32 DS EXODUS:
Rund um die östliche Ostsee 2010
Lang ist’s her, aber immer noch präsent: Am 17. April 2010 brachen wir in Ueckermünde auf, übers
Stettiner Haff nach Swinemünde, den Wind im Rücken, blauer Himmel und Sonne von Oben –
traumhaftes Wetter, nur sehr kalt war’s. So sollte es dann übers Jahr auch bleiben.
Wir hangelten uns entlang der polnischen Küste, liefen in die uns schon bekannten Häfen ein, und
erstanden hier und da auch mal eine Scholle vom Fischer. Manchmal erreichte unsere Logge sogar
über 6 kn Fahrt. Nur die Füße blieben kleine Eisklumpen, Stiefel wurden probiert, verschiedene
Socken – schließlich halfen zwei Paar übereinander, richtige Wollsocken aus Estland. Nachts im
Hafen wurde geheizt, so konnten wir aufgetaut den Morgen genießen.
Ab Kolberg waren wir nicht mehr allein auf See, ein zweites Segelschiff lief mit uns ein, so konnten
wir die folgenden Hafentage gemeinsam mit den “Bielefeldern“ gemütlich verbringen. In Ustka
verhalfen wir in Ermangelung polnischer Seebestatter einem Deutschen aus Rügen zur
Seebestattung seiner kürzlich verstorbenen Frau, den Leichenschmaus genossen wir mit den
Bielefeldern in Leba in einem hervorragenden Hafenrestaurant. Hier mussten sich dann unsere Wege
vorerst wieder trennen.
Darlowo
Leba
Danzig kannten wir schon vom vergangenen Jahr, nach Klaipeda konnten wir den Kurs ohne Kreuzen
nicht halten, so segelten wir durch bis Liepäja, sehenswert. Man liegt direkt in der Stadt, gute
Sanitäranlagen. Durch die Stadt führt ein “Weg nach Noten“, empfehlenswert. So kann alles
Sehenswerte in einem schönen Rundgang erkundet werden. Zwei ruhige Hafentage,
Verproviantierung, dann ließ uns der Wind gut voran kommen, wir erreichten Pavilosta früher als
geplant. Nachts darauf Starkwindwarnung, Pavilosta hielt uns in Atem, unsere EPIRB meldete
selbständig einen Seenotfall, unsere Kinder in Berlin wurden von Bremen alarmiert, Küstenwache und
Riga-Rescue mussten beruhigt werden und das gute Stück anschließend per Post zum Hersteller.
Anm.: COSPAS-SARSAT funktioniert tatsächlich! 1.Mai und Nationalfeiertag der Letten hielten uns
auf, schloss doch die Postdienststelle für 4 Tage ihre Pforten. Der überaus freundliche und sehr gut
deutsch sprechende Hafenmeister half wo er nur konnte, Danke.
Pavilosta
Ventspils
Weiter am 8.Mai nach Möntu auf Saaremaa. Für die Rigaer Bucht gab‘s noch Eiswarnungen,
entsprechend ungemütlich war‘s auch: nass, kalt, nebelig und selten Wind. Bei einer unangenehmen
hohen alten Dünung half der VOLVO-Wind, wir blieben im warmen geschützten Salon und genossen
Radar, AIS und Selbststeueranlage.
Die hohe Betonpier von Möntu musste erklettert werde, hunderte von Weinbergschnecken
bevölkerten die Wege. Zum ersten Mal begegnete uns hier einen Elch., einsam ist‘s hier.
Mal zu viel, mal zu wenig Wind, mit ausgebaumter Genua schleichen wir durchs Wasser um dann am
10.Mai in Kuressaare als erste Yacht des Jahres im modernen Hafen vom Hafenmeister nebst
Fotografen überaus freundlich empfangen zu werden – so war die erste Nacht kostenfrei.
Kuressaare, Hafen und Arensburg
Auf dem Wollmarkt wurden Mützen und Socken erstanden, bei den Temperaturen leisteten sie gute Dienste.
Besichtigung der Arensburg, sehr lohnend.
13.Mai: auf der Homepage des Hafens “Hafenkino“,
so konnten wir den daheim gebliebenen zuwinken,
sie uns beim Ablegen zusehen.
Kuressaare, Wollmarkt
Der Empfang auf See: Nebel total, dann wieder Nebel bis zur Masthöhe, darüber Sonne, Sicht unter
20m. Den nächsten Hafen erreichten wir nicht mehr, wir ankerten vor Koiguste – in der Ferne
Gewitter.
Virtsu, ein Hafen ohne Service direkt neben dem Fähranleger, gut kassiert wird dennoch. Hier hielt
es uns nicht, am 15.Mai, dem ersten richtigen Sommertag (immerhin) ging es weiter nach Haapsalu,
ohne Sommerwetter dann weiter über Dirhami und Lohusalu nach Tallinn.
Im Segelklub Kalevi waren wir willkommen, zum ersten Mal auf dieser Reise nicht die ersten Gäste
des Jahres.
Tallinn lohnt eine weite Reise, wir blieben 6 Tage. Die gut restaurierte und unzerstört gebliebene alte
Hansestadt beeindruckte uns, der Radweg vom Hafen zur Altstadt führt an der Ostsee entlang, man
teilt ihn mit Massen von Skatern, sie meist schneller als wir mit unseren Rädern. Wir genossen die
Stadt, wollten (vergeblich) auch noch unsere reparierte EPIRB in der deutschen Botschaft abholen
und erstanden bei Bauhaus zwei Karabinerhaken. Proviant gab‘s im nahen Supermarkt.
Tallinn Marktplatz
Weiter dann über Kaberneeme (verfallene Hafenanlage ohne Strom, ohne Wasser, Wassertiefe weniger
als 1.20m, vermüllt) nach Vergi.
Im dortigen Hafenrestaurant feierten wir dann am
28.Mai unseren 44. Hochzeitstag und wurden von
der Belegschaft mit Sekt überrascht. Und weil wir
wieder einmal die ersten Gäste des Jahres waren,
spendierte der Wirt als Nachtisch Schokolade.
Tallinn Altstadt
Der nächste Ort mit Supermarkt und Geldautomat war 11 km entfernt. Dumm nur, dass wir dort
unseren Rucksack mit allen Schlüsseln, Geld, Handy und Ausweispapieren am Strand liegen ließen.
Zum Glück gibt es aber ehrliche Finder und hilfsbereite Menschen. Wir bekamen alles auf
abenteuerliche Weise zurück, zwischenzeitlich hatte sogar der Finder unsere Kinder zu Hause
informiert.
In Vergi mussten wir dann ausklarieren, die Grenzbeamten hatten es nicht sehr eilig und wir warteten
länger als uns lieb war. Am Abend kamen sie von ihrem Angelausflug zurück, nach einer Stunde war
die Prozedur erledigt. Bestückt mit mehreren Paketen Werbebroschüren vom Hafen zum Auslegen in
russischen und finnischen Häfen verließen wir dann Vergi Richtung Sankt-Petersburg, immerhin
172 nm.
Das angesagte kleine Zwischenhoch erreichte uns leider nicht, auch waren - direkt von vorn - Wind
stärker und Welle höher als erwartet, wir kamen nicht voran, kalt war‘s, der 1.Juni. Wann wird’s
endlich Sommer?
In Russland sind auch Segler im finnischen Meerbusen an die internationalen Seeschifffahrtsstraßen
gebunden, meist Verkehrstrennungsgebiete. Segeln ist also nur bei günstigem Wind möglich. An
jeder zweiten Tonne besteht Meldepflicht, man ist gut unter Kontrolle. Kurz vor Kronstadt wurden wir
von der Traffic-Control aufgefordert, wegen des hohen Verkehrsaufkommens durch riesige
Kreuzfahrtschiffe zu ankern, in einem zugewiesenen Areal auf 25 m Wassertiefe. Auch Frachtschiffe
wurden diese Nacht nicht durchgelassen.
Es stellte sich heraus, dass Navionics-Gold fehlerhaft war, obwohl neu erstanden. Unser
vermeintliches Fahrwasser war kürzlich verlegt worden, ein neues Tor im Sperrdamm von Kronstadt
gebaut, und wir wären in der Dunkelheit glatt auf den zugeschütteten Damm gelaufen. Ohne
Funkkontakt harrten wir ungeduldig bis zum nächsten Vormittag aus. Dann kam die erlösende
Genehmigung zur Weiterfahrt. Die 6 Kreuzfahrtschiffe und die meisten der ca. 30 Frachtschiffe waren
alle abgefertigt. Gegen 11.00 Uhr durften wir Kronstadt passieren. Unsere neuen BSH Seekarten
taugten nicht für das riesige Flachwassergebiet vor St. Petersburg. So leitete uns die Küstenfunkstelle
durch das wirre Gebiet direkt zum Einklarierungskai, wo wir von unserer Agentin, Frau Bykowa,
erwartet wurden. Diese Formalie ging mit Ihrer Unterstützung relativ schnell vonstatten und wir
konnten weiter zum vorgeschrienen Hafen.
Für den nächsten Tag verabredeten wir eine Stadtführung. Die weiteren 9Tage erkundeten wir die
Stadt auf eigene Faust und waren begeistert. Wir haben bei weitem nicht alle Sehenswürdigkeiten
aufgesucht, aber das, was wir besichtigten war einfach umwerfend schön. Beeindruckt haben uns
auch die Kirchen mit ihren vielen aktiven Gläubigen, außerhalb und während der Gottesdienste. Von
den Tageswanderungen müde, schafften wir es nicht einmal mehr, die zur Nacht hochgeklappten
Brücken der Newa zu sehen, obwohl es während der ganzen Zeit nicht wirklich dunkel wurde. Es war
die Zeit der „Weißen Nächte“.
Kronstadt:
Durchlass
Schwenktor
Jeden Tag registrierten wir den Wetterbericht über Navtex und warteten auf günstigen Wind für die
Rückfahrt nach Tallinn, wo wir endlich unsere reparierte Epirb in Empfang nehmen sollten. Am
15.Juni entschieden wir uns zur Abreise. Die Wetterprognose war gut - aber das Wetter wusste nichts
davon!!! Zu guter Letzt spuckte ich umher und war sterbenskrank. Auf der Rückreise kamen uns
unsere „Bielefelder“ entgegen, mit Wind im Rücken und in flotter Fahrt. Schade! St. Petersburg zu
viert wär auch schön gewesen.
Am 17. Juni klarierten wir in Tallinn im Olympiahafen ein und ergatterten anschließend im
Vereinshafen wieder einen Liegeplatz. Wir nahmen in der deutschen Botschaft unsere Epirb in
Empfang und bauten sie fachgerecht in die vorgesehene Halterung ein, verproviantierten uns
reichlich und machten uns am 21. Juni bei glatter See und schlafendem Wind auf den Weg nach
Helsinki. Wieder einmal mussten wir motoren. Jede Menge Schiffsverkehr war im Auge zu behalten.
Wohlbehalten kamen wir abends in Helsinki an -- nur zum Anlegen briste der Wind auf und machte
aus dem Anleger eine kleine Katastrophe. Endlich, mit Unterstützung eines freundlichen Passanten,
lagen wir in der Box, als ein finnischer Nachbar, der die ganze Zeit zugesehen hatte, uns zurief :“Die
ist privat“! Schön! Hätte er auch schon eher sagen können. Also die Leinen wieder gelöst und im
andern Stadthafen einen Superplatz gefunden, allerdings auch zu einem Superpreis: 30,- Euro pro
Nacht, allerdings einschließlich Frühstück sowie Waschmaschinen- und Trocknerbenutzung. Dies
nutzten wir dann auch nach der langen Reise ausgiebig. Und hier begannen für mich auch die
obligatorischen Saunagänge.
Am 24.Juni motorten wir mit 12 anderen Segelbooten Richtung Barösund . Es war ausnahmsweise
richtiges „Spaghetti-Wetter“. Ich saß im Bikini im Cockpit. In Barösund waren wir die Zweiten .Nach
und nach drängelten sich etliche Finnen immer noch zwischen die mittlerweile belegten Heckbojen.
Es war offenbar selbstverständlich zusammenzurücken. Wir lernten.
Am nächsten Morgen war von Sonne keine Spur. Es regnete als wir durch den Innenbereich der
Schären weiterfuhren. Ich blieb diesmal draußen im Cockpit und war klatschnaß als wir in Hanko
ankamen. Und es war Mitsommernachtfeier. Alle
Finnen liefen mit Bierflaschen in der Hand durch
die Stadt Im Hafen trubelte es . Es war nicht
möglich sich dem zu entziehen, draußen herrschte
dicker Nebel.
Als am darauf folgendem Nachmittag Wind aufkam, segelten wir weiter über Kasnäs, einem Hafen in einer Hotel- und Ferienanlage mit Livemusik
bis spät in die Nacht. Über Stomälö ging es weiter nach Turku. Endlich mal wieder richtig gesegelt und pures Sonnenvergnügen. Ein bisschen
weniger Wind hätte uns das Anlegen in den sehr engen Boxen leichter gemacht. Wir lagen mitten in
der Stadt, gleich neben einer Seilfähre, die aber nachts ihren Betrieb unterbrach. Mit unseren Rädern
erkundeten wir die ehemalige Hauptstadt mit Ihrem beherrschenden Dom.
Turku
Jetzt zur Jahresmitte wurde es Zeit, ans Ende der
Ostsee zu gelangen, unserem erklärten Ziel. So
segelten wir in Tagesetappen weiter nach Norden.
Wir konnten uns nicht sattsehen an der wunderschönen Schärenlandschaft. Und bei strahlender
Sonne, aber immer noch kaltem Wind ging es über
die Häfen von Hakkalanlathi (muss nicht sein),
Uusikaupunki (recht hübsch) nach Rauma. Böenwalzen rollten über den Himmel, aber sie trafen uns nicht wirklich. Erst kurz vor Rauma mussten wir
die Segel bergen und liefen in den Hafen ein, der als Gasthafen in der Seekarte deklariert war. Als
erstes hatten wir fast eine Grundberührung, unser Lot zeigte 1,20 Meter Wassertiefe. Wir wirbelten
eine Menge Sand auf . Die angesteuerte Box war wieder mal „Privat“. Wir versuchten es an anderer
Stelle noch einmal .Dabei verfehlten wir die Heckboje, dann lagen wir auf einem vermeintlich belegten
Platz und zum Schluss „rammten“ wir mit unserem Heck auch noch ein ziemlich großes Motorboot.
Der dem angemessen massige Eigner kam knurrend an Deck. Zum Glück war aber an beiden Booten
rein gar nichts zu sehen. Der anschließende Fußmarsch in die Stadt war elendig weit. Als wir
ankamen, schlossen gerade die Geschäfte, die Marktstände wurden abgeräumt und die Kirche war
zugesperrt. So liefen wir zurück und hatten genug von Rauma.
Nächster Halt war Reposaari mit einem netten Hafen. Uns werden die finnischen Bratwürste – ein
Sonderangebot in einem der beiden Supermärkte – in Erinnerung bleiben. Sie waren ganz und gar
nicht nach unserem Geschmack.
Von dort aus brachte uns am 3.Juli ein ordentlicher Südwind gut voran, die Wellenhöhe ca. 2m und
überall Schaumkrönchen. Wir machten über 7 Kn Fahrt als unser Schiff mitten im Bottnischen
Meerbusen plötzlich stillstand. Um uns herum war überall ein Fischernetz. Wir hingen fest! Erst
einmal tief durchatmen. --- ---- ---- Eine gefühlte Ewigkeit später holten wir die Segel dicht, warteten
auf eine ordentliche Böe und der entsprechend hohen Welle und wurden auf diese Weise über das
Netz gehoben, zum Glück haben wir nur einen Tiefgang von 1,15 m. Der Schreck steckte uns noch
lange in den Gliedern und an Schlaf war kaum zu denken. Die Nacht blieb ohnehin hell, wir brauchten
nicht einmal die Positionslichter. Die Sonne kam schon um 3.30 Uhr hinter einer grauen Wolkenwand
hervor, aber es blieb kühl und ungemütlich, so dass wir den ganzen Tag im Salon verbrachten. Wir
kamen gut voran, in 33 Std. immerhin 180 nm am Stück und liefen dann am 4. Juli auf der Insel
Tankar in den kleinen Hafen ein .Dort gab es zwar weder Strom noch Wasser, aber wir lagen
geschützt in idyllischer Landschaft. Ein Inselrundgang dauerte einschließlich eines ausgiebigen
Museumsbesuches 1 Stunde.
Tankar
Weiter ging es dann in einem Rutsch nach Kemi, der letzten finnischen Stadt. Immerhin waren wir
nun dem Ziel unserer Reise ziemlich nahe. Der Versuch zu segeln schlug fehl. Der vorhergesagte
Südwind blieb aus, dafür schaukelte uns eine halbmeter hohe Welle hin und her. Die Sonne meinte
es wieder einmal besonders gut mit uns – Sonnenbrandwetter! Aber wir motorten den ganzen Tag,
mal mit Segelunterstützung, mal ohne. Uns begleiteten dabei Tausende von kleinen Mücken. Zum
Schlafen wechseln wir uns ab. Die Nacht ist hell, der Sonnenuntergang ist leuchtend rot und geht
nahtlos in den Sonnenaufgang über.
In Kemi halten wir uns nur einen Tag auf. Wir kaufen Lebensmittel beim bezahlbaren Lidl, sehen uns
die Stadt an, müssen uns ins Gästebuch der Kirche eintragen und hören abends im Radio das FastEnde der Fußballweltmeisterschaft für Deutschland: 1.0 für Spanien.
Der nächste Hafen Haparanda liegt dann in Schweden. Die Grenzstadt Haparanda (Torneo auf der
finnischen Seite) liegt 16 km davon entfernt. Wir ließen es uns nicht nehmen und radelten dorthin.
Allerdings mussten wir uns die Europastraße 4 mit unglaublich vielen Lastwagen und PKWs teilen.
Der darauf folgende Regentag wurde fürs Putzen und zur Törnplanung genutzt um dann an den nun
wirklich nördlichsten Punkt der Ostsee zu gelangen: Törrehamn. Es ist der 10. Juli 2010. Wir legen
an der obligatorischen gelben Tonne an, warfen unseren Zettel mit Namen und Anschrift versehen in
den angehängten Briefkasten und machten an einem Steg fest. Mehr als einen Campingplatz mit
Dusche hat der Ort nicht zu bieten.
Die Ostsee hat wirklich ein Ende
Törrehamn
Von nun an geht’s bergab. Wir sind auf dem Rückweg!
Jetzt kommt der Wind natürlich aus dem Süden und wir
müssen wieder den Motor zu Hilfe nehmen.
Auf Lulea verbrachten wir 2 Tage. Jede Menge Ausflugsschiffe brachten Tagesgäste an den Strand,
aber keine 100m entfernt war es schon menschenleer. Die Insel ist übersät mit Flechten und Moos.
Die freilaufenden Rentiere kannten überhaupt keine Scheu. Sie kamen schnuppernd heran, um dann
gemächlich an uns vorbei zu trotten.
Eigentlich versprach die Morgensonne des 13. Juli einen schönen Tag, aber wir saßen mal wieder mit
bereitgelegter Regenkleidung im Salon und motorten fast blind mit trüber Aussicht. Aber gegen
Abend klarte es dann doch noch auf und wir konnten bei Sonnenschein auf der Insel Mellerstön
längsseits an einem Steg festmachen. Zur Begrüßung reichte uns ein freundlicher Schwede einen
prächtigen, frischgefangenen Fisch. Einziger Nachteil : Ich musste das zappelnde Tier auch noch
töten. Das Abendessen aber war gerettet. Lecker!
Am darauf folgenden Tag versagte unsere Toilettenspülung. Sie pumpte kein Wasser mehr. Bei einer
Wassertemperatur von 14° wollten wir uns das Tauchen ersparen . Es musste eine andere Lösung
her. Das Seeventil wurde geschlossen, wir schraubten den Hubkolben auseinander und befreiten
einen kleinen – nun nicht mehr lebenden - Fisch aus seiner misslichen Lage. Eine kurze Prozedur mit
großer Wirkung. Wir konnten die Toilette wieder benutzen.
Furuögrund
Mellerstön
.
Über Furuögrund ging es am 16. Juli in den ehemaligen
Lotsenhafen Bjuröklubb in einem Naturschutzgebiet. Dieses Gebiet besteht aus unmengen abgerundeter Steine
und Felsen. Hoch oben befindet sich eine Wetterstation.
Bjuröklubb
Als wir am nächsten Tag aufbrachen herrschte
dichter Nebel. Aber wir kamen gut voran. So entschlossen wir uns, gleich bis Byviken, auf der
Insel Holmön, weiter zu segeln. Zu Mittag schlief
leider der Wind ein, dafür strahlte die Sonne. Wir
entdeckten in spiegelglatter See unsere ersten Seehunde. Blieb der Wind bei der Überfahrt nach
Byviken aus, so pfiff er dann im Hafen so sehr über
das Schiff, dass einem angst und bange wurde.
Trotzdem baden Kinder im teilweise knietiefen
Hafenbecken.
Ein richtiger netter kleiner Hafen ist Järnäsklubb
mit einem kleinen Restaurant und vielen Tischen
und Bänken auf der Mole. Wir leisten uns hier ein
typisch schwedisches Mittagessen.
Der Hafen von Örnsköldsvik dagegen enttäuscht
uns. Der Innenhafen war rappelvoll, die äußeren
Stege hatten weder Strom noch Wasseranschluss.
Alles befand sich noch im Bau. Einzig der Weg dorthin, ein ca. 10nm langer Fjord, ist lohnend. Hier
wetterten wir den Starkwind ab, bevor wir weiter in
einer wunderschönen Landschaft nach Ulvöhamn
segelten.
Järnäsklubb
Die Hohe Küste Schwedens sahen wir dann
aber nur schemenhaft. Das Wetter war uns
nicht hold. Wir starteten wieder den Motor. Auf
den Wind war kein Verlass. Der Himmel war
düster, wie auch die Wettervorhersage für die
nächsten Tage. Am 27. Juli, nach 175 nm in
34 Stunden liefen wir endlich in den Hafen von
Öregrund ein. Der war natürlich total belegt.
Zum Glück konnten wir neben einem Landsmann im Päckchen liegen. Ein wunderschöner
Sonnenuntergang war dann die Krönung des
Abends. Vor dem Schlafen lasen wir noch die
vielen netten E-mails, da hier ein problemloser
Zugang zum Internet hergestellt werden konnte,
für den Norden Schwedens eine Ausnahme.
Ulvöhamn
Wie mit unseren Nachbarn verabredet, lösten
wir um 10 Uhr des folgenden Tages die Leinen.
Wir motorten durch enges, tiefes Fahrwasser, vorbei an kleinen und großen Felsen, kleinen und
großen Inseln zum Innenhafen von Gisslehamn.
Väddö Kanal
Am 31.Juli ging es dann weiter durch den sehenswerten Väddö Kanal nach Gräddö, von dort am
nächsten Tag nach Linanäs. Der letzte Halt vor Stockholm verlangte unserem Körper noch einmal
viel Adrenalin ab. Der Abreisetag begann mit dem heldenhaften Einsatz meines Mannes, unseren
Heckanker zu retten. Am Steg gab es eine Ankerleine, die wir aber abends zuvor zu spät sahen.
Unser Heckanker war bereits ausgebracht. Beim Bergen verkeilte er sich dann unter einer schweren
Mooringkette. Es war Schwerstarbeit beide voneinander zu trennen. der Anker war schließlich frei,
aber der Ankerschaft verbogen und passte nun nicht mehr in seine Halterung. Vorläufig musste mein
Blumenbindedraht brauchbare Dienste leisten.
In Stockholm bekamen wir einen vernünftigen Liegeplatz auch ohne Vorbestellung im Wasahamn. Es
folgten die üblichen Besichtigungen mit Wachwechsel
vor dem Schloss einschließlich der Gardesoldaten hoch
zu Ross und viel Musik.
Wir verließen Stockholm am 4. August Richtung Gotland und fuhren über Dalarö, einem hüschen
kleinen Ort mit einem geschützten Hafen kurz vor dem offenen Wasser. Nynäshamn erreichten wir in
toller Fahrt – zeitweise ganze 7 Knoten – schon am Nachmittag, ein riesiger Hafen mit ausreichenden
Gastplätzen. Erst am Nachmittag des nächsten Tages brachen wir nach Visby auf Gotland auf. Wir
wollen am darauffolgenden Morgen dort ankommen. Endlich haben wir richtigen Sommer. Mit über 6
Knoten Fahrt rauschen wir durchs Wasser. Im dortigen Innenhafen ergattern wir morgens um 5.00
Uhr einen freien Liegeplatz und bleiben 5 Tage. Die „Mittelalterwoche“ begann gerade und wir
nahmen an vielen Touristenattraktionen teil. Nur mittelalterlich verkleidet haben wir uns dann doch
nicht, obwohl wir dort in „Zivil“ fast schon eine Ausnahme waren. Visby hat sich gelohnt.
Dann aber verließen wir am 11. August morgens um 8.00 Uhr den Hafen mit bereits gesetzten
Segeln. Bei ziemlich ruppiger See, hoher Welle und kräftigem Wind ging es Richtung Heimat. Mal gab
es viel Wind, mal wenig, Gewitterböen und Blitze, stockfinstere Nacht, Nebel, Sonnenschein und
Regen und richtig viel Schiffsverkehr. Jedenfalls erreichten wir unseren Liegeplatz in Ueckermünde
am Stettiner Haff am Freitag, dem 13. August 2010 , um 19.10 Uhr wohlbehalten und glücklich.
Insgesamt legten wir auf unserer Reise in 118 Tagen
immerhin 2745 nm zurück und schafften es sogar
noch rechtzeitig zur Einschulungsfeier unseres
5. Enkelkindes in Berlin zu sein.
EXODUS hat sich wieder bewährt und uns sicher
und komfortabel durch ruhiges und stürmisches
Wasser getragen.
Eine traumhaft schöne Reise mit glücklichem Ende!
Erika Jurczok.
EXODUS

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