Text JKSI Schulministerium NRW

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SCHULMINISTERIUM.NRW.DE - Das Bildungsportal
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"Jedem Kind sein Instrument " als Bereicherung für das
Schulleben
Von Oliver Mohr
"Gitarre spielen ist einfach cool." Für Jerome hat sich vor einem halben Jahr ein großer
Wunsch erfüllt: Seitdem hat der 13-Jährige aus Essen sein Lieblingsinstrument zuhause
immer griffbereit in seinem Zimmer liegen. "Und ich übe täglich mindestens eine halbe
Stunde", erzählt Jerome stolz. Wenn er seine Gitarre in die Hand nimmt, geht er äußerst
vorsichtig mit ihr um. Dass bloß kein Kratzer an das Instrument kommt! Denn eigentlich
gehört ihm die Gitarre gar nicht. Sie ist nur für zwei Jahre geliehen. Der Siebtklässler nimmt
an dem Projekt "Jedem Kind sein Instrument" seiner Schule teil, der Essener Albert-EinsteinRealschule. Dabei kooperiert die Schule mit dem Kulturhaus Rhein-Ruhr, einer privaten
Musikschule. Von dort hat Jerome das Leihinstrument bekommen. Genauso wie seine etwa
80 Mitschüler aus den Klassen 5-7, die auch bei dem Projekt begeistert dabei sind. Doch
nicht nur die Gitarren, Querflöten, Trompeten, Geigen, Saxophone und Posaunen stellt das
Kulturhaus zur Verfügung: auch die Instrumentallehrer. Die bringen den Kindern einen
Nachmittag in der Woche in kleinen Gruppen die richtigen Töne bei- und zwar in der
Realschule. Der große Vorteil für die Eltern der musikalischen Schüler: Weil die Musikschule
keine eigenen Räume nutzen muss, kostet der Unterricht inklusive Leihinstrument nur 24
Euro pro Monat. "Das ist für die Kinder von Hartz IV-Empfängern oft überhaupt die einzige
Chance, ein Instrument spielen zu lernen", berichtet Ulrike Liebenau, Leiterin der AlbertEinstein-Realschule.
Begeisterung für Musik ist an der
Realschule besonders ausgeprägt
Doch es sind nicht nur Jungen und Mädchen
aus sozial schwachen Familien, die auf diese
Weise vielleicht ihr "Trauminstrument"
entdecken. Die Begeisterung für Musik ist an
der Realschule über alle Schichten hinweg
besonders ausgeprägt, sagt Schulleiterin
Liebenau. "Die kulturelle Bildung wird an
unserer Schule ganz groß geschrieben- da
sind wir uns im Kollegium und mit den Eltern
einig. Zudem ist dies auch im
Schulprogramm entsprechend festgehalten."
Keine bloße Absichtserklärung: eine
Trommel-AG, ein Angebot für kreativen
Tanz, sowie ein Hip-Hop-Projekt stoßen bei
den Schülern auf Riesen-Resonanz. Bei
einem solch hohen Stellenwert von Musik ist
es schon fast selbstverständlich, dass
"Jedem Kind sein Instrument" auch in den
gewöhnlichen Unterricht integriert wird. Zum
Beispiel im Musikunterricht von Michael
Rausch. Der Lehrer probt gerade mit der 7b
den "Rattenfänger von Hameln"- ein
Auch ein Cello können Schüler bei "Jedem Kind sein Instrument"
Hörspiel. Die Schüler lernen den
ausprobieren
Sprechgesang auswendig, den sie bei einer
geplanten Aufführung vor Eltern gekonnt präsentieren sollen. Doch ohne musikalische
Begleitung ist das Michael Rausch zu langweilig. Sein Glück: Er kann auf das Können der
Kinder zurückgreifen, die sich an dem Instrumentenprojekt beteiligen. Und mit dem gezielten
Einsatz von Gitarren, Flöten und Trompeten hört sich der "Rattenfänger von Hameln" schon
viel lebendiger an. Doch vor allem profitieren die "Instrumentenkinder" selbst am meisten, ist
Lehrer Rausch überzeugt. "Die Schüler erweitern ihre kognitiven Fähigkeiten und ihre soziale
Kompetenzen ungemein", hat der Pädagoge festgestellt. "Sie lernen, sich in einer ganz
anderen Form auszudrücken und sich in einer Gruppe ganz anders zu verhalten. Es geht also
http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Schulsystem/Projekte/Instrument/Jeki_Essen... 08.07.2009
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nicht nur um das Erlernen eines Instruments. Es ist eine Bereicherung für die gesamte
Persönlichkeit."
Kinder motivieren sich gegenseitig
Ähnlich beurteilt dies Gregor Waldeyer vom
Kulturhaus Rhein-Ruhr. "Dadurch, dass die
Kinder auch in kleinen Gruppen lernen,
motivieren oder disziplinieren sie sich
gegenseitig. Hinzu kommt: Kinder mit
Migrationshintergrund und ausbaufähigen
Deutsch-Kenntnissen erhalten völlig neue
Verständigungsmöglichkeiten." Das
Instrumentenprojekt kommt nicht nur an der
Albert-Einstein-Realschule gut an: Insgesamt
nehmen zurzeit zehn weiterführende Schulen
teil. Angelehnt ist die Initiative an das Projekt
"Jedem Kind ein Instrument", bei dem rund
212.000 Grundschüler im Ruhrgebiet
spielerisch an das Kennenlernen
verschiedener Instrumente herangeführt
werden sollen. Die Kulturstiftung des Bundes
hat dieses Projekt anlässlich des
Kulturstadtjahres 2010 ins Leben gerufen.
Auch das Land NRW und weitere Partner
beteiligen sich an dem Programm für
Grundschüler. "Ohne diese beiden Initiativen
hätten wir natürlich nicht die Möglichkeit, so
viele Kinder zum Musikzieren zu bringen",
sagt Gregor Waldeyer vom Kulturhaus Rhein
-Ruhr. Er ist auch von der Nachhaltigkeit der Gregor Waldeyer vom Kulturhaus Rhein-Ruhr und eine Schülerin
der Albert-Einstein-Realschule
beiden Projekte überzeugt. Der studierte
Musiker schätzt, dass etwa jeder dritte Schüler auch langfristig ein Instrument spielen wird.
"Da haben wir natürlich nichts gegen", freut sich Waldeyer. Doch auch Schulleiterin Ulrike
Liebenau sieht "Jedem Kind sein Instrument" als langfristiges Projekt. "Auch wenn es erst
einmal auf zwei Jahre angelegt ist: Wir machen auf alle Fälle weiter. Denn das Projekt ist eine
große Bereicherung für die Schule."
"Man bekommt gute Laune"
Die 53-Jährige ist auch ganz persönlich auf den Geschmack gekommen: "Wenn man
nachmittags durch die Schule geht und überall in den Klassenzimmern musiziert wird,
bekommt man richtig gute Laune." Gemeinsam mit Musiklehrer Michael Rausch ist die
engagierte Schulleiterin optimistisch, in zwei bis drei Jahren auch wieder ein eigenes
Schulorchester gründen zu können. Da will Jerome auf alle Fälle mit dabei sein. Allerdings
nicht mit einer klassischen Gitarre. Der 13-Jährige hat seinen Cousin als Vorbild- und der
spielt E-Gitarre. Auch die bekommt Jerome vom Kulturhaus als Leihinstrument. Allerdings
erst ab dem nächsten Schuljahr, wenn er das zweite Jahr bei dem Projekt mitmacht. Bis
dahin ist Jerome durchaus mit seinem klassischen Instrument zufrieden: Hauptsache Gitarre!
http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Schulsystem/Projekte/Instrument/Jeki_Essen... 08.07.2009

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