Endlich! Das erste längere Date mit dem neuen Mustang: Wir

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Endlich! Das erste längere Date mit dem neuen Mustang: Wir
Impression Ford Mustang GT
Ponyshow
in L.A.
Endlich! Das erste längere Date mit dem
neuen Mustang: Wir schwingen uns in
den Recaro-Sattel und führen Fords schönen
Sportler durch Los Angeles. Dabei dreht
sich alles um die eine Frage: Hat die
sechste Generation den richtigen Spirit?
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5.0 steht für
den Hubraum
des V8 – der
größte Motor
des neuen
Mustang
Ritt über den
Rodeo Drive
– egal wie
schnell, das
Getriebe mag
keine Hektik
A
ls die Sonne aufgeht, wartet das Pony
am Strand von Santa Monica. Gedul­
dig. Hungrig. Neugierig. In seinen
Flanken spiegeln sich Palmen, im Cupholder
duftet Café aus einem Pappbecher. Jogger
f litzen vorbei und drehen die Köpfe – um
auf Nummer sicher zu gehen. Nur einer
ruft: „Ist das der Neue?“ „Yes!“
Der Mythos Mustang zieht noch immer,
obwohl es nun schon über 50 Jahre her ist,
dass Ford dieses Auto mit Leidenschaft
erschuf. Und eine ganze Nation verzückte.
Egal ob Coupé, Fastback oder Cabrio: Der
– für amerikanische Verhältnisse – fili­
grane, sportliche Wagen mit Blubber­V8
verkaufte sich zu Beginn wie Softeis im
Sommer. Nach fünf Jahren entwickelte ihn
Ford jedoch derart langweilig, dass viele
Kunden abwanderten. Es folgten 30 dunkle
Sommer, in denen die Ikone mit lieblosen
Formen abgespeist wurde. 2004 schenkte
ihr Ford volle Aufmerksamkeit, das Pony­
Car bekam endlich wieder eine Form, die
man gern anschaut. Die Verkäufe stiegen.
Nummer 6 reist um die Welt
Nun steht die sechste Generation am Strand
– bereit für unseren ersten langen Ausritt
durch Los Angeles, die zweitgrößte Stadt der
USA. Ohne Auto bist du hier verloren. Und
ohne Plan, die alltäglichen Staus zu umge­
hen, aufgeschmissen. Auf dem Highway 1 wirft die Sonne einen
langen Blick auf den Neuen. Im Gegensatz
zum kantigen, stämmigen Vorgänger ist
dieser hier sportlich durchtrainiert und
verströmt auf 4,78 Metern eine Prise Grand
Turismo. Die Haube gestreckt, das Dach
Was für ein
Heck! Es
erinnert uns an
die schönen
Fastbacks der
60er-Jahre
30 Sommer lang
wurde der Mustang mit
schlechtem Design
gequält – diese Zeit ist
endgültig vorbei
Die gläsernen
Türme von
Downtown
L.A. – das Geschäftsviertel
f lach. Die seitlichen Sicken wie Muskelstränge, der f ließende Übergang zum Heck
– eine Hommage an die Fastbacks der 60erJahre. Schon damals hatten viele das Gefühl:
Schöner kann sich ein Mustang nicht verabschieden.
Dieser hier will weltweit ankommen.
Ford schickt den in Michigan gebauten USSportler in 120 Länder und vermarktet ihn
selbst. In Deutschland wird’s der zweite
offizielle Verkauf. Wir erinnern uns: Mustang gab’s bereits in den 60er- und 70erJahren bei uns – wegen namensrechtlicher
Querelen als T5. Im Sommer kommt er also
als Mustang Coupé und später als Cabrio
nach Europa. Dann ist Schluss mit den Grauimporten, Schluss mit den verschenkten
Kaufverträgen. Ford geht’s ums Geschäft.
Darum dreht es sich auch auf dem Rodeo
Drive in Beverly Hills, der teuersten Einkaufsstraße von L.A. Satt blubbert der Mustang im zweiten Gang an geleckten Schaufenstern vorbei, vor denen Damen mittleren
Alters Gesichtszüge wie Zwanzigjährige
tragen. Inklusive aufgepumpter Dekolletés.
Flunkern gehört hier zum Standard.
Ein echter V8 rockt
Das hat dieser Mustang nicht nötig – sein
dumpfes Auspuffblubbern ist kein künstlicher Soundeffekt, sondern der Beat des
Fünf liter-V8. Ein Motor, der ohne Auf ladung 435 PS (Europa: 418 PS) zu den Hinterrädern schickt. Gasannahme und Antritt
verzaubern. Nur Turboverwöhnte vermissen den schnellen Punch. Alle anderen
wärmen sich an der Harmonie des Motors.
Wie er den 1,6 Tonnen schweren Brummer
gleichmäßig stark nach vorn presst: in
4,5 Sekunden auf Tempo 100. Nicht minder
verzückend: das Wiegen der Unterarmhärchen bei Standgas.
Mit dem breiten Drehzahlband des V8
lässt sich wunderbar schaltfaul durch die
Hollywood Hills surfen, wo neun weiße
Buchstaben jene Magie ausstrahlen, die
weltweit fesselt. Dass diese bei näherer Betrachtung lieblos an ein altes Metallgerippe
geschraubt sind, interessiert nicht.
Da gibt’s bei Ford mehr Detailliebe. Das
Cockpit mit den runden Uhren für Drehzahl
und Tempo sowie den beiden Erhöhungen
im Armaturenbrett erinnert abermals an
die ersten Mustang. Die Qualitätsanmutung
zum Glück nicht. Vom griffigen Lenkrad
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418 PS leistet
der V8 bei uns
– genug, um
schnell was
Süßes zu holen
über die bequemen Recaro-Sitze bis zu den
Kippschaltern in der Mittelkonsole – hier
fühlt sich alles einen Tick besser an als noch
beim Vorgänger. Das meint auch Spiderman, der uns auf dem Hollywood Boulevard
anquatscht. Genau da, wo die Stars und
Sternchen auf Oscars hoffen, holt Jack, der
Mustang-Fan im rotblauen Spinnenmannkostüm, tief Luft und tätschelt die Haube.
„Nice ride“, murmelt er. Dann bittet der
nächste Tourist um ein Foto. Und reicht eine
kleine Spende an Spiderman.
Jeder muss hier sehen, wo er bleibt. Auch
der Mustang. Um mit der Zeit zu gehen,
wird ihn Ford neben dem V8 auch mit
einem Vierzylinder-Turbobenziner verheiraten. Er zaubert aus 2,3 Litern Hubraum
314 PS und drückt den Einstiegspreis bei
uns auf schlanke 35 000 Euro. Die V8-Version, die ein GT-Logo trägt, startet bei rund
40 000 Euro. Cabrio-Aufschlag? Vier große
Scheine.
All inclusive? Fast
Mustang-Historie
im größten AutoBuchladen der USA
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Das Mustang-Angebot ist vergleichbar mit
einem Standardfrühstück bei „Brite Spot“,
einem Diner alter Klasse auf dem Sunset
Boulevard. Auf weichen Polstern sitzend
schaut man durch große Fenster und bekommt Eier mit Schinken, geriebene Bratkartoffeln, Eierkuchen mit Sirup und Kaffee
bis zum Abwinken. Beim Mustang? Neben
dem gängigen Sicherheitspaket gibt’s folgende Zutaten serienmäßig: Klimaautomatik,
Ledersitze, Radio mit Berührungsbildschirm,
Tempomat, Regensensor, Rückfahrkamera,
Alu-Pedale, Xenon-Scheinwerfer und 19-Zöller. Respekt!
TECHNISCHE DATEN
Karosserie
Fünfsitzige Limousine, Länge x Breite x Höhe 4784 x
1916 x 1381 mm, Radstand 2720 mm
Fahrwerk
Einzelradaufhängung, vorn mit Querlenkern, McPherson-Federbeinen, hinten mit Quer-/Längslenkern,
Schraubenfedern, Stoßdämpfern, Stabilisator vorn
und hinten, innenbelüftete Scheibenbremsen vorn und
hinten, Reifen vorn 255/40 R 19, hinten 275/40 R 19
Kraftübertragung
Hinterradantrieb, Sechsganggetriebe
Motor
Achtzylinder-V-Motor, Hubraum 4951 cm3, Leistung
308 kW (418 PS) bei 6500/min, max. Drehmoment
524 Nm bei 4250/min
Fahrleistungen
0–100 km/h.......................................................... 4,5 s
Höchstgeschwindigkeit.................................. 250 km/h
Gesamtverbr. (NEFZ).............................S 13,5 l/100 km
Grundpreis
Ford Mustang GT 5.0 VCT V8...................... 40 000 Euro
Diese Großzügigkeit ist ein nicht unwesentlicher Vorteil gegenüber der deutschen
Konkurrenz, die am liebsten sogar das Lenkrad als Extra anbieten würde.
Der Mustang hat den schlimmsten Stau
von L.A. umfahren und huscht mittlerweile
durch die Schatten der gläsernen Riesen von
Downtown. Die großen Highways hat er
gemieden, da steht man unter der Woche
ziemlich verlässlich zwischen 7.30 und 10
Uhr morgens stadteinwärts und zwischen
16 und 20 Uhr abends stadtauswärts. Auch
wenn die Ampelschaltungen auf den großen
Nebenstraßen zum Haareraufen sind –
schneller geht’s nicht durch die kalifornische 18-Millionen-Metropole.
Große Vorfreude?
Wer hätte es
gedacht:
Spiderman heißt
Jack und steht
auf Mustang
Als die Sonne den Himmel glutrot einfärbt,
donnert der Ford die Berge hinauf, um eine
Aussicht auf die Lichter der Stadt zu erhaschen. Dabei spielt er einen neuen Trumpf
aus: die Hinterachse mit Einzelradaufhängung. Ein Quantensprung zu dem starren
Ding mit Blattfedern. Endlich liegt er auch
auf welliger Fahrbahn satt und lässt sich
besser durch Kurven führen. Aber bitte
nicht zu viel erwarten: Zum Gokart wird er
nicht – er bleibt eine schwere, coole Fahrmaschine. Passt ja auch.
Ob wir uns auf ihn freuen? Und wie! Es
ist der modernste Mustang der letzten 50
Jahre, der ab Sommer offiziell beim Händler
steht. Ein leckerer GT mit feinem V8 zum
Discount-Preis. Das wird den Fans schmecken – im Gegensatz zur Konkurrenz.
Text und Fotos: Dani Heyne

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