Ich glaube an die Auferstehung der Toten und das ewige Leben

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Ich glaube an die Auferstehung der Toten und das ewige Leben
Ich glaube an die Auferstehung der Toten
und das ewige Leben
Predigt zum Apostolischen Glaubensbekenntnis
Textlesung 1. Kor 15, 50-57
So gibt es heute die letzte Predigt über das Apostolische Glaubensbekenntnis. Wir haben
unterschiedliche und wichtigsten Aspekte dessen, was unser Glaube zum Inhalt hat,
angeguckt, und immer wieder überlegt, wie das in unser Leben fließen kann. Glaube
beschreibt nicht nur den Inhalt, sondern Glaube ist auch, dass ich den Inhalt lebe und umsetze.
Ich glaube an die Auferstehung der Toten und das ewige Leben.
Zum zweiten Mal geht es um das Thema Auferstehung. Zuerst bekennen wir, dass Jesus
bereits von den Toten auferstanden ist und nun nehmen wir uns in den Blick. Auferstehung
gilt auch für uns und genauso auch für alle anderen, die nicht mehr leben, die bereits
gestorben sind. Es gibt – am Ende der Welt - eine Auferstehung der Toten, es gibt verbunden
mit der Wiederkunft von Jesus ein Gericht und es gibt ein ewiges Leben. Auferstehung der
Toten und ewiges Leben. Diese Aussage wollen wir uns heute anschauen. Dabei habe ich
folgende Methode gewählt. Ich möchte mit Euch ein paar gängige Gedankenmuster
angucken, die diesem Glauben nicht folgen, und gleichzeitig wollen wir das betrachten, was
die Antwort des Glaubens darauf hin ist.
Das erste Muster, kann man durchaus mit Worten der Bibel beschreiben. Gott lässt uns
einfach wie das Gras auf dem Feld vergehen, eine Zeit hat es schön ausgesehen, vielleicht
sogar geblüht, manches mickrig, aber nun kommt es zu einem Ende und dann ist es auch
vorbei. So ist doch der Gang aller Dinge. Warum sollen wir an einer Auferstehung oder gar an
einem ewigen Leben festhalten? Mein Nachbar hat das einmal viel drastischer ausgedrückt.
Nach einer Reanimation mit einem Nahtoderlebnis kam er zu mir und musste folgendes mir
sagen: „Weißt du, da ist nichts. Da ist es zappenduster. Da ist der Arsch ab!“
Warum halten wir doch an dem Glauben an die Auferstehung und an das ewige Leben fest?
Den Grund dafür könnten wir vielleicht einmal mit einer kleinen Frage unserem heutigen
Brautpaar entlocken: „Liebe Ulrike, lieber Johannes, ich habe eine ganz einfache Frage an
Euch: Alle anderen Paare dürfen sich das auch gerne einmal überlegen. Wie lange hättet ihr
gerne Eure Liebe? Wie lange soll sie dauern?“ Antwort von Ulrike: „Immer und ewig!“ Das
war die erwartete Antwort: Immer, und ewig. Alle Liebe will Ewigkeit. Nur darin macht sie
Sinn, nur darin ist sie auch vollkommen. Könntet Ihr Euch vorstellen, dass jemand sagt: „Ich
bin sehr glücklich. Ich liebe und ich werde geliebt. Aber wir wollen ja nicht unverschämt sein.
Wenn das noch 5 Jahre so geht, reicht mir das völlig. Es ist ja alles irgendwann mal zu Ende.
Das ist in Ordnung.“ Würden wir einem, der das so sagt, seine Liebe glauben? Nicht
vorstellbar, oder? Liebe will die Ewigkeit. Und alles was geliebt ist, geht auch nicht unter.
Und nun hat, ohne unser Zutun, ohne einen besonderen qualifizierenden Wert, Gott im
Himmel uns Menschen lieb. Er liebt uns. Er selbst ist die vollkommene Liebe. Aus dieser
Liebe heraus erklärt sich, warum wir nicht wie das Gras auf dem Feld sind. Seine Liebe ist
ewig und lässt das Objekt seiner Liebe, und das sind wir, nicht untergehen. Deshalb ist es
sinnvoll und richtig daran zu glauben, dass es eine Auferstehung der Toten und das ewige
Leben gibt. Begründet durch die Liebe Gottes zu uns Menschen. Somit ist die Auferstehung
von den Toten und das ewige Leben in erster Linie nicht ein großes Mysterium, wir beginnen
nicht zuerst in irgendwelche abgedrehten Sphären zu steigen. Wir sind erst einmal ganz bei
uns, bei unserem Herzen, bei unserer Resonanzen. Weißt Du: Es gibt ewiges Leben für Dich,
der Tod wird deine Identität nicht beenden. Weißt Du, warum das so ist? Weil Gott die Liebe
ist, weil er dich liebt, seine Liebe will, dass Du ewig bist. Da ist kein großes Geheimnis drum.
Es ist ganz einfach. Es ist Liebe, die dein Leben umfängt und die dich niemals loslässt.
Das zweite Muster will ich an einem Lied erklären, das in der großen Zeit der
Friedensbewegung viel gesungen wurde. Es war eins der ersten Lieder, das ich auf der Gitarre
spielen konnte. Machte sich gut am Lagerfeuer. Marlene Dietrich, Katja Ebstein, Vicky
Leandros, Nana Muskouri, auch Juliane Werding und Hannes Wader, haben es u.a. gesungen.
Wem diese Namen alle nichts sagen, ob der dann so viel verpasst hat? Aber egal. Das Lied
geht so:
Sag mir, wo die Blumen sind? Wo sind sie geblieben? Sag mir wo die Blumen sind? Was ist
gescheh’n? Sag mir wo die Blumen sind? Mädchen pflückten sie geschwind. Wann wird man
je versteh’n? Wann wird man je versteh’n?
Dann geht es weiter:
Sag mir wo die Mädchen sind?
Männer nahmen sie geschwind.
Sag mir wo die Männer sind?
Zogen fort, der Krieg beginnt.
Sag wo die Soldaten sind?
Über Gräbern weht der Wind.
Sag mir, wo die Gräber sind?
Blumen blüh’n im Sommerwind.
Sag mir wo die Blumen sind.
Das Fragespiel beginnt dann von neuem. Der Linie des Kreises kommt wieder am
Ausgangspunkt an. Und immer die Frage: Wann wird man je versteh’n. Kann man das
verstehen? Man hat geliebt, gelacht, hat einen Namen auf dieser Welt getragen. Hat
Zärtlichkeit empfangen und Zärtlichkeit weitergegeben. Aber irgendwann erlischt das alles in
einem anonymen Kreislauf. Alles versinkt irgendwann in einer Namenlosigkeit. Über Gräbern
weht der Wind. Ein riesiges Mühlrad dreht sich auf dieser Welt. Oder anders gesagt. Am
Anfang hebt uns eine Welle hoch, wir reiten ganz oben auf ihr, und dann versinken wir
wieder mit ihr. Wir sind Glieder in einer Kette von vielen Geschlechtern, eine unendliche
Kette. So empfinden Menschen das Leben. Damit leben sie. Darauf steuern sie zu. Und
überraschend hören wir so selben das Rufen: „Wer reißt mich aus diesem Kreis?“
In der Bibel wird von einem Mann berichtet, der das mit den Wellen und Sinken dramatisch
erlebt hat. Petrus läuft auf dem Wasser und versinkt kläglich. Er tut in dieser Situation etwas,
was er wohl nie getan hätte, wenn er nicht Jesus schon zuvor kennen gelernt hätte. Er ruft
nach Hilfe. Die Luft war kurz davor ihm auszugehen. Jesus hat ihm die Hand
entgegengestreckt und ihn rausgerissen. Er guckte in das Nichts. Er erlebte totale
Bodenlosigkeit und erlebte dass ihn da einer aus allem rausreißen kann. Jemand mit einem
großen Herzen und großer Macht. Nun kann ich alle verstehen, die sagen: Das ist ja eine ganz
nette Geschichte. Aber der Wunsch, dass da jemand ist, bedeutet ja noch lange nicht, dass da
auch einer ist, der mich hören würde, wenn ich am Ende meines Lebens untergehe. Wenn die
Welle auf der ich ritt, sich im großen Ozean auflöst. Das ist eine Hoffnung, die nett klingt,
aber damit ist sie noch lange nicht wahr.
Nun ist es aber schon interessant, dass Petrus nach Jesus gerufen hat, als er unterging. Warum
hat er nicht nach seinen Leuten im Boot gerufen? Warum ruft er: „Herr, hilf mir“ und nicht,
„Leute kommt schnell her?“ Deshalb, weil er ihn schon erfahren hat. Als Lebensretter auf
dem Meer noch nicht, aber doch so, dass er wusste, zu wem er jetzt rufen kann. Wir würden
als Christen auch nicht an die Auferstehung der Toten und das ewige Leben glauben, wenn
wir nicht zuvor etwas erfahren hätten. Wir warten auf die Offenbarung der Herrlichkeit
Gottes. Wir würden das nicht tun, wenn wir nicht schon „die erste Rate“ seiner Herrlichkeit
empfangen hätten. Wir haben jetzt schon am eigenen Leib etwas erfahren. Wir haben erfahren
was es heißt, dass uns unsere Sünden vergeben wurden. Wir haben die Geborgenheit seiner
Liebe erlebt, die Heilung von inneren tödlichen Schmerzen, wir haben neuen Atemraum für
unsere Seele gewonnen. Wir haben erfahren, wie es ist auf dieser Welt nach Hause zu
kommen.
Wenn wir diese Erfahrungen nicht hätten, dann würde jede Hoffnung, dass wir ihn einmal als
lebendige Fülle erleben, für uns unerschwinglich sein. Aber wir haben erlebt, dass er immer
größer ist als alle seine Gaben, die er uns schenkt. Und dass es nicht auf die Gaben ankommt,
sondern auf den Geber. Und wir vertrauen darauf, dass wir ihn irgendwann unmittelbar
erleben werden, und nicht nur seine Gaben. Wenn wir nicht das Leben des Reiches Gottes
schon kennen gelernt hätten, dann würden wir auch nicht auf die Vollendung warten und
wären auch nicht in der Lage irgendeine Hoffnung zu entwickeln, wenn unsere Lebenswelle
sich in den großen Ozean ergießt.
Ein drittes und letztes Gedankenmuster will ich noch nennen, mit dem Menschen ihre Zukunft
betrachten. Dieses Programm ist in revolutionären Bewegungen und in der Moderne zu
Hause. Hier wird ein Ziel der Gesellschaft aufgestellt. Nennen wir dieses Ziel einmal eine
klassenlose Gesellschaft ohne Herrschaft von Menschen über Menschen, die vollkommen ist
und in der Frieden und Gerechtigkeit regiert. Nur darum geht es. Darin sollen Menschen dann
Glück und Zufriedenheit finden. Humanität, vollkommene Gesellschaft.
Dabei gerät aber eine Sache in die Schieflage. Das Glück des Einzelnen wird zugunsten der
besseren Zukunft der Menschheit geopfert. Alle Menschen waren und sind an der Schaffung
beteiligt. So wird argumentiert. Das war ihre Bestimmung. Aber die Menschheit besteht doch
aus Individuen und nicht nur aus einer perfekten Gesellschaft. Was ist mit all denen, die
dieses Ziel nicht erreicht haben, geschweige dessen, davon nicht einmal träumen konnten. Der
einzelne Mensch wird damit abgewertet, wenn es nur um die Erfüllung der menschlichen
Bestimmung der Gemeinschaft geht. Das halte ich für eine Verachtung aller derer, die als
Individuen auf dieser Welt gelebt haben, Die Menschheit setzt sich aus Individuen zusammen.
Gäbe es dann keine allgemeine Totenauferstehung und kein Endgericht, dann gäbe es auch
keine Vollendung der Menschheit. Wie sollte sonst ein wirkliches Friedensreich, ein Reich
Gottes möglich sein.
Am Ende gibt es mit der Auferstehung der Toten und durch das ewige Leben eine neue Welt.
Worum es da geht, wollen wir abschließend mit einem kleinen gedanklichen Experiment
ergründen. Je älter man wird, die haben bei diesem Experiment jetzt eindeutig die Vorteile, je
älter man wird, um so öfter stellen wir uns die Frage: Würden wir unser Leben, wenn das
möglich wäre, noch einmal leben? Möchten wir, dass sich alles noch einmal wiederholt?
Vielleicht gibt es ein paar Leute, die so richtige Sonntagskinder waren, die immer gesund
waren, die sagen: „Na klar, nur zu.“ Ich vermute aber, dass die allermeisten dem nur
zustimmen würden, wenn sie nach allen Erfahrungen die sie gemacht haben, manches anders
machen dürften. Vielleicht einen anderen Beruf ergreifen, oder im Beruf ganz andere
Weichen stellen. Vielleicht würde ich heiraten, oder nicht heiraten, oder einen anderen
Partner wählen. Ich würde vielleicht von vornherein Beziehungen zu manchen Menschen
meiden, die ich nicht als gut erlebt habe. Ich würde vielleicht ein paar andere Gaben
entwickeln, die ich übersehen habe. Ich würde mehr aus mir herausholen, da ich ja jetzt weiß,
was ich gut kann und was nicht. Ich würde gesünder leben, ich würde so manche Möglichkeit
nutzen, die ich verpasst habe. Warum denken wir so? Warum würdest du, wenn du es
könntest, dein Leben noch einmal anpacken, aber anders? Die Antwort ist vielleicht recht
einfach. Wir alle wissen, dass in uns etwas anderes steckt, das wir zu etwas anderem
entworfen wurden, als das, was ich tatsächlich bin oder geworden bin.
Dieses Bild lebt auch im Herzen Gottes über uns. Im Herzen Gottes gibt es ein anderes Bild
über uns, als das, was ich wirklich bin und aus mir gemacht habe. Jesus erzählt von einem
Sohn, der abgemagert, verlottert und vielleicht sogar verlaust nach Hause kommt. Kein dolles
Bild gibt er ab. Dieses Bild sieht sein Vater aber nicht. Er sieht ein anderes, das eigentliche
Bild des Sohnes. Deshalb empfängt ihn sein Vater mit offenen Armen und offenem Herzen.
Deshalb liebte er ihn. Er hatte ein eigentliches Bild von ihm. Dieses eigentliche Bild sah er.
Darum erbarmte er sich über die verstörende und schmerzliche Einstellung, die dieses Bild
nun erhalten hatte. Das ist auch wieder Liebe. Gott sieht in uns Menschen, was er eigentlich
meinte. Mit dir und mit mir. Da, wo wir diesem Bild nicht entsprechen, leidet er darunter mit
einem Herzen voller Erbarmen. Er sieht deshalb nicht vorrangig den Schmutz, der uns ganz
überkrustet, sondern er sieht die Perle. Die Perle, auch wenn sie im Staub liegt, die teuer
erkauft wurde, durch den, der dafür sein Kreuz getragen hat.
Und weil er uns so teuer erkauft hat, weil unser ursprüngliches Bild in seinem Herzen
geborgen und bewahrt blieb, darum hört seine Treue nie zu uns auf. Auch, wenn wir wie ein
Samenkorn in die Erde gelegt werden, 1,80 tief. Wenn wir da sind, wird uns irgendwann ein
neues schöpferisches Wort treffen und uns in seine Gegenwart holen. Dabei werden wir
verwandelt werden, geheimnisvoll. Aus der Verweslichkeit in eine neue Existenz gerufen.
Aber doch mit unserer Identität behaftet, dass wir wieder zu erkennen sind, unseren Namen
behalten, bei dem er uns schon einmal gerufen hat. Ein Name, zu dem er sich in Ewigkeit
bekennen wird.
Udo Hermann
Erfurt, den 20. Juni 2010

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