Sächsisches Textilforschungsinstitut eV

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Sächsisches Textilforschungsinstitut eV
Umweltfreundliche Hybridbeschichtungen
für nachhaltige Textilprodukte
Anja Schumann, Sächsisches Textilforschungsinstitut e. V., Chemnitz
Ziel des Forschungsvorhabens
Die Trocknung und Vernetzung von Beschichtungssystemen mittels UV-Strahlung ist z. B. in der Papier- und
Glasindustrie sowie der Folienherstellung Stand der Technik. Der Hauptvorteil dieser Technologie ist der niedrige Energieverbrauch, ihre hohe Effizienz und die Emissionsminderung flüchtiger organischer Verbindungen
(VOC).
In Textilunternehmen ist diese Trocknungsart bisher nicht etabliert. Die Nutzung UV-vernetzbarer Beschichtungen zur Ausrüstung von Textilien stellt eine sehr umweltfreundliche Alternative im Vergleich zum traditionellen thermischen Energieeintrag dar. Darüber hinaus eröffnet die UV-Vernetzung Möglichkeiten zur Ausrüstung/Beschichtung von hitzesensitiven Materialien.
Im Rahmen des CORNET-Aufrufes zur Förderung von KMU in Europa erfolgten in Zusammenarbeit mit den
Forschungseinrichtungen TNO (Niederlande) und Centexbel (Belgien) Untersuchungen zur Entwicklung von
wasserbasierten, UV-vernetzenden, multifunktionalen Sol-Gel-Systemen sowie von 100%-Systemen. Aufgabe
von TNO war die Entwicklung der speziellen wasserbasierten Sol-Gel-Systeme. Centexbel oblag die Funktionalsierung der Sol-Gel-Systeme mit Pigmenten und Additiven sowie deren Applikation auf Geweben und
Garnen aus Baumwolle und Polyester. Forschungsziel des STFI war die Erarbeitung technologischer
Lösungen für die Ausrüstung/Funktionalisierung von Vliesstoffen.
Angestrebte Eigenschaften waren die Erzielung einer hohen Abriebfestigkeit, verbesserte Flammbeständigkeit, UV-Stabilität und die Erzeugung schmutzabweisender Oberflächen. Technologisches Ziel des Forschungsprojektes war es, den Energieverbrauch gegenüber den konventionellen thermischen Trocknungsverfahren durch Nutzung der UV-Vernetzung signifikant zu minimieren.
Experimentelle Grundlagen
Für die drei Einsatzgebiete automobiles Interieur, Filter und Unterbodenverkleidung (Automobil) wurden im
STFI vier verschiedene Vliesstoffe ausgewählt, siehe Tab. 1.
Tab. 1:
Ausgerüstete textile Trägermaterialien
Herstellung
Material
Dicke
Flächenbezogene
Masse
Bildliche Darstellung
Vliesstoff 1
Nähwirkvliesstoff
Malivlies
97 % Polyester
3 % Bindefasern
2,3 mm
220 g/m²
Vliesstoff 2
Vliesstoff 3
Vliesstoff 4
Nadelvliesstoff
Spinnvliesstoff
Spinnvliesstoff
100 % Glasfasern
100 % Polyester
100 % Polypropylen
4,5 mm
0,4 mm
0,5 mm
420 g/m²
50 g/m²
70 g/m²
Die Rezepturen zur Ausrüstung der Substrate, niedrigviskose und hochviskose Formulierungen, setzen sich aus
den Acrylatbindern bzw. den Sol-Gel-Ausgangsstoffen, den Photoinitiatoren, den Verdickern und teilweise einem
zusätzlichen Additiv zur Funktionalisierung, z. B. Flammschutz- oder Hydrophobiermittel, zusammen.
Zur flammhemmenden Funktionalisierung der UV-vernetzenden Systeme wurde ein auf Phosphorverbindungen
basierendes Flammschutzmittel in eine niedrigviskose Formulierung eingearbeitet und auf dem Glasfaservliesstoff appliziert. Eine Hydrophobierung erfolgte durch Zugabe von Nanopool® Faser protect S4.
Tab. 2:
Verwendete Basischemikalien für die Beschichtungsversuche
Sol-Gele
TNO-Entwicklungen
UV-vernetzende Binder
Basis Acrylat
S1
S2
Laromer PE 55 WN
Irgacure® 500
Irgacure® 819 DW
FLAMMEX APP
Nanopool® Faser protect S4
Photoinitiatoren
Flammschutzmittel
Hydrophobiermittel
auf Fluorcarbonbasis
Additive
Tab. 3:
Versuchsplan zur Bestimmung der flammhemmenden und der wasserabweisenden
Eigenschaften
PES-Spinnvliesstoff
Sol-Gel 2 Sol-Gel 2
a1
a1:
a2:
TNO
TNO
BASF
Ciba® Spezialitätenchemie
Ciba® Spezialitätenchemie
Zschimmer & Schwarz Gruppe
Nanopool® Faser protect S4
a2
Irgacure 500
Irgacure 819 DW
PP-Spinnvliesstoff
Sol-Gel 2 Sol-Gel 2 Sol-Gel 1
a1
a2
b3:
c:
a2
b3
Glasfaservliesstoff
Sol-Gel 2 Sol-Gel 2
Malivlies
Nanopool
Sol-Gel
Sol-Gel
S2
2
2
a1
a2
a1
a1
a2
b3
c
Hydrophobierung der Rohware mit Phobotex im Vorfeld
der Beschichtung
Laromer PE 55 WN (20%)
FLAMMEX APP
Die Herstellung der anwendungsfertigen Ausrüstungs-Compounds erfolgte in der Reihenfolge:
1.
2.
3.
4.
5.
Vorlage der Acrylatbinder bzw. der Formulierungen von TNO
Zugabe des Photoinitiators
Mischen der Komponenten
Zugabe der Additive
Mischen der Komponenten
Die Applikation der niedrigviskosen Systeme wurde mittels Tauchverfahrens in Handversuchen auf Mustern im
DIN A4 Maßstab mit dem Mathis-Laborfoulard Typ HVF in Verbindung mit einem Mathis-Labortrockner und
einem UV-Vernetzungsaggregat bzw. im kontinuierlichen Prozess über die Mathis-Laborbeschichtungsanlage
durchgeführt. Die wasserbasierten Systeme müssen vor Vernetzung angetrocknet werden. Die 100%-Systeme
benötigen vor der UV-Vernetzung keine zusätzliche Trocknung, da keine konvektive Wärme zum Austrag des
Lösemittels benötigt wird.
Trotz langsamer Maschinengeschwindigkeit wurde der Glasfaservliesstoff aufgrund seiner Materialdicke von über
2,5 mm und der damit verbundenen hohen Flottenaufnahme nicht optimal durchgetrocknet. Deshalb empfiehlt
sich daher eine einseitige Ausrüstung mittels Pflatschverfahrens bzw. eine einseitige Beschichtung.
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Abb. 1:
UV-Einheit an der Mathis-Laborbeschichtungsanlage
Nach Herstellung der ausgerüsteten Vliesstoffmuster wurden neben textil-physikalischen Untersuchungen u. a.
folgende Prüfungen durchgeführt:
 Bestimmung der Abriebfestigkeit mit Martindale Testverfahren nach DIN EN ISO 12947-2,
Scheuerbelastung von 9 kPa
 Ölbeständigkeit nach AATCC 118
 Untersuchungen zur Hydrophobierung nach TEGEWA-Tropfentest
Resultate
Die unausgerüsteten Vliesstoffe weisen bereits bei 500 Scheuertouren eine starke Pillingbildung auf. Die
Scheuerbeständigkeiten der ausgerüsteten Spinnvliesstoffe steigen auf bis zu 2 500 Touren. Der
Nähwirkvliesstoff Malivlies zeigt wenig Unterschiede zwischen Rohware und ausgerüsteter Ware. Hier erfolgte
ein Abbruch der Prüfung bei 25 000 Touren.
Probe 1: Spinnvliesstoff aus PP,
unausgerüstet
Probe 5: Spinnvliesstoff aus PP,
ausgerüstet
Probe 2: Spinnvliesstoff aus PES,
unausgerüstet
Probe 2: Spinnvliesstoff aus PES,
ausgerüstet
Probe 6: Malivlies, unausgerüstet
Probe 8: Malivlies, ausgerüstet
Abb. 2:
Scheuerbeständigkeiten des Spinnvliesstoffes aus PP bzw. aus PES und des Malivliesstoffes
Die Bestimmung der hydrophoben Eigenschaften der Substrate erfolgte mit dem TEGEWA-Tropfentest. Die mit
den Sol-Gel-Systemen ausgerüsteten Vliesstoffe weisen alle durchweg hydrophobe Eigenschaften auf, während
die unausgerüsteten Spinnvliesstoffe aus PP und PES sowie der Nähwirkvliesstoff nicht hydrophob sind.
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Abb. 3:
Rohware
Ausgerüstete Ware
PP-Spinnvliesstoff
PP-Spinnvliesstoff
PES-Spinnvliesstoff
PES-Spinnvliesstoff
Glasfaservliesstoff
Glasfaservliesstoff
Malivlies
Malivlies
TEGEWA Tropfentest unausgerüsteter und ausgerüsteter Vliesstoffe
In Bezug auf die oleophoben Eigenschaften konnten die besten Ergebnisse beim beschichteten PESSpinnvliesstoff erreicht werden. Beim Glasfaservliesstoff ist das Ein- und Durchdringen der Prüfflüssigkeit schon
beim ersten Öl erkennbar. Das beschichtete Material zeigt eine Verbesserung der Ölabweisung bis zur fünften
Prüfflüssigkeit. Ein Durchdringen des Öles konnte aufgrund der Dicke des Vliesstoffes nicht festgestellt werden.
Der PP-Spinnvliesstoff zeigt kaum eine Verbesserung der Oleophobie. Dies liegt in der geringen
Flottenaufnahme des PP-Vliesstoffes begründet. Beim Malivlies kommt es zu einer sehr geringen Verbesserung
des ausgerüsteten Materials von Öl eins auf Öl zwei beim Durchdringen bis zum Löschpapier.
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Tab. 4:
Ergebnisse der Prüfungen der Ölbeständigkeiten nach AATCC 118
Vliesstoff
Glasfaservliesstoff, Rohware
Glasfaservliesstoff, Ausrüstung
PP Spinnvlies, Rohware
PP Spinnvlies, Ausgerüstet
PES Spinnvlies, Rohware
PES Spinnvlies, ausgerüstet
Malivlies, Rohware
Malivlies, Ausgerüstet
Öl 1
D
B
D
C
D
A
D
D
Öl 2
Öl 3
Öl 4
Öl 5
C
C
C
D
B
B
B
Öl 6
Öl 7
Öl 8
C
C
C
D
B
D
Zusammenfassung:
Im nationalen Teilprojekt konnte gezeigt werden, dass Vliesstoffe mit einer für die Textilveredlung neuen Technologie, der UV-Vernetzung, erfolgreich mittels funktioneller Ausrüstungsmittel veredelt und getrocknet/vernetzt
werden können. Die Basis der Untersuchungen war der Einsatz der von TNO hergestellten Sol-Gel-Systeme im
Vergleich marktüblichen UV-vernetzenden Produkten. Für die textile Ausrüstung mittels Foulardierung eignet sich
insbesondere eine Rezeptur aus dem von TNO hergestellten Sol-Gel S2 in Kombination mit dem acrylatbasierten
Bindemittel Laromer und dem UV-Vernetzer Irgacure®. Zur Vliesstoffdirektbeschichtung kann zusätzlich der Verdicker Borchigel eingearbeitet werden.
Danksagung
Das IGF-Vorhaben 37 EBR der Forschungsvereinigung Forschungskuratorium Textil
e.V., Reinhardtstraße 12-14, 10117 Berlin wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung
(IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie aufgrund eines
Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.
Der Schlussbericht kann beim Sächsischen Textilforschungsinstitut e. V. ausgeliehen werden.
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