Kleidung – der Stoff auf unserer Haut

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Kleidung – der Stoff auf unserer Haut
Quarks & Co | Kleidung – der Stoff auf unserer Haut | Sendung vom 08.06.10
http://www.quarks.de
Quarks & Co
Quarks & Co Kleidung – der Stoff auf unserer Haut
Autoren:
Carsten Binsack, Carolin Courts, Sigrid Lauff, Dagmar Stoeckle
Redaktion: Wobbeke Klare
Nichts tragen wir näher auf der Haut als unsere Kleidung. Darum bestimmt Kleidung direkt, wie gut wir uns fühlen: Sie wärmt oder
kühlt, sie kann uns ausgrenzen oder zum Teil einer Gruppe machen. Quarks & Co probiert es ganz konkret aus: Können wir mit
Kleidung erreichen, dass unsere Mitmenschen uns für intelligenter, gesünder, sympathischer halten? Und welches Material gewinnt
beim Praxistest: Kunstfaser oder Naturtextilien? Quarks & Co auf der Suche nach der perfekten Kleidung.
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Kleider machen Leute – stimmt das?
Die Wissenschaft sagt eindeutig: Ja – Kleider machen Leute: Durch Kleidung können wir den Eindruck von Kompetenz vermitteln, unabhängig wirken oder besonders vertrauenswürdig erscheinen. Und das, obwohl immer derselbe Mensch in dieser Hülle steckt. Wer also bei seinen Mitmenschen einen bestimmten Eindruck erwecken möchte, der sollte genau darauf achten, was er
anhat. Denn mit dem Stil, den wir auswählen, dem Stoff, der Marke, den Farben und den Kombinationen geben wir einen Hinweis auf unsere Identität. Auch zeigen wir, wie wir nach außen hin
Andere Kleidung anderer Mensch?
wahrgenommen werden möchten. Wer uns dann anschaut, ist innerhalb von wenigen Sekunden
in der Lage, die „Signale“ zu dechiffrieren.
Der klassische Anzug macht kompetent
Bei Vorstellungsgesprächen spielt die Kleidung eine besonders große Rolle. Weil die PersonalManager meist schnell entscheiden, wer zu ihrem Unternehmen passt, ist für sie die Kleidung ein
besonders wichtiger Schlüssel zur Persönlichkeit ihres Gegenübers. Das zeigt eine Studie von
amerikanischen Wissenschaftlern von der University of Minnesota. Sie erstellten Bewerbungsmappen, die alle den gleichen Lebenslauf, aber unterschiedliche Bewerbungsfotos enthielten. Auf
den Bildern waren zwei Frauen in jeweils drei unterschiedlichen Outfits zu sehen: 1. Anzug mit
Der Anzug vermittelt Rationalität und
Bluse, 2. ein Kleid mit Rollkragen und 3. ein Kleid mit betontem Dekolleté. 300 Personalmanager
Durchsetzungsfähigkeit
erhielten jeweils eine Mappe und sollten dann auf einem Fragebogen beurteilen, wie sie die
Frauen einschätzen. Dabei kam heraus, dass die meiste Kompetenz den Frauen im Anzug zugetraut
wurde. Ein unpassendes Outfit kann leicht dazu führen, dass Bewerber sich disqualifizieren. Das
hat eine aktuelle Umfrage unter 2.700 Personalern zu den peinlichsten Fehltritten im Vorstellungsgespräch ergeben.
Hilfe bekommt, wer richtig gekleidet ist
Besonders häufig haben Wissenschaftler beleuchtet, wie Kleidung die Bereitschaft zu helfen beeinflusst. Wenn Menschen zum Beispiel auf offener Straße um Telefongeld bitten, dann sind sie dabei
am ehesten erfolgreich, wenn sie eher unauffällige, modisch gepflegte Kleidung tragen. Doch die
Mode definiert auch so etwas wie Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppierung. Vor diesem
Hintergrund ergab eine andere Studie, dass Menschen eher Geld geben, wenn die „Bittenden“ ähnlich gekleidet sind wie sie. Das zeigte sich in einer Umfrage in einem Supermarkt: Hier waren
Menschen, die zur Mittelschicht gehören, eher bereit Auskünfte über sich selbst zu geben, wenn
der Interviewer einen Schlips anhatte. Menschen aus der Arbeiterklasse waren offener, wenn der
Befrager keinen Schlips trug.
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Kleidung als erster Hinweis
Kleidung ist eine sehr einfache Möglichkeit, sich schnell eine Meinung zu unserem Gegenüber zu
bilden. Sie hilft uns dabei, die Vielzahl von Menschen um uns herum ohne viel Aufwand einordnen zu können. Das Outfit gibt uns dabei Informationen über das Alter, den wirtschaftlichen Status,
die Einstellung und über verschiedene Persönlichkeitsdimensionen, worauf wir unsere Erwartungen zu dieser Person bilden. Doch mit dieser „Stereotypisierung“ verlassen wir uns auf sehr
wenige Merkmale für die Bildung eines Urteils. Auf diese Weise kann die Charakterisierung auch
Wir nutzen Kleidung, um Mitmenschen
schnell zum Vorurteil werden – immer dann, wenn der Betrachter nicht bereit ist, den Menschen
schnell einzuschätzen
die Chance zu geben, diesen ersten Eindruck zu korrigieren.
Autorin: Sigrid Lauff
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Warum der Mensch sein Fell verlor
Sind Parasiten der Grund für unsere nackte Haut?
Die Vorfahren des heutigen Menschen hatten, genau wie die meisten Säugetiere, ein Fell. Doch
irgendwann mutierten sie im Laufe ihrer Entwicklung zu fast haarlosen Wesen. Lange Zeit erklärten Forscher das mit der „Thermoregulations-Theorie“. Sie besagt, dass der frühe Mensch sein Fell
verlor, weil er seinen Wärmehaushalt so besser regulieren konnte – zum Beispiel beim schweißtreibenden Jagen. Seit einigen Jahren wird eine neue Theorie diskutiert: Demnach habe der
Mensch seine Haare verloren, weil im Fell Parasiten hausen, die Blut saugen und Krankheiten übertragen. Außerdem kostete die Ungeziefersuche im Fell nach Ansicht der Forscher viel Zeit, die dann
für die Nahrungssuche fehlte. Doch ist der Verlust der Komplett-Behaarung tatsächlich ein Vorteil
für den Menschen? Mehr dazu sehen Sie jetzt im Quarks-Film auf www.quarks.de!
Autorin: Dagmar Stoeckle
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Nylon: Ein Damenstrumpf revolutioniert die Modewelt
Der Start ins Zeitalter der Kunstfaser
Seit Ende der 1920er-Jahre forscht der amerikanische Chemiker Wallace Carothers bei DuPont,
Amerikas größtem Chemieunternehmen, nach synthetischen Fasern. Anfang 1935 hat er Erfolg: Aus
einem Glas mit flüssigen Chemikalien zieht er einen dünnen, perlmuttglänzenden Faden. Es handelt sich um ein sogenanntes Polyamid – eine lange Kette von Kohlenstoffen. Carothers’ Entdeckung sorgt später unter dem Namen „Nylon“ für Furore. Erfahren Sie mehr über die Erfolgsgeschichte von Nylon im folgenden Film auf www.quarks.de!
Autor: Carsten Binsack
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Polyester im Test
Kann eine Kunstfaser so gut sein wie Wolle?
Kaum ein Bergsteiger geht heute mehr mit Baumwollwäsche am Leib auf Tour – spätestens bei
der ersten Brotzeit klebt sie auf der Haut und kühlt die Nieren. Denn der Schweiß wird von der
Baumwolle zwar gut aufgenommen, aber nicht nach außen transportiert. Im Bereich Sportbekleidung dominiert deshalb Kleidung aus synthetischen Fasern wie Polyester den Markt. Doch auch
in der Alltagskleidung kann Polyester günstige Eigenschaften haben, die den „Mythos Naturfaser“
ins Wanken bringen. An den Hohenstein Instituten in der Nähe von Stuttgart wollten Wissenschaftler beweisen, dass Polyester einen genauso guten Tragekomfort haben kann wie edle Wolle.
Sie entwickelten dafür eine eigene, neue Polyesterfaser. In einer Testreihe wird dieses künstliche
Gewebe mit hochwertigen Wollanzügen verglichen.
Der Schweißtest
Zunächst geht es um die Atmungsaktivität. Hierfür legen die Forscher beide Stoffproben nacheinander auf eine poröse Metallplatte und erwärmen diese auf 35 Grad Hauttemperatur. Die Stoffe
werden nun zwei Stunden lang von unten mit Wasserdampf durchströmt. Die Wissenschaftler
messen, wie leicht dieser Dampf durch den Stoff tritt. Das Ergebnis: Der Polyester aus dem Test
kann den dampfförmigen Schweiß noch besser von der Haut weg transportieren als der Wollstoff:
Er ist atmungsaktiver. Ein weiterer Test untersucht die Aufnahme von flüssigem Schweiß: Hierfür
Der neue Polyester nimmt Feuchtigkeit
wird ein Wassertropfen auf die beiden Stoffproben gegeben. Eine Kamera analysiert, wie gut der
sehr gut auf
Stoff den Wassertropfen aufnimmt, und es zeigt sich: Während Polyester den Tropfen sofort aufsaugt, bleibt er auf dem Wollstoff liegen – und das, obwohl gerade Wolle eigentlich Feuchtigkeit
sehr gut aufnehmen kann. Die Wolle für Anzüge ist aber chemisch behandelt, damit sie nicht so
schnell verschmutzt. Dadurch ist die Feuchtigkeitsaufnahme gehemmt. Die Wissenschaftler folgern
aus den Tests: Auch flüssigen Schweiß saugt dieser Polyesterstoff besser auf als der Anzugstoff
aus Wolle.
Der Wärmevergleich
Um den Vergleich komplett zu machen, müssen Polyester und Wolle auch als fertig geschneiderte Anzüge miteinander verglichen werden. Denn auch Passformen haben Einfluss auf den Tragekomfort der Stoffe. Die Wissenschaftler machen das mit Hilfe der thermischen Gliederpuppe
„Charlie“. „Charlie“ besitzt ein computergesteuertes Heizsystem, mit dem die Forscher die Wärmeproduktion eines Menschen simulieren können. Außerdem kann „Charlie“ Laufbewegungen nachstellen – bei vier Kilometer in der Stunde. Für den Test muss die Puppe in beiden Anzügen drei
Testpuppe „Charlie“ testet den Polyes-
Stunden lang laufen. Das Ergebnis: Polyesteranzug und Wollanzug wärmen gleich stark.
teranzug bei vier Kilometern pro Stunde
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Der Tragekomfort im subjektiven Test
Objektive Messdaten sind das eine – der subjektive Eindruck das andere. Für Quarks & Co hat der
Moderator Burkhardt Weiß beide Anzüge angezogen und bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten
auf dem Laufband getestet. Über ein Schaltpult verteilte er Schulnoten – er benotete sein
Temperatur- und Feuchtigkeitsempfinden und den generellen Tragekomfort. Das Ergebnis: Bei steigender Laufgeschwindigkeit wurde es Burkhardt in den Anzügen stetig wärmer, er begann zu
schwitzen – der Tragekomfort nahm kontinuierlich ab. Allerdings war das beim Polyesteranzug und
Quarks-Reporter Burkhardt Weiß testet
beim Wollanzug ähnlich. Burkhardt spürte keinen Unterschied.
den Polyesteranzug auf dem Laufband
Das Geheimnis des Erfolges
Das Ergebnis überrascht, weil Wolle in der Regel den Ruf eines höherwertigen Textils hat. Die
Erklärung liegt in der Wandlungsfähigkeit von Polyester: In diesem Fall hatten die Forscher die
Struktur der Polyesterfaser an die der Wollfaser angeglichen: Früher waren Polyesterfasern glatte
Fasern. Durch diese Glätte waren die Stoffe sehr dicht, so dass wenig Wasserdampf, also dampfförmiger Schweiß, durch das Gewebe dringen konnte. Das führte zu starkem Schwitzen. Durch die
Glätte der Fasern lagen die Stoffe außerdem sehr dicht auf der Haut, was ebenfalls zu einem unanDie Polyesterfaser wurde gekräuselt wie
eine Wollfaser
genehmen Tragegefühl führte. Die Forscher haben nun jedoch die Polyesterfaser so sehr verändert, dass sie gekräuselt ist und der Wollfaser ähnelt. Durch diese Kräuselung ist der Stoff viel
atmungsaktiver, und er liegt nicht mehr so dicht auf der Haut. Es kommt also nicht nur auf das
Ausgangsmaterial an, sondern auch darauf, was für Fasern man daraus macht. Durch die Anpassungsfähigkeit lassen sich Kunstfasern auch in der Mode immer besser an die Anforderungen
anpassen. Denn sie können mit ganz speziellen Eigenschaften für unterschiedlichste Einsätze hergestellt werden. Diese Wandlungsfähigkeit haben sie den Naturfasern voraus.
Autor: Carsten Binsack
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Kampf dem Schweißgeruch
„Sniffer“ testen silberbeschichtete Textilien
Schweißgeruch hält sich extrem hartnäckig. Oft verschwindet der Geruch noch nicht mal durchs
Waschen. Denn die Bakterien und ihre stinkenden Abfallprodukte werden durch den Schweiß in
das Gewebe gespült und setzen sich darin fest. Doch Textilhersteller haben dem Schweißgeruch
den Kampf angesagt haben. Aber sind ihre Produkte wirklich überzeugend?
Wundermittel gegen Gerüche?
Textilhersteller wenden drei Verfahren zur Vermeidung von unangenehmen Gerüchen wie Tabakrauch, Essensgeruch und eben auch Schweiß an:
Methode 1:
Bei der „Photokatalyse“ wird der Stoff mit einem Katalysator beschichtet. Der Katalysator beschleunigt eine chemische Reaktion, ohne dabei selbst verbraucht zu werden. Trifft Licht auf den Stoff,
– beispielsweise in Form von Sonnenstrahlen –, löst es eine chemisch-elektrische Reaktion aus.
Dadurch werden die Gestank erzeugenden Bakterien abgetötet. Allerdings funktioniert Photokatalyse tatsächlich nur mit Licht, also nicht in dunklen Achselhöhlen. Deshalb werden bislang
hauptsächlich Markisen, Tapeten oder ähnliche Oberflächen mit Hilfe der Photokatalyse behandelt.
Japanische Forscher arbeiten aber auch an der Nutzung der Photokatalyse für Bekleidungstextilien.
Methode 2:
Bei einem anderen Verfahren werden die störenden Geruchsstoffe mit Hilfe von Maisstärke – sogenannten Cyclodextrinen – absorbiert. Das sind ringförmige Zuckermoleküle, die die Geruchsmoleküle in ihrem Inneren einschließen. Wird das Kleidungsstück gewaschen, entleeren sich die Zuckermoleküle und sind wieder funktionstüchtig. Die Methode ist noch relativ neu. Zurzeit werden
Cyclodextrine von der Industrie genutzt, um unangenehm riechende Substanzen zu kaschieren
oder angenehm duftende Geruchsmoleküle gezielt freizusetzen (Textilerfrischer). Im Bereich Kleidung werden Cyclodextrine bereits in Herrenanzüge eingearbeitet.
Methode 3:
Die dritte Methode gegen Schweißgeruch, die Behandlung von Textilien mit Silberpartikeln, ist die
zurzeit gebräuchlichste. Die antibakterielle Wirkung von Silber ist bereits seit der Antike bekannt.
Entweder werden feine Silberfäden in den Stoff eingewebt oder feinste Nano-Silberpartikel fest in
den Stofffasern verankert. Sie geben kontinuierlich Silberionen ab, die die Vermehrung geruchsbildender Bakterien blockieren. Und das geschieht so: Silberionen sind positiv geladen. Wenn die
Silberionen durch die Zellwand der Bakterien eindringen, reagieren sie mit den dort enthaltenen
Silber in Textilien wirkt antibakteriell
Proteinen. Diese Proteine bestehen aus einzelnen Bausteinen, den Aminosäuren. Die meisten die-
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ser Aminosäuren sind ebenfalls geladen, manche positiv, manche negativ. Dadurch entsteht eine
ganz bestimmte Anordnung, die Faltung. Die eindringenden positiv geladenen Silberionen bringen
nun die Faltung des gesamten Proteins völlig durcheinander. Dadurch kommt es zu einer
Denaturierung, also Veränderung der Struktur des Proteins. Als Folge können sich die Bakterien
nicht mehr vermehren.
Kleidungsstücke mit sogenannter antibakterieller Wirkung sind schon vielfach im Handel zu haben.
Die Hersteller werben mit Begriffen wie „geruchsfrei“, „antismell“ oder „Frischegarantie“ und versprechen: Socken, Anzüge, Unterwäsche oder Sportbekleidung sollen deutlich weniger nach Schweiß
riechen.
Schnüffeln für die Wissenschaft
Im Auftrag der Hohenstein Institute bei Heilbronn testen Timo Hammer und sein Team den Geruch
verschwitzter Kleidungsstücke. Für den aktuellen Versuch an Kleidungsstücken mit antibakterieller
Wirkung rüsten die Hohensteiner Wissenschaftler einen Sportler mit unterschiedlichen Materialien
aus: Unter seinen Achseln werden zwei Stoffläppchen befestigt: Eines ist aus herkömmlichem
Polyester, das zweite besteht aus Polyester, das mit Nano-Silberpartikeln ausgerüstet wurde. Nach
einer Stunde Joggen bei sommerlichen Temperaturen kommen die beiden verschwitzten StoffSchnüffeln im Dienste der Wissenschaft
proben im Labor in geruchsneutrale Plastiktüten.
Beim anschließenden Geruchstest wird der Schweißgeruch aus den Tüten den Geruchsexperten in
steigender Konzentration in ihre Nasen gepustet. Die vier „Sniffer“ wissen natürlich nicht, von welcher Stoffprobe der jeweilige Geruch stammt. Wer Schweißanteile riecht, drückt sofort seinen
Signalgeber.
Die Auswertung zeigt: Das antibakterielle Silber-Gewebe hat weniger als halb so viel Schweißgeruch angenommen wie das herkömmliche Gewebe. Dennoch hat das Verfahren mit den Silberionen einen bislang noch nicht geklärten Haken: Denn Silberionen zerstören die Bakterien nur, sie
lösen sie nicht komplett auf. Die Überreste können neuen Bakterien wiederum als Nahrung dienen
und so den Bakterienkreislauf am Leben erhalten. Außerdem ist nicht garantiert, dass die Silberionen tatsächlich alle Bakterien in einem Kleidungsstück erwischen. Wissenschaftler befürchten
Schwitzen im Dienste der Wissenschaft
deshalb, dass geruchsbildende Bakterien eines Tages resistent werden könnten gegen Silberionen.
Das ist vermutlich kein Problem, wenn es um müffelnde Textilien geht. Doch mit Nano-Silberpartikeln behandelte Textilien werden auch in der Medizin eingesetzt, beispielsweise bei der
Wundheilung oder zur Linderung von Neurodermitis. Und im Medizinbereich sind Resistenzen, beispielsweise durch Antibiotika, schon heute ein großes Problem.
Autor: Dagmar Stoeckle
Zusatzinfos:
Antibakterielle Wirkung
Antibakteriell bedeutet „ gegen Bakterien gerichtet“. Die antibakterielle Wirkung wird unterteilt in
die bakteriostatische und bakterizide Wirkung. Hat eine Substanz eine bakteriostatische Wirkung,
hemmt sie die Vermehrung von Bakterien. Demgegenüber versteht man unter bakterizider
Wirkung, dass die Bakterien direkt abgetötet werden.
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Nanopartikel
Der Begriff „Nano“ beschreibt (wie „Zenti“ oder „Milli“) eine Größeneinheit, die auf eine Längeneinheit angewendet werden kann. Ein Millimeter ist bekannt als ein Tausendstel eines Meters. Ein
Nanometer ist entsprechend ein Milliardstel eines Meters.
Nanopartikel sind Körnchen oder Teilchen mit einer Größe zwischen 1 und 100 Nanometern. Sie
sind etwa 1.000 bis 100.000-mal kleiner als ein menschliches Haar.
Nanopartikel können aus völlig unterschiedlichen chemischen Zusammensetzungen bestehen.
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Warum riecht Schweiß unangenehm?
In der menschlichen Achselhöhle sitzen ungefähr 400 Schweißdrüsen auf einem Quadratzentimeter Haut. In den sogenannten kleinen Knäueldrüsen (ekrine Drüsen), entsteht Kühlungsschweiß,
der Wasser und Salze enthält. Die großen Knäueldrüsen, (apokrine Drüsen), sitzen vor allem in der
Leistengegend, den Schultern und den Achselhöhlen. Sie schwitzen auch Fette, Proteine,
Aminosäuren sowie Harnstoff aus.
Frisch gebildeter Schweiß ist völlig geruchsfrei und besteht zu 99 Prozent aus Wasser. Doch auf
der Hautoberfläche leben Bakterien, die einen Schutzfilm gegen Krankheitskeime bilden. Einige
Bakterienarten zersetzen und verwerten die Inhaltsstoffe des Schweißes. Genau hier beginnt das
Geruchsproblem, denn durch die Zersetzung entstehen Abfallprodukte – unangenehm riechende
Verbindungen wie Buttersäure.
Autorin: Dagmar Stoeckle
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Das Chaos der Konfektionsgrößen
Warum die Zahlen auf den Etiketten wenig aussagen
Mal passt Größe 38, mal ist es die 42: Die Zahlen auf den Etiketten sagen wenig aus. Dabei sollte eigentlich alles ganz einfach sein, denn die Kleidergröße errechnet sich in Deutschland seit
Jahrzehnten nach einer unkomplizierten Formel: „Halber Brustumfang minus sechs.“ Eine Frau
mit 92 Zentimeter Brustumfang muss diese Zahl also durch zwei teilen und dann noch 6 davon
abziehen: Folglich hat sie die Konfektionsgröße 40.
Richtig gemessen – und trotzdem passt
das Kleidungsstück in der errechneten
Und trotzdem passt es nicht!
Größe nicht!
Wenn sich die Konfektionsgröße nach dem Brustumfang richtet, müsste eine Frau, die korrekt
gemessen und gerechnet hat, in ihrer eigenen Größe eigentlich ausschließlich Kleidungsstücke finden, die zumindest am Busen gut sitzen. Diese Annahme wird von der Realität leider widerlegt.
Und die Stücke, die oben herum gut sitzen, haben dafür oft ein anderes Problem: Sie sitzen in der
Taille oder in der Hüfte nicht. Man könnte vermuten, dass die Hersteller nicht wüssten, was für
eine Taille bzw. Hüfte im Normalfall zu einem bestimmten Brustumfang gehört – aber das stimmt
nicht: Die Deutschen wurden bereits gründlich vermessen. Aus den Messungen an vielen
Menschen wurden Durchschnittswerte errechnet, aus denen die Hersteller sehr wohl ablesen können, wie weit Taille und Hüfte geschnitten sein müssen, wenn ein Kleidungsstück der Durchschnittsfrau mit einem bestimmten Brustumfang passen soll.
Kleine Geschichte der Konfektionsgrößen
Solche Reihenmessungen finden seit 1957 im großen Stil und in größeren Abständen statt. Seit
damals existiert die „Hohensteiner Größentabelle“, nach der sich die Mehrheit der Kleiderhersteller
(angeblich) richtet. In den Jahrzehnten davor hatte es nur vereinzelte Ansätze gegeben, konfektionierte Kleidung anzubieten. Noch früher hatten die Reichen sich ihre Garderobe vom Maßschneider anfertigen lassen, während der Rest der Bevölkerung entweder selbst nähte, oder sich durch
generationenübergreifendes Weitertragen der bereits existierenden Kleidung behalf.
Die Massenkonfektion begann in den
1950er-Jahren
Reihenmessungen und was sie nützen
Die letzte Reihenmessung, deren Ergebnisse der gesamten Textilbranche vorlagen, fand 1993 statt.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die Verbände der Textilindustrie die Messungen bezahlt; die Kosten
lagen jeweils bei etwa 300.000 DM pro Messung.
Mit jeder Messung veränderte sich der Körperbau der Deutschen. Über die Jahrzehnte sind wir
nicht nur größer, sondern auch dicker geworden. Diese Entwicklung ist offenbar noch nicht am
Viele große Hersteller wie C & A
Ende. Das jüngste große Vermessungs-Projekt war deutlich teurer als all seine Vorläufer. Knapp 1,5
kennen die neuesten Messergebnisse –
Millionen Euro hat „Size Germany“ gekostet. Die groß angelegte Studie hat in den Jahren 2007 und
aber passt die Kleidung dort wirklich
2008 stattgefunden. Über 13.000 Deutsche sind dafür in den Body Scanner geschickt worden.
besser?
Jeder Körper wurde an 400.000 Messpunkten abgetastet. Viele Zeitungen haben damals davon
berichtet. Immer wieder wurde der Hoffnung Ausdruck verliehen, dass angesichts der detaillierten
Erkenntnisse endlich verlässliche Konfektionsgrößen entstehen würden. Als die Ergebnisse im Jahr
2009 ausgewertet waren, haben davon aber nicht alle Textilhersteller profitiert. Denn die Zahlen
liegen nur den Firmen vor, die die Studie mit finanziert haben.
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Warum auch die teuerste Studie das Chaos nicht auflöst
Obwohl die Ergebnisse von „Size Germany“ seit 2009 vorliegen, haben die Hersteller ihre Kleidungsstücke noch nicht vollständig auf die neuen Erkenntnisse abgestimmt. Derzeit passen die
Produkte der eingeweihten Firmen auch nicht besser als die Kleider ihrer Konkurrenten. Der Grund:
Viele Hersteller haben kein Interesse daran, ihre Mode exakt nach den Mess-Ergebnissen auszurichten. Sie schneidern stattdessen für ihre jeweils eigene Zielgruppe. Und die kann sogar innerhalb derselben Firma unterschiedlich ausfallen. C & A zum Beispiel bietet verschiedene Kollektionen mit je eigener Zielgruppe an. Die Kollektion für sehr junge Kunden fällt häufig eine Nummer
kleiner als angegeben aus, die Kollektion für ältere Kunden wird dagegen bewusst weit geschnitten. Viele Hersteller – oft besonders exklusive und teure Häuser – arbeiten mit sogenannten
Schmeichelgrößen: Das bedeutet, dass im Kleidungsstück beispielsweise eine 40 steht, obwohl
das Teil in Wirklichkeit Größe 42 ist. So bekommen ältere Frauen den Eindruck, ihre Figur hätte
sich im Laufe der Jahre gar nicht verändert. Es handelt sich dabei um eine psychologische Verkaufsstrategie, die sich für einzelne Anbieter durchaus lohnt.
Keine Besserung in Sicht
Die EU arbeitet derzeit an einer neuen Norm für Konfektionsgrößen. Auf den Etiketten soll einerseits ein Buchstabe stehen, der für eine bestimmte Körperlänge steht; außerdem jeweils eine
Körperumfang in realen Zentimetern. Der Verbraucher soll demnach auf einen Blick sehen können,
für welchen Körper dieses Kleidungsstück gemacht ist. Wenn er seine eigenen Körpermaße kennt,
kann er sofort abschätzen, ob er selbst zu lang, zu kurz, zu dick oder zu dünn für das Kleidungsstück ist. Allerdings halten die meisten Experten diese Idee für viel zu kompliziert. So wird sie seit
Jahren ergebnislos diskutiert.
Aktuell bleiben den Frauen damit zwei Möglichkeiten, etwas wirklich Passendes zu finden. Sie müssen entweder so lange suchen, bis sie genau den Hersteller gefunden haben, zu dessen Zielgruppe
sie zufällig gehören. Oder sie gehen – wie vor zweihundert Jahren – zur Maßschneiderei und vergessen das Chaos der Konfektionsgrößen einfach. Sofern sie es sich leisten können.
Autorin: Carolin Courts
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Die Quarks & Co-Kleiderkunde – das ABC der Fasern
Hier erfahren Sie mehr über den Inhalt Ihres Kleiderschranks! Quarks & Co hat 15 verschiedene
Fasern unter die Lupe genommen aus denen Kleidungsstücke typischerweise hergestellt sind.
Acryl/Polyacryl
Herkunft:
Eine synthetische Kunstfaser, die aus dem Grundstoff Erdöl hergestellt wird. Durch verschiedene
chemische Umwandlungsprozesse entsteht eine zähe, fadenziehende Flüssigkeit – die Spinnmasse.
Wenn diese durch Düsen gepresst wird, entstehen Fäden für die Textilherstellung.
Eigenschaften:
Rechte: WDR/IMAGO
Polyacryl-Fasern sind bauschig und haben einen wollähnlichen Griff. Sie sind wärmend, formbeständig und pflegeleicht. Da sie nur wenig Feuchtigkeit aufnehmen, trocknen sie schnell. Ein
Nachteil: Die Fasern laden sich gern elektrostatisch auf, das heißt, sie können zu kleinen elektrischen Schlägen führen.
Einsatzbereich:
Polyacryl-Fasern findet man oft in Wintermützen, Pullovern oder Socken. Gerade bei Mischungen
mit Wolle oder anderen Naturfasern kommen die positiven Eigenschaften von Polyacryl-Fasern zur
Geltung: Wolle filzt dann nicht mehr beim Waschen und ist bedeutend pflegeleichter.
Wolle
Herkunft:
Eine Naturfaser aus dem Haar von Schafen. Sie besteht ebenso wie andere Tierhaare hauptsächlich aus Eiweiß.
Eigenschaften:
Wolle hat ein hervorragendes Warmhaltevermögen. Die starke Kräuselung der Fasern ermöglicht
Schafe sind Wolllieferanten
die Bildung von Luftpolstern, die sehr gut isolieren. Wolle nimmt auch Feuchtigkeit in Dampfform
Rechte: WDR/Zentralbild
gut auf. So bleibt die Haut trocken, der Schweiß wird abtransportiert. Außerdem hat Wolle eine
hohe Elastizität. Sie knittert wenig, ist formbeständig und neutralisiert bzw. bindet Gerüche. Durch
Lüften lassen sich Wolltextilien wieder auffrischen. Wolle verfilzt jedoch beim Waschen in der
Maschine. Sie verträgt keine hohen Temperaturen und ist mottenanfällig.
Einsatzbereich:
Wolle steckt oft in Pullovern, Hosen, Mützen oder Mänteln.
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Schurwolle
Herkunft:
Schurwolle ist Wolle, also eine Naturfaser aus dem Haar von Schafen. Die Bezeichnung „Schurwolle“ drückt jedoch aus, dass es sich um neue, unmittelbar von einem lebenden Tier geschorene Wolle handelt. Es ist also keine wiederverwendete, aus Alttextilien hergestellte Wolle oder
Wolle, die aus den Fellen geschlachteter oder verendeter Tiere gewonnen wurde. Die Wolle mit
der besten Qualität liefert das Merino-Schaf. Es hat besonders feines und weiches Haar.
Schurwolle wird vom lebenden Tier
Durchschnittlich bringt ein Merino-Schaf vier bis fünf Kilo Wolle pro Schur. Als größter Schurwolle-
geschoren
Produzent gilt Australien.
Rechte: mauritius images
Eigenschaften:
Wolle hat ein hervorragendes Warmhaltevermögen. Die starke Kräuselung der Fasern ermöglicht
die Bildung von Luftpolstern, die sehr gut isolieren. Wolle nimmt auch Feuchtigkeit in Dampfform
gut auf. So bleibt die Haut trocken, der Schweiß wird abtransportiert. Außerdem hat Wolle eine
hohe Elastizität. Sie knittert wenig, ist formbeständig und neutralisiert bzw. bindet Gerüche. Durch
Lüften lassen sich Wolltextilien wieder auffrischen. Wolle verfilzt jedoch beim Waschen in der
Maschine. Sie verträgt keine hohen Temperaturen und ist mottenanfällig.
Einsatzbereich:
Wolle steckt oft in Pullovern, Hosen, Mützen oder Mänteln. Reine Schurwolle findet sich oft auch
bei feinen Herrenanzügen.
Mohair
Herkunft:
Eine Naturfaser aus dem Haar der Angoraziege, die in Nordamerika, Südafrika, der Türkei und in
Westasien in Höhen von 1.000 Meter lebt. Die Tiere werden zweimal im Jahr geschoren – pro
Schur und Tier fallen circa 1,5 bis 2,5 Kilogramm Mohairhaare an.
Eigenschaften:
Angoraziege
Die Fasern sind sehr leicht und elastisch. Sie sind wenig gekräuselt, weiß-gelblich, glänzend, gut
Rechte: dpa/Picture Alliance
färbbar und filzen nicht. Sie haben jedoch auch eine geringe Strapazierfähigkeit.
Einsatzbereich:
In Polen ist eine Kopfbedeckung aus Mohair bei älteren, konservativen Frauen recht beliebt: das
Mohair-Barett („moherowy beret“). Ansonsten findet sich diese Edelfaser oft in Sakkos, Anzügen,
Kostümen oder Smokings.
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Kaschmir
Herkunft:
Eine Naturfaser, die zum Ende des Winters durch Kämmen aus dem Unterfell der lebenden
Kaschmirziege gewonnen wird. Pro Tier werden circa 150 Gramm gesammelt, die dann von Hand
von den einzelnen Oberhaaren gereinigt werden müssen. Wichtigste Erzeugerländer sind Iran,
China, die Mongolei und das mittelasiatische Hochland. Ein Problem: Kaschmirziegen reißen beim
Fressen die Gras-Pflanzen mitsamt den Wurzeln aus. In ökologisch empfindlichsten Regionen hat
Kaschmirziege
das schwerwiegende Folgen, da hier dann kein Gras mehr wächst.
Rechte: IMAGO
Eigenschaften:
Die Kaschmir-Faser ist sehr fein und weich und besonders leicht. Sie gilt als eine der wertvollsten
und teuersten Naturfasern und wird deshalb häufig mit Merinowolle oder anderer Schafwolle
gemischt angeboten.
Einsatzbereich:
Oft werden edle Schals und Mützen aus Kaschmir-Fasern hergestellt.
Modal
Herkunft:
Eine Kunstfaser, die der Viskosefaser kann man hier verlinken, Jochen? ähnelt. Modalfasern werden
genau wie die Viskose aus dem pflanzlichen Naturstoff Zellulose hergestellt. Ausgangsstoff für die
Gewinnung von Modalfasern ist im Gegensatz zur Viskose stets das Buchenholz.
Eigenschaften:
Buchen liefern den Zellstoff für Modal
Modal hat eine höhere Festigkeit, ist strapazierfähiger und neigt weniger zum Knittern als Viskose.
Rechte: mauritius images
Modalfasern sind weich. In ungefärbtem Zustand können sie sogar gekocht werden. Doch Modalfasern sind wie Viskosefasern leicht entflammbar.
Einsatzbereich:
Modalfasern findet man häufig im Wäschebereich.
Viskose / Rayon
Herkunft:
Eine Kunstfaser, deren Ausgangsmaterial der pflanzliche Naturstoff Zellulose ist. Es stammt zum
Beispiel aus dem Holz von Buchen, Fichten, Eukalyptus, Pinien. Diese Zellulose wird in einem chemischen Prozess in eine honigartige Lösung verwandelt, die Viskose-Spinnmasse. Fäden zur
Herstellung von Kleidung entstehen, wenn diese Viskosemasse durch Düsen gepresst wird.
Bäume liefern die Zellulose für Viskose
Eigenschaften:
Viskose ist weich und nimmt viel Feuchtigkeit von der Haut auf. Die Faser knittert jedoch stark, ist
nicht formbeständig und leicht entflammbar.
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Einsatzbereich:
Die Verwendung von Viskose ähnelt der von Baumwolle oder Seide: Viskose wird häufig zu
sommerlichen Kleidern, Röcken und Blusen verarbeitet. Darüber hinaus dient Viskose sehr oft als
Futterstoff, zum Beispiel bei Jacketts.
Polyester
Herkunft:
Eine synthetische Kunstfaser, deren Ausgangsmaterial auf Erdöl basiert. Durch verschiedene chemische Umwandlungsprozesse wird eine zähe, fadenziehende Flüssigkeit hergestellt – die Spinnmasse. Wenn diese durch Düsen gepresst wird, entstehen Fäden für die Textilherstellung.
Polyesterfasern sind die vielseitigsten und am weitesten verbreiteten synthetischen Fasern.
Rechte: dpa/Picture Alliance
Eigenschaften:
Hervorzuhebende Eigenschaften von Polyesterfasern sind ihre sehr hohe Reiß- und Formbeständigkeit, die gute Scheuerfestigkeit und die hohe Elastizität. Polyester-Textilien sind nahezu
knitterunempfindlich, säurefest, gut licht- und wetterbeständig, nehmen aber nur äußerst wenig
Feuchtigkeit auf. Das heißt aber nicht unbedingt, dass man darin schnell schwitzt, denn mit speziell gekräuselten Polyester-Fasern können auch atmungsaktive Textilien gewebt werden.
Einsatzbereich:
Polyesterfasern eignen sich besonders bei Freizeit- und Outdoorbekleidung. Daneben findet man
sie aber auch bei Anzügen, Jacketts und Hosen, Kleidern, Blusen und Röcken. Sehr populär sind
Mischungen mit Schurwolle oder Baumwolle.
Hanf
Herkunft:
Eine Naturfaser, die aus den Stängeln der Hanfpflanze hergestellt wird. Eine ausgesprochen vielseitige Nutzpflanze, die für die Textilindustrie wieder interessant geworden ist, da sie der häufig
verwendeten Baumwolle teilweise überlegen ist. Denn beim Hanfanbau sind – im Gegensatz zum
Baumwollanbau – kaum chemische Pflanzenschutzmittel nötig.
Hanfpflanze
Eigenschaften:
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Hanfprodukte überzeugen außerdem durch ihre hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber Verschleiß.
Die Fasern sind haltbar und können darüber hinaus oft recycelt werden. Durch die Lufteinschlüsse
in der Hanffaser wird ein angemessener Temperaturausgleich erreicht. Hanfbekleidung hält im
Winter warm und ist im Sommer angenehm kühl auf der Haut. Allerdings knittert Hanf stark.
Einsatzbereich:
Die hohe Festigkeit und die hautfreundlichen Eigenschaften der Hanffaser machen sie zum Ausgangsmaterial für zahlreiche Kleidungsstücke, sogar Hanfjeans sind erhältlich.
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Baumwolle
Herkunft:
Die am meisten verbreitete Naturfaser. Sie wird aus den Samenhaaren der Baumwollpflanze
gewonnen, die wiederum aus Zellulose bestehen. Ein Nachteil: Die Baumwollpflanze wird heute
zumeist in großen Monokulturen angebaut. Da die Pflanzen bei dieser Anbauweise besonders
anfällig gegen Schädlinge, Bakterien und Unkraut sind, werden massenweise Düngemittel und
Pestizide eingesetzt. Diese Chemikalien belasten nicht nur die Plantagenarbeiter und die Umwelt,
Baumwollpflanze
Rechte: dpa
sondern verbleiben auch noch in unterschiedlichen Mengen in der Baumwollfaser der fertigen
Kleidung. Auch der Wasserverbrauch ist ein riesiges Problem beim Baumwollanbau. Pro Kilo
Baumwolle werden zwischen 7.000 und 29.000 Liter Wasser benötigt.
Eigenschaften:
Die Baumwollfaser nimmt sehr gut Feuchtigkeit auf, ist anschmiegsam, hautfreundlich, kratzt nicht
und verfilzt nicht. Allerdings neigt Baumwolle stark zum Knittern und Einlaufen, hat eine geringe
Formbeständigkeit und wärmt kaum. Nachteilig ist auch, dass bei starkem Schwitzen die
Feuchtigkeit nicht schnell genug nach außen weitergeleitet wird. Baumwollkleidung fühlt sich dann
nass an und klebt am Körper.
Einsatzbereich:
Baumwolle wird als universelle Faser für die vielfältigsten Kleidungsstücke eingesetzt, wie zum
Beispiel Jeans, Hosen, Hemden, Blusen, Unterwäsche oder T-Shirts.
Fleece
Herkunft:
Ein „Faserpelz“, der meist aus der Kunstfaser Polyester hergestellt wird. Ein Fleece besteht grundsätzlich immer aus zwei Komponenten: dem Grundmaterial und dem darauf befindlichen Garn, das
den Flor bildet. Damit ein Fleece entsteht, werden mit speziellen Maschinen die Schlingen der
Maschenware aufgeschnitten. So entsteht ein Flor, ein Faserpelz mit einer feinporigen und flauschigen Oberfläche.
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Eigenschaften:
Im Flausch werden unzählige Luftkammern eingeschlossen. Das erhöht die isolierende und wärmende Wirkung. Fleece ist leicht, weich, mollig, warm und dabei sehr atmungsaktiv. Fleece lässt
sich leicht und problemlos waschen und pflegen, es bleibt formstabil und läuft nicht ein. Allerdings
ist Fleece nicht wasserdicht.
Einsatzbereich:
Vor allem im Sportbereich hat Fleece ein weites Einsatzfeld - bei Mützen und Kappen, Jacken,
Hosen Sweatshirts oder Hemden.
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Nylon
Herkunft:
Die erste Kunstfaser aus dem Kunststoff Polyamid. 1935 entdeckte der US-amerikanische
Wissenschaftler Wallace Carothers die erste synthetische Faser: ein „Polyamid 6.6“, das später
unter dem Markennamen „Nylon“ vor allem die Strumpfindustrie revolutionierte. Neben Polyester
gilt Polyamid als die zweitwichtigste synthetische Faser. Das Ausgangsmaterial von Polyamidfasern basiert wie beim Polyester auf Erdöl.
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Eigenschaften:
Die Fasern sind leicht, haben eine hervorragende Reiß-, Dauerbiege- und Scheuerfestigkeit und
sind formbeständig. Polyamid neigt allerdings zum Vergilben.
Einsatzbereich:
Heute wird Polyamid rein oder in Mischung mit Wolle zu Oberbekleidung, Unterwäsche, Strumpfund Miederwaren, Spitzen, Futterstoffen und Nähfäden verarbeitet.
Leinen
Herkunft:
Eine Naturfaser, die aus den Stängeln der Flachspflanze gewonnen wird. Wenn die Flachsstauden
reif sind und eine Höhe von ein bis zwei Meter erreicht haben, werden sie geerntet. Dann folgen
verschiedene Bearbeitungsprozesse, um die Fasern aus den Stängeln zu lösen.
Eigenschaften:
Flachspflanze
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Leinen nimmt gut Feuchtigkeit auf, verträgt relativ hohe Temperaturen (Kochen, Bügeln) und wirkt
kühlend, weil es kaum isoliert und gut die Körperwärme ableiten kann. Leinen hat eine ungleichmäßige Struktur und geringe Formbeständigkeit, ist wenig anschmiegsam und neigt stark zum
Knittern.
Einsatzbereich:
Im Zuge der industriellen Revolution verdrängte Baumwolle Leinen fast völlig, weil dessen Verarbeitung nicht im gleichen Maße mechanisiert werden konnte. Inzwischen hat Leinen aber wieder
eine kleine Renaissance erfahren, vor allem bei Sommerbekleidung.
Seide
Herkunft:
Eine Naturfaser, die aus dem Kokon der Raupe des Seidenspinners gewonnen wird. Die Seidenraupe nimmt mit der Nahrung Eiweiß auf; daraus bilden sie mit Hilfe von Drüsen die flüssige
Seidensubstanz. Diese Seidensubstanz scheidet sie an ihrem Kopfende als Faden aus. Sobald der
Faden an die Luft kommt, wird er fest. In diesen sehr dünnen und langen Faden spinnt sich die
Raupe ein: Sie webt sich einen Kokon. Darin bleibt sie, um sich in einen Schmetterling zu verFlachspflanze
Rechte: dpa/Picture Alliance
wandeln. Aus dem Kokon der Seidenraupe wird ein bis zu 3.000 Meter langer Faden gewonnen.
Jahrtausende hüteten die Chinesen das Geheimnis der Seidenzucht, die erst im frühen Mittelalter
nach Europa kam.
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Eigenschaften:
Obwohl Seide sehr dünn ist, hat sie eine hohe Reißfestigkeit. Sie gilt als elastisch, knittert wenig
und kann Feuchtigkeit recht gut aufnehmen. Seide kühlt bei Hitze und wärmt bei Kälte. Allerdings
ist die Faser empfindlich gegenüber starker Sonneneinwirkung, Schweiß, Deos, Parfums und
Säuren. Diese Faktoren führen dazu, dass die Seidenfasern austrocknen oder brüchig werden und
die Farben verblassen. Um die wertvolle Seide nicht zu beschädigen, muss sie schonend gepflegt
werden.
Einsatzbereich:
Heute wird Seide beispielsweise für Jacken, Blousons, Blusen oder Hemden eingesetzt.
Elastan
Herkunft:
Eine synthetische Kunstfaser aus dem Kunststoff Polyurethan, dessen Ausgangsmaterial auf Erdöl
basiert.
Eigenschaften:
Elastan ist außergewöhnlich elastisch. Es kann um das vier- bis siebenfache seiner ursprünglichen
Länge gedehnt werden und nimmt, sobald die Spannung nachlässt, sofort wieder seine ursprüngRechte: IMAGO
liche Länge ein. Im Gegensatz zu Gummi wird Elastan jedoch nicht so schnell brüchig. Die Faser
ist unempfindlich gegen Schweiß, Kosmetika und Waschmittel, vergilbt und vergraut aber schnell
und ist empfindlich gegenüber chlorhaltigen Bleichmitteln.
Einsatzbereich:
Elastan wird fast nie alleine verarbeitet, sondern man kombiniert seine guten Eigenschaften mit
Natur- oder anderen Kunstfasern. Elastanfasern finden Verwendung bei Kleidung, die eng am
Körper anliegen, aber gleichzeitig auch bequem sein soll – zum Beispiel bei Miederwaren, Badeund Sportbekleidung sowie elastischen Bündchen an Wäsche und Socken.
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Linktipps
Älteste Menschendarstellung mit Kleidung
http://www.urgeschichte.uni-tuebingen.de
Informationen zum Fund der vermutlich ältesten Menschendarstellung mit Kleidung im
September 2008 in der Höhle „Hohe Fels“ in Schwaben an der Donau – der Fund ist vermutlich
mindestens 35.000 Jahre alt.
Die Parasiten-Theorie
http://rspb.royalsocietypublishing.org/content/270/Suppl_1/S117.full.pdf
Die britischen Forscher Mark Pagel und Walter Bodmer veröffentlichten 2003 bei der angesehenen Royal Society ihre Theorie, nach der der Mensch sein Fell verloren hat, um Parasiten zu entgehen. Unter dem Link gelangt man zum Original-Paper der beiden Forscher (englisch).
Deutsches Strumpfmuseum
http://www.deutsches-strumpfmuseum.de/strumpfmuseum.htm
Das virtuelle Deutsche Strumpfmuseum ist ein Projekt der deutschen Strumpfindustrie. Hier
finden sich anschauliche Informationen zur Geschichte der Strümpfe und zur Entstehung von
Nylon.
Die Hohenstein Institute
http://www.hohenstein.de/
Die Hohenstein Institute sind ein internationale Forschungs- und Dienstleistungszentrum.
Rund 220 Mitarbeiter arbeiten am Stammsitz in Bönnigheim, etwa 40 Kilometer nördlich von
Stuttgart, an der Entwicklung, Prüfung und Zertifizierung von textilen Produkten.
Informationen rund um das Thema Hygienemanagement
http://www.hohenstein.de/ximages/1403299_hohenstein.pdf
Über die offizielle Seite der Hohenstein Institute gelangt man auf die Seite des Instituts für
Hygiene und Biotechnologie, das Teil der Hohenstein Institute ist. Hier finden sich Informationen
rund um das Thema Hygienemanagement. Die Forscher untersuchen Textilien und andere
Produkte, erstellen Sicherheits- und Wirksamkeitsnachweise sowie Risikobewertungen.
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http://www.quarks.de
Impressum:
Herausgegeben
vom Westdeutschen Rundfunk Köln
Verantwortlich:
Quarks & Co
Claudia Heiss
Redaktion:
Wobbeke Klare
Gestaltung:
Designbureau Kremer & Mahler
Bildrechte:
Alle: © WDR
© WDR 2010
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